Aktuell


"Biosprit" schadet Urwäldern

Pflanzenöle in europäischem Diesel bedrohen letzte Urwälder

Greenpeace testet Diesel in neun europäischen Ländern

Von Michelle Bayona, Greenpeace-Online, 19.7.11

Bis zu einem Drittel Palmöl enthält in Europa die sogenannte Biodieselbeimischung. Dadurch tragen Europas Autofahrer beim Tanken zur Zerstörung der letzten Urwälder bei. Das ist das Ergebnis eines großangelegten Dieseltests der unabhängigen Umweltschutzorganisation Greenpeace. Bei dem Test wurde der Biodieselanteil im Diesel auf seine Rohstoffe untersucht. Insgesamt wurden Dieselproben von 92 europäischen Tankstellen, darunter Shell, Aral und Esso, analysiert. Getestet wurde in Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Dänemark, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden und Österreich. Deutschland liegt mit je acht Prozent Palm- und Sojaöl in der Beimischung im Mittelfeld. In Italien wird der Agrodieselanteil aus durchschnittlich 37 Prozent Palmöl hergestellt, in Frankreich aus 28 Prozent Sojaöl. Zwar gelten seit Anfang dieses Jahres EU-weit Nachhaltigkeitskriterien für Agrotreibstoffe. Diese führen jedoch dazu, dass die Urwälder in Indonesien und Brasilien für den Lebensmittelanbau gerodet werden.

"Die landwirtschaftlichen Nutzflächen sind weltweit begrenzt, die europäische Gesetzgebung geht an der Realität vorbei", sagt Gesche Jürgens, Waldexpertin bei Greenpeace. Jetzt treiben die sogenannten indirekten Landnutzungsänderungen die Urwaldzerstörung voran. Sie spielen aber in der EU-Nachhaltigkeitsverordnung für Agrotreibstoffe überhaupt keine Rolle. In dieser Woche will die EU-Kommission entscheiden, inwiefern die bestehenden Nachhaltigkeitskriterien korrigiert werden müssen. Greenpeace fordert die Kommission auf, die indirekten Landnutzungsänderungen in die Nachhaltigkeitsverordnung aufzunehmen und die Förderung klimaschädlicher Agrotreibstoffe zu beenden.

Agrospritproduktion wird weiter gefördert

Treibstoffe aus Pflanzen werden von der Politik immer noch als Wunderwaffe im Kampf gegen den Klimawandel angepriesen. Auch die EU will den Anteil an Agrotreibstoffen bis 2020 auf zehn Prozent steigern. Das Institut für Europäische Umweltpolitik (IEEP) hat errechnet, dass für dieses Ziel eine Fläche von sechs Millionen Hektar, die doppelte Größe Belgiens, nötig wäre. Schon jetzt reichen die einheimischen Rohstoffe in Europa nicht aus, um die aktuellen Beimischungsquoten zu erfüllen. Laut IEEP wird bei europäischem Biodiesel ein Importanteil von rund 41 Prozent erwartet.

"Agrosprit ist der falsche Weg, um den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 im Verkehrssektor zu erreichen", sagt Jürgens. "Berücksichtigt man die indirekten Landnutzungsänderungen, sind pflanzliche Treibstoffe klimaschädlicher als fossile Kraftstoffe. Was wirklich etwas für den Klimaschutz bringt, sind verbrauchsärmere Autos und alternative Verkehrskonzepte."


EU-Kommission billigt Zertifizierungssystem von Biosprit

(AFP) - 19. Juli, 2011

http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5glea7J_nvtaQF4wv-YcUFA99Ks0g?


Biosprit macht Fliegen nicht umweltfreundlich

Lufthansa wäscht sich mit Testflügen zwischen Hamburg und Frankfurt grün

BUND Pressemitteilung, 15.7.11

Hamburg/Frankfurt a. M./Berlin: "Der Einsatz von Agrosprit im Luftverkehr zur CO2-Minderung ist eine ökologische Mogelpackung", kritisierte Werner Reh, Verkehrsexperte vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), anlässlich der heute von Lufthansa gestarteten Flugversuche mit Biosprit. Die Lufthansa wolle ihre Klimaziele fast ausschließlich mit der Beimischung von Agrosprit erreichen. Damit müsste jedoch der Anbau von Energiepflanzen künftig enorm ausgeweitet werden. Die damit einhergehende weltweite Zerstörung von Wäldern, der Verlust der Artenvielfalt und die Konkurrenz zu Nahrungsmitteln seien unverantwortbar, so Reh. Mit ihren Testflügen würde die Lufthansa dieser ökologisch fatalen Entwicklung den Weg bereiten.

Die Lufthansa will in den nächsten sechs Monaten bei insgesamt 1 200 Flügen zwischen Hamburg und Frankfurt/Main zu 25 Prozent Agrospritanteil tanken. Der Versuch wird von der Bundesregierung mit 2,5 Millionen Euro unterstützt.

Reh: "Die Lufthansa plant, im Jahr 2025 eine Menge von Agrosprit einzusetzen, für die eine Anbaufläche mindestens von der Größe Niedersachsens benötigt würde. Hier wird der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben, und die Bundesregierung stellt dafür auch noch Steuergelder bereit. Außerdem lenkt die Lufthansa mit ihren Biospritzielen von der eigentlichen Aufgabe, ihre Flugzeuge deutlich effizienter zu machen, ab. Diese ökologisch kontraproduktive Entwicklung muss gestoppt werden."

Statt CO2-Emissionen aus dem Flugverkehr auf Kosten der Umwelt schönzurechnen, müssten schnellstmöglich Maßnahmen ergriffen werden, um diese tatsächlich zu senken. Dazu müssten an erster Stelle die zehn Milliarden an Subventionen, die jährlich in den Flugverkehr fließen, gestrichen werden. Außerdem müsse der europäische Emissionshandel für den Flugverkehr nachgebessert werden, um Kostenwahrheit herzustellen. Dringend zu beseitigen sei dabei die Anrechnung von Biokraftstoffen als "Nullemission", weil dadurch der Anreiz zur Effizienzsteigerung sinke.

Reh: "Ob mit oder ohne Biosprit – Kurzstreckenflüge sind immer klimaschädlich und vermeidbar. Eine Bahnfahrt von Frankfurt am Main nach Hamburg verursacht einen CO2-Ausstoß von nur 17 kg, ein Flug dagegen 78 kg. Klimaschutz im Flugverkehr geht nicht ohne eine möglichst vollständige Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn."




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