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Klimapaket

Schulze: Beschlüsse des Klimakabinetts markieren Neuanfang für deutsche Klimapolitik

BMU Pressemitteilung, 20.9.19

Das Klimakabinett der Bundesregierung hat das bislang umfassendste Klimaschutzpaket auf den Weg gebracht, das es in Deutschland je gab. Die Beschlüsse sehen erstmals gesetzlich verbindliche Klimaziele für die Sektoren Verkehr, Energie, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft vor. Diese sollen in einem Klimaschutzgesetz mit jahrlich sinkenden Treibhausgas-Budgets festgeschrieben werden. Für jeden dieser Bereiche vereinbarte das Klimakabinett zahlreiche neue Maßnahmen: Vorgaben, Anreize, Förder- und Investitionsprogramme. Kommt ein Bereich dennoch vom vereinbarten Klimakurs ab, greift ein Sicherheitsnetz in Form einer gesetzlich verpflichtenden Nachsteuerung. Dann muss das zuständige Ministerium umgehend weitere Maßnahmen vorlegen.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: "Die Ergebnisse des Klimakabinetts markieren einen Neuanfang in der deutschen Klimapolitik. Wir lernen aus den Fehlern der Vergangenheit. Dass Deutschland sein Klimaziel verfehlt, darf sich nicht wiederholen. Zahlreiche neue Klimaschutz-Maßnahmen sollen das sicherstellen. Deutschlands Klimaziele werden jetzt erstmals gesetzlich verbindlich festgeschrieben. Es wird klar geregelt, was passiert, wenn ein Bereich vom vereinbarten Klimakurs abweicht und wer dann wie nachbessern muss. Die junge Generation kann sich darauf verlassen, dass sich diese und künftige Bundesregierungen an verbindliche Klimaziele halten."

Das Klimaschutzprogramm 2030 umfasst Maßnahmen aus allen Bereichen: Dazu gehört ein verbindlicher Kohleausstieg sowie der gesetzlich festgeschriebene Ausbau der erneuerbaren Energien auf 65 Prozent bis 2030 mit den erforderlichen Rahmenbedingungen. Die Bremsen beim Zuwachs der Erneuerbaren Energien werden beseitigt, so unter anderem die Deckelung des Photovoltaikausbaus. Zur Förderung der Elektromobilität wird die Kaufprämie angehoben mit dem Ziel, dass in Deutschland in zehn Jahren sieben bis zehn Millionen Elektroautos fahren. Bis 2030 sollen eine Million Ladepunkte zur Verfügung stehen. Auch der öffentliche Nahverkehr soll massiv gefördert werden, zudem investiert der Bund in das Schienennetz. Bahnfahrten werden künftig billiger durch eine Senkung der Mehrwertsteuer, dafür werden Flüge teurer durch eine Erhöhung der Luftverkehrsabgabe. Eine Reform der Kfz-Steuer soll für einen Anreiz zum Kauf von emissionsärmeren beziehungsweise –freien Fahrzeugen sorgen. Auch die Modernisierung von Heizungsanlagen, der Einbau neuer Fenster oder die Dämmung von Dächern und Wänden wird stärker unterstützt über Förderprogramme oder einen Steuerabzug. Der Einbau neuer Ölheizungen wird ab 2026 nicht mehr gestattet, wo eine klimafreundliche Wärmeerzeugung möglich ist. Wer seine Ölheizung gegen ein umweltfreundliches Modell eintauscht, erhält 40 Prozent Förderung.

Schulze: "Die teuerste und unsozialste Option ist, nichts zu tun. Denn der Klimawandel bedroht unsere Lebensgrundlagen und trifft die Ärmsten zuerst. Aber auch beim Klimaschutz gilt es, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Nicht jeder kann mal eben auf sein Auto verzichten, und Mieter können nicht über ihre Heizung entscheiden. Darum bieten wir gezielte Entlastungen an und fördern zugleich den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen."

Das Klimakabinett verständigte sich auch auf den Einstieg in eine CO2-Bepreisung, die das Verbrennen von Benzin, Diesel, Heizöl oder Gas moderat teurer machen wird. Allerdings behält der Staat die Einnahmen nicht für sich, sondern investiert sie in den Klimaschutz und gibt sie an die Bürgerinnen und Bürger zurück. Das geschieht vor allem über eine Senkung der EEG-Umlage. Im Zusammenspiel werden CO2-Preis und Förderprogramme dazu führen, dass es sich für Verbraucher künftig stärker lohnt, sich für klimafreundliche Produkte zu entscheiden.

Schulze: "Der CO2-Preis ist kein Allheilmittel, aber er ist eine wichtige Ergänzung. Denn Klimaschutz ist immer auch die Summe von vielen einzelnen Kaufentscheidungen. Die klimafreundliche Kaufentscheidung wird sich künftig auch stärker für den Geldbeutel lohnen. Niemand muss sich sofort eine neue Heizung oder ein neues Auto anschaffen. Aber wenn in ein paar Jahren die nächste Anschaffung ansteht, dann wird es zunehmend günstiger sein, sich für ein klimafreundliches Produkt zu entscheiden."

Die politischen Beschlüsse von heute werden nun in das ausführliche Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung überführt, das dann vom Bundeskabinett beschlossen wird. Anschließend folgt die gesetzliche Umsetzung unter anderem im Klimaschutzgesetz.

Schulze: "Mit den Beschlüssen des Klimakabinetts ist die Arbeit nicht getan. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an. Das wird kein Spaziergang, sondern ein Marathon für uns alle. Aber noch teurer und gefährlicher wäre ein Leben mit der Klimakrise. Das Engagement der Jugendlichen und auch vieler Erwachsenen hat geholfen, dass sich diese Erkenntnis in der gesamten Politik durchgesetzt hat. Ich setze darauf, dass dieses Engagement auch in der nun folgenden Phase der Umsetzung anhält. Denn für das Klima ist dann viel erreicht, wenn Kohle, Öl und Gas im Boden bleiben."


Regierung verweigert notwendigen Klimaschutz

Deutscher Beitrag Lichtjahre vom 1,5-Grad-Limit entfernt – Maßnahmenpaket der Regierung reicht nicht einmal aus, um eigene Klimaschutzziele zu erreichen

Gemeinsame Pressemitteilung vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, ClientEarth, Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, Greenpeace, NABU, Naturfreunde, Umweltinstitut München, WWF und dem Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR), 20.9.19

Berlin. Während heute 1,4 Millionen Menschen dem Aufruf von Fridays for Future zum Klimastreik gefolgt sind, scheitert das Klimakabinett in seiner entscheidenden Sitzung für ein wirksames Klimapaket zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Zu diesem Ergebnis kommen die Klima- und Umweltschutzverbände.

Statt eines intelligenten Mix aus Ordnungsrecht, Anreizen und eines wirkungsvollen CO2 -Preises ist allerdings vor allem ein Sammelsurium teurer Anreizprogramme beschlossen worden. Verkehrsminister Andreas Scheuer hat sich bis zuletzt geweigert, wirksame Klimamaßnahmen vorzuschlagen und bleibt ein klimapolitischer Totalausfall.

Experten zufolge würden die beschlossenen Maßnahmen ohne CO2-Bepreisung bei Verkehr und Gebäuden bis 2030 nur rund die Hälfte der Emissionslücke schließen. Der nun geplante Emissionshandel kann diese massive Lücke nicht schließen. Im Gegenteil: Der homöopathische Einstieg in die CO2-Bepreisung von 10 Euro die Tonne CO2 wird keinerlei Lenkungswirkung entfalten. Beim eigentlich notwendigen Einstiegspreis von 60 Euro soll er sogar ab 2026 gedeckelt werden. Damit beschneidet sich die Bundesregierung ihre eigene Handlungsfähigkeit dramatisch.

Deutschland ist damit noch immer nicht auf einem Pfad zur Erreichung seiner bisher beschlossenen Ziele und Lichtjahre vom deutschen Beitrag zum 1,5-Grad-Limit von Paris entfernt. Grund für das Scheitern ist aus Sicht der Umweltverbände neben der Mutlosigkeit der Koalition vor allem die Blockadehaltung, die von Teilen der CDU und CSU gegen wirkungsvolle Gesetze und Preismechanismen aufgebaut wurde.

Die Verbände fordern die Bundesregierung nun auf, bis zum Beginn der Weltklimakonferenz am 29. November und der Halbzeitbilanz der Großen Koalition ein deutlich verbessertes Klimapaket zu beschließen, das Deutschland in die Lage versetzt, die Klimaziele mit einem Puffer nach oben sicher zu erreichen.

Das verfehlte Ergebnis des Klimakabinetts kommentieren die Verbände:

Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings: "Die Ergebnisse des Klimakabinetts sind ein klares Regierungsversagen. Zwar ist mit dem Klimaschutzgesetz ein großer Wurf gelungen. Aber auch das verschiebt die Verantwortung in die Zukunft. Besonders die unionsgeführten Ministerien sind nicht in der Lage, die völkerrechtlich verbindlichen Zusagen der Bundesregierung für 2030 einzuhalten und die Klimakrise zu stoppen. Unverbindliche Anreizprogramme und ein wirkungsloser Emissionshandel werden das Klima nicht retten, was fehlt sind klare Leitplanken."

Hubert Weiger, Vorsitzender Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): "Merkels Klimakabinett liefert einen kolossalen Fehlstart in den Klimaherbst. Das ist vor allem teures Stückwerk statt einer Antwort auf die Klimakrise. Nicht einmal im Kernbereich Energiewende wird geliefert. Das Kohleausstiegsgesetz bleibt eine Ankündigung. Der Erneuerbaren-Ausbau bleibt ein dickes Fragezeichen. Es braucht jetzt wirksame Maßnahmen und Gesetze statt hohler Ankündigungen. Ohne drastische Steigerung des Windkraft- und Photovoltaik-Anteils sind die Klimaziele reine Makulatur. 2020 muss der geregelte Kohleausstieg starten. Kanzlerin Merkel muss die Blockade in der Union aufbrechen und bis zur Klimakonferenz nachliefern."

Christoph Bautz, geschäftsführender Vorstand Campact: "Die 1,4 Millionen Menschen auf den Straßen erwarten heute von der Politik den großen Wurf beim Klimaschutz. Doch die Regierung hat auf ganzer Linie versagt. Statt klar festzulegen, wann wir aus Kohle, Öl und Gas aussteigen, verteilt sie ungezielt Milliarden. Schwarz-Rot simuliert nur Fortschritte beim Klimaschutz. Damit wird sie die Proteste nur noch weiter befeuern."

Hermann Ott, Geschäftsführer von ClientEarth: "Die Bundesregierung ist ohne Mut, klare gesetzliche Vorgaben für den Klimaschutz zu machen. Sie dreht lediglich den Geldhahn auf und traut sich nicht, Strukturveränderungen anzupacken. Nicht einmal der Begriff "Klimaschutzgesetz" findet sich im Text. Die angekündigte "gesetzliche Festschreibung" der Sektorziele für die einzelnen Ministerien muss nun aber wirklich noch dieses Jahr kommen - in einem Klimaschutzgesetz, das diesen Namen auch verdient!"

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe: "Klimaschutz heißt: Raus aus den fossilen Energien, rein in die Erneuerbaren. Und das dauert mit diesen Beschlüssen alles viel zu lange. Mit den neuen Abstandsregeln für Wind bringt das Klimakabinett den Windausbau zum Erliegen. Das Gegenteil wäre richtig: Wir brauchen einen Fahrplan für 100% Erneuerbare! Und wir müssen raus aus den fossilen Energien: Neue Öl- und Gasheizungen müssen per Ordnungsrecht 2020 bzw. 2025 verboten werden, und auch Pkw mit Verbrennungsmotor dürfen nach 2025 nicht mehr zugelassen werden."

Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer Germanwatch: "Die Bundesregierung hat es versäumt, die notwendige Grundlage für den neuen Gesellschaftsvertrag zu legen, den heute 1,4 Millionen Menschen auf den Straßen Deutschlands eingefordert haben. Sie legt ein Maßnahmenpaket vor, das – am massivsten im Verkehrsbereich – auf Zielverfehlung programmiert ist. Und sie führt einen CO2-Preis in homöopathischen Dosen und ohne Lenkungswirkung ein."

Martin Kaiser, Geschäftsführer Greenpeace: "Der Bundesregierung fehlen Mut und Verantwortung für Sofortmaßnahmen im Klimaschutz. Mit ihrem zahnlosen Klimapapier stellt sie sich gegen Millionen Menschen, die heute für schnell wirksamen Klimaschutz auf die Straße gehen. All diesen Menschen bieten Union und SPD keine Antwort. Vor allem die Union mit ihrem frühen Widerstand gegen klare politische Leitplanken, die auch die Industrie, allen voran die Autohersteller für den Schutz des Klimas in die Verantwortung nimmt, hat dies zu verantworten. CDU und CSU drohen damit in der Mitte der Gesellschaft breite Wählerschaften zu verlieren, die von der Politik sofort wirksame Notmaßnahmen erwarten."

Leif Miller, NABU-Bundesgeschäftsführer: "Es geht um eine Menschheitsaufgabe. Das Klimakabinett hat offensichtlich nicht verstanden, wie dringend es ist, die Klima- und Artenkrise zu stoppen. Anders ist dieser schwache Mix aus Steuersenkungen und neuen Subventionen nicht zu verstehen. Vom notwendigen gesellschaftlichen Wandel ist die GroKo damit meilenweit entfernt."

Michael Müller, Bundesvorsitzender der Naturfreunde Deutschlands: "Dieses Klimakabinett ist der Beweis für den eklatanten Widerspruch zwischen Wissen und Handeln im Klimaschutz. Das 1,5-Grad-Limit ist jetzt seit 30 Jahren bekannt, doch die Politik setzt es einfach nicht um. Frau Merkel, machen Sie endlich Klimapolitik, statt sie zu verhindern."

Fabian Holzheid, politischer Geschäftsführer Umweltinstitut München: "Unsere Ernährung ist für ein Viertel der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Ohne eine Agrarwende mit deutlicher Reduktion der Tierbestände und des Fleischkonsums wird Deutschland seine Klimaziele verfehlen. Das Klimakabinett verschiebt die dringend notwendigen Maßnahmen dennoch auf den Sankt Nimmerleinstag. Die Bundesregierung muss jetzt dafür sorgen, dass die Betriebe nicht mehr Tiere halten, als sie auf ihrer Fläche ernähren könnten. Und sie muss verhindern, dass die Reduktion der Tierbestände durch Importe ausgeglichen wird."

Christoph Heinrich, WWF Vorstand Naturschutz: "Hunderttausende demonstrieren heute dafür, die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Von der Bundesregierung bekommen haben sie ein Paket aus Ankündigungen, das noch nicht einmal das selbstgesteckte Ziel erreicht, den Kohle-, Öl- und Erdgasverbrauch bis 2030 zu halbieren. Die Ergebnisse des Klimakabinetts sind eine Mischung aus Vertagen, Verzagen und Versagen. Den Ausbau der Erneuerbaren hat die Regierung schon zum Erliegen gebracht und heute neue Hürden beschlossen. Aber: Der öffentliche Druck wächst. Bis zur Weltklimakonferenz muss die Bundesregierung nachlegen."


Verzagt, vertagt: Klimakabinett legt Eckpunktepapier vor

WWF Pressemitteilung, 20.9.19

Das Klimakabinett hat am Freitag Vorschläge zur Erreichung der deutschen Klimaziele vorgelegt. Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland, fasst die Ergebnisse wie folgt zusammen:

„Hunderttausende in ganz Deutschland verlangen, dass die Bundesregierung endlich ihren nötigen Beitrag leistet, um die Erderhitzung zu stoppen. Doch die Große Koalition legt nur ein Eckpunktepapier mit Ankündigungen vor, mit dem sie selbst ihr eigenes Klimaziel verfehlt, den Verbrauch von Kohle, Öl und Erdgas bis 2030 zu halbieren. Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien versagt die Große Koalition komplett: Sie hat ihn schon zum Erliegen gebracht und heute neue Hürden beschlossen. Ohne Erneuerbare kann Klimaschutz aber nicht gelingen.

Diese Mischung aus Verzagen, Vertagen und Versagen ist kein akzeptables Ergebnis. Die Koalition muss bis zum 29.11. nachliefern. Bis zur Weltklimakonferenz in Chile erwarten wir Gesetze und Haushaltbeschlüsse, die das Erreichen des 2030-Klimaziels sicherstellen und einen fairen Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen ermöglichen. Dazu gehört auch die Unterstützung Deutschlands für ein höheres EU-Klimaziel.

Noch fehlen die großen strukturellen Veränderungen. Wir brauchen eine CO2-Bepreisung, die auch wirksam ist und zwar schnell, im Stromsektor einen europäisch-regionalen Mindestpreis von zunächst 25 Euro, der in wenigen Jahren auf 40 Euro ansteigt, um den Kohleausstieg zu beschleunigen.

Das Paket zeigt aber auch: Der öffentliche Druck an Freitagen und Wahlsonntagen beginnt zu wirken. Schülerinnen, Schüler und immer mehr Erwachsene haben ein Jahrzehnt klimapolitischen Stillstands beendet. Die angemessene Antwort der Bundesregierung steht aber noch aus.“

Detailliertere Auswertung der Ergebnisse des Klimakabinetts.


Kommentar zum Klimapaket: Keine Antwort auf die Klimakrise

BUND Pressemitteilung, 20.9.19

Zum Klimapaket der Bundesregierung erklärt der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger:

"Die Große Koalition ist an ihren eigenen Zielen gescheitert. Das ist eine bittere Nachricht für das Klima und für alle Klimaschützerinnen und Klimaschützer, die heute die Straßen geflutet haben. Die Bundesregierung liefert keinen großen Wurf und keine Antwort auf die Klimakrise. Nach einer Dekade, in der die Emissionen in Deutschland kaum gesunken sind, nach Monaten des politischen Ringens, liefert sie ein Stückwerk aus halbgaren Maßnahmen, Ankündigungen und Absichtserklärungen. Die Union ist hauptverantwortlich für den fehlenden Ehrgeiz, aber auch die SPD hatte offenbar nicht die Kraft, ihre Positionen durchzusetzen. Dieses schwache Klimapaket dokumentiert das Versagen vor der Herausforderung der Klimakrise und den Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen.

Das mögliche Klimaschutzgesetz kann über die Defizite in allen anderen Bereichen nicht hinwegtäuschen. Der CO2-Preis ist lächerlich niedrig, seine Einführung wird durch ein Handelssystem unnötig verkompliziert. Selbst bei der Energiewende ging es der Union hauptsächlich darum, mit pauschalen Abstandsregelungen für Windräder weiter Sand ins Getriebe zu werfen. Auf das Kohleausstiegsgesetz will man sich jetzt erst bis November einigen. Auch hier blockiert die Union.

Das Klima kippt und die Uhr tickt. Die Regierung Merkel muss bis zur COP nacharbeiten, wirksame Maßnahmen präsentieren und Gesetze vorlegen. Der unerträgliche Stillstand muss beendet werden.

Das Ermutigende des heutigen Tages sind die vielen Menschen, die auf die Straße gegangen sind, besonders Dank Fridays for Future und vieler anderer. Die Bewegung ist größer denn je und sie wird nicht nachlassen. Wir haben angesichts dieser Regierung noch viel zu tun und sehen uns auf der nächsten Klimademo."

Zum Verkehrssektor sagt Ernst-Christoph Stolper, stellvertretender Vorsitzende des BUND und Mitglied der Verkehrskommission: "Die Politikverweigerung von Andreas Scheuer setzt sich im Beschluss der Regierung fort. Gerade im Verkehrsbereich wäre ein wirksamer CO2-Preis notwendig gewesen. Die Regierung setzt weiter auf den Verbrennungsmotor und scheut vor einer ernsten Verkehrswende zurück."


NABU: Die Bundesregierung hat die Klimakrise nicht verstanden

Kanzlerin hat beim UN-Sonderklimagipfel in New York nicht viel im Gepäck

NABU Pressemitteilung, 20.9.19

Berlin – Die Ergebnisse des Klimakabinetts kommentiert NABU Präsident Olaf Tschimpke: „Die Bundesregierung zeigt mit dem Eckpunktepapier zum Klimaschutzgesetz, dass sie die Dringlichkeit zum Handeln noch nicht verstanden hat. Statt einen wirklichen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen – wie zeitgleich von hunderttausenden Menschen, die weltweit für mehr Klimaschutz demonstrieren, gefordert – bleibt es bei Steuergeschenken und neuen Subventionen. Innovationen und Technik sind wichtig für eine lebenswerte Zukunft. Aber ordnungspolitische Maßnahmen oder Steuererhöhung für Klimasünder ebenfalls. Die Summe der Maßnahmen wird nicht ausreichen, um das selbstgesteckte Klimaschutzziel bis 2030 zu erreichen. Und auch eine schnelle und wirksame Bepreisung von CO2 ist nach diesem Entwurf nicht zu erwarten.“ Damit bringe Bundeskanzlerin Angela Merkel zum UN-Sonderklimagipfel in New York am Montag viel zu wenig mit, um beim weltweiten Klimaschutz noch als Vorreiterin wahrgenommen zu werden.

Zeitgleich zu den Verhandlungen im Klimakabinett kamen an über 500 Orten allein in Deutschland und weltweit viele hunderttausend Menschen zusammen, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Noch nie gab es so viele Menschen, die gemeinsam für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen und bereit sind, dafür etwas zu tun. NABU-Klimaexperte Sebastian Scholz: „Der gesellschaftliche Wandel ist notwendig – das ist auch in der Politik bekannt. Durch die Fridays-for-Future-Bewegung gibt es eine hohe Akzeptanz für Veränderungen wie noch nie zuvor. Dennoch hat die Regierung noch nicht einmal den Mut gefunden, umweltschädliche Subventionen abzubauen – ganz zu schweigen von substanziellen ordnungsrechtlichen Maßnahmen. Weder Pendlerpauschale, Ölheizungen noch der aktuelle Tierbestand in der Landwirtschaft, um nur ein paar wenige Aspekte zu nennen, sind kompatibel mit den Klimazielen. Diese Regierung setzt fahrlässig unsere Zukunft aufs Spiel. Die Klimakrise wird so nicht bewältigt.“


Klimakabinett liefert nicht den notwendigen Quantensprung

Druck von der Straße hat noch nicht ausreichend gewirkt
Wichtiger Strukturwandel auf lange Bank geschoben und CO2-Preis kümmerlich niedrig
Germanwatch fordert Nachbesserungen und Einleitung ambitionierten Klimaschutzes bis Ende November


Germanwatch Pressemitteilung, 20.9.19

Berlin. Die Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch sieht in der Einigung der Koalition auf ein Klimaschutzpaket einen Akt der Mutlosigkeit. „Das ist nicht der angekündigte und notwendige Quantensprung beim Klimaschutz“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Dieses Programm hat die Verfehlung des Klimaziels für 2030 bereits eingebaut, besonders im Verkehrssektor. Selbst der Zeitpunkt, zu dem wir unser verpasstes Klimaziel für 2020 schaffen, steht in den Sternen. Ein Fortschritt ist immerhin das vereinbarte Klimaschutzgesetz mit seiner jährlichen Zielüberprüfung für jeden Sektor.“

Bals fordert: „Das Klimakabinett muss bis Ende November nachbessern und das Klimaschutzgesetz verabschieden. Es geht um einen neuen Gesellschaftsvertrag, der auch den jungen und künftigen Generationen die Zukunft sichert. Etwa 1,4 Millionen Menschen haben heute in Deutschland auf der Straße gezeigt, dass sie ein Klimapaket wollen, das die Pariser Klimaziele ernst nimmt und umsetzt.“

Aus Sicht von Germanwatch ist völlig unklar, wie die Sektorziele mit diesen Maßnahmen und dem kümmerlichen CO2-Preissignal erreicht werden sollen. „Alle Ministerien sollten jetzt nacharbeiten. Vor allem den Verkehrssektor hat das Klimakabinett geradezu auf Zielverfehlung programmiert", sagt Christoph Bals. "So soll zum Beispiel 2030 nicht jedes zweite - wie es notwendig wäre - sondern nur jedes fünfte Auto ein Elektroauto sein. Zugleich hat man einen fadenscheinigen Mechanismus geschaffen, um aus dem europäischen Ausland Zertifikate hinzu zu kaufen, wenn Verkehrs- und Gebäudesektor ihre Ziele nicht erreichen - und es ist absehbar, dass dies passieren wird." Das sei ein Riesenproblem für die Glaubwürdigkeit beim Klimaschutz und für den Staatshaushalt.

Im Verkehrssektor fehlt zudem ein Ausstiegsdatum für den fossilen Pkw-Motor und ein Stopp für den Neubau von Fernstraßen. Auch in der Landwirtschaft fehlt die wichtigste strukturelle Maßnahme, ein glaubwürdiges Programm zur Reduzierung der klimaschädlichen industriellen Massentierhaltung.

Nach Ansicht von Germanwatch gibt es aber auch durchaus konstruktive Beschlüsse in dem Paket, etwa das Klimaschutzgesetz mit jährlichem Monitoring für alle Sektoren, das Verbot von neuen Ölheizungen bis 2026, die Unterstützung eines Mindestpreises im EU-Emissionshandel oder die Ankündigung, den Finanzsektor endlich nachhaltig auszurichten.

„Wir hoffen, dass die Bundesregierung bis Ende November – rechtzeitig vor dem nächsten UN-Klimagipfel und zur Halbzeitbilanz der Regierung – die notwendigen Nachbesserungen und das Klimaschutzgesetz verabschiedet“, ergänzt Bals.


"Mutlosigkeit": PIK & MCC STATEMENT zum Klimapaket der Bundesregierung

Gemeinsames Statement des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, 20.9.19

Die Spitzen der Großen Koalition haben sich heute im Klimakabinett auf einen Einstiegspreis für den CO2-Ausstoß in den Bereichen Verkehr und Wärme verständigt. Er soll bei 10 Euro beginnen und schrittweise auf 35 Euro im Jahr 2025 steigen. 2026 wird die Bepreisung in einen nationalen Emissionshandel mit 35 Euro Mindest- und 60 Euro Höchstpreis überführt; wie es danach weitergehen soll, wird erst 2025 festgelegt.

Dazu erklärt Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC):

„Das Klimapaket ist ein Dokument der politischen Mutlosigkeit. Mit dieser Entscheidung wird die Bundesregierung die selbstgesteckten Klima-Ziele für 2030 nicht erreichen. Zwar wird die Architektur einer umfassenden CO2-Bepreisung sichtbar: Einstieg mit einem Fixpreis, mittelfristig ein nationaler Emissionshandel für Wärme und Verkehr und langfristig Integration in den EU-Emissionshandel. Aber der Preispfad ist zu niedrig und reicht nicht weit genug in die Zukunft, um eine Lenkungswirkung zu entfalten. Ein sinnvoller Einstiegspreis liegt dagegen bei 50 Euro pro Tonne CO2 – und er müsste dann bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts, also 2030, auf 130 Euro steigen. Der CO2-Preis hätte das klimapolitische Leitinstrument werden müssen, hat aber nun nur eine Alibi-Funktion. Zwischen der notwendigen und der jetzt geplanten CO2-Bepreisung besteht also eine gewaltige Lücke. Dass diese im Rahmen des vorgesehenen Monitorings geschlossen wird, ist unrealistisch.

Damit hat die Große Koalition im zentralen Punkt nicht geliefert. Über diese Tatsache kann auch die Vielzahl an angekündigten Fördermaßnahmen nicht hinwegtäuschen – diese werden zusammengenommen allenfalls die Hälfte der im Rahmen der EU Effort Sharing Regulation rechtlich bindend zugesicherten CO2-Minderung erbringen. Die Gefahr von Strafzahlungen in Milliardenhöhe ist damit keinesfalls abgewendet. Die Bundesregierung bleibt heute uns und den kommenden Generationen die entscheidende Antwort auf die Frage nach einem ambitionierten Klimaschutz schuldig.“


Klima-Demonstranten sauer : "CDU und CSU sind solche Blockadeure!"

Dieser Freitag sollte das große Zeichen gegen den Klimawandel sein. Doch die Maßnahmen der Bundesregierung verlieren sich im Kleinklein. Die Demonstranten sind wütend.

Von Madeleine Janssen und Nicolas Lindken, T-Online, 20.9.19

https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_86487240/klimastreik-in-berlin-wuetende-demonstranten-viel-zu-spaet-viel-zu-wenig-.html


Grüne wollen Klimapaket im Bundesrat verschärfen

Die große Koalition hat ihr Klimapaket vorgestellt, den oppositionellen Grünen geht es nicht weit genug. Nun wollen sie über den Bundesrat mehr für den Kampf gegen die Klimakrise erreichen.

(dpa) - 22. September, 2019

https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_86492424/klimaschutz-gruene-wollen-das-klimapaket-ueber-den-bundesrat-verschaerfen.html


Die Angst vor der Wut der Bürger

Die Regierung legt Eckpunkte eines Klimaschutzplans vor. Das wichtigste Instrument wird stark beschränkt. Für Klimaschützer bleibt nur ein Strohhalm.

Von Jonas Schaible, T-Online, 20.9.19

https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_86487000/klimaschutzplan-der-regierung-die-angst-vor-der-wut-der-buerger.html




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