AktuellJamaika-Verhandlungen
Kollektive DemenzKlimaziele sind keine VerhandlungsmasseWWF Pressemitteilung, 6.11.17 Während heute in Bonn die Weltklimaschutzverhandlungen beginnen, kommen Union, FDP und Grüne zur zweiten Runde der Sondierungsgespräche zusammen. Der WWF kritisiert den Verhandlungsverlauf beim Thema Klimaschutzpolitik. Michael Schäfer, Leiter des Fachbereichs Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland, sagt: „Einige Teilnehmer der Sondierungsgespräche verweigern sich einer ernsthaften Auseinandersetzung. Die Klimaschutzziele für 2020 und 2030 sind keine Verhandlungsmasse, sondern wurden von einer CDU/CSU und FDP Vorgängerregierung beschlossen. Es gleicht einer kollektiven Demenz nun hinter die eigenen Zusagen zurückfallen zu wollen. Das ist keine ernst zu nehmende Verhandlungsposition, sondern absurdes Theater.“ Die Klimaziele für 2020 und 2030 sind erreichbar: Über 60 Umweltorganisationen, Entwicklungsverbände und kirchliche Institutionen haben das mit dem „Klimaschutz-Sofortprogramm 2020“ aufgezeigt. Daher sollten die Verhandlungspartner der Sondierungsgespräche jetzt endlich die Maßnahmen benennen, mit denen sie die Klimaziele erreichen wollen, fordert der WWF. Erst dann seien ernsthafte Verhandlungen um den besten Weg möglich. Klimaschutz sei nicht die Aufgabe einer Partei, sondern aller Parteien. Denn nur wenn Deutschland seine Hausaufgaben mache, könne es auf dem internationalen Klimaparkett weiter die wichtige Rolle spielen, die es zuletzt bei der G20 in Hamburg innehatte. BUND-Vorsitzender Weiger: "Jamaika-Unterhändler müssen unwürdiges Klimageschacher beenden."BUND Pressemitteilung, 6.11.17Bonn/Berlin: Zum Start der COP23, nach den Protesten in Bonn und im Braunkohle-Tagebau Hambach, hat der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, das Engagement tausender Aktivisten aus aller Welt für mehr Klimaschutz und den schnellen Kohleausstieg gelobt. Scharf kritisierte er das "unwürdige Klimageschacher" der Unterhändler für eine Jamaika-Koalition, bei dem vor allem Union und FDP auf der Bremse stünden. "Die Klimadaten sind eindeutig, mehr Klimaschutz wird täglich dringlicher. Seit Jahrmillionen war der CO2-Gehalt in der Atmosphäre nicht so hoch wie heute und er steigt weiter. Friedlicher Protest in den Kohlerevieren verdient jede Hochachtung, das unterstreichen auch die aktuellen Warnungen der US-Behörden vor dramatischen Klimafolgen“, sagte Weiger. Deren Bericht beschreibe die bereits stattfindende Klimakrise für die USA und das Risiko eines Meeresspiegelanstiegs um mehr als zwei Meter bis Ende des Jahrhunderts. „Die Klimakrise wird überall dramatische Folgen haben. Leider geht es weltweit, auch in Deutschland, derzeit mit dem Klimaschutz nur im Schneckentempo voran", kritisierte der BUND-Vorsitzende. Zur Agenda einer Jamaika-Koalition müssten der schnelle Ausstieg aus der Kohleverstromung, der Weg in eine CO2-freie Mobilität und entschlossene Fortschritte beim Energiesparen gehören. "Ausgerechnet beim Thema Klima stocken die Jamaika-Verhandlungen. Dass FDP und Union hier bremsen, ist unverantwortlich. Die Öffentlichkeit wird Zeuge eines unwürdigen Geschachers, das dem Ernst der Lage nicht gerecht wird", kritisierte Weiger. "Nur mit dem Kohleausstieg und einer konsequenten Verkehrswende kann Deutschland seine frühere Vorreiterrolle beim Klimaschutz zurückgewinnen. Die Bundesrepublik droht abgehängt zu werden von Staaten, die aus der Kohleverstromung aussteigen, einen CO2-Preis einführen und das Ende des Verbrennungsmotors beschließen", so Weiger. In den Sondierungsgesprächen für eine neue Regierung und bei ihrem geplanten Auftreten bei der COP23 müsse Merkel sich eindeutig zu einem zeitnahen Kohleausstieg verpflichten, forderte Weiger. Nur so könnten die deutschen Klimaziele, die unter ihren Regierungen beschlossen wurden, gehalten werden. "Eine neue Bundesregierung muss Deutschland mit dem Kohleausstieg klimapolitisch aus der Talsohle führen. Jetzt ist die Kanzlerin gefordert, die Reduktion klimaschädlicher Emissionen durch die Abkehr von fossilen Energien und den Ausbau von Erneuerbaren entschlossen voranzubringen", so Weiger. "Ab heute richten sich die Augen der Welt auf Bonn und Berlin. Spielt Deutschland beim Klimaschutz eine positive Rolle oder lässt die Bundesregierung zu, dass die CO2-Emissionen hierzulande weiterhin viel zu hoch bleiben?", fragte der BUND-Vorsitzende. "Dass FDP und Union beim Klimaschutz blockieren, ist inakzeptabel. Das sendet ein fatales Signal an die fast 200 Staaten der Welt, die das Paris-Abkommen mit Leben erfüllen wollen", sagte Weiger. Versprochen ist versprochenKlimaschutz geht alle an: Auch jene Parteien, die bald die Bundesregierung stellen sollen. Greenpeace-Aktivisten erinnern sie an einem symbolträchtigen Ort an ihre Wahlversprechen.Von Michael Weiland, Greenpeace-Online, 18.10.17 Der Ort, an dem Greenpeace-Aktivisten heute Morgen demonstrierten, ist durchaus symbolisch: ein Mahnmal für gebrochene Wahlversprechen. Das umstrittene Kohlekraftwerk Moorburg wurde 2008 von der damaligen schwarz-grünen Landesregierung in Hamburg in Betrieb genommen, trotz anderslautender Bekenntnisse vor der Wahl. Mit einer Projektion am Kraftwerk erinnerten die Umweltschützer CDU, FDP und Grüne heute Morgen nachdrücklich an das, was die Parteien vor der Bundestagswahl in Aussicht stellten, und machten im Vorfeld der Koalitionsgespräche klar: „Jamaika: Klimaschutz kennt keine Kompromisse!“ Mit „so weiter“ fährt der Klimaschutz an die Wand Bundeskanzlerin Angela Merkel etwa hielt in einer Talkshow ausdrücklich am Ziel fest, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Das 40-Prozent-Ziel ist allerdings mit den bisher erbrachten Bemühungen zum Klimaschutz nicht zu schaffen, das belegen Zahlen aus dem Bundesumweltministerium. Für die vermeintliche Klimakanzlerin nicht gerade imagefördernd, nur wenige Wochen vor der Weltklimakonferenz in Bonn. Realistisch ist derzeit bloß eine Minderung von 32 Prozent. Es sei denn, die kommende Bundesregierung findet einen Weg, die CO2-Emissionen Deutschlands drastisch zu reduzieren. Wie das geht, ist eigentlich klar: „Das klappt nur, wenn Kohlekraftwerke abgeschaltet werden“, sagt Karsten Smid, Greenpeace-Experte für Klima. Denn obwohl der Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland bemerkenswert voran geht, werden diese Erfolge an anderer Stelle wieder aufgefressen. Deutschlands Kohlekraftwerke laufen nahezu unter Volllast und produzieren Strom, der hier zum großen Teil gar nicht gebraucht wird. Stattdessen werden Rekordmengen ins Ausland exportiert. Wort halten, Maßnahmen liefern Mit den Grünen wahrscheinlich in der Regierungsverantwortung gibt es immerhin eine Partei, die sich für den Kohleausstieg bis 2030 stark macht und darin mit dem möglichen Koalitionspartner FDP überkreuz liegt. „Was sich in Hamburg zum Schaden des Klimas ereignet hat, darf sich jetzt auf Bundesebene nicht wiederholen“, sagt Smid. Noch ist es nicht zu spät, wichtige Schritte zur Bekämpfung der Erderhitzung anzugehen. „Angela Merkel muss spätestens auf der Weltklimakonferenz substanzielle Maßnahmen liefern, damit das kurzfristige Klimaschutzziel 2020 noch erreicht werden kann“, so Smid. Der heute veröffentlichte Greenpeace-Report „Global Shift“ zeigt, dass Deutschland sich mit seiner kohlefreundlichen Politik international zunehmend isoliert: Inzwischen haben zehn Länder beschlossen, bis spätestens 2030 keine Kohle mehr zu verbrennen, darunter Kanada, Großbritannien, Frankreich und die Niederlande. In Ländern mit vormals hohem Kohleanteil sinkt die Zahl der Kraftwerke rapide. Um die Klimaziele 2030 zu erreichen, gehören auch eine klimafreundliche Agrarwende und der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor zu den weiteren mittelfristigen Maßnahmen. Beides muss in der kommenden Legislaturperiode eingeleitet werden. Wird die Regierung nicht tätig, wird das gravierendere Folgen haben als ein weiteres schmutziges Kohlekraftwerk an der Elbe. Update 20. Oktober 2017: In Berlin gehen heute die Sondierungsgespräche für eine schwarz-gelb-grüne Regierungskoalition weiter. Greenpeace-Aktivisten verteilen vor der Parlamentarischen Gesellschaft Infomaterial und präsentieren den möglichen Bündnispartnern ein Banner: „Illegalize It!“ Verbietet es! Denn nach wie vor machen sich Politiker aus FDP und CDU für den Erhalt von klimaschädlichen Kohlekraftwerken und Verbrennungsmotoren stark. Eine aktuelle Analyse zeigt die Folgen der Verschmutzung auf: Jährlich sterben weltweit neun Millionen Menschen vorzeitig durch Schadstoffe in der Umwelt, etwa Feinstaub in der Luft. Greenpeace fordert, dass ab 2025 keine Autos mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden dürfen. Der Verkehrssektor hat in Sachen Klimaschutz viel nachzuarbeiten, die CO2-Emissionen stagnieren seit Jahren auf hohem Niveau. Wird im Straßenverkehr weiterhin so viel Stickstoffdioxid produziert, sind die Klimaziele von Paris nicht zu schaffen, das belegt eine Greenpeace-Studie. Außerdem verschlechtert sich die Atemluft in deutschen Innenstädten zusehends. Eine radikale Mobilitätswende ist überfällig; Verkehrskonzepte müssen so attraktiv gestaltet werden, dass Menschen ihr Auto freiwillig stehenlassen. Greenpeace hat dazu einige Ideen. „Das ideologische Festhalten von FDP und Teilen der Union am schmutzigen Verbrennungsmotor und an der dreckigen Kohle gefährdet Menschenleben, erhitzt das Weltklima und ist unverantwortlich“, sagt Karsten Smid, Greenpeace-Experte für Klima. Auch im Sinne der deutschen Wirtschaft muss die Jamaika-Koalition einen Schlussstrich ziehen. „Sonst fährt nicht nur der Klimaschutz an die Wand, sondern auch die deutsche Autoindustrie, die den Trend zur Elektromobilität verschlafen hat“, so Smid. » zurück |
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