Aktuell


Bedrohte EU-Naturschutzgebiete

Autobahn statt Naturschutz

Rechtsgutachten: In 27.000 Schutzgebieten droht jahrelanger Stillstand
Rund 2.800 deutschen Naturgebieten fehlt Schutz nach EU-Recht
EU-Naturschutzgesetze werden zur „Lame Duck“


WWF-Pressemitteilung, 21.5.16

Über 27.000 Naturschutzgebiete in Europa sind bedroht. Zu diesem Ergebnis kommt ein von der Naturschutzorganisation WWF beauftragtes Rechtsgutachten. Der Grund: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat einen „Fitness-Check“ der beiden entscheidenden EU-Naturschutzrichtlinien angeordnet. Derzeit werden die mögliche „Verschmelzung“ und „Modernisierung“ der Vogelschutz- und der Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Richtlinie geprüft. Laut WWF-Einschätzung droht eine europaweite Abschwächung von Naturschutzvorgaben zugunsten von Infrastrukturprojekten und Wirtschaftsinteressen.

„Europas Naturschutz darf nicht unter dem Vorwand der Modernisierung zugunsten der Wirtschaft abgeschwächt werden“, so Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. Auf Grundlage des juristischen Gutachtens des Instituts für Naturschutz und Naturschutzrecht in Tübingen befürchtet man beim WWF eine massive Schwächung der Vorschriften zum Schutz von Arten, Lebensräumen und Schutzgebieten in der EU – mit unabsehbaren Konsequenzen für bedrohte Tiere und Pflanzen. Naturschutzerfolge aus 20 Jahren würden leichtfertig aufs Spiel gesetzt, so der Vorwurf.

Anstatt sich in kostspieligen Reformen zu verlieren sollten, so die WWF-Forderung, die EU-Staaten damit anfangen die Gesetzestexte konsequent mit Leben zu füllen. Leider sei hier auch Deutschland kein Musterschüler: Für nahezu 2.800 von 4.700 Schutzgebieten fehlt es laut WWF immer noch ein rechtlicher Schutz entsprechend der Richtlinien. Dabei ist eine entsprechende sechsjährige Frist bereits 2010 ausgelaufen. Aufgrund der Versäumnisse wurde 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet.

Besonders gefährlich wäre dem Gutachten zufolge eine Abschaffung der „ Alternativenprüfung“. Laut derzeit geltendem Recht darf ein Mitgliedstaat beispielsweise eine neue Autobahn, die ein Schutzgebiet schädigt, nicht bauen, wenn schonendere Alternativen möglich sind. Sollte dieser Paragraph fallen, könnten zukünftig wirtschaftliche Interessen immer vor Naturschutzbelange gestellt werden. Der Druck auf Naturschutzgebiete durch Infrastruktur- und Baumaßnahmen würde merklich zunehmen. Im schlimmsten Fall könnte das gesamte europäische Schutzgebietsnetz, das weltweit größte seiner Art, dadurch zu Schaden kommen. „Die Zerstörungen des europäischen Naturerbes droht wieder zur Tagesordnung zu werden und der erfolgreich begonnene Schutz, etwa für Moore, Sümpfe, Seen und artenreiches Grünland, würde zunichte gemacht“, so Heinrich.

Laut WWF wird die EU-Kommission noch in 2016 verkünden, ob die Richtlinien überarbeitet werden sollen. Doch selbst wenn die Vorgaben während des Reformprozesses nicht abgeschwächt würden, drohe dem Naturschutz für die Zeit des aufwendigen, rund fünfjährigen Gesetzgebungsverfahrens der Stillstand. Zwar blieben die Richtlinien bis zum Beschluss neuer Gesetze in Kraft, de facto würden die Vorschriften jedoch zu einer „Lame Duck“, so der WWF. Die ohnehin schleppend verlaufenden Ausweisungen von Schutzgebieten und Managementprozessen vor Ort würden sich weiter verlangsamen oder komplett auf Eis gelegt. Der derzeit immer noch bestehende Negativtrend von Europas biologischer Vielfalt würde anhalten und der Zustand vieler seltener Arten wie etwa Fischotter, Kegelrobbe, Laubfrosch oder Rotmilan würde sich verschlechtern statt verbessern.


Bialowieza: Sorge um Polens Urwald

Wisente streifen frei herum, ebenso Luchse, Elche, Wölfe: Der Bialowieza in Polen ist ein nahezu unberührtes Stück Wildnis in Europa. Doch Polens Regierung schielt auf das wertvolle Holz.

(AP) - 22. Mai, 2016

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/bialowieza-sorge-um-polens-urwald-a-1093528.html


Forschung zum Schutz der Artenvielfalt

Am 22. Mai ist der Internationale Tag der biologischen Vielfalt. Auch in Deutschland geht die Artenvielfalt zurück: Ein Viertel der Pflanzen- und ein Drittel der Tierarten sind gefährdet. Forschung kann dazu beitragen, diese Entwicklung aufzuhalten.

BMBF Pressemitteilung, 20.5.16

Tiere und Pflanzen sind zusammen das, was wir "biologische Vielfalt" nennen. An vielen Orten unseres Planeten ist diese Vielfalt aber bedroht. Die Ursache dafür ist zumeist der Mensch: Die Zerstörung von Lebensräumen, die Übernutzung von Ressourcen oder der Klimawandel können dazu führen, dass Tierarten und Pflanzenarten aussterben.

Auch in Deutschland macht sich der Rückgang der biologischen Vielfalt bemerkbar. Ein Viertel der Pflanzen- und ein Drittel der Tierarten sind gefährdet. Das langsame Verschwinden der Heilpflanze Arnika zeigt, dass menschliche Eingriffe unsere Umwelt langfristig verändern und sogar bedrohen können.

Beliebt und bedroht: die Heilpflanze Arnika

Die Arnika mit ihren leuchtend-gelben Blütenköpfen ist eine seit alters her genutzte Heilpflanze und Bestandteil unserer Kulturlandschaft. In den letzten 20 Jahren ist der Bestand in Deutschland und Europa jedoch drastisch zurückgegangen. Dringender Handlungsbedarf besteht, damit Arnika und auch ihr Lebensraum nicht vollkommen verschwinden.

Mit dem Projekt „ArnikaHessen“ soll der Bestand der Pflanze wieder stabilisiert werden. Dafür arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Botanischen Gartens in Marburg, die Arbeitsgruppe Pflanzenökologie und Naturschutz der Hochschule Geisenheim und die Arbeitsgruppe Naturschutzbiologie der Universität Marburg als Kooperationspartner zusammen.

Als Ergebnis der Forschung soll ein Managementkonzept stehen, welches von der Modellregion Hessen auf andere Gebiete Deutschlands übertragen werden kann. Die Arbeit für das Projekt bringt außerdem die Menschen vor Ort zusammen, um auch nach Projektende im Jahr 2020, die Pflege und den Schutz der Arnika und ihrer Lebensräume nachhaltig zu sichern.

Forschung für den Erhalt der Vielfalt

Das Verbund-Vorhaben wird im Rahmen der gemeinsamen Förderinitiative vom Bundesforschungsministerium und vom Bundesumweltministerium im Rahmen der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ (NBS) gefördert.

Mit dem Ziel, bis zum Jahr 2020 den Rückgang der biologischen Vielfalt aufzuhalten, haben beide Ressorts ihr Engagement für den Schutz der Arten mit dieser Strategie gebündelt. Nur so können die lebenswichtigen Ökosysteme unseres Planeten nachhaltig bewahrt werden.

Europäische Zusammenarbeit

Wie weit der Verlust an Arten schon fortgeschritten ist, lässt sich nur empirisch feststellen. Eine Vielzahl weiterer vom Bundesforschungsministerium geförderter Forschungsvorhaben sammeln und bündeln wissenschaftliche Daten zu Pflanzen, Tieren und Pilzen –so auch im Projekt „German Barcode of Life“. Das Projekt verfolgt das Ziel die Artenvielfalt in Deutschland anhand ihres genetischen DNA-Barcodes, das heißt ihres Fingerabdrucks, zu erfassen. Gemeinsam mit anderen internationalen Forschungseinrichtungen soll auf diese Weise eine „Bibliothek des Lebens“ aufgebaut werden. Bis heute sind weltweit rund 4,6 Millionen DNA Barcodes von etwa 250.000 beschriebenen Arten von Pflanzen, Pilzen und Tieren in der Datenbank erfasst.

Der Erhalt der Artenvielfalt ist eine Herausforderung, vor der die globale Gemeinschaft steht. Deshalb gewinnen europaweite Forschungsansätze immer mehr an Bedeutung – ein Beispiel dafür ist das Netzwerk „BiodivERsA“, einem Verbund europäischer Forschungsförderer, die gemeinsam Projekte zum Schutz der Artenvielfalt unterstützen. Für dieses Netzwerk engagieren sich auf deutscher Seite sowohl das Bundesforschungsministerium als auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).




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