AktuellEU-Strategie Biologische Vielfalt
NABU: Neue EU-Strategie zur Biologischen Vielfalt braucht TatenMiller: Aigner muss Landwirtschaft- und Fischereipolitik dringend reformierenNABU Pressemitteilung, 3.5.11 Brüssel/Berlin Der NABU begrüßt die heute von EU-Umweltkommissar Janez Potočnik in Brüssel vorgestellte neue europäische Strategie zu Schutz und Wiederherstellung der Biologischen Vielfalt (EU-Biodiversitätsstrategie), hegt aber Zweifel an der Bereitschaft der Regierungen, sie in die Praxis umzusetzen. Von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner fordert der NABU, endlich entschlossen die Reform von Agrar- und Fischereipolitik voranzutreiben. Nachdem das von den Staats- und Regierungschefs bereits 2001 verabschiedete Ziel, den weiteren Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppen, gescheitert war, hatten die Staatschefs im vergangenen Jahr ein neues, ambitionierteres Ziel für 2020 beschlossen, um die natürlichen Lebensgrundlagen der Europäer bis 2020 vor der weiteren Zerstörung zu bewahren und wenigstens teilweise wiederherzustellen. Die heute vorgestellte Strategie nennt sechs konkrete Handlungsfelder: So sollen drei Viertel aller Vogelarten in einen günstigen Erhaltungszustand gebracht werden (derzeit sind dies nur etwa 50 Prozent), sowie ein Viertel aller wichtigen Lebensräume (gegenwärtig nur 17 Prozent). Gleichzeitig will die EU durch effizienteres Wirtschaften und ökologische Entwicklungspolitik mehr tun, um die Naturzerstörung in anderen Kontinenten aufzuhalten. „Diese Strategie fasst zusammen, was die EU mindestens tun muss, um Europa vor dem ökologischen Kollaps zu bewahren“, kommentiert NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Voraussetzung ist allerdings, dass das EU-Parlament und der Umweltministerrat nun eine zügigere Umsetzung einfordern.“ Zugleich betont Miller: „Es ist nicht akzeptabel, dass die EU erst 2020 den Rückgang der Arten und Lebensräume endgültig gestoppt haben will dieses Ziel hatte man sich bereits für 2010 gesetzt und weit verfehlt.“ Großen Reformbedarf sieht der NABU in der EU-Agrar- und Fischereipolitik, da sie die Hauptschuldigen an der Verarmung der europäischen Natur sind. Bereits auf dem Weltnaturschutzgipfel im vorigen Jahr im japanischen Nagoya hatten sich die Europäer für einen ökologischen Umbau und den Abbau umweltschädlicher Subventionen bis 2020 verpflichtet. In der neuen EU-Strategie kündigt die Kommission nun an, künftig mehr Agrarsubventionen für den Schutz der ländlichen Ökosysteme auszugeben. Auch sollen die EU-Flotten bis spätestens 2015 nicht mehr Fische fangen als im Meer nachwachsen können. „Doch generell besteht die große Gefahr, dass die nationalen Regierungen die zaghaften Reformvorschläge der Kommission in den Ministerräten wieder zusammenstreichen, damit weiter die einflussreichen Lobbys der Agrar- und Fischereiindustrie von den Brüsseler Subventionen profitieren, statt endlich Landwirte und Fischer zu unterstützen, die sich um die nachhaltige Bewirtschaftung unserer Lebensgrundlagen kümmern“, warnt Miller. Bundesministerin Aigner müsse endlich eindeutig Farbe bekennen und den ökologischen Umbau der Landwirtschaft und Fischereipolitik voranbringen. Ohne deutsche Unterstützung drohe ein Scheitern der Reformen in Brüssel. Damit wäre die Biodiversitätsstrategie ihr Papier nicht wert und auch die Ziele für 2020 würden gnadenlos scheitern. 3. Mai, 2011 Gemeinsame Erklärung der EU-Umweltministerinnen und -minister zur neuen EU-Strategie für die biologische VielfaltBiodiversität oder biologische Vielfalt ist die Vielfalt des Lebens auf der Erde, die drei Ebenen umfasst die Vielfalt der Ökosysteme, die Vielfalt der Arten und die Vielfalt der Gene. Wir Menschen sind Teil dieser biologischen Vielfalt und abhängig von vielen lebenserhaltenden Systemen, die Biodiversität und Ökosysteme für uns bereitstellen.Ökosysteme erbringen Dienstleistungen, die wir alle kennen und die wir auch in Zukunft für unseren wirtschaftlichen Wohlstand, unsere Sicherheit und Gesundheit und andere Aspekte unserer Lebensqualität benötigen werden. Zu diesen „Ökosystemleistungen“ zählen die Luft, die wir atmen, ebenso wie viele andere Güter, etwa Nahrungsmittel, Faserstoffe, Brennstoffe, Süßwasser und Arzneimittel. Hierzu gehören auch die Regulation von Klima, Hochwasser, Krankheiten und Wasserqualität sowie essentielle unterstützende Leistungen wie Bodenbildung, Nährstoffkreisläufe, Bestäubung und Primärproduktion. Nicht zuletzt umfassen Ökosystemleistungen auch kulturelle Leistungen, aus denen wir einen ästhetischen, erzieherischen, freizeitgestalterischen, psychologischen und spirituellen Nutzen ziehen. Die biologische Vielfalt hat somit einen intrinsischen Wert, sorgt für soziale und wirtschaftliche Stabilität, trägt zur Schaffung von Wohlstand und zur Verringerung von Armut bei und spielt eine Rolle bei der Abschwächung des Klimawandels und der Klimaanpassung. Jüngste Gutachten kommen zu dem Schluss, dass die Vielfalt der Gene, Arten und Ökosysteme immer noch mit inakzeptabler Geschwindigkeit abnimmt, während die Belastung der biologischen Vielfalt gleich bleibt oder, vor allem aufgrund menschlicher Aktivitäten, sogar noch intensiver wird. Dieser anhaltende Verlust hat schwerwiegende ökologische, ökonomische und soziale Konsequenzen und kann die Fähigkeit der Erde zur Bereitstellung von Ökosystemleistungen und zur Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen beeinträchtigen. In der TEEB-Studie zur ökonomischen Bedeutung von Ökosystemen und Biodiversität wird der jährliche Verlust von Ökosystemleistungen auf etwa 50 Milliarden Euro geschätzt. Der Wohlstandsverlust könnte sich bis 2050 insgesamt auf sieben Prozent des jährlichen Konsums belaufen. Die Hauptursachen für den Biodiversitätsverlust sind bekannt und liegen in der Zerstörung, Schädigung oder Zerschneidung von Lebensräumen zum Beispiel durch Flächenumwandlung, Intensivierung von Produktionsmethoden, Bauprojekte, die Übernutzung natürlicher Ressourcen, die Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten und Umweltverschmutzung. Darüber hinaus ist die mangelnde Berücksichtigung des vollen ökonomischen Wertes von Ökosystemen und Biodiversität ein wichtiger Grund für deren Verlust und Schädigung. Da die Werte der biologischen Vielfalt nicht sichtbar sind, führt dies häufig zur ineffizienten Nutzung oder gar Zerstörung des Naturkapitals, das die Grundlage unserer Wirtschaft darstellt. In Anerkennung all dieser Fakten hat sich die Weltgemeinschaft verpflichtet, wirksame und rasche Maßnahmen zur Eindämmung des Verlusts an biologischer Vielfalt zu ergreifen, um sicherzustellen, dass bis 2020 die Ökosysteme widerstandsfähig sind und weiterhin wesentliche Leistungen bereitstellen, und auf diese Weise die Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten sichern und zum menschlichen Wohlergehen und zur Beseitigung der Armut beitragen. Diese Verpflichtung ist Teil des neuen strategischen Plans zur biologischen Vielfalt, der bei der zehnten Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt im Oktober 2010 in Nagoya verabschiedet wurde. Zudem beschloss die Konferenz die Weiterentwicklung der Finanzierungsstrategie und das Nagoya-Protokoll über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die gerechte und ausgewogene Beteiligung an den Vorteilen aus ihrer Nutzung. Die EU hat die Ergebnisse der Konferenz als Erfolg gewürdigt. Sie waren 2010, im internationalen Jahr der biologischen Vielfalt, eine große Errungenschaft der internationalen Staatengemeinschaft. Wir in der EU sind überzeugt, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen und umgehend Maßnahmen zur Erhaltung unserer Biodiversität ergreifen müssen, während wir gleichzeitig von uns ausgehende negative Einflüsse auf die Biodiversität jenseits unserer Grenzen reduzieren. Die EU hat sich daher im März 2010 auf das Leitziel verständigt, den Verlust von biologischer Vielfalt und den Rückgang von Ökosystemleistungen in der EU bis zum Jahr 2020 zu stoppen und diese nach Möglichkeit wieder herzustellen, und gleichzeitig den Beitrag der EU zur Vermeidung des globalen Biodiversitätsverlusts zu stärken. Angesichts der Tatsache, dass seit Nagoya fast sechs Monate vergangen sind, ist es an der Zeit, aktiv zu werden und die Erklärungen und Verpflichtungen des letzten Jahres in die Tat umzusetzen. Hierin liegt unsere gemeinsame Herausforderung und unsere gemeinsame Verantwortung, und wir haben die Pflicht, dabei auf eine globale Perspektive und einen integrierten Ansatz zu setzen. Die künftige EU-Strategie zur Erreichung des Biodiversitätsziels für 2020 bietet eine einmalige Chance, uns so zu organisieren, dass wir die global vereinbarten Ziele erreichen können. Es gilt, schrittweise und entschlossen konkrete, durchführbare und kostengünstige Maßnahmen zu ergreifen, die von der EU und ihren Mitgliedstaaten durchgeführt werden und alle relevanten Akteure und Sektoren in die Umsetzung der Beschlüsse von Nagoya einbinden. In diesem Zusammenhang müssen Berücksichtigung und Einbeziehung der biologischen Vielfalt bei der Entwicklung und Umsetzung aller relevanten Politikbereiche weiterhin erheblich verstärkt werden, insbesondere im Hinblick auf den Nutzen, den die biologische Vielfalt und die Ökosysteme für viele Sektoren erbringen. Daher muss auch der wirtschaftliche Wert der Biodiversität erfasst werden und in politische und wirtschaftliche Entscheidungen einfließen. Die laufenden politischen Reformen in der EU im Zusammenhang mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen stellen eine herausragende Möglichkeit dar, diese Aufgabe anzugehen und die Kohärenz zwischen den Zielen der verschiedenen zu reformierenden Politikbereiche und der Biodiversitätspolitik zu verbessern. Der Schutz der biologischen Vielfalt ist eine Möglichkeit, Fortschritte in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung zu erzielen. Die Wachstumsdynamik, die zu einer Erhöhung unseres Lebensstandards geführt hat, ist nicht ohne Folgen für die Umwelt geblieben, von der das Wohl des Menschen letztlich abhängt. Vor dem Hintergrund der globalen ökologischen und sozioökonomischen Krise ist es dringend notwendig, wirtschaftliches Handeln in Produktions- und Konsummuster mit geringerer Umweltbelastung zu lenken. Die Notwendigkeit, in der Politik die Werte der Natur angemessen zu berücksichtigen, sollte ein Kernelement von umweltverträglichen Wachstumsstrategien sein. Angesichts des Nutzens der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme für den Menschen, und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der TEEB-Studie, die zeigen, dass die Kosten für die Erhaltung von Biodiversität und Ökosystemleistungen niedriger sind als die Kosten ihres Verlusts, muss der Schutz der biologischen Vielfalt Schlüsselelement einer umweltverträglichen Wirtschaft sein. Eine nachhaltige und effiziente und naturverträgliche Wirtschaft beruht auf einer gerechteren Produktion von Gütern und Dienstleistungen und wirkt auf den Rückgang des nicht nachhaltigen Konsums sowie den Abbau umweltschädlicher Fehlanreize hin. Wenn wir dafür sorgen, dass Biodiversität nachhaltig genutzt wird, verringert sich auch unser ökologischer Fußabdruck. Die TEEB-Studie macht deutlich, dass bis zu 2,6 Prozent der Arbeitsplätze in Europa größtenteils auf Naturkapital beruhen und bis zu 16,6 Prozent der europäischen Arbeitsplätze indirekt mit diesem Naturkapital zusammenhängen. Die TEEB-Autoren schätzen auch, dass bis 2050 die Geschäftsmöglichkeiten durch Investitionen in die biologische Vielfalt weltweit einen Umfang von zwei bis sechs Billionen US-Dollar erreichen könnten. Biodiversität trägt somit zur Schaffung von Arbeitsplätzen und unternehmerischen Chancen bei und generiert langfristigen wirtschaftlichen Nutzen. Die volle Wertschätzung der Rolle der Biodiversität und der Ökosysteme wird insgesamt zur Erreichung der strategischen Ziele der EU beitragen. Es gilt, Bemühungen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt in allen Sektoren und bei allen politischen Entscheidungen einzuleiten und zu verstärken. Dies wird zweifelsfrei zu höherem, nachhaltigem Wirtschaftswachstum führen und eine stabile Lebensqualität für die Menschen gewährleisten. Die Bewahrung unseres natürlichen Kapitals ist unsere gemeinsame Verantwortung. Unterzeichnende Staaten: Deutschland, Österreich, Dänemark, Spanien, Frankreich, Italien, Großbritannien, Bulgarien, Zypern, Griechenland, Malta, Rumänien, Slowenien, Schweden, Ungarn, Belgien. Für Belgien haben sowohl die Bundesministerin für Klima und Energie, als auch die flämische Umweltministerin gezeichnet. Deutsch-Polnischer Umweltrat berät über Klima, Energie und biologische VielfaltRöttgen: Kooperation im Umweltbereich ist ein stabiler Pfeiler der Beziehungen beider LänderBMU Pressemitteilung, 28.4.11 Der Schutz des Klimas, eine sichere Energieversorgung und der Erhalt der biologischen Vielfalt waren die zentralen Themen des zweitägigen Deutsch-Polnischen Umweltrates, der heute in Warschau zu Ende ging. Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen und sein polnischer Amtskollege Andrzej Kraszewski würdigten die erfolgreiche bilaterale Zusammenarbeit, die in das 20. Jahr geht. Bundesumweltminister Röttgen: "Die Zusammenarbeit im Umweltbereich ist ein stabiler Pfeiler der deutsch-polnischen Beziehungen. Unsere Kooperation zwischen den Regierungen, den Bundesländern und Wojewodschaften, Städten und Gemeinden, den Verbänden und den Wissenschaftlern ist sehr lebendig. Das ist in vielen Bereichen sichtbar: im Naturschutz, bei der Verbesserung der Luftqualität, beim Schutz von vom Aussterben bedrohten Tierarten und - ein herausragendes Thema - beim Hochwasserschutz." Röttgen machte deutlich, dass eine auf erneuerbare Energien und auf Effizienz basierende Energieversorgung keineswegs wirtschaftlicher Entwicklung und Wachstum entgegen stehe. Im Gegenteil, eine solche zukunftsweisende Energiepolitik sei die Voraussetzung für wirtschaftliche Prosperität und den Erhalt der Lebensgrundlagen unserer Kinder und Enkelkinder. "Deutschland und Polen sind Partner bei der Gestaltung einer globalen Umweltordnung: Luft, Wasser, Lärm und Natur kennen keine Grenzen. Beide Länder agieren gemeinsam im internationalen Kontext", so Röttgen. Mit Blick auf die EU-Ratspräsidentschaft Polens im zweiten Halbjahr 2011 betonte Röttgen die hervorgehobene Rolle des Nachbarlandes. In dieser Zeit stünden die wichtigen Vorbereitungen der UN-Klimakonferenz in Durban Ende dieses Jahres sowie der Rio-Folgekonferenz (Rio+20) im Juni 2012 an. In Durban seien schwierige Verhandlungen zu erwarten über die Frage, wie die internationale Klimapolitik fortentwickelt werde solle. Deutschland und Polen seien sich einig, dass die EU ihre Führungsrolle in der Klimapolitik wahrnehmen müsse. Für Rio+20 gehe es um ein Konzept für eine nachhaltige Wirtschaft und die Stärkung der internationalen Umweltpolitik. Deutschland setzt sich dafür ein, dass das UN-Umweltprogramm UNEP zu einer eigenständigen UN-Umweltorganisation aufgewertet wird. Ausdrücklich begrüßte Röttgen das Vorhaben Polens, im Oktober eine Konferenz zur biologischen Vielfalt der Wälder zu veranstalten. Deutschland werde sich konstruktiv daran beteiligen. Röttgen wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Deutschland ein eigenes Programm zur biologischen Vielfalt aufgelegt hat, das mit 15 Millionen Euro ausgestattet ist. Am Deutsch-Polnischen Umweltrat nahmen auch hochrangige Vertreter der Länder Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie der polnischen Wojewodschaften Westpommern, Niederschlesien und Lebuser Land teil. » zurück |
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