Aktuell


Klage gegen Bayerns Forstwirtschaft

Beschwerde bei der EU gegen illegale Forstwirtschaft

Von Christina Hofmeister, Greenpeace-Online, 12.4.12

Buchen statt Douglasien: Greenpeace-Aktivisten haben in München am Donnerstagmorgen gegen die illegale Zerstörung alter Buchenwälder protestiert. Fast 2.000 junge Nadelbäume der Baumart Douglasie haben sie vor dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aufgebaut. Diese wurden symbolisch für die profitorientierte Forstwirtschaft Bayerns an die Verantwortlichen übergeben.

Ordentlich eingetopft wurden die in Deutschland nicht heimischen Douglasiensetzlinge vor dem Ministerium platziert, denn in Buchenwälder, wie z.B. im Spessart, gehören sie definitiv nicht. Mit dem Protest fordert Greenpeace Bayerns Forstminister Helmut Brunner (CSU) auf, die falsche Bewirtschaftung wertvoller Laubwälder zu stoppen. Buchenwälder sind keine Industrieforste, Herr Brunner!, steht auf ihrem runden Banner.

Vergangenen Dienstag hatten Aktivisten die Setzlinge in einem Natura 2000-Schutzgebiet sichergestellt und durch junge Buchen ersetzt. "Wenn Minister Brunner tatenlos zusieht, wie Douglasien in ein Schutzgebiet gepflanzt werden, dann hat er offensichtlich die Kontrolle über die Waldwirtschaft verloren", sagt Gesche Jürgens, Waldexpertin von Greenpeace.

Die Nadelbaumart Douglasie kommt ursprünglich aus Nordamerika und wurde im 19. Jahrhundert nach Europa gebracht. Natürlicherweise kommt sie in Buchenwäldern gar nicht vor. In der Forstwirtschaft sind die Nadelbäume allerdings sehr gefragt, weil das schnell wachsende Holz rasche Gewinne bringt.

Auch Bayern muss endlich Verantwortung für den Waldschutz übernehmen

Bereits der Anbau weniger Douglasien ist eine Gefahr für unsere geschützten Laub- und Buchenwälder. Ihr schnelles Wachstum beeinträchtigt den ökologischen Wert der alten Laubwälder und das Landschaftsbild innerhalb weniger Jahrzehnte. Auch Kahlschläge führen zu einer deutlichen Verschlechterung. Das belegt ein Gutachten vom Büro für angewandte Waldökologie im Auftrag von Greenpeace. Europäische Natura 2000-Gebiete dienen dem Erhalt bzw. der Wiederherstellung gefährdeter Lebensräume und Arten und nicht der Gewinnsteigerung der Forstwirtschaft.

Im bayerischen Spessart haben Greenpeace-Aktivisten dokumentiert, wie schützenswerte Buchenwälder systematisch mit Douglasien unterpflanzt werden. Zudem deckten sie massive Kahlschläge in alten Laubwäldern auf. Greenpeace dokumentiert dies mit selbst erstellten Karten und Grafiken in dem heute veröffentlichten Abschlussbericht. "Minister Brunner muss endlich auch Bayerns Verantwortung für den Waldschutz anerkennen und zehn Prozent der öffentlichen Waldflächen aus der forstlichen Nutzung nehmen", fordert Jürgens.

Gegen den Verstoß der Natura 2000-Richtlinie in deutschen Wäldern reicht Greenpeace heute Beschwerde bei der Europäischen Union ein.


Es rauscht im Blätterwald

Von Sara Westerhaus, Greenpeace-Online, 13.4.12

Was für eine Woche im bayerischen Wald! Am Dienstag haben Greenpeace-Aktivisten aus Protest gegen die illegale Bewirtschaftung der Wälder im bayerischen Spessart in einem Natura 2000-Schutzgebiet bei Aschaffenburg Baumsetzlinge ausgetauscht und die Douglasien als Beweismittel gesichert. Schon in den frühen Morgenstunden begannen sie damit, fast 2000 Nadelbaumsetzlinge der Baumart Douglasie durch junge Buchen zu ersetzen. Die Pflanzaktion dauerte bis zum Mittag und wurde natürlich von der Gegenseite mit wenig Begeisterung aufgenommen:
  • Die Bayerischen Staatsforsten reagierten am Mittwoch mit einer Presseerklärung auf die Aktion und empörten sich: “Greenpeace versündigt sich am Wald von morgen“, die Aktion sei “fachlich nicht haltbar, illegal und ideologisch motiviert”. Sie beharren weiterhin darauf, die Beimischung von Douglasien als Mischbaumart sei “angesichts des Klimawandels forstfachlich sinnvoll und rechtlich nicht zu beanstanden”.
  • Philipp zu Guttenberg, Präsident der Deutschen Waldbesitzerverbände (AGDW) erklärte: “Greenpeace verstößt dabei ganz bewusst gegen Eigentumsrechte.” Wenn sich der Präsident der privaten Waldbesitzer in die Debatte einmischt, sollte er allerdings im Blick haben, dass sich die Forderungen von Greenpeace auf ein europäisches Schutzgebiet im öffentlichen Wald in Bayern bezieht. Der ist Eigentum aller Bürger, und eben dieser Wald wird zerstört.
  • Der ehemalige bayerische Umweltminister Eberhard Sinner (CSU) sieht in der Douglasie eine “willkommene Ergänzung” im Spessart. Weniger willkommen ist ihm dagegen Greenpeace: er wirft Greenpeace vor, im Spessart einen “Green-War” – einen “Grünen Krieg” – zu führen. Wenn er damit auf die neu gepflanzten kleinen Buchen anspielt, soll es uns recht sein, auch wenn die noch etwas brauchen, bis sie ihre ersten Blätter zeigen.
Krieg, Sünde, Ideologie – scharfe Worte. Doch: Wer frei von Sünde ist, werfe den ersten Stein! Die Douglasien wurden angepflanzt, obwohl die Beimischung gegen das vorgesehene Schutzziel des Gebiets verstößt.

Bereits der Anbau weniger Douglasien gefährdet geschützte Laub- und Buchenwälder. Ihr schnelles Wachstum beeinträchtigt den ökologischen Wert der alten Laubwälder und das Landschaftsbild innerhalb weniger Jahrzehnte. Das vom Büro für angewandte Waldökologie im Auftrag von Greenpeace angefertigte Gutachten belegt eindeutig: “Eine Einbringung der Douglasie in die Buchenwälder verändert die Dynamik der Buchenwälder. Durch die Konkurrenzsituation der Douglasie zur Buche und deren Mischbaumarten, wird ein vermutlich vollkommen neues System aufgebaut, das auch eine neue interne Dynamik und Vegetationsstruktur entwickelt. Es zeigt, dass diese aktive Einbringung eine nachhaltige Veränderung des bodensauren Buchenwaldes bewirkt.”

So sieht das auch das Bundesamt für Naturschutz: “Der Anbau von Douglasien dient nicht dem Naturschutz. Daher sollte in vorrangig dem Naturschutz dienenden Gebieten (…) die Douglasie nicht angebaut werden.” Der Bund Naturschutz Bayern unterstützt Greenpeace ebenfalls und fordert, zehn Prozent der Wälder sich selbst zu überlassen.

Viele wunderten sich über die Aktion: Greenpeace-Aktivisten reißen Bäume aus? Wo sind die Douglasien abgeblieben? Doch Greenpeace als Umweltorgansisation wirft natürlich nicht einfach Bäume auf den Müll. Die Douglasien bekamen nach der Entnahme fachgerecht einem Wurzelschnitt und wurden gegossen.

Nachdem sich der erste Sturm gelegt hatte, lüfteten Greenpeace-Aktivisten zwei Tage später das Geheimnis.

Die Douglasien, sorgfältig eingepflanzt in Blumenkübel, wurden vor dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aufgebaut. Im Gepäck hatte Greenpeace neben den Setzlingen auch die EU-Beschwerde, die zusammen mit dem Gutachten und dem zeitgleich veröffentlichten Abschlussbericht an Minister Brunner überreicht werden sollte – mit dem Angebot, in einem Gespräch die Diskussionspunkte der letzten Wochen zu klären.

Gesche Jürgens war als Waldexpertin vor Ort: “Zunächst hieß es vom Ministerium, dass ein Vertreter aus dem Ministerbüro mit uns sprechen würde. Dann, man würde die Douglasien annehmen und durch die BaySF abholen lassen. Die Vertreter der BaySF wären dann auch unsere Ansprechpartner. Das wollten wir aber natürlich nicht und so wurde uns dann Herr Nüsslein (Referatsleiter F1, Forstpolitik und Umwelt) als Ansprechpartner genannt. Mit ihm haben wir dann auch länger gesprochen und unser Anliegen vorgebracht.”

Dann kamen die BaySF, der Forstbetriebsleiter Herr Seerieder mit seinen Azubis und einem kleinen Hänger, und haben die Douglasien in den Hänger geschmissen. Dabei zeigten sie eindeutig weniger Liebe zu den Douglasien, als die BaySF es bisher immer betont hatten.

Nachdem auch trotz mehrmaligen Vorbringen des Anliegens, mit Brunner persönlich zu sprechen, klar wurde, dass Brunner nur schriftlich reagieren, aber nicht rauskommen würde, fand eine offizielle Übergabe mit Herrn Nüsslein statt. Greenpeace überreichte ihm die Unterlagen mit der Bitte, sie persönlich bei Brunner abzugeben.

Dann hat das Schicksal doch noch eine neue Möglichkeit bereitet, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Hauses über die Aktion zu informieren: Es gab Feueralarm! Alle mussten das Gebäude verlassen und liefen den Greenpeace-Aktivisten direkt in die Arme. Leider hatte Brunner wohl einen Privatausgang, jedenfalls kam er nicht, um mit Greenpeace zu sprechen.

Brunner reagierte dann doch noch. Das Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) gab im Anschluss an die Aktion eine Pressemitteilung heraus und bafand Greenpeace sei „auf dem Holzweg“. Brunner bezeichnet die Vorwürfe von Greenpeace, die Pflanzung von Douglasien im Spessart verstoße gegen europäisches Recht, als “falsch und ideologisch motiviert”.

Da weder die BaySF noch Brunner bisher auf den eigentlichen Tatbestand – das Verbot von Kahlschlägen und Einbringen von Douglasien, also der illegalen Zerstörung alter Buchenwälder – eingegangen sind, hat Greenpeace die Europäische Union um Klärung des Sachverhalts gebeten.




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