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Entscheidung über bras. Waldgesetz wieder verschoben

Kahlschlag in Brasilien: Stoppt das Waldgesetz!

Parlament streitet weiter über Inhalte - Abstimmung erneut verschoben

WWF-Online, 14.3.12

Das brasilianische Abgeordnetenhaus hat den Abstimmungstermin über das umstrittene Waldgesetz zum wiederholten Mal verschoben. Die Verabschiedung der Gesetzesnovelle war ursprünglich für Dienstag, den 13. März geplant.

Für den heutigen Mittwoch, 14. März sind weitere Abstimmungen anberaumt. Das Waldgesetz wurde jedoch nicht auf der Agenda angekündigt. Denn noch immer herrscht große Uneinigkeit über die Inhalte des Waldgesetzes. „Die Zeit ist derzeit unser stärkster Verbündeter. Mit jedem Tag Verzögerung steigen die Chancen, die Novellierung des Waldgesetzes komplett zu verhindern", sagt Roberto Maldonado, Lateinamerika-Referent beim WWF Deutschland.

Im Juni wird Brasilien Gastgeber des UNO-Gipfels für Nachhaltige Entwicklung sein. Bei "Rio+20" werden über 100 Staats- und Regierungschefs erwartet. Sollte das neue Waldgesetz tatsächlich verabschiedet werden, stünde der Gipfel unter einem denkbar schlechten Stern, wie Roberto Maldonado vom WWF klar macht.

Die Proteste gegen das Waldgesetz lassen nicht nach

Die Brasilianische Bevölkerung hat indes weitere Proteste gegen das Waldgesetz angekündigt. Über zehn Städte des Landes werden von Freitag, 16. März bis zum Dienstag, 20. März mit über 150.000 Protest-Plakaten zum Waldgesetz weiteren Druck auf die Politiker und die Präsidentin Dilma Rousseff aufbauen.

Schon in den vergangenen Wochen hatte es weltweit heftigen Widerstand gegen die Novellierung des brasilianischen Waldgesetzes gegeben. In der Hauptstadt Brasilia demonstrierten Tausende gegen die Pläne der Regierung.

Unterstützung erhielten sie von Online-Aktivisten rund um den Globus. Der WWF hatte zum ersten Mal auf Twitter eine internationale Hash-Tag-Kampagne initiiert. Weltweit wurde dazu aufgerufen, das bedrohte Amazonasgebiet in Kurznachrichten - so genannten Tweets - zu thematisieren und diese mit #SOSBrazil zu markieren.

In Deutschland gelang das umstrittene Waldgesetz schnell auf die Agenda. Zwischenzeitlich avancierte #SOSBrazil auf Twitter zu einem der meist diskutierten Themen des Tages.

Informationen zum geplanten Waldgesetz in Brasilien

Für das Weltklima wäre es die schlechteste Nachricht der letzten Jahrzehnte: Mit dem neuen Waldgesetz droht der brasilianischen Amazonasregion ein gigantischer Kahlschlag. Millionen Hektar Regenwald könnten abgeholzt werden – ganz legal. Noch kann Brasiliens Präsidentin Dilma Rouseff diese gewaltige Umweltkatastrophe verhindern.

Die Gesetzesinitiative hat das Ziel, die Rodungsauflagen für Grundbesitzer zu lockern und verspricht eine Amnestie für zurückliegende illegale Abholzungen. Betroffen sind bis zu 76,5 Millionen Hektar – eine Fläche so groß wie Deutschland, Österreich und Italien zusammen. 28 Milliarden Tonnen Kohlendioxid würden damit zusätzlich freigesetzt. Das entspricht dem gesamten CO2-Austoß Deutschlands in 28 Jahren.

Die Konsequenzen sind unabsehbar. „Diese Veränderung des Waldgesetzes wäre die schlechteste Umweltnachricht der letzten 20 Jahre“, sagt WWF-Waldexperte Roberto Maldonado.

Kampf um Land

Brasilien hat eines der fortschrittlichsten Waldschutzgesetze der Welt – bisher. Es schreibt vor, dass bei Privatgrundstücken ein bestimmter Anteil bewaldet bleiben muss. Im Amazonasgebiet sind dies 80 Prozent eines Grundstücks. Durch Verschärfungen von Schutzbestimmungen konnte der Raubbau am Regenwald in den letzten Jahren zumindest verlangsamt werden. Trotzdem verlor Brasilien im Durchschnitt der letzten zehn Jahre jährlich 1,65 Millionen Hektar Regenwald – ungefähr die Fläche Thüringens.

Die Agrarlobby streitet aber seit Jahren dafür, mehr abholzen zu dürfen. Seit Ende der 1990er Jahre gab es eine ganze Reihe von parlamentarischen Initiativen, um den Prozentsatz der geschützten Waldanteile zu verringern – und den Landhunger der brasilianischen Landwirtschaft zu stillen.

Das neue Gesetz …

Die vorliegende Novelle des brasilianischen Waldschutzgesetzes (Código Florestal) sieht vor, dass Umweltauflagen für Grundbesitzer drastisch gelockert werden. Sie dürften auf ihren Besitzungen im Amazonas den Bewaldungsanteil von 80 auf 50 Prozent reduzieren. Rinderzucht soll nun auch auf bisher geschützte Flächen wie Hängen und Bergkuppen erlaubt werden. Dazu ist eine Amnestie für zurückliegende illegale Rodungen vorgesehen. Bis zu 90 Prozent des ländlichen Privatbesitzes können von der bisherigen Auflage befreit werden, illegal abgeholzte Flächen aufzuforsten.

... und die Folgen

Das alles hätte nicht nur Folgen für das Klima: Die Bodenerosion würde zunehmen, der Düngemitteleinsatz müsste steigen, durch die fehlenden Wälder würde der Wasserkreislauf gestört. Es käme zu Problemen in der Trinkwasserversorgung, die Gefahr von Hochwasser und Erdrutschen würde steigen – und letztendlich der Mensch leiden.

Die Neufassung des Waldgesetzes wurde in der Nacht zum 7. Dezember vom brasilianischen Senat unverändert verabschiedet. Im Anschluss müsste Präsidentin Dilma Rousseff das Gesetz unterschreiben. Sie kann aber auch ihr Veto einlegen.

Überwältigende Mehrheit der Brasilianer dagegen

Der WWF fordert im Einklang mit einem breiten gesellschaftlichen Bündnis von der Brasilianischen Bischofskonferenz bis zu Greenpeace Präsidentin Rousseff auf, das neue Waldgesetz nicht zu unterschreiben – nicht nur wegen der Folgen für das Klima. Es wäre ein verheerendes Signal für den Weltklimagipfel in Durban und den Nachhaltigkeitsgipfel im Juni 2012 in Rio de Janeiro. Die sinnvollen Alternativen zum neuen Waldgesetz: 61 Millionen Hektar braches Weideland könnten landwirtschaftlich bestellt werden, zudem Methoden und Effizienz von Agrar- und Viehwirtschaft verbessert werden, ohne dass Regenwaldflächen entwaldet werden müssen.

Die brasilianische Bevölkerung hat schon verstanden, dass das neue Gesetz nur den Landbesitzern nutzt. Im Juni 2011 sprachen sich in einer repräsentativen Umfrage 85 Prozent gegen das Gesetz und für den Waldschutz aus.


Entscheidung über Waldgesetz in Brasilien erneut verschoben

(dpa) - 14. März, 2012

http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=55&tx_ttnews[tt_news]=133601&cHash=7c68df38b2fe11e62b4dc216d1823914




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