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Aktuell

Rekord-Mai nach Rekord-April

Schattenseiten der Sonnentage

Der Mai war der wärmste, der je registriert wurde. Sonnenanbeter freut's, Bauern leiden unter der Trockenheit. Liegt die Hitze am Klimawandel? Fragen an Klimaexperten Karsten Smid.

Von Ortrun Sadik, Greenpeace-Online, 31.5.18

Das Wetter ist herrlich dieser Tage, keine Frage. Sonnig und warm. Endlich Eis essen, im Freibad planschen und das leichte Sommerleben genießen. Denn dieser Mai war der heißeste in Deutschland seit Beginn der Aufzeichnung von Wetterdaten 1881. Das gleiche galt schon für den April. Doch nicht alle freuen sich über den herrlichen Frühsommer: Bauern zum Beispiel leiden unter der Trockenheit und hoffen inständig auf andauernde Regenfälle. Vor allem bei Weizen, Roggen und Gerste rechnen sie schon jetzt mit Ernteeinbußen. Aber auch bei Raps und Mais treten erste Probleme auf. Hat das mit dem Klimawandel zu tun? Fragen an Karsten Smid, Greenpeace-Experte für Klima.

Greenpeace: Die vergangenen zwei Monate waren der heißeste April und Mai seit Aufzeichnung der Wetterdaten. Die Medien sprechen von einer Hitzewelle und warnen vor heftigen Unwettern. Kommen die Wetterextreme vom Klimawandel?

Karsten Smid: Augenblicklich melden viele Messstationen in ganz Europa neue Temperaturrekorde. So heiß war es im Mai seit Beginn der Wetteraufzeichnungen noch nie. Dieser Trend zu Superlativen steht sicher im Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Am Monat Mai allein lässt sich das allerdings nicht eindeutig belegen, da der Mittelwert dieses Monats über die Jahre stark schwankt. Es gab zum Beispiel 1889 schon einmal einen ähnlich heißen Mai. Anders der April: Hier kann man über die vergangenen Jahre eine Zunahme der mittleren Temperatur klar erkennen. So war der April 2018 der wärmste in Deutschland; die fünf wärmsten Aprilmonate seit Beginn der Wetteraufzeichnung lagen alle zwischen 2007 und heute. Das ist bereits der dritte Monat in diesem Jahr, der um 4 Grad Celsius und mehr über dem langjährigen Mittel der Temperaturaufzeichnungen liegt.

Auch das Jahr 2017 war mit einer Mitteltemperatur von 9,6 Grad Celsius ein sehr warmes. Allein zehn der fünfzehn wärmsten Jahre Deutschlands lagen im 21. Jahrhundert. Insgesamt stieg die Temperatur hierzulande von 1881 bis heute um 1,4 Grad. Und diese Anstiege liegen am Klimawandel.

Was ist mit den zum Teil verheerenden Unwettern: Sind die dem Klimawandel geschuldet?

Schlimme Unwetter gab es schon immer. Aber es gibt den klaren Trend, dass Unwetter – nicht an einem Ort, aber für ganz Deutschland betrachtet – immer häufiger und früher im Jahr auftreten. Und dass verheerende Starkregen zu immer größeren Schäden führen. Das liegt ganz klar am Klimawandel.

Momentan herrscht in Deutschland eine bedrohliche Wetterlage. Die von Frankreich einströmenden feuchtwarmen und instabilen Luftmassen steigen tagsüber kräftig auf und bilden einzelne, lokal sehr begrenzte Gewitterzellen. Wenn sie abregnen kommt es zu sintflutartigen Regenfällen, die zu Sturzfluten und lokalen Überschwemmungen innerhalb von wenigen Minuten führen. Ähnliche Wetterlagen hatten wir bereits in den Jahren 2013, 2011 und 2008. Dieser Trend ist besorgniserregend. Damit passiert übrigens genau das, was sich aus sämtlichen Klimamodellen schon seit Jahren herauslesen lässt. Und die Unwetter werden in Zukunft noch zunehmen.

Deswegen ist es so wichtig, dass die Politik jetzt handelt und endlich konsequent daran arbeitet, den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Denn die Unwetter mit ihren sintflutartigen Regenfällen kommen vielleicht für die Menschen vor Ort völlig überraschend, wie aus „heiterem Himmel“. Aber für Politiker gilt die Ausrede nicht: Sie wissen, was die Konsequenzen sind, wenn sie den Klimaschutz verschlafen.

Bauern bangen um ihre Ernte, Unwetter verursachen innerhalb von Stunden Millionenschäden. Das sind die Schattenseiten der sonnigen Tage. Kann man die Folgekosten bereits in Zahlen fassen?

Dafür ist es zu früh. Die Ernteeinbußen zum Beispiel stehen erst am Ende der Vegetationsperiode fest, und auch die Bilanz der Unwetterschäden wird erst zum Ende des Jahres hin aussagekräftig. Aber klar ist: Wir stecken bereits mitten im Klimawandel, und er wird auch unsere Volkswirtschaft teuer zu stehen kommen. Neue Studien wie die amerikanischer Wissenschaftler um Marshall Burke von der Stanford-Universität zeigen, dass es 30-mal billiger ist, in den Klimaschutz zu investieren als ständig für die hohen Kosten von klimabedingten Folgeschäden aufzukommen. Jeder einzelne Euro den wir heute für Klimaschutz ausgeben, erspart uns 30 Euro, die wir ansonsten in Zukunft aufbringen müssten.


Hitzewelle im Mai: Tut nicht so überrascht!

Lange haben wir so getan, als ginge uns der Klimawandel irgendwie nichts an. Doch die Mai-Hitze zeigt: Das wird nicht lustig

Kommentar von Peter Carstens, GEO, 31.5.18

https://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/19000-rtkl-klimawandel-hitzewelle-im-mai-tut-nicht-so-ueberrascht


Klimavorreiter gesucht

Ein Jahr nach Trumps Ankündigung zum Ausstieg aus Paris-Abkommen/WWF: Deutschland und EU in der Pflicht

WWF Pressemitteilung, 31.5.18

Ein Jahr nach der Austrittsankündigung zum Pariser Klimaschutzabkommen durch US-Präsident Donald Trump am 1. Juni 2017 fordert der WWF stärkeres Engagement von der EU und Deutschland im Kampf gegen die Klimakrise. „Nach dem angekündigten Rückzug der US-Regierung aus dem Paris-Abkommen sind Deutschland und die EU ihrer Rolle als Klimavorreiter noch immer nicht gerecht worden. Dabei braucht es sie damals so dringend wie heute“, sagt Michael Schäfer, Leiter Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland.

„Mit großem Engagement hat es Angela Merkel direkt nach Trumps Ankündigung beim G20-Gipfel in Hamburg geschafft, 19 im Bekenntnis zum Paris-Abkommen zusammenzuhalten. Und im Anschluss versprochen, das nationale Klimaziel für 2020 zu erreichen. Aber seitdem hat die Bundesregierung keine einzige Klimaschutzmaßnahme umgesetzt. Sie ist meilenweit entfernt von ihren Zielen. Selbst die wenigen Maßnahmen, die der Koalitionsvertrag enthält, werden derzeit blockiert: die steuerliche Förderung des Energiesparens in Gebäuden von Olaf Scholz und der zusätzliche Ausbau von acht Gigawatt erneuerbarer Energien bis 2020 von Peter Altmaier“, so Schäfer. „Wenn die Bundesregierung beim Klimaschutz nicht endlich handelt, wird sie international unglaubwürdig. Und unsere Wirtschaft droht, bei der Elektromobilität und anderen Klimaschutzinnovationen den Anschluss zu verlieren.“

Bei der EU sieht es nicht besser aus. In Europa ist der energiebedingte CO2-Ausstoß im vergangenen Jahr sogar wieder gestiegen. „Bei einer Zielsteigerung bei Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz, also den Zukunftstechnologien, steht Deutschland auf der Bremse. Die Bundesregierung muss jetzt endlich den Vorschlag von Frankreich und der Niederlande aufgreifen und einen europäisch-regionalen CO2-Mindestpreis im Stromsektor auf den Weg bringen“, fordert Schäfer. „Diese Initiative darf nicht länger an Deutschland scheitern.“

Trumps Ankündigung hat in den USA selbst zu heftigen Gegenreaktionen und einem verstärkten Engagement zahlreicher Akteure auf Bundesstaaten- bis Unternehmensebene für den Klimaschutz geführt. „Eine solche Gegenreaktion brauchen wir auch von der Bundesregierung und der EU: Den eigenen Klimaversprechen endlich Klimataten folgen lassen, das ist die Antwort auf Donald Trump, die wir jetzt von der Bundesregierung erwarten.“


Amerika rebelliert – Trumps Ausstieg aus dem Klimaschutz jährt sich

(dpa) - 31. Mai, 2018

http://www.grenzecho.net/region/ausland/amerika-rebelliert-trumps-ausstieg-aus-dem-klimaschutz-jaehrt-sich


Familien klagen gegen zu schwache EU-Klimapolitik

Von der Klimakrise betroffene Familien aus Europa und Ländern außerhalb der EU klagen vor dem Gericht der Europäischen Union. Der Vorwurf: Die EU-Klimaziele für 2030 liefern nicht den notwendigen Beitrag zur Abwendung gefährlicher Klimawandelfolgen und verletzen deshalb die Grundrechte der Kläger.

Gemeinsame Pressemitteilung Germanwatch und Protect the Planet, 24.5.18

Berlin/Brüssel. Heute haben zehn Familien aus fünf EU-Staaten, Kenia und Fidschi sowie eine Jugendorganisation aus Schweden Klage gegen die Europäische Union eingereicht. Sie werfen der EU vor, dass die Klimaziele bis 2030 unzureichend seien und damit ihre Grundrechte verletzten. Es klagen ausschließlich Familien, die direkt von Folgen des Klimawandels bedroht sind. Eine solche Klage ist auf EU-Ebene bisher einzigartig. Die Familien wollen insbesondere erreichen, dass die EU den unzureichenden Reduktionspfad für die Emissionen sowie die Klima- und Energieziele für 2030 verbessert und die dafür notwendigen Maßnahmen verabschiedet.

Unter den Klägern ist auch die dreiköpfige Familie Recktenwald von der ostfriesischen Insel Langeoog, deren Heimat durch den steigenden Meeresspiegel bedroht ist. "Bei der Klage geht es nicht nur um uns und die aktuelle Situation, sondern um die Zukunft aller", sagt Maike Recktenwald. "Was bei uns auf der Insel und in Norddeutschland passiert, ist ein globales Problem. Wir nehmen den Klimawandel besonders wahr, weil wir in und mit der Natur leben."

Die Klage vor dem Gericht der Europäischen Union richtet sich gegen den Europäischen Rat und das Parlament. Konkret gegen drei jüngst beschlossene Klima-Verordnungen und -Richtlinien der EU (ETS, Effort Sharing, LULUCF), die zur Implementierung des 2030-Ziels erlassen wurden. Durch die schwachen Klimaziele - Verringerung der Emissionen um 40 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 – werden die Grundrechte der Klägerfamilien verletzt. Auf diese können sich auch Menschen außerhalb der EU berufen, wenn sie durch Rechtsakte der EU betroffen sind. Insbesondere geht es um die Grundrechte auf Leben und Gesundheit, auf das Wohl der Kinder sowie auf Eigentum und Berufsfreiheit. Die Kläger sind besonders bedroht von Klimawandelfolgen wie Wassermangel, Überschwemmungen, Rückzug von Eis und Schnee, Meeresspiegelanstieg sowie der Zunahme von Stürmen und Hitzewellen.

Vertreten werden die Familien durch den Juraprofessor Dr. Gerd Winter (Bremen), die in Hamburg ansässige Umweltanwältin Dr. Roda Verheyen sowie den Londoner Rechtsanwalt Hugo Leith. Die Klage zielt auf eine Verbesserung der Klimapolitik der EU, weil diese den Rahmen für die Klimapolitik aller Mitgliedsstaaten setzt. Die Staaten der EU sind für rund zehn Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, die EU ist damit der drittgrößte Emittent hinter China und den USA.

"Die Gerichte der Union sind aufgerufen, deutlich zu machen, dass Klimaschutz nicht nur politische, sondern auch rechtliche Verpflichtung ist", erklärt Professor Gerd Winter. "Grundrechte der EU waren bisher vor allem Vehikel des wirtschaftlichen Wachstums. Sie garantieren aber auch, dass ein Klima erhalten bleibt, welches Leben, Arbeit und Eigentumsgebrauch ermöglicht."

Unterstützt werden die Kläger von mehreren Nichtregierungsorganisationen - darunter Climate Action Network Europe (CAN-E), Protect the Planet und Germanwatch - sowie von einem Institut für Klimawissenschaften. Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: "Mit der Physik lässt sich nicht verhandeln. 40 Prozent Emissionsminderung bis 2030 in der EU ist für viele Menschen deutlich zu wenig, um ihre Lebensgrundlagen zu schützen. Die klagenden Familien fügen sich nicht einfach in eine Opferrolle, sondern verlangen von der EU den Schutz ihrer Rechte. Diese Klage will den Grundrechten, für die die EU steht, zur Durchsetzung verhelfen. Daher unterstützen wir diesen Schritt."

Markus Gohr, Geschäftsführer der Organisation Protect the Planet, ergänzt: "Protect the Planet unterstützt die Klage mit finanziellen und ideellen Mitteln, um Menschen eine Stimme zu geben, deren Lebensgrundlagen durch den Klimawandel auf dem Spiel stehen. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der wir auf eine unbeherrschbare Situation zusteuern, ist es beschämend, wie unentschlossen und langsam die Politik agiert. Da wird verzögert, verharmlost, verhindert und sich aus der Verantwortung gestohlen. Doch es ist keine Frage politischer Räson, sondern eine Überlebensfrage, vor der wir die Augen nicht verschließen dürfen. Insofern hoffen wir, dass die Kläger auf der Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung auch politischen Handlungsdruck erzeugen können."




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