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Belo Monte: Das Unheil nimmt seinen LaufVon Gerhard Dilger, blogs.taz.de, 10.4.12Brasilien-Belo Monte. Beim Bau des riesigen Wasserkraftwerks Belo Monte am Amazonas-Nebenfluss Xingu herrschen statt Partizipation Autoritarismus und Vetternwirtschaft. Bischof Erwin Kräutler aus Altamira fühlt sich an die Diktatur erinnert. Letztes Jahr begannen die Bauarbeiten für das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt. Nach dem ersten bestätigten tödlichen Arbeitsunfall kam es zu Streikmaßnahmen und Straßensperren, die über über die Ostertage unterbrochen wurden. Präsidentin Dilma Rousseff zufolge ist das Megaprojekt für die “Entwicklung” Brasiliens und speziell Amazoniens erforderlich. Dennoch dürfte ein Großteil des derart subventionierten Stroms privaten Stahl und Aluminiumwerken zugutekommen, womit die Rolle Amazoniens als Rohstofflieferant für Europa, Nordamerika und Asien fortgeschrieben wird. Gerade diese internationale Dimension, die in der öffentlichen Debatte meist ausgeklammert wird, ist ein entscheidender Schlüssel zum Verständnis des Megaprojekts. In den letzten Jahrzehnten haben die Länder des Nordens energieintensive Branchen wie die Aluminium-, Stahl-, oder Zelluloseproduktion immer mehr in den globalen Süden ausgelagert. Auch Brasilien sei eine „Geisel“ dieses Prozesses, die Produktion werde auf internationaler Ebene beschlossen und dem Land blieben die sozioökologischen Kosten, sagt der Energieexperte Célio Bermann und fordert die Mitverantwortung des Nordens ein. In Deutschland und anderen Industrieländern, wo auch Regierungen immer wieder Sorge um die „grüné Lunge“ Amazonien äußern, bleibt es den AktivistInnen aus der Umwelt-, Nord-Süd oder basiskirchlichen Szene vorbehalten, auf jene Mitverantwortung hinzuweisen. Zusammen mit den Sympathisanten aus den brasilianischen Metropolen unterstützen sie die Widerstandsbewegung vor Ort. So gab es letzte Woche Proteste anlässlich der Daimler-Aktionärsversammlung in Stuttgart. Die europäischen Regierungen hingegen sehen vor allem Geschäftsinteressen: Natürlich hätten sie überhaupt nichts gegen Belo Monte einzuwenden, so sagte mir einmal ein Botschafter eines EU-Staats, „unsere Unternehmen verdienen ja daran mit“. Er hat Recht: Mercedes-Lkws räumen schon jetzt das Erdreich an der Baustelle am Amazonas-Nebenfluss Xingu weg, gerodet wird vorzugsweise mit Stihl-Kettensägen, und die Turbinen, Generatoren oder Transformatoren wird ein Konsortium liefern, in dem die europäischen Konzerne Alstom (Frankreich), Andritz (Österreich) und Voith-Hydro (Deutschland), ein Joint Venture von Siemens und Voith, beteiligt sind. 2011 meldete Voith-Hydro einen Auftrag in Höhe von 443 Millionen Euro. Für den Bau des zweitgrößten Wasserkraftwerks Brasiliens wird so viel Erdreich bewegt wie vor 100 Jahren beim Bau des Panama-Kanals. Mercedes-Benz bekam 2011 vom Baukonsortium Norte Energia einen Großauftrag für 540 Geländelastwagen, geschätzter Mindestwert: umgerechnet 86 Millionen Euro. Dadurch werden auch von deutscher Seite jene vergleichsweise umfangreichen entwicklungspolitischen und Waldschutz-Initiativen konterkariert, die in Amazonien seit vielen Jahren im Gang sind. Natürlich verdient nicht nur das internationale Kapital an Belo Monte, sondern auch brasilianische Konzerne wie der Baumulti Andrade Gutierrez oder der Bergbauriese und Thyssen-Krupp-Partner Vale, der sich seit seiner Teilprivatisierung in den 90er Jahren zum zweitgrößten Rohstoffkonzern der Welt gemausert hat. (Mit freundlicher Genehmigung des Autors) Enteignete Siedler erhielten noch keine EntschädigungszahlungenPlattform Belo Monte, 11.4.12Kleinbauern und Siedler der Großen Schleife des Xingu beschwerten sich bei der Staatsanwaltschaft in Altmira, dass Norte Energia S.A. die Verträge der Entschädigungszahlungen nicht einhält. Für den Bau des Staudammes Belo Monte wurde das gesamte Gebiet der Großen Schleife enteignet. Norte Energia zahlt aber weder die vereinbarten Beträge noch hält sie die Frist ein. "Heute müssen wir um Hilfe bitten, um aus dieser verzwickten Situation heraus zu kommen, die wir nicht verschuldet haben. Niemand kümmert sich um unsere Anliegen. Sie haben uns betrogen; haben einen Betrag für die Entschädigung ausgemacht und nun wollen sie einen anderen zahlen. Sie haben den 15. Februar als Zahltag vereinbart, und bis heute haben wir kein Geld erhalten," sagte einer der Betroffenen. Staudamm Belo Monte: “Es gab nie einen Dialog”Vorarlberg Online, 10.4.12http://www.vol.at/staudamm-belo-monte-es-gab-nie-einen-dialog/3218572 Baukonsortium Belo Monte zahlt keine Steuern an AltamiraPlattform Belo Monte, 6.4.12Die Stadtverwaltung von Altamira beklagt, dass das Baukonsortium CCBM nicht die für Dienstleistungen vorgesehenen Steuerabgaben (ISS) entrichtet. Der dadurch entstandene Schaden wird allein für die an Norte Energia ausgestellten Rechnungen mit R$ 50 Mio beziffert. Das Konsortium hat bereits in Altamira bei Gericht um eine Autorisierung für die Rücklage von 2 % an Steuern gefordert, während die Präfektur seit vielen Jahren 4 % einhebt. Die Richter Cristina Collyer Damásio lehnte das Ansuchen ab und der Prozess wird an das Gericht in Belém als nächste Instanz weiter geleitet. Sollte dort dem Konsortium Recht gegeben werden, müsste die Stadtverwaltung noch 5bis 10 Jahre auf das Geld warten. Menschenkette stoppt Arbeiten am Staudamm Belo MontePlattform Belo Monte, 5.4.12Laut Agência Brasíl wurden die Arbeiten auf den fünf Baustellen des Staudamms Belo Monte, Rio Xingu (PA), am Mittwoch früh (4.4.) durch eine Kette von Arbeitern, Mitgliedern sozialer Bewegungen und Demonstranten, die gegen den Bau des Kraftwerks und die mit den Arbeitsbedingungen unzufrieden sind, gestoppt. Das Baukonsortium CCBM konnte nicht informieren, ob die Arbeiten im Laufe des Tages aufgenommen wurden oder nicht. Xingu Vivo berichtet, dass der Streik für bessere Arbeitsbedingungen an den Baustellen Belo Monte bereits den siebenten Tag andauert. An der Einfahrt von Altamira gab es wieder eine Kundgebung mit den bekannten Forderungen. Bisher gab es dazu seitens des Konsortiums keine Antwort. Spezialeinheiten des Militärs versuchten die Arbeiter einzuschüchtern und zur Arbeitsaufnahme zu bewegen. Weiters berichtet Xingu Vivo von Listen jener Arbeiter, die am Zustandekommen der Streiks beteiligt waren und dass sie entlassen werden sollen. Das Unternehmen dementiert und nennt den 16. April (nach anderen Quellen den 10. April) für die Bekanntgabe der Ergebnisse der Verhandlungen. Streik in Belo Monte über Ostern eingestelltPlattform Belo Monte, 6.4.12Die Arbeiter des Wasserkraftwerks Belo Monte haben beschlossen, die seit letzter Woche durchgeführten Streiks und Straßensperren an der Stadtausfahrt von Altamira über die Osterfeiertage einzustellen. Mit dieser Strategie konnten sie verhindern, dass die in Vitoria do Xingu und Brasil Novo untergebrachten Arbeiter nicht zu den verschiendenen Baustellen für das Kraftwerk Belo Monte transportiert werden konnten. Die Arbeiter werden die Streiks über Ostern aussetzen und die Sitzung der Gewerkschaft mit dem Baukonsortium CCBM am 10. April abwarten. Sollten ihre Forderungen bis 16. April nicht erfüllt werden, werden die Streiks und Kundgebungen wieder aufgenommen. Per Telefon berichteten einige Arbeiter, dass sie die Gewerkschaft der Schwerindustrie (Sintrapav) nicht als Verhandler akzeptieren. Sie behaupteten, dass Druck auf sie ausgeübt wurde, die Arbeiten aufzunehmen, und dass ihnen Kündigungen angedroht wurden. Das Baukonsortium bestreitet Entlassungen aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen. Präsidentin Dilma Rousseff (PT) wandte sich bei einem Treffen mit Mitgliedern des Klimaforums im Palácio do Planalto in Brasília an jene Umweltgruppen, die gegen den Bau von Wasserkraftwerken in Amazonien sind. Einmal mehr betonte sie die Entschlossenheit der Regierung zum Ausbau der Wasserkraft, um die Energieversorung Brasiliens sicher zu stellen. Sie sagte, dass "Menschen, die gegen den Bau von Wasserkraftwerken sind, in einem Zustand der 'Phantasie' leben". Sie sei in Spanien gewesen, um sich dort Windkraftwerke anzusehen, doch die Räder seien seit acht Monate still gestanden, weil kein Wind ging. "Stauseen für die Kraftwerke können wir bauen, aber Reservatorien für Winde nicht", sagte Dilma. Antonia Melo von Xingu Vivo para Sempre sagte dagegen, dass "diejenigen in einem Zustand der Phantasie leben, die nicht mit jenen sprechen, die anderer Meinung sind, und die alles von oben herab bestimmen und durchsetzen." (Kommentar Waldportal: Alle Klimaprognosen gehen von einer Austrocknung des Amazonasbeckens in den nächsten Jahrzehnten aus. Schon jetzt häufen sich Dürrekatastrophen mit extremem Niedrigwasser der Flüsse und Stromengpässen. In dieser Situation die Energiegewinnung fast nur auf Wasserkraft zu setzen, deutet auf ein großes Maß an Realitätsverlust hin.) Richterliche Verfügung gegen "Xingu Vivo": Aktionen gegen Belo Monte verbotenPlattform Belo Monte, 4.4.12Laut neuesten Meldungen von Xingu Vivo para Sempre werden vier Aktivisten der Bewegung - Antonia Melo da Silva, Lázaro Verçosa, Mônica Brito und der freie Journalist Ruy Marques Sposati (für Xingu Vivo sowie nationale und internationale Medien tätig) - beschuldigt, die Anfahrt der Arbeiter zu den Baustellen des Kraftwerks Belo Monte am 30. März behindert zu haben. Durch die einstweilige Verfügung des Richters Wandern Luis Bernardo vom Zivilgericht in Altamira ist ihnen die Teilnahme an Manifestationen gegen das Kraftwerk Belo Monte verboten. Bei Nichtbeachtung der Anordnung ist eine Geldbuße von R$ 5.000 pro Tag vorgesehen. Der Richter fordert die Xingu-Vivo-Mitglieder Antonia Melo, Lázaro Verçosa, Ruy Sposati und Mônica Brito auf, "von jeder Form der Besitzstörung gegenüber dem Konsortium Belo Monte Abstand zu nehmen". Weiters dürfen die Mitglieder der Bewegung sämtliche Tätigkeiten auf den Baustellen von Pimental, der Kanal- und Deichanlagen sowie beim Kraftwerk Belo Monte in keiner Weise behindern, "weder eindringen, besetzen oder plündern, noch den Zugang des Konsortiums und seiner Mitarbeiter zu den Baustellen behindern". Die einstweilige Verfügung wurde auf der Legislativen Versammlung von Pará (3.4.) diskutiert. Landtagsabgeordneter Edmilson Rodrigues (Psol) kritisierte die Entscheidung. "Es ist nicht hinnehmbar, dass die Justiz BürgervertreterInnen daran hindert, Kontakte zu Arbeitnehmern eines Projekts zu haben, das große Auswirkungen auf die Region hat, und dass das Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten wird", beklagte Edmilson. Im Hintergrund stehen Anschuldigungen des Baukonsortiums Belo Monte gegen die Umweltaktivisten, sie hätten den Transport der Arbeiter zu den Baustellen bloquiert und dadurch den Streik "künstlich" herbei geführt. Die vier Beschuldigten weisen die Vorwürfe von sich und sprechen von Verleumdungen. Drei der Umweltschützer waren aufgrund von Verpflichtungen nicht am Ort des Geschehens. Nur Ruy war in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit bei den Kundgebungen. Medien berichten auch heute (4.4.) von weiteren Demonstrationen der Arbeiter an der Einfahrt von Altamira, wo die Autobusse wieder angehalten und Menschenketten gebildet wurden. Belo Monte: unterschiedliche Angaben über StreikbeteiligungPlattform Belo Monte, 4.4.12Im Gegensatz zum Betreiberkonsortium Norte Energia erklärten Vertreter der Bewegung Xingu Vivo para Semprer heute (3.4.) mit, dass ein Großteil der am Kraftwerksbau von Belo Monte Beschäftigten weiterhin nicht zur Arbeit erschienen ist. "Höchstens 2.000 Arbeiter gingen zur Arbeit," sagte Ana Laíde von Xingu Vivo in einem Interview mit Rádio Nacional da Amazônia. Am Bau des Kraftwerks Belo Monte sind derzeit etwa 7.000 Arbeitnehmer beschäftigt. Laut Atnágoras Lopes, dem Vertreter der Gewerkschaft CSP-Conlutas, die allerdings vom Baukonsortium nicht anerkannt wird, liegt die Streikbeteiligung bei 20 % bis 30 % der Arbeitnehmer. Gestern (2.4.) sagte Wilmar Gomes Dos Santos, Sprecher der Gewerkschaft für Industriebauten (Sintrapav), in einem Interview mit Agência Brasil, die Proteste am Samstag (Errichtung von Straßenbarrikaden, um zu verhindern, dass die Arbeiter zu den Baustellen gebracht werden konnten) seien von politisch motivierten Aktivisten wegen der bevorstehenden Bürgermeisterwahlen erfolgt und nicht wegen arbeitsrechtlicher Forderungen. Der Vertreter der CSP-Conlutas bestreitet jede politische Motivation und verweist auf die Forderungen der unzufriedenen Arbeiter: Lohnerhöhungen sowie verschiedene Vergütungen; kürzere Frist für Besuche der Familie (alle 90 Tage und nicht alle 180); Verbesserung der Essens- und Wasserqualität; Bezahlung von Samstag-Überstunden und Verbesserung der Transporte. Für 10.4. ist ein weiteres Treffen zwischen dem Baukonsortium und der vom Konsortium einzigen anerkannten Gewerkschaft (Sintrapav) geplant. Die nicht anerkannte Gewerkschaft CSP-Conlutas und die Bewegung Xingu Vivo bezweifeln die Repräsentativität und den Einsatz von Sintrapav zugunsten der Arbeiter. » zurück |
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