AktuellUNESCO-Welterbekomitee-Tagung
WWF sieht letzte Naturparadiese in großer GefahrUNESCO-Welterbekomitee tagt in IstanbulWWF Pressemitteilung, 10.7.16 Das 40. UNESCO-Welterbekomitee tagt unter türkischer Präsidentschaft vom 10. bis 20. Juli 2016 in Istanbul. In diesem Jahr liegen 29 Nominierungen für die Welterbeliste vor. Außerdem wird sich das Komitee mit dem Schutz gefährdeter Welterbestätten befassen. Auf der Agenda stehen beispielsweise das von Elefantenwilderei gebeutelte Selous Schutzgebiet in Tansania und der von Abholzungsplänen betroffene Bialowieza Nationalpark in Polen. Laut einer Studie der Dalberg Global Development Advisors, die der WWF im April veröffentlicht hatte, sind knapp die Hälfte aller UNESCO-Weltnaturerben durch Öl- und Gasbohrungen, Bergbau, Überfischung, illegalen Holzeinschlag oder große Infrastrukturprojekte wie Häfen, Autobahnen oder Dämme in ihrer Existenz bedroht. „Wir kämpfen hier um die Kronjuwelen der Erde. Weltnaturerbestätten sind einzigartige Gebiete und das Erbe der gesamten Menschheit. Jetzt droht ihnen Kahlschlag, Verwüstung und Zerstörung. Wir müssen dem Druck kurzfristiger wirtschaftlicher Interessen endlich Einhalt gebieten“, fordert Johannes Kirchgatter, Afrika-Referent des WWF Deutschland. Besonders dramatisch sei die Situation im zentralen- und südlichen Afrika, wo 71 Prozent der Gebiete bedroht seien. In Ostafrika fordert der WWF die Regierung Tansanias auf, den Plänen für Bergbauaktivitäten, Öl- und Gasförderung sowie einem geplanten Großstaudammprojekt im Selous Schutzgebiet einen Riegel vorzuschieben. Das Weltnaturerbe ist zudem von Elefantenwilderei stark betroffen. Innerhalb von sieben Jahren ist der Bestand von über 70.000 Tieren im Jahr 2007 auf gut 15.000 Tiere im Jahr 2014 zurückgegangen. „Der Selous ist eine der letzten großen Wildnisregionen Afrikas. Doch wir werden dieses einzigartige Paradies und seine Tierwelt verlieren, wenn wir weiter seine Plünderung zulassen“, so Kirchgatter. Durch möglichst naturverträglichen Tourismus, Naherholung und nachhaltige Ressourcennutzung tragen Weltnaturerbestätten zu den Volkswirtschaften der Länder bei. Sie sind Heimat vieler bedrohter Tierarten und Lebensgrundlage für elf Millionen Menschen. Alle Weltnaturerbestätten zusammen umfassen dabei derzeit nur ein halbes Prozent der Erdoberfläche. Besonders dringend fordert der WWF auch die Regierungen Russlands und Polens auf, ihre Welterbestätten nicht dem Profit zu opfern. Im polnischen Bialowieza-Gebiet ist derzeit eine Verdreifachung des Holzeinschlags im Weltnaturerbe vorgesehen. Bialowieza ist einer von Europas letzten verbliebenen Urwäldern und eine der letzten Heimatstätten der gefährdeten Europäischen Wisente. Die russische westliche Kaukasus-Region ist in ihrer Funktion als Überwinterungsgebiet für Huftiere und große Beutegreifer durch Pläne von großen Infrastrukturprojekten für Ski-Tourismus und nicht nachhaltiger Holzwirtschaft bedroht. Es wird erwartet, dass Komitee-Entscheidungen in Istanbul am Dienstag zum Selous Schutzgebiet fallen werden, während der Bialowieza-Wald und der Westkaukasus am Mittwoch und Donnerstag auf der Agenda stehen. Hintergrund: Die Welterbekonvention Am 16. November 1972 hat die UNESCO das „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verabschiedet. Es ist das international bedeutendste Instrument, das jemals von der Völkergemeinschaft zum Schutz ihres kulturellen und natürlichen Erbes beschlossen wurde. Nach Angaben der Deutschen UNESCO-Kommission haben 192 Staaten das Übereinkommen unterschrieben. Die Leitidee des Welterbe-Übereinkommen ist die „Erwägung, dass Teile des Kultur- oder Naturerbes von außergewöhnlicher Bedeutung sind und daher als Bestandteil des Welterbes der ganzen Menschheit erhalten werden müssen". Mit der Unterzeichnung der Konvention verpflichten sich die Vertragsstaaten, die innerhalb ihrer Grenzen gelegenen Welterbestätten zu schützen und für zukünftige Generationen zu erhalten. Inzwischen stehen über 1000 Kultur- und Naturerbestätten aus 163 Staaten aller Kontinente auf der Liste des UNESCO-Welterbes; davon sind 802 Kulturdenkmäler und 197 Naturdenkmäler sowie 32 Stätten, die beiden Kategorien angehören. Deutschland hat bisher 40 Stätten für die Welterbeliste benannt. Neben dieser Liste führt die UNESCO eine sog. „Rote Liste“, auf der die gefährdeten Welterbestätten verzeichnet sind (World Heritage in Danger). Nach Artikel 11 der Welterbekonvention werden in diese Liste Stätten aufgenommen, die durch ernste Gefahren bedroht sind und für deren Erhaltung umfangreiche Maßnahmen erforderlich sind. Derzeit stehen 48 Welterbestätten auf der „Roten Liste", darunter die Altstadt von Aleppo in Syrien (seit 2013) und der Nationalpark Virunga (seit 1994). NABU: Schneeleoparden-Lebensraum West-Tian-Shan soll UNESCO-Weltnaturerbegebiet werdenTennhardt: Mehr Naturerbegebiete in die Liste der Welterbe aufnehmenNABU Pressemitteilung, 8.7.16 Berlin/Istanbul Zum Start der 40. Tagung des UNESCO-Weltnaturerbe-Komitees am kommenden Sonntag (10.7.) in Istanbul begrüßt der NABU das Engagement der Länder Kasachstan, Kirgistan und Usbekistan, den West-Tian-Shan als Weltnaturerbe zu nominieren. Gleichzeitig kritisiert der Verband jedoch, dass der Anteil der Naturstätten nach wie vor sehr gering sei. „Von insgesamt 1.031 Welterbegebieten sind nur 197 Naturgebiete“, sagte NABU-Vizepräsident Thomas Tennhardt und forderte mehr internationales Engagement bei der Nominierung von Weltnaturerbegebieten, wie es die drei mittelasiatischen Länder nun zeigten. Das Naturgebiet im West-Tian-Shan besteht aus sieben Schutzgebieten mit einer Gesamtfläche über 500.000 Hektar und ist unter anderem Lebensraum des bedrohten Schneeleoparden. „Die Landschaften der Schutzgebiete sind sehr unterschiedlich und reichen von Schluchten über Gipfel und Gletscher bis zu Feuchtgebieten, Wiesen und Steppen. In ihrer Gesamtheit bilden sie einen einzigartigen, großen Naturkomplex“, sagte Vitalij Kovalev, Leiter des NABU-Kaukasusprogramms. Der West-Tian-Shan sei vor allem durch Überweidung, Ressourcenabbau, Infrastrukturausbau und den Klimawandel bedroht. „Eine Ernennung des West-Tian-Shan als grenzübergreifendes Weltnaturerbegebiet würde dem Gebiet einen internationalen Schutzstatus verleihen, der vor allem wandernden Tierarten wie dem Schneeleoparden eine Chance gibt“, so Kovalev weiter. Bislang gibt es in den Bergregionen Zentralasiens drei Weltnaturerbestätten: Die „goldenen Berge des Altai“, der Baikalsee und das Uws-Nuur-Becken in der Mongolei und Russland. Auch über den Westkaukasus entscheidet das Welterbekomitee in diesen Tagen. Das rund 300.000 Hektar große Gebiet in Osteuropa und Westasien beheimatet viele bedrohte und europweit äußerst selten gewordene Tier- und Pflanzenarten, darunter Wölfe und Braunbären. Der NABU war maßgeblich an der Ausschreibung des Westkaukasus als UNESCO-Weltnaturerbegebiet beteiligt und setzt sich seit 1999 mit Schutzprojekten für die Region ein. Eine Nominierung zur Erweiterung des Naturerbegebietes hat die russische Regierung jedoch zurückgezogen. Der NABU kritisiert diese Entscheidung scharf, da diese den Bau weiterer Skikurorte direkt an der Grenze zum bisherigen Weltnaturerbegebiet ermöglicht und sich Russland nach den Naturzerstörungen für die olympischen Spiele von Sotschi als Ausgleich zu einer Erweiterung verpflichtet hat. „Die Versprechungen und Verpflichtungen zum Schutz weltweit bedeutender Naturgebiete müssen eingehalten werden. Es ist sehr bedaurlich, wenn Staaten wie Russland im letzten Moment ihre Nominierungen zurückziehen“, sagte Kovalev. Die UNESCO hat das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt 1972 verabschiedet. Inzwischen haben es 191 Staaten unterzeichnet. Es ist das international bedeutendste Instrument, das von der Völkergemeinschaft zum Schutz des Kultur- und Naturerbes beschlossen wurde. Das Komitee tagt bis zum 20. Juli und wird über 29 Nominierungen für die Welterbeliste entscheiden. » zurück |
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