Aktuell


Genmais zugelassen

NABU: Zulassung von Genmais 1507 gefährdet Artenvielfalt

Tschimpke: Enthaltung Deutschlands ist unverantwortlich

NABU Pressemitteilung, 11.2.14

Berlin – Der NABU kritisiert die angekündigte Enthaltung Deutschlands bei der heutigen Abstimmung der EU-Europaminister zum Genmais 1507. Der NABU warnt ausdrücklich vor den Gefahren, die von dem gentechnisch veränderten Mais und seiner Herbizidresistenz für die Artenvielfalt ausgehen. Der Mais wurde gentechnisch verändert, um ihn resistent gegen das Breitbandherbizid Glufosinat zu machen. Gleichzeitig sondert er in allen Pflanzenteilen von der Wurzel bis zum Pollen Toxine ab, die gegen den Fraßschädling, die Raupen des Maiszünslers, giftig wirken. „Wenn der Mais in Deutschland angebaut wird, steigt automatisch der Einsatz von Glufosinat. Dieses Unkrautbekämpfungsmittel gehört zur Gruppe besonders gefährlicher Pestizide, die 2017 nach dem Willen der EU-Kommission aus dem Verkehr gezogen werden sollen. Vor diesem Hintergrund ist es vollkommen unverständlich, warum sich Deutschland in der Abstimmung enthält und einer europäischen Zulassung somit nichts entgegensetzt“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Das Gremium der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) für gentechnisch veränderte Organismen hatte zuvor in mehrmaligen Bewertungen keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf die Umwelt festgestellt. „Allerdings greift die Bewertung der EFSA viel zu kurz. Wie empfindlich die geschützten Schmetterlinge in Europa gegenüber den Bt-Toxinen des Maises 1507 wirklich sind, ist nicht bekannt. Ebenso wenig wurden die Effekte auf den Boden oder andere wildlebende Bestäuber abgeschätzt“, sagte NABU-Expertin Steffi Ober.

Vor allem jedoch kritisiert der NABU, dass die Auswirkungen des Einsatzes von Glufosinat in Kombination mit dem Maisanbau nicht berücksichtigt wurden. Die Hintertür der EU – die sogenannte Opt-out Regel, die es den Regionen erlaubt, den Anbau für gentechnisch veränderte Pflanzen zu verbieten – sei keine Lösung. Viele Bundesländer haben Ländergrenzen, die quer durch Feld und Flure gehen. „Ein generelles Anbauverbot in der EU für Mais 1507 ist die einzig praktikable Möglichkeit, um die bedrohte Vielfalt in der Natur zu schützen“, so Ober.


Bundesregierung verschuldet Genmais-Zulassung

BUND-Vorsitzender Hubert Weiger: "Armutszeugnis für Große Koalition"

BUND Pressemitteilung, 11.2.14

Brüssel/Berlin: Das heutige Abstimmungsverhalten von Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich in Sachen Pioneer-Genmais-1507-Zulassung ist für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nicht nachvollziehbar.

"Die Bundesregierung hat auf ganzer Linie versagt. Obwohl überwältigende Mehrheiten der Verbraucher und der Bundesländer Gentechnik in der Landwirtschaft ablehnen, obwohl die SPD und große Teile der CSU, das Bundeswirtschafts- und das Bundesumweltministerium gegen den Anbau des Genmais 1507 sind, stimmte Deutschland in Brüssel nicht dagegen", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

"Das ist ein Armutszeugnis für die Große Koalition und ein Affront gegenüber allen Verbraucherinnen und Verbrauchern, die Gentechnik auf Äckern und Tellern ablehnen", so Weiger.

Der BUND-Vorsitzende warf Agrarminister Hans-Peter Friedrich eine Täuschung der Öffentlichkeit vor: "Das Friedrich-Versprechen von nationalen oder bundesländerbezogenen Genmais-Verboten ist eine Mogelpackung. Dafür gibt es auf EU-Ebene keinerlei rechtliche Grundlage. Wenn Friedrich es mit dem Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft in Deutschland ernst meint, muss er für einen ausreichenden Abstand zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen und solchen, auf denen keine Gentech-Pflanzen wachsen, sorgen."

Erforderlich seien außerdem ausreichende Abstände von Gentech-Feldern zu Bienenstöcken. Diese müssten sich am Flugradius von Bienen orientieren. Dazu gebe es auch einen einstimmigen Bundesrats-Beschluss vom November 2012, der bisher nicht umgesetzt worden sei. Weiger forderte außerdem fraktionsübergreifende Initiativen im Deutschen Bundestag gegen die Gentechnik.

"Die Bundesregierung behauptet fälschlicherweise, es habe keine Rolle gespielt, ob sich Deutschland in der Abstimmung zur Zulassung des Gentech-Maises enthalten oder ob es dagegen gestimmt hätte", sagte die BUND-Gentechnikexpertin Heike Moldenhauer. Die erforderliche Mehrheit von 260 gezählten Stimmen gegen den Genmais-Anbau sei zunehmend greifbarer geworden. Hätte auch Deutschland den Anbau abgelehnt, wäre es für die EU-Kommission schwerer, eine Zulassung von Genmais 1507 gegen eine Mehrheit der Mitgliedstaaten durchzusetzen.


Deutliche Mehrheit gegen Gen-Mais 1507 reicht nicht für Ablehnung

Von Cora Gebel, Greenpeace-Online, 11.2.14

In der Abstimmung über den Gen-Mais 1507 auf dem Rat für Allgemeine Angelegenheiten in Brüssel hat es heute keine „qualifizierte Mehrheit“ für oder gegen die Anbauzulassung gegeben. Dennoch fiel das Votum mehrheitlich gegen den umstrittenen Gen-Mais aus: 19 von 28 Ländern stimmten gegen 1507, nur fünf mit Ja.

Ökologische und ökonomische Risiken, politische und legale Gründe sowie Zweifel am allgemeinen Nutzen von 1507 wurden von den mit Nein stimmenden Mitgliedsstaaten in der Diskussion genannt. Ein deutlicheres Bild wurde durch Deutschland verhindert. Wie zuvor angekündigt gab es eine deutsche Enthaltung, die in der Konsequenz einem Ja entspricht. Die Entscheidung liegt nun bei der Europäischen Kommission, die zuvor bereits angekündigt hatte, den Mais im Zweifel zuzulassen – und Enthaltungen als Ja-Stimmen zu werten."

Die Haltung der Bundesregierung zur Gentechnik ist widersprüchlich und feige. Während der zuständige Landwirtschaftsminister sich klar gegen Gen-Mais ausspricht, drückt die Kanzlerin eine Enthaltung durch, die neutral aussieht, aber de facto die Chemie- und Agrarkonzerne hofiert," sagt Dirk Zimmermann, Gentechnik-Experte von Greenpeace. "Die Bundesregierung hat sich mit ihrer Enthaltung gegen den Willen der Bevölkerung und auf die Seite der Agrochemieindustrie gestellt."

In einer Greenpeace-Umfrage hatten sich zuletzt 88% der Befragten gegen den Anbau von Gen-Pflanzen und eine Zulassung für 1507 ausgesprochen. In der Bundesregierung überwiegen zwar die gentechnik-kritischen Meinungen, die Bundeskanzlerin ist jedoch eine Befürworterin der Agro-Gentechnik und hat die deutsche Enthaltung durchgesetzt. Auf die Verantwortung der Kanzlerin wiesen Greenpeace-Aktivisten am heutigen Morgen in Berlin hin. An das Bundeskanzleramt projizierten sie am frühen Morgen die unmissverständliche Botschaft "Gen-Mais geht gar nicht, Frau Merkel!"

Sollte es zeitnah zur Zulassung von 1507 kommen, wird wohl nur in Spanien schon 2014 der Anbau möglich sein. In Deutschland sind keine geprüften Sorten vorhanden. Spätestens 2015 droht die Renaissance der Gen-Pflanzen auf dem Acker aber ganz konkret – und stellt die Bundespolitik vor neue Herausforderungen. „Wenn die EU-Kommission den Gen-Mais zulässt, muss Minister Friedrich zu seinem Wort stehen. Er muss den Anbau in Deutschland durch ein nationales Anbauverbot verhindern. Nur so ist sichergestellt, dass diese Pflanze nicht auf unsere Äcker kommt“ sagt Zimmermann.




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