Aktuell


Weltwassertag

Wasserkrise wird zur globalen Bedrohung

WWF: Zerstörung von Wasser-Vorkommen gefährdet Umwelt, Menschen und Wirtschaft
São Paulo trocknet aus: Größtes Wasserreservoir nur noch zu 14 % gefüllt


WWF Pressemitteilung, 20.3.15

Berlin – Zum Weltwassertag am 22. März warnt die Naturschutzorganisation WWF, dass sich die globale Wasserkrise zu einer ökologischen, ökonomischen und sozialen Katastrophe entwickelt. Über 780 Millionen Menschen hätten derzeit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,6 Milliarden Menschen lebten ohne grundlegende Sanitäreinrichtungen. Zudem gilt die Wasserkrise laut einem aktuellen Ranking des Weltwirtschaftsforums als größtes, ökonomisches Risiko - noch vor Haushaltskrise, Terrorismus oder Arbeitslosigkeit. Den Feuchtgebieten, die in globalen Wasserkreisläufen eine entscheidende Rolle spielen, gehe es dagegen „immer weiter an den Kragen“. Laut WWF gingen in den vergangenen 100 Jahren weltweit über 50 Prozent der Flusssysteme, Moore und Seen verloren. Das ist mehr als in jedem anderen natürlichen Lebensraum.

„Die komfortable Wasser-Situation in Deutschland ist global betrachtet ein Ausnahmefall“, warnt daher Philipp Wagnitz, Referent für Süßwasser und Wasserpolitik beim WWF Deutschland. So hätten Konflikte im Nahen Osten, Gesundheitsrisiken in der Sub-Sahara, Entwicklungshindernisse in Asien oder Ernteausfälle in Nordamerika als „versteckten“ Ausgangspunkt oftmals fehlende, verschmutzte oder schlecht organisierte Süßwasserressourcen. Nicht immer sei die Wasserkrise so deutlich zu erkennen, wie derzeit in São Paulo. Die brasilianische Metropole leidet derzeit unter einer Jahrhundertdürre.

Die Krise in São Paulo sei symptomatisch für die globale Zuspitzung des Problems. In dem wirtschaftlichen Zentrum Brasiliens, herrscht seit Jahren starke Trockenheit. Hierdurch ist nicht nur die maßgeblich auf Wasserkraft basierende Stromerzeugung gefährdet, sondern auch die Wasserversorgung von Millionen Menschen. Da die Regenzeiten der vergangenen drei Jahre in der Region praktisch ausfielen, sind die zwei entscheidenden Wasserreservoire nur noch zu 14 bzw. 21% (Stand: Mitte März) gefüllt. „Die Situation spitzt sich immer weiter zu, schließlich beginnt die Trockenzeit erst in diesem Monat“, warnt Roberto Maldonado, WWF-Referent für Brasilien. „In São Paulo drohen Trinkwasserrationierungen während der Trockenperiode und in ganz Brasilien könnte es in diesem Jahr zu Stromausfällen kommen.“

Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist die Trockenheit in São Paulo vor allem auf die Zerstörung der Natur zurückzuführen. Ein Faktor dabei ist die großflächige Umwandlung von Wäldern in Sojaplantagen. Durch die Monokulturen veränderten sich die Regen- und die Bodenverhältnisse, was jetzt zu leeren Wasserspeichern führt. Wasser wird nicht mehr in den Wäldern gespeichert um anschließend zu verdunsten um weiter im Süden wieder als Regen zu fallen sondern fließt über den Amazonasstrom zurück in den Atlantik. Das Soja wiederrum wird hauptsächlich als Kraftfutter an Rinder verfüttert – auch in Deutschland. Somit ist unser Fleischkonsum indirekt auch mit der Wasserknappheit in São Paulo verbunden.

Bis 2030 benötigt die Menschheit, so die Prognose, 50% mehr Nahrung, 40% mehr Wasser und 85% mehr Energie aus Hydropower. Wasser ist dabei die wichtigste Ressource. „Wer Trinkwasser, saubere Energie und ausreichend Nahrung für alle Menschen will, muss die damit verbundenen Probleme verstehen und sie bekämpfen. Wir können uns die schlechte Bewirtschaftung einer lebensnotwendigen Ressource schlicht nicht mehr leisten“, so WWF-Experte Wagnitz. Die globale Wasserkrise sei nur durch die Umsetzung nachhaltiger Wassergesetzte, weniger Verbrauch durch die Wirtschaft, eine konsequente Behandlung von Abwässern und den Erhalt entsprechender Ökosysteme wie Feuchtgebiete und Flüsse zu lösen.

Hintergrund

Die Erde ist zu mehr als 70 Prozent von Wasser bedeckt ist, doch gerade mal drei Prozent sind trinkbares Süßwasser und davon sind wiederum nur ein Prozent für die menschliche Nutzung überhaupt erreichbar. Falls die derzeitige Entwicklung anhält, werden in nur 20 Jahren mindestens 3,5 Milliarden Menschen, also fast die Hälfte der vorausgesagten Weltbevölkerung, in wasserarmen Flusseinzugsgebieten leben.


Weltwassertag 2015: Nachhaltige Wasserversorgung nur ohne Überdüngung

BUND Pressemitteilung, 20.3.15

Anlässlich des für den 22. März von der UNESCO ausgerufenen Weltwassertages hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vor einer weiteren Industrialisierung der Landwirtschaft gewarnt und verstärkte Anstrengungen beim Schutz der Gewässer vor Überdüngung und Pestiziden gefordert. "Zu den Hauptverschmutzern des Grund- und Oberflächenwassers in Deutschland, Europa und weltweit gehört die industrielle Agrarwirtschaft mit ihren hohen Nitrat- und Pestizideinträgen. Auch das in deutschen Discountern scheinbar so billige Fleisch wird teuer erkauft, unter anderem mit einer Verschlechterung der Grundwasserqualität", sagte die BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning.

Drei Viertel des Trinkwassers in Deutschland würden aus Grundwasser gewonnen, wobei mehr als die Hälfte der Grundwassermessstellen inzwischen besorgniserregende Nitratbelastungen aufweise. Die Hauptursachen dafür seien zu lasche Umweltgesetze, die Überdüngung mit Gülle aus der Massentierhaltung und Maismonokulturen. Geeignete Gegenmittel sieht der BUND in der Umstellung auf eine umwelt- und tiergerechte Landwirtschaft sowie in einem strengeren Düngerecht inklusive der Einführung sogenannter "Hoftorbilanzen".

"Agrarminister Christian Schmidt muss das Düngerecht zügig reformieren und Oberflächen- und Grundwasser vor Belastungen aus der industriellen Agrarwirtschaft schützen. Bund und Länder müssen gemeinsam für wirksame Kontrollmechanismen sorgen. Für sämtliche Agrarbetriebe ist die Einführung einer Hoftorbilanz erforderlich, die alle Nährstoffströme erfasst, die in die Betriebe hinein- und hinausgehen. So wird die Herkunft von zu viel Gülle und Dünger sichtbar und beides kann gezielt verringert werden", sagte der BUND-Wasserexperte Sebastian Schönauer.

Erfreulich sei, dass der Fleischkonsum in Deutschland inzwischen sinke. Im Gegensatz dazu stehe jedoch die zunehmende Exportorientierung der Fleischproduktion. Nach Ansicht des BUND trügen die politisch Verantwortlichen in Brüssel und Berlin mit schwachen Tierschutzstandards, indirekten Subventionen für industrielle Tierställe und Schlachthöfe sowie mit Zuschüssen für die Fleischlagerung erheblich dazu bei. "Rechnerisch wird inzwischen jedes fünfte Masthuhn und jedes sechste Schwein exportiert, die Gülle aus den Tierfabriken hingegen bleibt hier und belastet unsere Gewässer", sagte Benning. "Die Anzahl der gehaltenen Tiere pro Hof muss den verfügbaren Flächen und die produzierte Menge an Fleisch und Milch dem tatsächlichen Inlandsbedarf angepasst werden", forderte die BUND-Agrarexpertin.

Um dauerhaft eine Weltbevölkerung von bald 10 Milliarden Menschen zu ernähren, müssten vor allem in den reichen Industriestaaten Fleischproduktion und -konsum verringert werden. "Zwischen 2014 und 2020 erhält die exportfixierte Agrar- und Ernährungsbranche in der EU rund 400 Milliarden Euro an Steuergeldern - bisher ohne besondere Umwelt- und Tierschutzvorgaben. Für eine bäuerlich-ökologische Agrarwende wäre genug Geld vorhanden. Stattdessen trägt die ungerechte und umweltfeindliche Ausschüttung der Gelder vor allem an industrielle Agrarbetriebe dazu bei, Böden und Gewässer zu schädigen", so Benning.


Brasilien: Wenn sich der Mensch das Wasser abholzt

WWF-Online, 12.3.15

Schon heute ist die Lage dramatisch; wie es weitergehen soll, ist kaum vorstellbar. Den Megastädten Brasiliens geht das Wasser aus, Millionen Brasilianer sitzen auf dem Trockenen. Der WWF weiß: Es ist ein von Menschen gemachtes Problem.

Über dem Amazonas bildet sich zu wenig Regen. Grund ist die zunehmende Entwaldung. Sie führt dazu, dass sich über dem schon zur Hälfte abgeholzten Cerrado, der Savanne Südamerikas, ein stabiles Wetterhoch bildet. Dadurch fällt seit Jahren weiter im Süden viel zu wenig Regen.

Es ist eine Jahrhundertdürre: São Paulo und immer stärker auch Rio haben nicht mehr ausreichend Wasser für ihre Bewohner. Forschungsergebnisse belegen diese Zusammenhänge von Entwaldung und Wassermangel.

Wenn Millionen auf dem Trockenen sitzen

„Es regnet schon seit vier Jahren deutlich unter dem langjährigen Mittelwert“, sagt WWF-Brasilien-Experte Roberto Maldonado. Längst aber sinken nicht nur die Pegel der Stauseen rund um São Paulo, sondern in der Megacity Brasiliens wird das Wasser derart knapp, dass Rationierungen drohen. Schon jetzt ist in kleineren Städten um São Paulo die Trinkwasserversorgung nicht mehr konstant. Bauern klagen, dass ihre Felder vertrocknen, Wasserkraftwerke wurden abgeschaltet, schon bald könnte es so zu Stromausfällen kommen. Die gesamte Wirtschaft leidet. Die Strompreise wurden bereits Anfang 2015 erhöht und weitere Preisanstiege drohen, auch bei Lebensmitteln.

Wald bedeutet Wasser

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff versucht, sich mit einer Kampagne gegen Wasserverschwendung aus der Affäre zu ziehen. Nachhaltige Konzepte zur Lösung des Problems fehlen dagegen. Und so sinkt in Brasilien mit den Pegeln auch die Stimmung auf ein Rekordtief. „Millionen Menschen zahlen jetzt den Preis für das Gewinnstreben von Wenigen, das hinter der massiven Abholzung steckt“, sagt Roberto Maldonado. „Wald bedeutet Wasser – und die Entwaldung fordert nun ihren Tribut, indem der Regen ausbleibt“.

Der WWF sieht sich ein weiteres Mal in seinem Kampf gegen die Abholzung des Amazonas bestätigt. Gegen weitere Entwaldung, gegen Gesetzeslockerungen im Umweltschutz, für Schutzgebiete wie die 7.000.000 Hektar am Fluss Juruena. „Eigentlich zeigen Dürren wie in Brasilien oder auch Kalifornien sehr klar was passiert, wenn man mit der Natur spielt“, sagt Maldonado. Aber nur eigentlich: Denn anstatt gegen die Ursachen der Trockenheit vorzugehen und die Entwaldung zu stoppen, setzt etwa der Gouverneur von São Paulo, Geraldo Alckim, auf Göttlichen Beistand. Gott sei Brasilianer und werde schon für Regen sorgen, so der Gouverneur Anfang des Jahres.




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