Aktuell


Mekong-Artenvielfalt

Neuentdeckungen: Klonende Eidechsen und Stubsnasen-Affen

Aus der Wundertüte des Lebens: Forscher entdecken im Mekong-Gebiet über 200 neue Arten in nur einem Jahr.

WWF Pressemitteilung, 12.12.11

Berlin - Innerhalb eines Jahres wurden nach einem aktuellen Bericht der Umweltschutzorganisation WWF in der Mekong-Region über 200 bisher unbekannte Spezies entdeckt. Darunter sind skurril anmutende Arten wie eine sich selbst klonende Eidechse (Leiolepis ngovantrii), eine weiß und orange blühende Orchidee (Dendrobium daklakense) und ein in psychedelisch anmutenden Mustern gefärbter Gecko (Cnemaspis psychedelica). Größte Sensation sei, so der WWF, die wissenschaftliche Erstbeschreibung einer neuen Primatenart. Die sogenannten burmesischen Stubsnasen-Affen (Rhinopithecus strykeri) kommen nur in einer entlegenen Bergwaldregion Myanmars vor. Vor allem würde man die Affen, so wurde es den Forschern von Einheimischen berichtet, bei Regenwetter hören. Durch die nach oben geöffneten Nasenlöcher kommt immer wieder Wasser in das Riechorgan und zwingt die Affen zu niesen. Aufgrund dieser anatomischen Besonderheit verbringen die Tiere einen Regentag sitzend, mit dem Kopf zwischen den Knien. Aufgrund einer charakteristischen Haarlocke tauften die Forscher die Art, von der bisher nur Zeichnungen existieren, auf den Spitznamen „Elvis-Affen“. Der Gesamtbestand liegt vermutlich nur zwischen 260 und 330 Individuen und in ihrem Verbreitungsgebiet ist die Jagd allgegenwärtig. Sie gelten daher bereits jetzt als vom Aussterben bedroht.

„Die biologische Vielfalt am Mekong ist enorm. Durchschnittlich wurden drei neue Arten pro Woche entdeckt. Wir können nur erahnen wie viele Tiere und Pflanzen noch darauf warten, entdeckt zu werden. Doch wir laufen Gefahr, dass zahlreiche Arten verschwinden, bevor sie überhaupt beschrieben wurden”, sagt WWF-Experte Stefan Ziegler. Doch nicht nur die Stubsnasen-Affen sondern auch andere, der nur hier vorkommenden Tiere und Pflanzen seien durch den Bau von Straßen, Dämmen und schnell wachsende Städte bedroht. Auch die 209 Neuentdeckungen könnten daher schon bald für immer verschwinden. So mussten nach WWF-Angaben in Südostasien seit 1990 jährlich 2,7 Millionen Hektar Dschungel den Monokulturen riesiger Plantagen weichen, in denen Kakao, Kaffee, Tee, Cashew-Nüsse oder Kautschuk angebaut werden. Außerdem sollen rund 150 neue Wasserkraftwerke am Mekong entstehen. Bereits heute finden sich 70 Prozent der endemischen Säugetierarten aus der Region auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN, darunter der Indochinesische Tiger oder der Asiatische Elefant. Die Festlandpopulation des Java-Nashorns gilt in Vietnam seit 2011 gar als Ausgestorben.

Ziel müsse es ein, dass die einmalige Mekong-Region mit Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft grenzüberschreitend und dauerhaft geschützt werde. Gesunde und intakte Ökosysteme kämeen, so der WWF, auch den Millionen von Bewohnern der Region zugute. So würden etwa viele der geplanten Mega-Staudämme nicht nur die Artenvielfalt bedrohen, sondern auch die Ernährungssicherheit in Laos, Kambodscha und Vietnam unmittelbar gefährden.

Hintergrund: Der aktuelle WWF-Bericht „Wild Mekong“ ist der vierte WWF-Report zu neu entdeckten Arten seit 2008. Insgesamt wurden seit 1999 über 1.500 neue Tier- und Pflanzenarten in der Region „Greater Mekong“ erstmalig wissenschaftlich beschrieben. Neu hinzugekommen sind in der Bilanz nun 145 Pflanzen, 28 Reptilien, 25 Fische, sieben Amphibien, zwei Säugetiere und eine Vogelart.


Mekong-Staudamm: Aufschub, keine Entwarnung

WWF fordert zehnjährigen Bau- und Vergabestopp für Staudammprojekte

WWF Pressemitteilung, 9.12.11

Berlin - Die Umweltschutzorganisation WWF begrüßt die gemeinsame Entscheidung von Laos, Thailand, Kambodscha und Vietnam, den Bau des geplanten Xayaburi Staudamms (Laos) vorerst nicht zu beginnen. Die in der Mekong-Flusskommission vertretenden Länder haben im Zuge des gegenseitigen Konsultationsmechanismus für Staudammbauten am Hauptstrom des gemeinsamen Flusslaufes erklärt, dass die derzeitig vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Folgen des geplanten Staudammes nicht ausreichend untersucht seien. „Die Anrainerstaaten haben einen richtigen und wichtigen Schritt unternommen. Sie haben gezeigt, dass sie die bei der Nutzung ihrer wichtigsten Ressourcen das Vorsorgeprinzip nicht ignorieren", sagt Dr. Jian-hua Meng, WWF-Experte für nachhaltige Wasserkraft. Insbesondere die Auswirkungen auf die Fischerei und den Sedimenthaushalt des Mekong werden vom WWF als kritisch erachtet. Der WWF setzt sich daher für ein generelles, zehnjähriges Bau-Moratorium für Staudämme am Mekong ein. Eine Forderung, die auch von der vietnamesischen Regierung vertreten wird. In diesem Zeitraum sollten die unvermeidlichen Auswirkungen der elf geplanten Stauprojekte etwa auf die Fischerei oder den Sedimenthaushalt genau untersucht werden, so der WWF.

Die Binnenfischerei des Mekong stellt die Ernährungs- und Lebengrundlage von 60 Millionen Menschen dar. Der Eingriff in den Sedimenthaushalt wird sich ganz besonders kritisch am empfindlichen, aber dichtbesiedelten Mekongdelta auswirken, wo Landverlust und Bodenversalzung drohen. Die Mekong-Anrainer haben vereinbart, weitere Untersuchungen zu den offenen Fragen der nachhaltigen Bewirtschaftung des Flusses zu beauftragen. Diese Untersuchungen müssen auch endlich den internationalen Standards genügen, welche die bisher dort tätigen europäischen Consultingfirmen fahrlässig missachtet haben. Ein Angebot der japanischen Entwicklungshilfe soll zu diesem Zweck angenommen werden. Ein Zeitplan für den endgültigen Beschluss wurde unterdessen nicht genannt. „Bei derart kritischen Infrastrukturprojekten kann man keine Abkürzungen nehmen", sagte Meng.




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