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Flutung von Welterbe?

Welterbe vor Abwicklung

Afrikas größtem Schutzgebiet droht Zerstörung durch Kraftwerksbau
Bundestag fordert Bundesregierung auf, sich für nachhaltige Alternativen einzusetzen


WWF Pressemitteilung, 18.1.19

Berlin: Afrikas größtes Schutzgebiet, das Selous Game Reserve in Tansania, steht kurz vor der Umwandlung in eine riesige Baustelle. Laut einer im Dezember 2018 unterzeichneten Vereinbarung zwischen Tansania und Ägypten soll ein ägyptisches Konsortium bereits im Juni 2019 mit dem Bau eines Staudamms zur Stromproduktion beginnen. Angesichts der akuten Bedrohungslage hat der Deutsche Bundestag am Donnerstag das Thema im Plenum debattiert. In einem gemeinsamen Antrag von Union und SPD, dem auch die Grünen zugestimmt haben, fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, sich für einen Erhalt des Selous und nachhaltige Alternativen zur Stromversorgung einzusetzen. Auch die Fraktion der FDP stellte sich mit einem eigenen Antrag hinter den Schutz des Welterbes.

„Der Kraftwerksbau gleicht einem Himmelfahrtskommando, sowohl in ökologischer als auch wirtschaftlicher Hinsicht. Es ist ein wichtiges Signal, dass sich der Bundestag mit so einer breiten Mehrheit für den Erhalt des Welterbes einsetzt. Die Bundesregierung muss alles daran setzen, Tansania von den besseren Alternativen zu überzeugen. Die gibt es reichlich: Gas, Photovoltaik oder Windenergie sind nicht nur ökologischer und günstiger, sondern auch deutlich schneller aufzubauen“, sagt Johannes Kirchgatter, Afrika-Referent beim WWF Deutschland. In ihrem Antrag machen sich auch die Abgeordneten des Bundestags dafür stark, Tansania beim Ausbau erneuerbarer Energien unter die Arme zu greifen, etwa im Zuge der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, aber auch durch die Gewährung entsprechender Mittel durch die Weltbank.

Der WWF warnt seit Jahren vor einer Realisierung des Projekts. Der Bau eines Staudamms am Rufiji-Fluss käme einer Katastrophe für den Natur- und Artenschutz gleich. Mit ihm würde das Herzstück des Weltnaturerbes auf einer Fläche von rund 1.200 Quadratkilometern in einem Stausee verschwinden. Nach wie vor warte man auf eine gesetzlich vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Selous gilt als einer der wichtigsten verbliebenen Lebensräume für Elefanten, Löwen, Wildhunde und andere bedrohte Arten und ist in seiner Bedeutung vergleichbar mit der berühmten Serengeti.

Zugleich warnen die Umweltschützer vor den wirtschaftlichen Konsequenzen. Der Bau würde nicht nur die großen Potentiale im Ökotourismus zerstören, auch würde die letztlich zu erwartende Stromproduktion deutlich geringer und unsicherer ausfallen als bislang kalkuliert. Schon heute führe der Rufiji messbar weniger Wasser – ein Trend, der sich durch die Erhitzung des Klimas weiter verstärken werde. „Tansania macht sich mit einem solchen Megaprojekt von nur einer Energiequelle abhängig. Bei den zunehmenden Dürreperioden säße das Land in doppelter Hinsicht auf dem Trockenen“, so Kirchgatter.

Pläne zur Errichtung eines Staudamms im Selous existieren schon seit Jahren, wurden jedoch nie umgesetzt. Mitte Juni 2017 hatte Tansanias Präsident John Magufuli jedoch unvermittelt verkündet, den Staudamm nun „so schnell wie möglich“ bauen zu wollen. Die Aussage fiel nur wenige Tage nach der Unterzeichnung eines Vertrags für ein gemeinsames Selous-Schutzprogramm (SECAD) der tansanischen und deutschen Regierung. Deutschland zahlt 18 Millionen Euro für den Erhalt des Reservats, seiner Randgebiete und des Welterbetitels. Nach Angaben des WWF würden die erfolgreichen Schutzbemühungen der Bundesregierung durch die Staudamm-Pläne vollständig konterkariert. Der WWF arbeitet in den Pufferzonen rund um den Selous, um das Zusammenleben von Menschen und Wildtieren zu verbessern und der lokalen Bevölkerung eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen.




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