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Aktuell

Planbeschleunigung vs. Umweltschutz

Neues Infrastrukturgesetz schwächt Bürgerbeteiligung und erhöht Gefahr für dauerhafte Umweltschäden

BUND Pressemitteilung, 9.11.18

Berlin: Das in der gestrigen Nacht vom Bundestag verabschiedete "Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich" ist aus Sicht des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nicht geeignet, seinen eigentlichen Zweck zu erfüllen. Der Vorsitzende des BUND, Hubert Weiger, sagt dazu: "Mit dem Gesetz in der jetzigen Form gefährdet die Bundesregierung und allen voran Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Zukunftsfähigkeit der deutschen Planungs- und Genehmigungslandschaft. Anstatt Projekte zu beschleunigen wird das Scheuersche Infrastrukturgesetz das Gegenteil erreichen. Es wird zu mehr Unsicherheit, Klagen und Streitigkeiten führen und die Gerichte vermehrt beschäftigen. Verfahren und nötige Instandhaltungen des Verkehrssystems werden so in die Länge gezogen und in keiner Weise beschleunigt."

Eine wirkliche Beschleunigung könne nur erreicht werden, wenn alle Aspekte die einem Bau entge­gen­stehen von Beginn an berücksichtigt und in einem frühzeitigen und umfassenden partizipativen Beteiligungspro­zess erörtert würden. "Der Ansatz, Umwelt- und Bürgerrechte einzuschränken, um umstrittenen Projekte einfacher umsetzen zu können, ist zum Scheitern verurteilt", so Weiger weiter. "Die Menschen wollten über das 'Ob' eines Bauprojektes mitentscheiden, und das 'Wie' mitgestalten. Verkehrspolitik nach Gutsherrenart ist Politik der Vergangenheit."

Vor allem bei den Straßenplanungen fehle eine vernünftige Priorisierung zum Erhalt und zu einer sinnvollen Ergänzung des Straßennetzes, wie auch das frühzeitige Prüfen von Alternativen und Nullvarianten. Klima- und Umweltschutz spielten bei den 1.300 Straßenbauprojekten de facto keine Rolle. Denkbar wäre hier den Verzicht auf die neue Straße bei gleichzeitiger Verbesserung parallel verlaufender Angebote beispielsweise auf der Schiene.

Unverständlich ist, warum bei der Prüfung möglicher 'vorgezogener Maßnahmen', die wertvolle Lebensräume – wie artenreiche Wiesen oder Baumbestände – in Mitleidenschaft ziehen, auf eine rechtzeitige Einbindung der Verbände verzichtet werden soll. "Die Artenkenner und Biotopspezialisten vor Ort stammen überwiegend aus Verbänden wie dem BUND. Diese Fachleute nicht frühzeitig einzubinden, führt nur zu neuen Verzögerungen und Umweltschäden; auch weil viele Gemeinden bereits jetzt personell mit vielen Aufgaben überfordert sind", erklärt der BUND-Vorsitzende.

Lichtblick im Gesetzentwurf ist aus Naturschutzsicht die Einschränkung der so genannten 'vorbereitenden Maßnahmen' im Vorfeld von Baumaßnahmen. "Es ist gut, dass im Vergleich zu den vorherigen Gesetzentwürfen die flächenhaften Zerstörungen und die Rodung kaum ersetzbarer Biotope ohne Baugenehmigung vom Tisch sind", so Weiger.


NABU: Neues Gesetz zur Planbeschleunigung macht es möglich, Umweltschäden zu vertuschen

Miller: Gesetz ist ungeeignet, große Bauvorhaben naturverträglich und hochwertig zu planen

NABU Pressemitteilung, 6.11.18

Berlin – Das Gesetz zur Planbeschleunigung, das am 9. November den Bundestag passieren soll, ist nach Einschätzung des NABU völlig ungeeignet, das Ziel einer schnelleren, qualitativ hochwertigen Planung zu erreichen. Weil die schlechte Planung großer Vorhaben rechtlich angreifbar ist, verbuchen Umweltverbände in Verwaltungsgerichtsverfahren oft Erfolge. „Logisch und konsequent wäre es, die Planung so zu verbessern, dass langwierige Verfahren vermieden werden. Stattdessen soll nun ein Gesetz verabschiedet werden, das hilft, Umweltschäden zu vertuschen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Versäumnisse bei der Planung nun auch noch gesetzlich legitimiert werden“, sagt Leif Miller, Bundesgeschäftsführer des NABU.

Gleichzeitig würden Umweltverbände durch das Gesetz daran gehindert, eine unzureichende Planungspraxis wirkungsvoll rechtlich überprüfen zu lassen. Dabei ist mit der Aarhus-Konvention der Vereinten Nationen der ungehinderte Zugang zu Gerichten sowie eine adäquate Information und Beteiligung der Öffentlichkeit in umweltrelevanten Angelegenheiten auch von Deutschland völkerrechtlich anerkannt worden. „Das Gesetz ist der maximale Rückschritt für die Verbandsbeteiligung“, so Miller.

Dass zudem diskutiert wird, im Gesetzestext mit der Fehmarnbeltquerung ein konkretes Projekt zu benennen, zeige, wie Vorhaben zukünftig möglichst störungsfrei abgewickelt werden sollen, obwohl sie ökologisch höchst umstritten sind. „So ein Vorgehen kennt man allenfalls aus politischen Systemen, deren Ansprüche an Demokratie, Transparenz und Beteiligung weniger ausgeprägt sind“, so Malte Siegert, Fehmarnbelt-Experte des NABU.

Der NABU fordert ein besseres Planfeststellungsrecht. Dieses beinhaltet eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Umweltverbände, unabhängige Planfeststellungsinstanzen und Gutachter sowie eine ernsthafte Prüfung möglicher Alternativen. Siegert: „Andernfalls bleibt der Schutz von Natur, Umwelt und Bevölkerung nur ein politisches Lippenbekenntnis.“




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