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Gifteinsatz in Frankens Wäldern

Bund Naturschutz warnt vor flächigem Gifteinsatz in Frankens Wäldern

Forderung eines Spritz-Moratoriums an Staatsminister Helmut Brunner

Pressemitteilung des Bundes Naturschutz in Bayern e.V., 2.5.11

Der Bund Naturschutz kritisiert die geplanten flächigen Gifteinsätze in Frankens Eichenwäldern. In den nächsten Wochen sollen wieder etwa 2.600 Hektar Wälder in Franken mit dem Pflanzenschutzmittel Dimilin (Wirkstoff Diflubenzuron) begiftet werden. Der Bund Naturschutz appelliert an Forstminister Helmut Brunner ein Moratorium für den Gifteinsatz zu verfügen und im privaten wie öffentlichen Wald auf den Gifteinsatz zu verzichten, bis die langfristigen Auswirkungen der großflächigen Einsätze auf Menschen, Tiere und Umwelt detailliert untersucht sind.

Der Bund Naturschutz hat großes Verständnis für die Sorgen der Waldbesitzer und Förster, die bemüht sind, die Eichenwälder zu erhalten und gerade vor Ort vor einem schwierigen Abwägungsprozess stehen. Allerdings hält der BN den seit Jahrzehnten beschrittenen und leider auch von kommunalen Waldbesitzern geforderten Weg, den Wald mit der Giftspritze schützen zu wollen, für falsch. Das Problem der Massenvermehrung von Insekten an Eichen wird dadurch nicht gelöst.

Stattdessen fordert der Bund Naturschutz, alle Bemühungen auf einen schnellen Ersatz reiner Eichenwälder zu stabileren Laubmischwäldern zu konzentrieren. Hierzu müsse vor allem der Rehwildbestand reduziert werden, damit die Naturverjüngung mit anderen Baumarten möglich werde.

Recherchen und Befragungen des BN haben zudem ergeben, dass bei den wiederholten Begiftungen in den letzten Jahren die Auflagen wie Absperrrungen nicht eingehalten wurden und eine intensive Information der Bevölkerung nicht stattfand. Dies ist insbesondere problematisch, weil ein Abbauprodukt des Dimilin, 4-Chloranilin, nach Auskunft des Umweltbundesamtes als krebserregend gilt.

Forstliche Altlasten mitverantwortlich für Raupenvermehrung

Der Bund Naturschutz fordert, die forstliche Altlasten „Eichenreinbestände“ und „zu hoher Rehwildverbiss“ endlich zu beseitigen, die für die Massenvermehrung blattfressender Schmetterlingsraupen mitverantwortlich sind. Dies bedeutet, dass die Eichenreinbestände, in denen sich die blattfressenden Schmetterlingsraupen wegen des warmtrockenen Bestandsklimas besonders gut vermehren, in Laubmischwälder umgewandelt werden müssen. Dafür müssen die Rehwildbestände deutlich abgesenkt werden. Denn der immense Rehwildverbiss verhindert seit Jahrzehnten, dass sich vielerorts eine standortstypische Vegetation aus verschiedenen Baum-, Straucharten und Bodenpflanzen ausbilden kann. „Es passt nicht zusammen, die alten Eichenbestände mit der Giftspritze am Leben erhalten zu wollen, damit sich daraus eine standortangepasste Eichenverjüngung entwickeln kann, wenn gleichzeitig diese Eichenverjüngung wegen der überhöhten Rehwildbestände nahezu komplett abgefressen wird“, beurteilt Mergner den seit Jahrzehnten zu hohen Wildverbiss.

Krebserregende Gift-Abbauprodukte auf tausenden Hektar Waldfläche

Der Bund Naturschutz bedauert ebenso die Informationspolitik der Forstverwaltung zu den Auswirkungen des Dimilins auf Mensch und Umwelt. So spricht die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft beim Dimilin von raschem Abbau, kurzer Verweildauer in der Umwelt und davon, dass der Wirkstoff Diflubenzuron im Boden sehr rasch abgebaut wird. Dabei wird verschwiegen, dass Abbauprodukte des Diflubenzurons eben nicht leicht biologisch abbaubar sind und bei Menschen Krebs erregen können. Das Umweltbundesamt schätzt das Gift als für Menschen schädlich ein. Schon 1994 hielt das Bundesumweltamt nach einem Artikel in der Frankfurter Rundschau (16./17.7.1994) die Abbauprodukte des Dimilin bei großflächigen Einsatz in Wäldern für bedenklich. Bereits damals hieß es, das Bundesumweltamt würde „aus heutiger Sicht die Zustimmung zur Zulassung von Dimilin nicht mehr geben“. Außerdem ist das Mittel giftig für Fisch, Fischnährtiere und Algen sowie schädigend für Florfliegen und Schwebfliegen.

Vorgeschriebene Absperrungen wurden nicht eingehalten

Trotz dieser sehr bedenklichen Abbauprodukte wurden wichtige Auflagen bei der Ausbringung in den letzten Jahren offensichtlich in vielen Fällen nicht eingehalten. So besteht nach der Ausbringung ein grundsätzliches Betretungsverbot von 24 Stunden und nach 48 Stunden dürfen die Flächen nur mit ausreichender Schutzausrüstung betreten werden (Schutzanzug gegen Pflanzenschutzmittel und Universal-Schutzhandschuhe).

Trotz jahrzehntlangen Gifteinsatzes fehlen langfristige Begleituntersuchungen

Obwohl Eichenwälder in warm-trockenen Regionen Frankens bereits seit 1975 regelmäßig mit dem Gift Dimilin besprüht werden, wurde es bislang versäumt, die Notwendigkeit und die Auswirkungen der Gifteinsätze langfristig wissenschaftlich zu untersuchen und zu dokumentieren. „Es ist für uns völlig unverständlich, dass man bei solch großflächigen und regelmäßig stattfindenden Eingriffen die negativen ökologischen Folgewirkungen bislang nicht langfristig und umfassend untersucht hat“, so BN-Waldreferent Dr. Ralf Straußberger.

Dimilin/Diflubenzuron führt zu Artensterben

Dimilineinsatz führt dazu, dass viele Arten aus den ehemals artenreichen Eichenwäldern Frankens verschwinden. Dagegen scheinen mit dem Eichenprozessionsspinner und dem Eichenwickler zwei „Forstschädlinge“ an der Eiche die Gifteinsatz besser zu überleben. Dies lässt sich durch eine wissenschaftliche Studie aus Schwabach belegen: „Die seit sechs Jahren in Folge über überwiegend mit Dimilin durchgeführten Bekämpfungsmaßnahmen haben zu einer extrem reduzierten und verarmten Schmetterlingsfauna im Stadtpark Schwabach geführt.“ „Im Vergleich zu ähnlich strukturierten Wäldern ist die Schmetterlingsfauna insgesamt derzeit um über dreiviertel an Arten und Individuen reduziert.“ „Die Bekämpfung mit Dimilin zeigt aber auch, dass eine flächige Bekämpfung die Gefahr birgt seltene Arten zu vernichten, …“. (Umweltamt Schwabach (2009): Untersuchungen zur Tag- und Nachtfalterfauna im Stadtpark Schwabach).

Unzureichende artenschutzrechtliche Prüfungen

Die Notwendigkeit chemischer Bekämpfungsmaßnahmen muss grundsätzlich überprüft werden, wie dies nach dem Pflanzenschutzrecht auch vorgeschrieben ist. Die verschiedenen Bekämpfungsmethoden müssen mit der Nichtbekämpfung abgewogen werden. Außerdem fordert der BN umfassende ökologische Begleituntersuchungen zu den der Auswirkungen bisheriger Gifteinsätze. Unerlässlich für eine Entscheidung, ob überhaupt etwas gegen den Eichenprozessionsspinner unternommen werden muss, sind objektive und nachprüfbare Prognoseverfahren. Wegen der gefährlichen Auswirkungen der Abbauprodukte des Diflubenzurons darf dieses Mittel keine Genehmigung mehr erhalten.




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