Aktuell


Waldschutz in Deutschland

Kommunen wollen Nationalpark in Rheinland-Pfalz

Überwältigende Mehrheit stimmt für Waldschutz im Hunsrück

Von Marie Zender, Greenpeace-Online, 19.12.13

Es ist offiziell: Die Mehrheit der betroffenen Landkreise und Gemeinden hat für die Bewahrung alter Buchenwälder im Hunsrück entschieden. Damit steht dem Gesetzgebungsverfahren zur Etablierung des Nationalparks "Hochwald" nichts mehr im Wege.

Die wertvollen alten Buchenwälder Deutschlands sind bedroht. Wälder wurden privatisiert und genutzt, die Forstwirtschaft umstrukturiert und mächtig Holz eingeschlagen. Alles, um billig und schnell Holz zu liefern. Da kommt es passend zu Weihnachten, dass nun nach dem im November beschlossenen Nationalpark Schwarzwald auch der Pfalz und dem Saarland ein Nationalpark beschert werden soll. Das Gebiet im Westen des Hunsrücks erstreckt sich über 10.000 Hektar. "Greenpeace begrüßt, dass im Hunsrück ein Nationalpark "Hochwald" eingerichtet werden soll. Damit übernehmen die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und des Saarlands internationale Verantwortung für den Schutz alter Buchenwälder", kommentiert Greenpeace Waldexperte Martin Kaiser.

Fast die ganze regionale Bevölkerung stimmt zu

Das Abstimmungsverfahren läuft seit drei Monaten. In dieser Zeit stimmten 62 von 75 Ortsgemeinden sowie alle drei betroffenen Verbandsgemeinden für den "Hochwald". Gestern endete die Abstimmung mit der Fürsprache der Landkreise Trier-Saarburg und Birkenfeld. Das entspricht 80 Prozent der rheinland-pfälzischen durch die Gremien vertretenden Bürgerinnen und Bürger und 100 Prozent der saarländischen!

Am heutigen Donnerstag nahmen Ulrike Höfken, Umweltministerin von Rheinland-Pfalz und Anke Rehlinger, Umweltministerin des Saarlandes, den Auftrag für den grenzüberschreitenden Nationalpark in Neuhütten entgegen. "Die überwältigende, parteiübergreifende Zustimmung ist das Ergebnis eines einmaligen und vorbildlichen Beteiligungsprozesses", werden sie auf der Seite des Umweltministerium Rheinland-Pfalz zitiert. Das Projekt ziehe sich über die letzten zwei Jahre und sei von über 400 Terminen mit Bürgerarbeitskreisen Unternehmen, Verbänden und Initiativengeprägt gewesen.

Signal für den Waldschutz

Die Landesregierungen der beiden Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland verdienen Lob für die frühzeitige Miteinbeziehung der Bevölkerung in die Planung. 100.000 Menschen leben in dieser Region. Demokratische Einigkeit für den Waldschutz ist ein hervorragendes Signal für künftige Entscheidungen und andere Bundesländer.

"Nun müssen die Landesregierungen dafür sorgen, dass mindestens 75 Prozent der zukünftigen Nationalparkfläche der natürlichen Waldentwicklung überlassen werden", erklärt Kaiser. So wird der Nationalpark vorbildhaft in Deutschland und kann eine internationale Auszeichnung bekommen. "Waldnationalparks sind nicht nur wichtig für Luchs, Wildkatze, Mittelspecht und Halsbandschnäpper, sondern auch für eine nachhaltige Regionalentwicklung in strukturschwachen Räumen", so Kaiser.

Das Gesetzgebungsverfahren zur Einrichtung des "Hochwaldes" soll nächstes Jahr vollzogen werden, sodass im Frühjahr 2015 der 16. Nationalpark Deutschlands eingeweiht werden könnte.


Holzeinschlag im Spessart ohne Managementplan

Bayerische Staatsforsten gefährden alten Waldbestand

Von Marie Zender, Greenpeace-Online, 18.12.13

Die bayerische Staatsregierung missachtet den Waldschutz. Ohne Managementplan lässt sie ihre Bayerischen Staatsforsten (BaySF) alte Buchen fällen. Heute Morgen haben Greenpeace-Aktivisten damit begonnen, den Holzeinschlag in einem etwa 190 Jahre alten Buchenwaldgebiet im bayerischen Spessart zu dokumentieren.

Bei dem untersuchten Gebiet handelt es sich um den Forstbetrieb Rothenbuch in der Abteilung Sülzhöhe (goo.gl/maps/bpyAL). Gerade diese alten Buchenwälder sind in Deutschland äußert selten und ökologisch besonders wertvoll. Greenpeace fordert deshalb, sie aus der forstlichen Nutzung zu nehmen. Laut Bundesamt für Naturschutz (BfN) überschreiten nur noch weniger als ein Prozent der Buchenwälder in Deutschland ein Alter von 160 Jahren und sind daher besonders schutzwürdig.

Die Bundesregierung will bis 2020 zehn Prozent der öffentlichen Wälder unter Schutz stellen - ein Ziel, das auch für den Freistaat Bayern gilt. Er muss bis dahin zehn Prozent seiner Wälder aus der forstlichen Nutzung nehmen und der natürlichen Entwicklung überlassen. Aber die Landesregierung weigert sich offenkundig, dieser Pflicht nachzukommen. Ohne Managementplan ist nicht klar, wie der BaySF-Vorstand sicherstellen will, dass die europäischen Schutzziele erreicht werden. "Der Naturschatz Spessart geht Hieb um Hieb verloren", stellt Gesche Jürgens von Greenpeace fest.

Bayerische Staatsforsten müssen befristeten Einschlagstopp verhängen

Stattdessen schreibt der Vorstand der BaySF massiven Holzeinschlag vor und forciert damit die Beschädigung wertvoller Naturschätze, bevor sie geschützt werden können. Es muss ein Einschlagstopp für über 140 Jahre alte Wälder gelten. "Der Holzeinschlag in den alten Wäldern muss solange ruhen, bis Managementpläne für die europäischen Schutzgebiete vorliegen. Zudem müssen künftige Schutzgebiete auf zehn Prozent der Landeswaldfläche identifiziert und rechtlich abgesichert werden. Ministerpräsident Seehofer muss die Einrichtung neuer Schutzgebiete im Spessart umgehend anweisen", so Jürgens.


NABU-Rückblick auf „300 Jahre Nachhaltigkeit im Wald“

Positive Entwicklung im Jubiläumsjahr 2013
NABU fordert mehr qualifiziertes Forstpersonal in der Fläche


NABU Baden-Württemberg Pressemitteilung, 19.12.13

Stuttgart – Eine mit einigen Abstrichen positive Bilanz zieht der NABU Baden-Württemberg zum Ende des 300. Jubiläumsjahres der Nachhaltigkeit im Wald. „Der Staatsforst hat im Jubiläumsjahr einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Naturnähe getan. Mehr Transparenz, keine Kahlschläge mehr, die FSC-Zertifizierung kurz vor dem Abschluss und der erste Nationalpark – das alles kann Minister Bonde auf der Habenseite verbuchen“, sagt der NABU-Landesvorsitzende Andre Baumann. „Mit roter Tinte verzeichnen wir jedoch die zu starke Ausrichtung von ForstBW an ökonomischen Kriterien und die alles andere als nachhaltige Personalpolitik: Beim Forstpersonal wird mehr eingeschlagen als nachwächst.“

1713 hat Hans Carl von Carlowitz den Begriff „Nachhaltigkeit“ für die Forstwirtschaft geprägt. Weniger einzuschlagen als nachwächst – das ist noch immer eine eingängige Beschreibung der Nachhaltigkeit. Sie greife jedoch viel zu kurz, sagt Baumann: „Beim Thema Nachhaltigkeit ist es nicht mit der reinen Mengenlehre getan. Es geht vor allem um die Qualität der Waldbewirtschaftung – um den Ausgleich von ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen.“ Es gelte, die vielfältigen Funktionen der Wälder als Wirtschafts-, Erholungs- und Lebensraum unter einen Hut zu bringen. In ökologischer Hinsicht gehe es darum, sowohl Holz als nachwachsenden Rohstoff zu nutzen als auch die waldtypische Artenvielfalt zu sichern. „Ein Wald ohne Juchtenkäfer, Schwarzstorch, Tannenstachelbart und Bechsteinfledermaus ist nur ein halber Wald“, sagt Baumann plakativ.

Der NABU ist zuversichtlich, dass das Land seinen Staatswald zunehmend nachhaltig bewirtschaftet. Ein Meilenstein auf diesem Weg war 2013 etwa die Einrichtung des Nationalparks Schwarzwald. Sie ermöglicht, dass sich der Wald auf rund 10.000 Hektar natürlich entwickelt, woraus auch für die Waldbewirtschaftung viel zu lernen sei. Herausragend ist aus Sicht der Naturschützer der Erlass, dass in landeseigenen Buchenwäldern keine kahlschlagähnlichen Räumungen mehr erlaubt sind – eine Verbesserung, für die der NABU lange gestritten hatte. Da das Land die Zertifizierung des Staatswaldes mit dem Nachhaltigkeitssiegel FSC engagiert vorbereitet hat, gehen die Naturschützer davon aus, dass das Siegel im Frühjahr 2014 vergeben werden kann – auch das sei ein Erfolg und war vom NABU jahrelang gefordert worden.

Positiv erkennt der NABU zudem an, dass ForstBW sich 2013 um mehr Transparenz bemüht hat: So informiert der Staatsforstbetrieb nun detailliert im Internet über sein Vorgehen. Auch bei der Erarbeitung der neuen „Gesamtkonzeption Waldnaturschutz“ und bei der Überarbeitung der Waldbewirtschaftungsrichtlinie habe das Land erfolgreich auf Transparenz und Bürgerbeteiligung gesetzt. „Diese Öffnung nach Außen ist im Forst ein Paradigmenwechsel. Das tut dem Wald und der Gesellschaft gut“, sagt Baumann.

Damit die neuen Waldbaurichtlinien und der Waldnaturschutz erfolgreich umgesetzt werden, fordert der NABU, dass die Förster vor Ort durch zusätzliche Fachleute unterstützt werden – und zwar nicht einmalig, sondern dauerhaft. „In anderen Bundesländern gibt es bereits sogenannte Waldbautrainer. Wir fordern für unseren Wald jedoch Leute, die das gesamte Ökosystem im Blick haben und sich sowohl um Naturschutzbelange als auch um den wirtschaftlichen Waldbau kümmern und ihre Förster-Kollegen bei der Umsetzung fachlich unterstützen“, erklärt der NABU-Landeschef. Zudem brauche es genügend qualifizierte Waldarbeiter, die einen anspruchsvolleren Waldbau umsetzen können.

Zugleich appelliert Baumann an die Landesregierung, das Forstpersonal nicht weiter ausbluten zu lassen. Die grün-rote Landesregierung müsse den von früheren CDU-Forstministern begonnenen Personalabbau im Forst stoppen. „Unsere Förster müssen immer größere Reviere betreuen, obwohl von Jahr zu Jahr neue Aufgaben hinzukommen. Darunter leidet die Qualität – und zwar massiv. Das kann weder das Ziel von Forstminister Alexander Bonde noch von Finanzminister Nils Schmid sein. Wir brauchen endlich wieder junge, qualifizierte Förster, die die verdienten Forstleute ersetzen, wenn sie in den Ruhestand gehen.“ 24 Prozent der Waldfläche Baden-Württembergs sind im Eigentum des Landes und werden von staatlichen Förstern bewirtschaftet.

Eine zentrale Herausforderung des gesamten Forstpersonals sieht der NABU darin, die europäische Naturschutzkonzeption Natura 2000 umzusetzen. Diese muss aus Sicht des NABU ein zentrales Element in der Gesamtstrategie Waldnaturschutz sein.

Hintergrundinfo: 300 Jahre Nachhaltigkeit nach Hans Carl von Carlowitz (1713)

Vor 300 Jahren hat der Bergmann Hans Carl von Carlowitz erstmals das Prinzip der Nachhaltigkeit formuliert. Vor dem Hintergrund eines anhaltenden Raubbaus an den Mittelgebirgswäldern forderte er eine „continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung“ der Wälder. Nur so viel Holz dürfe entnommen werden, wie nachwachse. Damit war der Nachhaltigkeitsgedanke in der Forstwirtschaft geboren. Spätestens seit dem Brundtland-Bericht 1987 und der Weltumweltkonferenz in Rio de Janeiro 1992 umfasst Nachhaltigkeit jedoch auch soziale und ökologische Aspekte und steht für eine Lebens- und Wirtschaftsweise, die den Bedürfnissen der jetzigen Generation dient, ohne damit die Entwicklungsmöglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden.




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