Aktuell


Kohleabbau in Kolumbien

Schwarzer Fluch

Von Svenja Beller, Greenpeace Magazin, 18.6.12

Seit letztem Jahr ist Kolumbien Deutschlands größter Lieferant von Steinkohle. Verlierer des Geschäfts ist vor allem die indigene Volksgruppe der Wayúu, auf deren Territorium sich die Minen in die Landschaft fressen. Ein Bericht aus dem Greenpeace Magazin 4/2012.

Sie verehren Mutter Erde als lebensspendende Göttin. Das, was gerade mit ihr passiert, ist in den Augen der Wayúu eine Vergewaltigung. Die größte indigene Volksgruppe Kolumbiens lebt im äußersten Norden des Landes. Unter ihren Füßen liegen gewaltige Steinkohlevorkommen, nach denen es die großen Industrieländern wie Deutschland dürstet.

Riesige Tagebaue fressen sich durch das ehemals fruchtbare Land. Sie vernichten die Vegetation und verschmutzen die lebenswichtigen Flüsse, vor allem aber nehmen sie den Wayúu ihr Land: Etliche von ihnen wurden vertrieben, viele bedroht, einige offenbar sogar ermordet. Für sie alle endete mit den Kohleminen das Leben in Freiheit.

"Mit dem Verlust des Landes geht unsere ganze Geschichte verloren, unsere kulturelle Identität", sagt Angélica Ortiz. "Vorher waren wir einfache Bauern, jetzt sind viele gezwungen, zu Hungerlöhnen für die Bergbaufirmen zu arbeiten." Mit ihrer Menschenrechtsorganisation Fuerza de Mujeres Wayúu kämpft sie gegen die übermächtige Kohleindustrie - selten passte der Vergleich David gegen Goliath besser. In ihrem Department La Guajíra betreiben die Bergbauunternehmen BHB Billiton, Anglo American und Xstrata einen der größten Steinkohletagebaue der Welt: El Cerrejón. Seinem ungehemmten Wachstum droht nun der wichtigste Fluss der Region zum Opfer zu fallen. "Seine Umleitung wäre der Tod unseres Territoriums", sagt Ortiz. Sie spricht mit leiser Stimme und leerem Blick. Man merkt ihr die Spuren des harten Kampfes deutlich an.

"Wir werden von paramilitärischen Gruppen bedroht. Ich habe öffentlich der Polizei, dem Gemeinderat von Barranca und den Bergbauunternehmen gesagt: Wenn mir etwas passiert, dann seid ihr dafür verantwortlich. Wenn ihr mein Blut vergießen müsst, dann tut das", erzählt Ortiz.

Gut 9000 Kilometer entfernt setzen deutsche Stromkonzerne noch immer auf Kohle als Energieträger - woher sie stammt, müssen sie nicht offenlegen, verantwortlich fühlt sich niemand. Laut dem Food First Informations- und Aktions-Netzwerk (FIAN) gehen 95 Prozent der in Kolumbien geförderten Kohle ins Ausland. Das lateinamerikanische Land löste Russland im vergangenen Jahr als größten Steinkohlelieferanten für Deutschland ab. Mit über zehn Millionen Tonnen lieferte es mehr als ein Viertel des Gesamtimports. Und der deutsche Kohlehunger wird trotz Energiewende in Zukunft wachsen: Zu den 139 bereits laufenden Blöcken planen die Konzerne zusätzlich über 20 neue Kraftwerke, die Hälfte davon wird schon gebaut.

Mit Unterstützung von FIAN machten Angélica Ortiz und der Menschenrechtsanwalt Alirio Uribe Munoz in diesem Frühjahr eine Tour durch Deutschland und die Schweiz. Sie sprachen mit Bundestagsabgeordneten und forderten bei den Hauptversammlungen von RWE und Eon ihre Rechte ein. Geändert hat sich bisher aber nichts. Ortiz weiß: "Wenn der Boden irgendwann ausgebeutet ist, werden sie das Land einfach wieder fallen lassen - mit all den ökologischen und sozialen Schäden, die sie ihm angetan haben."


Schwarze Wolke verdreckt die Amazon-Cloud

Greenpeace-Aktivisten fordern grünen Strom für die Amazon-Cloud

Von Sigrid Totz, Greenpeace-Online, 20.6.12

Gegen die klimaschädliche Stromversorgung der Amazon-Cloud protestieren Greenpeace-Aktivisten heute in Berlin bei einer Geschäftskunden-Veranstaltung des US-Konzerns. Am Eingang des Amazon Web Services Summit im Berlin-Cubix in der Nähe des Alexanderplatzes halten sie eine schwarze Ballonwolke in die Luft. Diese ist ein Symbol für die Cloud-Dienste des Konzerns, deren Rechenzentren zu 64 Prozent mit Kohle- und Atomstrom betrieben werden.

Unter der Ballonwolke hängt ein Banner mit der Aufschrift "Grüner Strom für die Amazon-Cloud". Die Aktivisten fordern die Amazon-Kunden mit Flugblättern auf, sich für eine saubere Stromversorgung der Amazon-Cloud einzusetzen.

"Fast eine Viertelmillion Unterzeichner der Greenpeace-Petition fordern Amazon auf, sich vom Kohle- und Atomstrom zu verabschieden. Und Amazon? Ignoriert sie einfach. Damit fällt Amazon weit hinter Apple und Microsoft zurück, die den Ökostrom-Anteil für ihre Clouds deutlich erhöhen wollen", sagt Gerald Neubauer, Greenpeace-Energieexperte.

Apple hatte im Anschluss an die Greenpeace-Kampagne "Clean Our Cloud" angekündigt, für sein neues Rechenzentrum in Maiden, North Carolina eigene Solarparks bauen zu wollen und langfristig komplett auf Erneuerbare Energien umzustellen. Microsoft will ab 1. Juli 2012 seine Rechenzentren CO2-frei betreiben, allerdings vor allem durch den Zukauf von Grünstrom-Zertifikaten.

Amazon-Cloud betreibt ein Prozent des Internetverkehrs

Etwa ein Prozent des gesamten Internetverkehrs nutzt inzwischen die rasant wachsende Amazon-Cloud. Etwa ein Drittel aller Internet-Nutzer besucht täglich eine Website, die Dienste von Amazon nutzt, ergab eine Studie von Deep Field Networks mit mehreren hundert Millionen Nutzern. Über die genaue Größe der Cloud-Dienste und ihrer Stromversorgung schweigt der Konzern sich aus. Allein in Deutschland benötigt das sogenannte cloud computing, das Speichern von Fotos und Texten im Netz, laut einer Bitkom-Studie den Strom von vier mittelgroßen Kohlekraftwerken.

Die unabhängige Umweltschutzorganisation Greenpeace fordert Amazon auf, direkt in Erneuerbare Energien zu investieren und grünen Strom für seine Rechenzentren zu beziehen. Neue Rechenzentren sollen dort angesiedelt werden, wo möglichst viel Erneuerbare Energien vorhanden sind. Island etwa garantiert 100 Prozent grüne Stromversorgung und ideale klimatische Bedingungen für die Kühlung der Server. Außerdem soll Amazon seinen Strommix und CO2-Ausstoß offenlegen. "Amazon, Apple und Microsoft müssen ihre Macht bei Energieversorgern und Regierungen für den Ausbau von Ökostrom einsetzen. Die IT-Giganten können den Klimaschutz wirklich vorantreiben", sagt Gerald Neubauer.




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