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„Auf ganzer Linie gescheitert“Alle Aichi-Ziele verfehlt: Neuer „UN- Global Biodiversity Outlook“ bescheinigt Staaten Versagen beim Schutz der BiodiversitätTrendwende noch möglich WWF Pressemitteilung, 15.9.20 Berlin: Der „Global Biodiversity Outlook“ (GBO) berichtet regelmäßig über den Zustand der biologischen Vielfalt. Er gibt Auskunft über den Status der Aichi-Ziele jene 20 Ziele, die sich die Vertragsstaaten der UN- Biodiversitätskonvention vor 10 Jahren gegeben haben, um den Biodiversitätsverlust weltweit aufzuhalten. Zum heute vorgelegten fünften Bericht und dessen Ergebnissen sagt Florian Titze, Policy Advisor für Internationale Biodiversitätspolitik beim WWF Deutschland: „Keines der 20 Aichi-Ziele zum Erhalt der biologischen Vielfalt wird erreicht, das ist die bittere Bilanz des vorliegenden fünften „Global Biodiversity Outlook“. Die Vertragsstaaten sind auf ganzer Linie gescheitert. Während die Aichi-Ziele auslaufen, ist die biologische Vielfalt unserer Erde bedroht wie nie zuvor, auch wenn Deutschland mit der Finanzierung von großflächigen Schutzmaßnahmen, wie zum Beispiel in Südamerika, versucht hat gegenzusteuern. Das düstere Bild zeigt auch der Living Planet Report 2020. Seit 1970 ist der Bestand von Säugetieren, Vögeln, Fischen, Amphibien und Reptilien weltweit um 68 Prozent gesunken. Die mangelnde Umsetzung der Biodiversitätsziele bedroht auch das Erreichen der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs) sowie des Pariser Klimavertrags. Wir können die Trendwende noch schaffen und den Biodiversitätsverlust stoppen. Der „Global Biodiversity Outlook“ benennt acht zentrale Handlungsfelder. Jetzt ist es an den einzelnen Staaten, dort endlich anzupacken. Aus EU-Sicht ist es dringend notwendig, dass wir den Systemwechsel in der Ernährungs- und Agrarpolitik zügig einläuten. Die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union wird hier ebenso zum Prüfstein wie die Umsetzung des European Green Deal in verbindliche Politik der Mitgliedstaaten. Die riesigen Mengen an Agrarsubventionen müssen für die Natur und nicht gegen sie eingesetzt werden. 2021 will die Staatengemeinschaft über das neue Rahmenwerk der UN-Biodiversitätskonvention verhandeln. Die biologische Vielfalt der Erde bewahren wir nicht mit weiteren Lippenbekenntnissen, sondern nur mit ambitionierten Zielen, die unterfüttert werden mit funktionierenden Prüfmechanismen und die Nation für Nation konsequent umgesetzt werden. Es braucht konkrete Maßnahmen für nachhaltigere Produktionsweisen und Verantwortlichkeiten für biodiversitätsschädliche Investitionen. Außerdem muss ein Drittel der Land- und Meeresfläche unter Schutz gestellt werden. Dafür muss auch Deutschland sich einsetzen. Der UN-Biodiversitätsgipfel am 30. September in New York, an dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnehmen will, gibt dazu die nächste Gelegenheit.“ Globaler Bericht zur Lage der biologischen VielfaltBUND fordert Ende des Raubbaus an unseren LebensgrundlagenBUND Pressemitteilung, 15.9.20 Berlin. Anlässlich des heute von den Vereinten Nationen (UN) veröffentlichten fünften globalen Berichts zur Lage der biologischen Vielfalt, dem "Global Biodiversity Outlook" (GBO 5) fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) den unbedingten Schutz unserer Lebensgrundlagen. "Die Zerstörung der biologischen Vielfalt bedroht die Menschheit mindestens genauso sehr wie die Klimakrise. Wir Menschen sind abhängig von unzähligen Lebewesen, Pflanzen und ihren unersetzlichen Lebensräumen sie sind die Grundlage unseres Lebens", sagt Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender. "Der anhaltende Raubbau an den natürlichen Lebensgrundlagen ist verheerend für die Zukunft nachfolgender Generationen. Wir müssen radikal umsteuern, um einen ökologischen Kollaps der Erde verhindern. Ein radikaler Wandel in der Art, wie wir leben und wirtschaften, ist dringend erforderlich." Der fünfte "Global Biodiversity Outlook" belegt nach dem alarmierenden Bericht des Weltbiodiversitätrates von 2019 erneut, wie schlecht es um die weltweite Vielfalt der Lebensräume und Arten bestellt ist. "Die Weltgemeinschaft ist noch meilenweit von ihrem Ziel entfernt, den Verlust der Biodiversität zu stoppen. Und das, obwohl sie es sich für 2020 auf die Fahnen geschrieben hatte. Stattdessen schreitet die Zerstörung der Natur weiter voran und das große Artensterben geht weiter. So wird die Konvention zum Erhalt unserer Biodiversität (CBD) mit Füßen getreten", so Bandt. Mehr Arten als je zuvor in der Geschichte der Menschheit sind derzeit vom Aussterben bedroht: bis zu einer Million, viele bereits in den nächsten Jahrzehnten. "Globaler Handel und Konsum setzen die Natur seit Jahrzehnten unter Druck. Speziell die intensive Landwirtschaft, die Abholzung der Wälder, die Überfischung der Meere und der Abbau von Rohstoffen verursachen die Naturzerstörung. Derzeit begünstigen bestehende Anreize wie die europäischen Agrarsubventionen in erster Linie natur- und umweltschädigende Aktivitäten und Wirtschaftsmodelle", erklärt Bandt. "Die Bundeskanzlerin hat beim UN-Sondergipfel zur Biodiversität am 30. September in New York die Chance, den Schutz der biologischen Vielfalt zur Chefsache zu machen. In den laufenden Verhandlungen für ein neues UN-Regelwerk zum Schutz der Biodiversität muss sich die Bundesregierung zusammen mit den anderen europäischen Regierungen für ehrgeizige globale Ziele zum Erhalt der Natur einsetzen." Der BUND-Vorsitzende fordert die Bundesregierung auf, den Schutz der Ökosysteme und des Klimas auch hierzulande ernst zu nehmen und jeden weiteren Verlust von Arten und Lebensräumen zu stoppen: "Am Beispiel des Dannenröder Waldes zeigt sich, dass die Bundesregierung es vorzieht, in Zeiten von Klimakrise und Waldsterben an einer gestrigen Verkehrspolitik festzuhalten und weiter im großen Stil Autobahnen und Bundesstraßen zu planen und zu bauen." So droht der mehr als 250 Jahre alte, gesunde Laubmischwald in Hessen mit dem Weiterbau der A 49 einem unnötigen und gestrigen Straßenprojekt zum Opfer zu fallen. Bandt: "Die Bundesregierung muss klare Zeichen in Richtung Mobilitätswende setzen und einen Verzicht des Weiterbaus der A 49 vereinbaren. Nicht nur zum Erhalt der Biodiversität ist eine klima- und naturgerechte Verkehrspolitik überfällig." NABU: Weltgemeinschaft hat beim Schutz der biologischen Vielfalt versagtGlobal Biodiversity Outlook 5 veröffentlichtKrüger: Funktionsfähige Ökosysteme und die Artenvielfalt sind unsere Lebensgrundlage - Wir dürfen sie nicht weiter aufs Spiel setzen NABU Pressemitteilung, 15.9.20< Berlin Die Weltgemeinschaft hat ihre Ziele zum Erhalt der biologischen Vielfalt deutlich verfehlt. Nach dem heute veröffentlichten „Global Biodiversity Outlook 5“ wurde kein einziges der vor zehn Jahren für 2020 gesetzten Ziele von den 196 Vertragsstaaten des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt (CBD) vollständig erreicht. Zerstörung von Lebensraum, zu intensive Landnutzung, Überfischung, Umweltverschmutzung, die Einwanderung invasiver Arten und die Erdüberhitzung bedrohen Millionen von Tieren und Pflanzen. Der Bericht zum Zustand der Biodiversität lässt nur wenige Fortschritte erkennen, wie etwa bei der Ausweisung von Schutzgebieten. „Das Abkommen krankt an seiner Unverbindlichkeit, so ist es leider nicht verwunderlich, dass die Ziele verfehlt wurden“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas-Krüger. Ein großes Problem sei auch der falsche Einsatz von Subventionen: „Naturschädliche Subventionen sind in im vergangenen Jahrzehnt kaum reduziert worden, obwohl sich die Regierungen dazu 2010 verpflichtet hatten. Gleichzeitig fehlt es an finanziellen Anreizen für naturverträgliches Wirtschaften. Die aktuelle EU-Agrarpolitik ist ein trauriges Beispiel dafür, wie man mit viel Geld großen Schaden anrichten kann.“ Zudem fehlen vielen Schutzgebieten die Mittel für effektive Betreuung und Pflege. Allein in Deutschland fehlen nach Angaben der Bundesregierung 900 Millionen Euro jährlich für Arten- und Naturschutz. Die EU-Kommission schätzt einen europaweiten Bedarf von mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr. Der NABU unterstützt daher die Forderung des Europäischen Parlaments in den aktuell laufenden Haushaltsverhandlungen, zehn Prozent aller EU-Gelder für den Erhalt der biologischen Vielfalt bereitzustellen. Dies sollte für den mehrjährigen EU-Finanzrahmen genauso gelten wie für das geplante Corona-Hilfspaket. In den nächsten Tagen steht die nächste Verhandlungsrunde zwischen dem EU-Parlament und der deutschen Ratspräsidentschaft an. „Angela Merkel muss im Namen der Staats- und Regierungschefs der Forderung des Parlaments nach zehn Prozent des EU-Haushalts für biologische Vielfalt nachgeben. Funktionsfähige Ökosysteme und die Artenvielfalt sind unsere Lebensgrundlage. Wir dürfen sie nicht weiter aufs Spiel setzen“, so der NABU-Präsident weiter, „Investitionen in die Biodiversität sind Investitionen in eine gesunde Zukunft. Daher muss die EU auch bei den laufenden Verhandlungen zu einem neuen globalen Übereinkommen für die biologische Vielfalt eine Führungsrolle übernehmen und mit gutem Beispiel vorangehen.“ Hintergrund Im Jahr 2010 hatten sich die Vertragsstaaten der CBD auf ihrer 10. Konferenz (CBD-COP10) in Japan auf 20 konkrete Ziele zum Erhalt der biologischen Vielfalt verständigt die sogenannten Aichi-Ziele. Diese Ziele sollten im Rahmen des „Strategischen Plans 2011-2020“ bis zu diesem Jahr erreicht werden, um den dramatischen Verlust der Vielfalt an Arten, Genen und Ökosystemen zu stoppen. Die CBD-Vertragsstaaten hatten sich dazu verpflichtet, nationale Strategiepläne auszuarbeiten, um die Ziele gemeinsam zu erreichen. 2021 soll auf der nächsten CBD-Vertragsstaatenkonferenz ein neuer strategischer Plan verabschiedet werden. Der Global Biodiversity Outlook ist ein seit 2001 regelmäßig erscheinender Bericht über den Zustand der Biodiversität und wird Auftrag der Vertragsstaaten des Übereinkommens zur biologischen Vielfalt erstellt. Tierbestände auf dem TiefpunktWWF Living Planet Report: Untersuchte Tierbestände schrumpfen weltweit um 68 ProzentWWF fordert Neustart der Landwirtschaft und globaler Lieferketten WWF Pressemitteilung, 10.9.20 Berlin: Um die biologische Vielfalt war es noch nie so schlecht bestellt wie heute: Der Bestand von Säugetieren, Vögeln, Fischen, Amphibien und Reptilien ging im Vergleich zu 1970 weltweit im Schnitt um 68 Prozent zurück. Darunter verzeichnen Süßwasserarten mit 84 Prozent den stärksten Schwund innerhalb der rund 21.000 untersuchten Bestände von über 4.400 Wirbeltierarten. Damit fällt der „Living Planet Index“, ein Barometer für den weltweiten ökologischen Gesundheitszustand der Erde, auf einen neuen Tiefpunkt. Das geht aus dem 13. Living Planet Report hervor, den der WWF heute in Berlin vorgestellt hat. Teile des Reports erscheinen heute auch im Fachmagazin Nature. Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz bei WWF kommentiert: „Die Kurve der Tierbestände zeigt inzwischen eine dramatische Entwicklung. Wäre der Living Planet Index ein Aktienindex, würde er die größte Panik aller Zeiten auslösen. Wir konsumieren unsere Ökosysteme zu Tode. Wir müssen schleunigst die Reißleine ziehen und in den natürlichen Grenzen der Erde wirtschaften und leben. Denn die Natur ist systemrelevant“. Der WWF fordert angesichts der erschreckenden Zahlen einen Systemwechsel bei der Agrarpolitik, dem Ernährungssystem und den globalen Lieferketten. Zudem müsse bis 2030 ein Drittel der Erde unter Schutz gestellt werden. In Süd- und Zentralamerika sind die Tierbestände mit 95% besonders stark geschrumpft. Dazu Heinrich: „Um günstiges Soja für unser Billigfleischsystem anzubauen, werden in Südamerika Regenwälder gerodet. Statt mit dem Finger nur auf die Verbraucher und Landwirte zu zeigen, müssen Politik und Wirtschaft sich an die eigene Nase fassen. Sie müssen Verbraucher davor schützen, dass Entwaldung auf ihrem Teller landet.“ Der WWF fordert auf nationaler wie europäischer Ebene wirksame Gesetze für nachhaltige Lieferketten. „Produkte dürfen in die EU nur noch eingeführt werden, wenn für sie keine Urwälder abgeholzt oder Moore trockengelegt wurden. Auch das Freihandelsabkommen Mercosur ist ohne wirksame und einklagbare Umweltstandards unhaltbar.“ In Europa geht die Kurve des Living Planet Index ebenfalls abwärts, zum Beispiel bei den Schmetterlingen des Grünlandes. Die Bestände in der EU gingen seit 1990 um 39 Prozent zurück. Intensive Landwirtschaft und der Umbruch von Grünland sind die Hauptgründe. Dazu Heinrich: „Mit der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Neugestaltung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik haben wir die Möglichkeit einen kompletten Systemwechsel in der Ernährungs- und Agrarpolitik einzuläuten. Mindestens 50 Prozent der Agrar-Subventionen gehören in die Hand von Landwirtinnen und Landwirten, die nachweislich auf ihren Feldern Klima- und Umweltschutzziele umsetzen.“ Zu den besonders gefährdeten Tieren gehört der Östliche Flachlandgorilla im Kongo (87 Prozent seit 1994), Lederschildkröten in Costa Rica (84 Prozent seit 1995) und Störe im Jangtse (97 % seit 1970). Wachsende Bestände des Eurasischen Bibers und Waldelephanten im Bia Nationalpark in Ghana zeigen, dass der Negativtrend auch gestoppt werden kann. Mit mehr Schutzgebieten, einer Umstellung der Landbewirtschaftung und nachhaltigerem Konsum ließe sich der Verlust terrestrischer Biodiversität noch aufhalten, so der Living Planet Report. Der WWF fordert die Bundesregierung auf sich dafür einzusetzen, dass 30 Prozent der Erde bis 2030 geschützt werden. In der EU-Biodiversitätsstrategie der EU-Kommission ist das Ziel 30% der EU-Fläche unter Schutz zu stellen schon enthalten. Allerdings muss die Strategie noch durch den EU-Umweltministerrat im Herbst. Im Rahmen einer UN-Konferenz zum Schutz der biologischen Vielfalt in 2o21 hat die EU zudem die Chance, dieses Ziel zu einem globalen Maßstab zu erklären. Heinrich sagt: „Deutschland hat es mit dem EU-Ratsvorsitz mit in der Hand, ob Europa vorangeht und damit auf der Weltbühne als Vorreiter auftritt. Auch vor der eigenen Haustür gibt es Verbesserungsbedarf, bisher sind nur rund 15 Prozent der deutschen Landfläche durch Natura 2000-Schutzgebiete abgedeckt. Was wir von Entwicklungs- und Schwellenländern fordern, müssen wir auch vor der Haustür umsetzen: Wir brauchen mehr Schutz für die heimische Natur.“ Bereits Ende des Monats hat die Politik die Chance zu zeigen, dass sie den Niedergang der Natur stoppen will. Der WWF fordert von Bundeskanzlerin Merkel, sich auf dem Ende September stattfindenden UN-Biodiversitätsgipfel klar für die Relevanz von Naturschutz und Nachhaltigkeit zu bekennen. Der Living Planet Report zeigt Veränderungen der weltweiten Biodiversität. Die Studie wird seit 1998 vom WWF veröffentlicht, seit 2000 erscheint sie im zweijährigen Turnus. Die aktuelle 13. Ausgabe wurde vom WWF gemeinsam mit der Zoologischen Gesellschaft London (ZSL) erstellt. Der Living Planet Index (LPI) erfasst den Zustand und die Entwicklung der weltweit untersuchten biologischen Vielfalt. Er basiert aktuell auf Daten zu rund 21.000 untersuchten Populationen von circa 4.400 Wirbeltierarten auf der ganzen Erde. Für den Zeitraum von 1970 bis 2016 ermittelt der globale LPI einen Rückgang von 68 Prozent. Zum Vergleich: Im ersten Living Planet Report lag der ermittelte Rückgang noch bei 30 Prozent für den Zeitraum 1970 bis 1995. » zurück |
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