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Rote Liste: Zunehmende Nährstoffbelastung gefährdet WildpflanzenBfN stellt neue Rote Liste der Farn- und Blütenpflanzen, Moose und Algen vorÜber 30 % der Wildpflanzen in Deutschland sind bestandsgefährdet Auch positive Entwicklungen sind zu verzeichnen Bundesamt für Naturschutz Pressemitteilung, 5.12.18 Berlin/Bonn: Während sich der Zustand vieler Wildpflanzen in Deutschland in den vergangenen zwanzig Jahren gravierend verschlechtert hat, sind für Arten, die von gezielten Natur- und Umweltschutzmaßnahmen profitieren, Verbesserungen zu verzeichnen. Mit 30,8 Prozent bleiben die Zahl und der Anteil der gefährdeten Wildpflanzen in Deutschland jedoch unverändert hoch. Das sind Ergebnisse der aktuellen Roten Liste der Pflanzen, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) heute in Berlin vorgestellt hat. Für insgesamt 8.650 in Deutschland heimische Farn- und Blütenpflanzen, Moose und Algen haben die Autorinnen und Autoren des siebten Bandes der Reihe "Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands" die Bestandssituation und das Ausmaß der Gefährdung ermittelt. "Pflanzen nehmen eine ganz elementare Rolle in den Ökosystemen ein. Ein Rückgang ihrer Artenvielfalt wirkt sich deshalb stets auch auf die große Vielfalt anderer Organismengruppen negativ aus. Die aktuelle Rote Liste belegt jetzt, dass insgesamt 30,8 Prozent aller in Deutschland vorkommenden Pflanzen in ihrem Bestand gefährdet sind", sagt BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel. "Es sind dabei vor allem hohe Nährstoffbelastungen, die vielen Wildpflanzen zu schaffen machen. Auffallend viele vom Aussterben bedrohte oder stark gefährdete Arten finden sich unter den typischen Arten nährstoffarmer Gewässer und anderer nährstoffarmer Standorte wie Moore, Heiden oder Extensiväcker", so die BfN-Präsidentin. Besonders viele Arten (51,2 %) sind etwa bei den Zieralgen gefährdet, die oft in nährstoffarmen Gewässern vorkommen. Der Anteil der gefährdeten Zieralgen ist damit doppelt so hoch wie etwa bei den Moosen (25 %). "Bei der artenreichsten Pflanzengruppe, den Farn- und Blütenpflanzen, sind insgesamt 27,5 Prozent in ihrem Bestand gefährdet und damit entweder vom Aussterben bedroht oder in unterschiedlichem Ausmaß gefährdet", berichtet der Botaniker Dr. Günter Matzke-Hajek, ehrenamtlicher Autor der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen. "Auch unter den Farn- und Blütenpflanzen sind Arten besonders betroffen, die nährstoffarme Standorte bevorzugen, wie die stark gefährdete Wiesen-Küchenschelle, sowie Ackerwildkräuter wie das mittlerweile vom Aussterben bedrohte Flammen-Adonisröschen. Beide Arten kommen immer seltener vor, weil ihre Standorte verstärkt zu hohen Nährstoffeinträgen und Nutzungsänderungen ausgesetzt sind." Die neue Rote Liste der Pflanzen umfasst auf 784 Seiten die Gefährdungsanalysen von sechs Pflanzengruppen: Farn- und Blütenpflanzen (insgesamt 4.305 Arten), Moose (1.195), Braun- und Rotalgen des Süßwassers (34), Schlauchalgen (45), Zieralgen (968) und Kieselalgen des Süßwassers (2.103). Der Band gibt nicht nur Auskunft über die gefährdeten Pflanzen, sondern enthält vollständige Gesamtartenlisten der sechs Pflanzengruppen und liefert damit auch einen Überblick und ein Inventar der gegenwärtig in Deutschland vorkommenden Pflanzenvielfalt. Die Gesamtbilanz für die in der Roten Liste bewerteten Pflanzen zeigt unter anderem, dass 119 Pflanzenarten im Verlauf der letzten etwa 150 Jahre in Deutschland ausgestorben oder verschollen sind, darunter sind 76 Arten der Farn- und Blütenpflanzen, für die in Deutschland keine natürlichen Vorkommen mehr bekannt sind, sowie 39 Moose und vier Kieselalgen. Es gibt jedoch auch Positives zu vermelden: Erfreulich entwickelt haben sich die Bestände einiger Moos- und Algenarten. Erfolge wurden hier vor allem durch Maßnahmen des technischen Umweltschutzes erzielt. Dadurch haben bei den Moosen vor allem die auf Bäumen wachsenden Arten von einer verbesserten Luftqualität, etwa durch geringere Schwefelimmissionen profitiert. Für einige Kieselalgen-Arten hat sich die geringe Versauerung von Seen positiv auf ihren Bestand ausgewirkt. Kieselalgen sind wichtige Indikatoren für die Wasserqualität der Binnengewässer. Auch bei 327 Farn- und Blütenpflanzen, die in den letzten 100 bis 150 Jahren zurückgingen, konnte eine weitere Abnahme in den vergangenen rund 20 Jahren aufgehalten und bei 18 sogar umgekehrt werden. Dies ist oft gezielten Artenhilfsmaßnahmen wie Ackerrandstreifen oder der Einrichtung von Schutzäckern zu verdanken. Dadurch konnten etwa die stark bedrohten Bestände der Kornrade oder der Dicken Trespe, beides früher typische Begleitpflanzen in Getreidekulturen, verbessert werden. "Gezielte Hilfsprogramme des Naturschutzes für einzelne Arten weisen zwar gute Erfolge auf, sie können aber nur die Ultima ratio sein. Um den Artenrückgang auf breiter Front aufzuhalten müssen wir auf Ebene der Landschaft, bei einer naturverträglichen Landwirtschaft und bei einer umfassenden Verbesserung unserer Gewässer ansetzen", hält BfN-Präsidentin Jessel fest. "Die Rote Liste unterstreicht daher einmal mehr, dass ein Umsteuern in der Landwirtschaft und in der Agrarpolitik dringend erforderlich ist. Denn die zunehmende Nährstoffbelastung gefährdet immer mehr Wildpflanzen in Deutschland - sowohl an Land als auch im Wasser." Der rote DaumenRote Liste der bedrohten Pflanzenarten in Deutschland: WWF-Vorstand fordert „Wende in der Agrar-Politik“.WWF Pressemitteilung, 5.12.18 Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat am Mittwoch die neue Rote Liste der Pflanzen in Deutschland vorgelegt. Demnach sind über ein Drittel der heimischen Wildpflanzen in Deutschland bestandsgefährdet. Hierzu erklärt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland: "Das weltweite Artensterben beschränkt sich nicht nur auf das Tierreich. Auch unserer Flora geht es zunehmend an die Wurzeln. Warum es der heimischen Pflanzenwelt schlecht geht, ist beim Blick auf die Rote Liste eindeutig: Unsere Ökosysteme sind vollgepumpt mit Düngemitteln. Artenreiche, einst blühende Wiesen werden durch Überdüngung in Gras-Monokulturen umgewandelt. Pestizide haben Ackerkräuter verschwinden lassen. Vor allem Wildpflanzen die auf nährstoffarme Lebensräume angewiesen sind, drohen zu verschwinden. Deshalb fordern wir von der Bundesregierung seit Jahren eine Kehrtwende in der Landwirtschaft. Wir können es uns nicht leisten, über 30 Prozent der einheimischen Pflanzen zu verlieren, denn sie sind die Grundlage zahlreicher Nahrungsketten - letztlich auch der unseren. Für die Bundesregierung öffnet sich mit der geplanten Ackerbaustrategie und der Reform der gemeinsamen EU-Agrarpolitik ein 'Window of Opportunity', um mit der Zivilgesellschaft und der Landwirtschaft den Agrarsektor neu aufzustellen. Oberstes Ziel muss es sein, die ökologisch gefährlichen Nährstoffüberschüsse abzubauen. Wir müssen aufhören Deutschland zu überdüngen, sonst drohen weite Teile unserer Pflanzen- und Tiervielfalt wegen Übersättigung auszusterben." Rote Liste der Pflanzen ist Offenbarungseid verfehlter Agrar-und GewässerpolitikBUND fordert Stopp des Tods auf RatenBUND Pressemitteilung, 5.12.18 Berlin: Anlässlich der heutigen Veröffentlichung der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen durch das Bundesamt für Naturschutz ruft der BUND die Bundesregierung zu entschlossenem Handeln auf. "Ohne eine drastische Änderung der Agrarpolitik in Brüssel und fundiertem Gewässerschutz in Deutschland bleibt die Lage dramatisch", betont der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. "Insbesondere die angekündigte Ackerbaustrategie der Bundesregierung muss einen wesentlichen Beitrag zur Rettung der botanischen Lebensgrundlagen leisten." Für den Rückgang von fast der Hälfte der Rote-Liste-Arten ist Überdüngung die wesentliche Ursache. Insbesondere die Gewässer sind mit zu vielen Nährstoffen belastet. Dies führt dazu, das beispielsweise über die Hälfte der Zieralgenarten als gefährdet gelten. "Die Landwirtschaftspolitik muss sich zu ihrer besonderen Verantwortung für die von ihr abhängenden Arten bekennen und endlich aktiv Artenschutz betreiben", so Weiger weiter. "Die Einführung eines zehn Meter breiten Gewässerrandstreifens zum Schutz unseres Wassers ist hierzu ein unverzichtbarer erster Schritt." Aus Sicht des BUND gelte es jetzt die Gefährdungsursachen stärker zu bekämpfen, die seit 1998 weitgehend unverändert geblieben seien. So müsse die weiter voranschreitende Vernichtung von wertvollen Lebensräumen, der immense Einsatz von Pestiziden und die Überdüngung von Äckern, aber auch die mangelhafte Betreuung bestehender Schutzgebiete und der falsche Umgang mit Hot Spots der Artenvielfalt, gestoppt werden. "Der Einsatz von Totalherbiziden verbietet sich mit der aktuellen Diagnose der Roten Liste eigentlich von selbst. Zum Schutz gefährdeter Pflanzen muss die Menge an Pestiziden drastisch reduziert werden. Besonders gefährliche Stoffe haben in unserer Umwelt nichts zu suchen. Nur so ist der Artenverlust in den nächsten Jahren zu bremsen", hob Weiger hervor. CDU/CSU und SPD haben mit der Vorstellung der Roten Liste die Chance, den Tod auf Raten selbst ehemals häufiger Arten zu verhindern. "Runter von der Bremse", appelliert Weiger an die Bundesregierung. "Wer die Bewahrung der Schöpfung und den Erhalt der Biologischen Vielfalt ernst nimmt, muss jetzt aktiv werden und eine ambitionierte Ackerbaustrategie und eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik ermöglichen. Für uns steht fest, dass es im Rahmen der GAP-Reformen öffentliches Geld nur noch für öffentliche Leistung geben darf. Der Agroindustrie muss der Geldhahn zu gedreht werden, ländliche Strukturen müssen gestärkt werden." Positiv hob der BUND hervor, dass der effektive Natur- und Artenschutz der letzten zehn Jahre erste Ergebnisse zeige. "Konsequenter Umweltschutz der zum Rückgang der Schwefelemissionen führte, hat für viele Pflanzenarten wesentliche Erleichterung gebracht. Zahlreiche lokale Projekte wie die Wiesenmeisterschaften des BUND Naturschutz in Bayern oder die Schutzäcker für die Vielfalt zeigen vor Ort, was grundsätzlich möglich ist", erklärt Magnus Wessel, BUND-Naturschutzexperte. "Der Schutz von Arten in der Agrarlandschaft muss aber verstärkt und finanziell solide ausgestattet werden, damit aus den Einzelfällen ein Trend wird, der weiter drohende Artenverluste verhindert." Der dramatisch schlechte Zustand vieler Pflanzenarten ist dabei nicht isoliert zu betrachten. "Die Krise der Pflanzen ist auch die Grundlage der Krise der Insekten", so Wessel. "Insbesondere Ackerwildkräuter haben eine wichtige Funktion in den Agrarökosystemen. Sie stellen Pollen, Nektar und Samen für verschiedenste Tierarten bereit, die einer Vielzahl von Nützlingen in der Ackerkultur zugutekommen." Hintergrund: Die Roten Listen beschreiben die Gefährdungssituation der Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in unserem Land. Sie werden alle zehn Jahre unter Federführung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zusammen mit zahlreichen ehrenamtlichen Expertinnen und Experten erarbeitet. Der BUND hat die Erstellung durch zahlreiche Daten der in ihm organisierten Spezialisten unterstützt. NABU-Kommentar zur Roten Liste heimischer WildpflanzenMiller: Dramatisches Artensterben in Agrarlandschaften und GewässernNABU Pressemitteilung, 5.12.18 Berlin In Deutschland sind fast ein Drittel der heimischen Wildpflanzen gefährdet. Das geht aus der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen, Moose und Algen hervor, die das Bundesamt für Naturschutz am heutigen Mittwoch in Berlin vorgestellt hat. Dazu NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Die heutige Liste zeigt einmal mehr, wie dramatisch das Artensterben in unserer Agrarlandschaft und Gewässern ist. Die Liste ist ein erneuter Weckruf, dass wir endlich Möglichkeiten nutzen und Maßnahmen ergreifen, um diesen alarmierenden Verlust für ein intaktes Ökoystem zu stoppen. Wir wissen, dass Ackerrandstreifen, Schutzäcker und weitere Agrarumweltmaßnahmen wie Brachen eine positive Wirkung für die Tiere und Pflanzen in der Agrarlandschaft haben sie werden jedoch viel zu selten umgesetzt. Aus diesem Grund muss die Agrarförderung endlich naturverträglicher werden und Landwirte für Naturschutzmaßnahmen besser entlohnt werden. Die Verhandlungen über die Zukunft der EU-Agrarpolitik laufen derzeit in Brüssel und sie sind der Schlüssel zum Stopp des Artensterbens in der Agrarlandschaft. Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner muss hier endlich Farbe bekennen. Neben dem Verlust der Wildpflanzen auf dem Acker sind durch die Eutrophierung der Gewässer auch viele Wasserpflanzen gefährdet. Deshalb ist es so wichtig, dafür zu sorgen, dass die Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt wird und alle Gewässer in einen guten ökologischen Zustand versetzt werden. Durch den Verlust von Pflanzen sind auch viele damit verbundene Insektenarten gefährdet und von diesen hängen wiederum Vögel, Amphibien, Reptilien und Säugetiere ab.“ » zurück |
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