Aktuell


Mehr Wintervögel

NABU und LBV: Wieder mehr Wintervögel - insgesamt aber rückläufiger Trend

Mit über 136.000 Teilnehmern neuer Rekord bei der Stunde der Wintervögel

NABU Pressemitteilung, 12.2.18

Berlin – Nach den sehr niedrigen Zahlen im vergangenen Winter haben sich in diesem Jahr wieder mehr Wintervögel in Deutschlands Gärten und Parks eingefunden. Das hat die gemeinsame Zähl-Aktion von NABU und seinem bayerischen Partner Landesbund für Vogelschutz (LBV), die Stunde der Wintervögel, ergeben, deren Endergebnis an diesem Montag vorgestellt wurde. Über 136.000 Vogelfreunde haben sich an der Aktion beteiligt und Zählungen aus über 92.000 Gärten übermittelt – ein neuer Rekord. Damit konnte die bisherige Höchstzahl von knapp 125.000 aus dem Vorjahr übertroffen werden.

„Im vergangenen Winter hatten die Teilnehmer 17 Prozent weniger Vögel gemeldet als im Schnitt der Jahre zuvor“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller, „Zum Glück hat sich dieses erschreckende Ergebnis nicht wiederholt. Im Vergleich zum Vorjahr wurden wieder elf Prozent mehr Vögel gesichtet.“ 2018 wurden rund 38 Vögel pro Garten gemeldet, im vergangenen Jahr waren es nur 34 Vögel. 2011 waren bei der ersten Stunde der Wintervögel aber noch 46 Vögel pro Garten gemeldet worden. „Die höheren Zahlen in diesem Jahr können darum nicht darüber hinwegtäuschen, dass seit Jahren ein kontinuierlicher Abwärtstrend festzustellen ist“, so Miller. „Der Rückgang häufiger Arten ist in vielen europäischen Ländern ein ernstes Problem und zeigt sich offensichtlich auch bei den Wintergästen in unseren Gärten.“ Seit Beginn der Wintervogelzählungen im Jahr 2011 seien die Gesamtzahlen gemeldeter Vögel um 2,5 Prozent pro Jahr zurückgegangen.

„Überlagert wird dieser langjährige Trend jedoch durch die Auswirkungen jährlich unterschiedlicher Witterungs- und Nahrungsverhältnisse“, so NABU-Vogelschutzexperte Marius Adrion. Grundsätzlich kämen in milderen Wintern, wie den letzten beiden, weniger Vögel in die Gärten, da sie auch außerhalb der Siedlungen noch genug Nahrung fänden. Dennoch fehlten im letzten Jahr viele Meisen und waldbewohnende Finkenarten, während sie in diesem Winter wieder in gewohnter Anzahl gesichtet wurden. „Erklären lässt sich dies vermutlich durch das von Jahr zu Jahr sehr unterschiedliche Angebot an Baumsamen in den Wäldern – nicht nur bei uns, sondern auch in den Herkunftsgebieten dieser Vögel in Nord- und Osteuropa. Je weniger Samen, desto größer der Zuzug von Vögeln aus diesen Regionen zu uns und desto eher nehmen diese Vögel naturnahe Gärten und Vogelfütterungen dankbar an“, so Adrion.

In der Rangliste der häufigsten Wintervögel haben sich Kohl- und Blaumeise den zweiten und dritten Platz hinter dem Haussperling zurückerobert.

Hauben- und Tannenmeisen kamen im Vergleich zu 2017 sogar doppelt bis dreimal so häufig in die Gärten. Auch andere typische Waldvögel, wie Kleiber, Gimpel, Buntspecht und Eichelhäher wurden häufiger gemeldet. „Unsere größte Finkenart, der Kernbeißer, wurde besonders oft in Westdeutschland und Thüringen beobachtet“, sagt Adrion.

Entgegen dem insgesamt abnehmenden Trend der Wintervögel konnte bei einigen Vogelarten, die Deutschland im Winter üblicherweise nur teilweise verlassen, ein deutlicher Trend zu vermehrten Überwinterungen in Deutschland festgestellt werden. Bestes Beispiel ist der Star, Vogel des Jahres 2018. Mit 0,81 Individuen pro Garten erzielte er in diesem Jahr mit Abstand sein bestes Ergebnis. Statt wie früher in jedem 25. Garten wird er inzwischen bereits in jedem 13. Garten auch bei der Winterzählung angetroffen. Auch bei den Teilziehern Ringeltaube und Heckenbraunelle zeigt sich eine ähnliche Entwicklung. Diese Arten reagieren damit auf die vermehrten milden Winter, die ihnen eine Überwinterung näher an ihren Brutgebieten ermöglicht.

Der Haussperling konnte auch 2018 seinen Platz als häufigster Gast am Futterhaus verteidigen. Unter den Top Ten der häufigsten Wintervögel hat die Amsel am stärksten verloren. Fast ein Drittel weniger Amseln als im Vorjahr wurden beobachtet. Damit rutschte sie von Platz zwei auf Platz fünf ab. „Ein Grund dafür könnte der für diese Vögel tödliche Usutu-Virus sein, der in den Jahren 2016 und 2017 zu Ausbrüchen in immer mehr Teilen Deutschlands geführt hat“, so Adrion. „Hier wartet der riesige Datenschatz der Stunde der Wintervögel aber noch auf eine genauere Analyse.“


Hoffnung für Braunkehlchen

WWF Pressemitteilung, 13.2.18

Auf ökologisch bewirtschafteten Flächen reichen bereits einfache Schutzmaßnahmen, damit der Vogelnachwuchs zahlreich überlebt. Das ist das Ergebnis von Untersuchungen im Rahmen des Projekts „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ an Braunkehlchen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Der einst weit verbreitete Singvogel gilt in Deutschland nach Roter Liste als stark gefährdet. Laut Bundesamt für Naturschutz nahm sein Bestand zwischen 1990 und 2013 um 63% ab. Auf mehreren Biopark-Betrieben gelang es nun, den Bruterfolg fast zu verdoppeln. Markus Wolter, Referent Landwirtschaft des WWF Deutschland, freut sich: „Wir haben einen Rettungsanker für stark gefährdete Vogelarten gefunden – Ökolandbau ist die Basis für aktiven Vogelschutz und mit kleinen Extras lässt sich ganz viel für die Tiere erreichen.“

Die bodenbrütenden Braunkehlchen sind im Grünland vor allem beim Mähen der Wiesen gefährdet, aber auch durch Beweidung an den Nistplätzen oder der Pflege von Gräben und Böschungen. Auf mehreren Projektbetrieben setzten die Biopark-Landwirte auf bewirtschafteten Grünlandflächen einfache Schutzmaßnahmen um. So wurden kleinflächige Schutzzonen abgesteckt und beim Mähen oder der Beweidung ausgespart. Von April bis Mitte Juli blieb ein zehn Meter breiter Streifen am Feldrand stehen oder es wurde eine Ecke der Weide abgezäunt. Grabenböschungen, die als Brutplatz dienten, wurden in der Brutzeit nicht gemäht. An einigen Orten stellten Vogelkundler sogenannte Jagdwarten ins Gelände, also zusätzliche Sitzstäbe für die Vögel. Bei den 144 Brutstätten ohne Schutzmaßnahmen flogen aus 45% der Nester Jungvögel aus. Durch die Maßnahmen (37 Brutstätten) wurde der Nesterfolg auf 84% erhöht. Da die meisten Maßnahmenflächen klein sind und am Feldrand liegen, ist der Ernteausfall der Landwirte in der Regel gering. Einige der zeitweilig nicht bewirtschafteten Flächen wurden durch Agrarumweltprogramme gefördert.

Die Erhebung ist Teil des Projekts „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ (LfA) von WWF, EDEKA, Biopark und dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF e.V.). Im Auftrag des WWF haben Wissenschaftler des ZALF acht ökologisch bewirtschaftete Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg untersucht. Die Öko-Betriebe bewirtschaften ihre Flächen ohne Einsatz von mineralischem Stickstoffdünger und chemisch-synthetischen Pestiziden. Das Grünland wird von Mutterkühen und ihren Kälbern beweidet. Dadurch gibt es eine hohe Artenvielfalt von Pflanzen und Insekten, was wiederum viele Vögel anlockt, die sich und ihren Nachwuchs von den Insekten ernähren.

Immer seltener hört man fröhliches Zwitschern und Tirilieren auf deutschen Äckern und Feldern. Bekannte Singvögel gehen stark zurück. „Noch ist eine Trendwende möglich, wenn es gelingt, die Fläche des Ökolandbaus schnell erheblich auszuweiten. Deutschland muss sein Ziel, 20% der Landwirtschaftsfläche auf Ökolandbau umzustellen, schnellstmöglich erreichen. Wir brauchen außerdem ein Aus für Neonikotinoide, mit denen Saatgut behandelt wird. Sie stehen in Verdacht, das Bienen- und Insektensterben mit zu verursachen – die Nahrungsgrundlage der Vögel“, so Wolter.




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