AktuellFalsche Biogas-Förderung
Die Verlierer des Biogas-PokersWWF: Fehlanreize im EEG fördern Maiswüsten und treiben Pachtpreise in die HöheWWF Pressemitteilung, 22.2.11 Berlin - Deutschland wird immer mehr zur Mais-Wüste. Zwischen 2005 und 2010 ist die Maisanbaufläche von 70.000 Hektar auf 600.000 Hektar hochgeschnellt, mit fatalen Folgen für Umwelt und Landwirtschaft, so eine WWF-Studie. Grund dafür sind falsche Förderanreize für Strom aus Biomasse im Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG). Das EEG belohnt Strom aus Biogas mit umgerechnet jährlich rund 3000 Euro pro Hektar. Das ist fast das Zehnfache dessen, was Bauern sonst pro Hektar durchschnittlich an EU-Förderungen erhalten. Die Folge: Investoren pachten oder kaufen im großen Stil Ackerflächen. Angebaut wird darauf hauptsächlich Energie-Mais. Ein für die Investoren lukratives Geschäft, das die Pachtpreise in die Höhe treibt und ganze Landstriche in Mais-Monokulturen verwandelt. „Das Erneuerbare Energien-Gesetz muss in dieser Hinsicht schnell und umfassend geändert werden“, fordert WWF-Agrarreferentin Tanja Dräger de Teran. „Es ist unsinnig, das halbe Land in Maisfelder zu verwandeln. So, wie er heute angebaut wird, vernichtet Mais die Artenvielfalt, belastet die Gewässer und trägt wertvollen Mutterboden ab.“ Die dramatische Ausweitung des Maisanbaus gefährde die nationalen Ziele zum Schutz der Biodiversität. Besonders irritierend: Für die Erzeugung von Bioethanol muss Mais Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, für Biogas hingegen nicht. „Das ist vollkommen unlogisch und muss sich umgehend ändern“, so die WWF-Expertin. Nach WWF-Angaben ist die Zahl der Biogasanlagen in Deutschland von etwa 2000 im Jahr 2005 auf heute 6000 gestiegen. Der Biogas-Boom lässt die Pachtpreise in vielen Regionen Deutschlands anziehen. In Ostdeutschland haben sich die Pachtpreise für Agrarflächen laut WWF in den vergangenen drei Jahren beinahe verdreifacht. Landwirte haben beim Auslaufen ihrer Pachtverträge häufig das Nachsehen, weil die Anlagenbetreiber höhere Preise pro Hektar bieten. Rund 60 Prozent der deutschen Landwirte pachten Land. „Die derzeitige Situation zeigt, dass Bioenergie nicht per se umweltfreundlich oder nachhaltig ist. Es kommt sehr darauf an, woher die Rohstoffe stammen und wie sie angebaut werden“, sagt WWF-Expertin Dräger. Die Bundesregierung müsse nun schnell das EEG verbessern. Die geltenden Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe müssten auch für Energiepflanzen gelten, die zum Betrieb von Biogasanlagen angebaut werden. Die WWF-Forderungen zu Biogas in Kürze:
Biogasförderung eingeschränktVon Beate Steffens, Greenpeace-Online, 18.2.11Nun ist es auch bei Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner angekommen: Die bestehende Biogasförderung muss dringend korrigiert werden. Anlässlich einer Berliner Konferenz über Öko-Energie warnte Aigner vor höheren Energiepreisen und kündigte Kürzungen an. Das Potenzial der Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung ist in Deutschland fast ausgeschöpft. Die hohe Einspeisungsvergütung des Erneuerbare Energiengesetzes (EEG) hat dazu geführt, dass die Erzeugung von Strom über Biogasanlagen in den vergangenen Jahren rapide zugenommen hat. Da vorwiegend Silomais verwendet wird, gibt es in der Umgebung von großen Biogasanlagen immer mehr Mais-Monokulturen, mit schwerwiegenden ökologischen Auswirkungen. "Zusammen mit ihrem Kollegen Röttgen muss Ministerin Aigner nun auch die entsprechenden Konsequenzen ziehen," sagt Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace. "Die dramatische Fehlentwicklung muss gestoppt und die viel zu hohe, zu komplizierte und falsch ausgerichtete Biogasförderung abgebaut werden." Die meisten Pflanzen, die in Biogasanlagen eingesetzt werden, sind alles andere als "Bio". Vor allem wird schnellwachsender Mais für die Energiegewinnung angebaut. Mais ist ein sogenannter Humuszehrer und baut im Ackerboden Kohlenstoff ab, der als CO2 entweicht und unser Klima schädigt. Zudem wird Mais intensiv mit Stickstoff gedüngt, was erhebliche Lachgasemissionen verursacht. Lachgas ist ein besonders klimaschädliches Gas. Im Vergleich zu CO2 ist die klimaschädliche Wirkung je Gewichtseinheit etwa 300-mal stärker. Biogasanlagen sind nicht per se nachhaltig Aufgrund ihres Flächenbedarfs bei der Produktion von Ackerpflanzen sind Biogasanlagen keine nachhaltige Lösung des Energieproblems. Je umfangreicher Biogasanlagen gebaut werden, desto größer ist ihr Flächenbedarf - und das damit verbundene Problem. Eine nachhaltige Nutzung von Biomasse muss sich auf derzeit noch ungenutzte Potenziale wie beispielsweise organische Reststoffe und deren hocheffiziente Nutzung konzentrieren. Den Anbau von Energiepflanzen wie Mais auszuweiten, ist umweltpolitisch kontraprokuktiv. Greenpeace fordert bei der Weiterentwicklung des EEG, das gesamte Tarifsystem inklusive der Boni auf den Prüfstand zu stellen. Denn der hohe Bonus für nachwachende Rohstoffe (Ackerpflanzen) ist hauptverantwortlich für den zunehmenden Monokulturanbau in Deutschland. Statt eines Bonus für nachwachsende Rohstoffe sollte ein nach Anlagengröße gestaffelter Bonus für Biomasse aus naturverträglich angebauten Mischkulturen, Grünland und Kleegras gewährt werden. Dabei sollte dieser Bonus auf eine maximale Anlagengröße von einem Megawatt beschränkt werden. Zudem sollte statt des bisherigen Güllebonus ein Restoffbonus für die Nutzung von Substraten wie Bioabfällen und Wirtschaftsdünger anteilig gewährt werden. Strom aus Biogas bietet sich vor allem als Regel- und Ausgleichskapazität an, um Leistungsspitzen in der Stromnachfrage auszugleichen. Bundesministerin Aigner für Anpassung der Biogas-FörderungKonferenz berät über Neugestaltung des Erneuerbare-Energien-GesetzesBMELV Pressemitteilung, 17.2.11 Die Auswirkungen der Biogasproduktion auf die Umwelt und eine damit verbundene vernünftige Neuregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) stehen im Mittelpunkt einer Experten-Konferenz des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). "Die derzeitigen Förderbedingungen führen regional zu einem vermehrten Mais-Anbau für die Energie-Erzeugung. Mit Blick auf die dadurch wachsenden Konflikte müssen wir nachsteuern", sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zum Auftakt der Veranstaltung am Donnerstag in Berlin. Insbesondere in Gebieten mit starker Viehhaltung wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder Bayern sei ein deutlicher Anstieg der Maisnutzung für energetische Zwecke zu beobachten, so Aigner. "In manchen Regionen steuert die Landwirtschaft mittlerweile auf Probleme zu, weil es eine wachsende Konkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energierohstoff-Produktion gibt. Die bestehende Förderung führt zu einer Verschiebung zugunsten der Biogasproduktion, darunter leidet in einigen Regionen auch das Landschaftsbild", sagte die Ministerin. Zudem lasse die weltweit wachsende Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Energie die Pachtpreise vielerorts steigen. "Wir müssen vermeiden, dass die Preisspirale durch die Förderung im EEG weiter angetrieben wird. Wir werden das EEG deshalb überprüfen und dann nachsteuern", erklärte Aigner. Die Nutzung von Biomasse sei zur Umsetzung des Energiekonzepts der Bundesregierung von hoher Bedeutung. "Um die Ziele zu erreichen, sind intelligente Lösungen erforderlich." Deutschlandweit hat sich der Anteil an Energiemais zwischen den Jahren 2008 und 2009 um 21 Prozent erhöht. Zwischen 2009 und 2010 stieg der Anteil um weitere 40 Prozent. Im vergangenen Jahr (2010) betrug die Energiemais-Anbaufläche in Deutschland rund 530.000 Hektar. Da die Maisanbaufläche insgesamt in Deutschland kaum gestiegen ist, hat es innerhalb der Verwendung Verschiebungen gegeben - hin zu weniger Futtermais und mehr Energiemais. An viehdichten Standorten treibt dieser Trend die Pachtpreise in die Höhe. So hat eine Studie der Universität Göttingen Pachtpreise für Ackerland bei Betrieben mit und ohne Biogas im Land Niedersachen verglichen. Dabei lagen die Unterschiede je nach Region zwischen 30 Euro und 177 Euro. Damit liegt der durchschnittliche Anstieg der Pachtpreise in Veredlungsregionen signifikant höher als in anderen Regionen. Mais-Monokulturen in Deutschland seien zudem nachteilig für die Artenvielfalt, sagte Aigner. Die Bundesministerin kündigte eine Überprüfung und Anpassung der Vergütungsregelung im EEG an: "Diesen deutlichen Fehlentwicklungen aufgrund der Vergütungsstruktur für Strom aus Biomasse wird die Bundesregierung im Rahmen der bevorstehenden EEG-Novellierung entgegenwirken." Wie eine Neuregelung aussehen könnte, darüber diskutieren rund 240 Experten und Branchenvertreter auf der Konferenz des BMELV. Dabei soll die Praxistauglichkeit einzelner Regelungen des EEG auf den Prüfstand gestellt werden. Thematisiert werden auch die Verminderung von Flächennutzungskonkurrenzen durch vermehrte Reststoff-Verwertung und die Effizienz der Biogasproduktion durch Kraft-Wärme-Kopplung. Die Ergebnisse sollen in die Gespräche über die EEG-Novellierung einfließen. Grundlage der Überarbeitung durch den Gesetzgeber wird der Erfahrungsbericht der Bundesregierung sein, der voraussichtlich im Mai dieses Jahres vom Kabinett verabschiedet wird. Bereits am 2. Februar 2011 hatte das Bundeskabinett die Absicht erklärt, Maßnahmen zur Kostendämpfung bei der Förderung erneuerbarer Energien zu treffen und die Biogas-Förderung neu zu regeln. Betreiber von Neuanlagen, die Biomasse nach dem EEG verstromen, müssen sich demnach ab 2012 auf eine Anpassung der Vergütungsregelungen einstellen. Gleichzeitig soll der positive Beitrag der Biomasse für den Ausbau der klimaschonenden Energieerzeugung in Deutschland auch in Zukunft berücksichtigt werden. » zurück |
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