Aktuell


Bilanz UN-Biodiversitätskonferenz

Showdown in Hyderabad: Finanzierung wird bis 2015 verdoppelt

EU und Entwicklungsländer einig bei der Finanzierung der Biodiversität
WWF lobt CBD-Abschluss


WWF Pressemitteilung, 20.10.12

Nach Informationen der Umweltschutzorganisation WWF war es ein zähes Ringen um die Finanzierung des Masterplans zum Schutz der Biologischen Vielfalt war am Abschlusstag der UN-Konferenz CBD in Hyderabad. „Nachdem die Verhandlungen langwierig um verschiedene Finanzierungsoptionen kreisten, wurde schließlich in einer langen Nachtsitzung ein passabler Kompromiss gefunden“, lobt Günter Mitlacher das Resultat, der für den WWF Deutschland vor Ort in Hyderabad ist.

Das Ergebnis zur Finanzierung des Masterplans des Übereinkommens über die biologische Vielfalt CBD ist ein guter Fortschritt angesichts der schwierigen Finanzsituation vieler EU-Länder und anderer Industriestaaten wie der Schweiz, Canada und Japan. Demnach sollen die Finanzflüsse von „Nord nach Süd“ bis 2015 verdoppelt werden, und danach bis 2020 stabil bleiben. Dies bedeutet zunächst eine effektive Steigerung von rund 5 Milliarden US-Dollar an öffentlichen Geldern über fünf Jahre verteilt. Im Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2010 wurden über die bilaterale und multilaterale Entwicklungshilfe bereits rund 5 Milliarden US-Dollar für neue Nationalparks, Waldschutzgebiete und nachhaltige Landnutzungsprojekte ausgegeben, die vielfach auch dem Klimaschutz dienen. „Mit dem zusätzlichen Geld kann die chronische Unterfinanzierung ein gutes Stück gemildert werden. Nach WWF-Berechnungen müssten jedoch mindestens 15 Milliarden US-Dollar pro Jahr in den Ökosystemschutz investiert werden,“ stellt Günter Mitlacher fest.

Ausdrücklich begrüßt der WWF das Verhandlungsergebnis zum Meeresschutz. Demnach wurden die von Wissenschaftlern bisher in der Karibik und dem westlichen Atlantik sowie dem südwestlichen Pazifik beschriebenen 48 ökologisch bedeutsamen Meeresgebiete von den Vertragsstaaten akzeptiert. Informationen zu diesen Gebieten werden über eine Datenbank der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nun soll die UN-Vollversammlung aufgefordert werden, entsprechende Schutzmaßnahmen für die betreffenden Regionen, viele davon liegen in internationalen Gewässern, zu ergreifen.

Die Rolle der Global Environment Facility (GEF)

Die Global Environment Facility (GEF) ist der Finanzierungsmechanismus der Biodiversitätskonvention und spielt eine besondere Rolle in der Finanzierung der Ziele der Biodiversitätskonvention. Erstmalig wurde von einem Expertenteam, an dem auch WWF-Vertreter teilnahm, der Finanzierungsbedarf errechnet, der notwendig ist, um im Zeitraum 2014-2018 die Erfüllung der Aichi Ziele wesentlich zu unterstützen. Die vorgelegten Szenarien gehen von mindestens fünf Milliarden US-Dollar bis maximal 29 Milliarden US-Dollar aus. Die Entwicklungsländer wollen, dass die Industrienationen mindestens fünf Milliarden US-Dollar bereitstellt, was bei den Geberländern, u.a. der EU, Canada, Japan und der Schweiz auf heftigen Widerstand stieß. Sie wollen keine Zahlen in den Vorgaben an die Geberländer sehen und die Diskussion um die Finanzierung den entsprechenden Geber-Ländern überlassen. Man einigte sich schließlich darauf, den Expertenbericht zur intensiven Beratung an die GEF weiterzuleiten. Deutschland ist neben den USA und Japan das drittgrößte Gerberland in der GEF.


Hoffnung für den Artenschutz: Weltgemeinschaft gibt Geld für bedrohte Tiere, Pflanzen und Lebensräume

BUND Pressemitteilung, 20.10.12

Berlin/Hyderabad: Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sind die bei der 11. UN-Biodiversitätskonferenz im indischen Hyderabad beschlossenen zusätzlichen Finanzmittel "ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“ für die Umsetzung der dringend notwendigen Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt bis 2020. Die Vertragsstaaten einigten sich darauf, dass die Industrieländer ihre Naturschutzhilfen für ärmere Länder bis 2015 auf rund 7,7 Milliarden Euro pro Jahr verdoppeln werden.

Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender: "Mit den zugesagten Geldern und den Einzelbeschlüssen aus Hyderabad gibt es noch eine Chance, den Arten- und Lebensraumverlust bis 2020 zu stoppen. Allerdings müssen die bisher gefassten Beschlüsse, beispielsweise zum Abbau umweltschädlicher Subventionen, konsequenter umgesetzt werden. Sonst werden die jetzt zugesagten Gelder verpuffen, da Finanzmittel für Aktivitäten, die die biologische Vielfalt zerstören, noch immer wesentlich höher sind“.

Finanzielle Mittel allein könnten das Artensterben nicht aufhalten, doch seien diese unabdingbar, wenn es beispielsweise um die Ausweisung und die Betreuung von Schutzgebieten oder die Wiederherstellung zerstörter Lebensräume wie Moore und Wälder ginge. Auch die Schaffung eines Bewusstseins für den Wert der biologischen Vielfalt, von der Bevölkerung bis zu den politischen Entscheidungsträgern, sei mit finanziellen Ausgaben verbunden.

Insbesondere die deutsche Delegation habe sich im Rahmen der EU für einen erfolgreichen Abschluss der Konferenz eingesetzt, sagte Weiger. So habe die EU gegen den intensiven Widerstand Brasiliens sichergestellt, dass beim Waldschutz nicht nur der Klimaschutz sondern auch ökologische und soziale Faktoren berücksichtigt werden. Zu begrüßen sei auch die Einigung der Staatengemeinschaft auf eine Liste von ökologisch bedeutsamen Gebieten in der Hochsee und im Mittelmeer. Diese lege den Grundstein für die überfällige Ausweisung von Meeresschutzgebieten auf hoher See.

Positiv sei zudem der Beschluss, sich kritisch mit der Produktion von Agrosprit auseinandersetzen zu wollen. Nicola Uhde, BUND-Expertin für internationale Biodiversitätspolitik: "Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der Anbau von Palmöl, Zuckerrohr und anderen Energiepflanzen Arten und Lebensräume massiv gefährdet und die Konkurrenz von Teller und Tank die Ernährungssicherheit ganzer Regionen aufs Spiel setzt. Der Beschluss zur Überprüfung der Biosprit-Strategie ist somit ein Lichtblick auf dem Weg der Verhinderung weiterer Schäden durch die Agrospritproduktion.“

Die Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften beim Biodiversitätsschutz hingegen seien auf der Konferenz in Hyderabad nicht ausreichend gestärkt worden, so Uhde: "Insbesondere bei ungeklärten Landrechtsfragen besteht die Gefahr, dass Naturschutz zu Lasten der ortsansässigen Bevölkerung durchgesetzt wird. Dabei hat sich in vielen Veranstaltungen während der Konferenz gezeigt, dass gerade kleine Naturschutzgebiete, die auf kommunaler Ebene initiiert und organisiert werden, oft große und in der Regel langfristig stabile Erfolge beim Erhalt der biologischen Vielfalt vorweisen können.“ Hier gebe es bis zur nächsten Vertragsstaatenkonferenz, die für 2014 in Südkorea geplant ist, noch viel zu tun.

An Deutschland gerichtet forderte Weiger, auch im Inland mehr für den Schutz von Arten und Lebensräumen zu tun: "Deutschland ist aufgefordert, im Interesse seiner eigenen Glaubwürdigkeit seine nationale Biodiversitätsstrategie konsequenter umzusetzen als bisher. Dazu gehört auch, zehn Prozent der staatlichen Wälder dauerhaft der natürlichen Entwicklung zu überlassen und diese in einem Schutzgebietssystem miteinander zu vernetzen“, so der BUND-Vorsitzende. Nur dann sei Deutschland auch im internationalen Kontext glaubwürdig.


NABU: Später Durchbruch in Hyderabad – Naturschutzhilfen werden verdoppelt

Tschimpke: Nötige Anschubfinanzierung für Naturschutzziele

NABU Pressemitteilung, 19.10.12

Hyderabad – Der NABU kommentiert den späten Durchbruch bei den Verhandlungen der Weltnaturschutzkonferenz im indischen Hyderabad:

Die Naturschutzhilfen für Entwicklungsländer werden bis 2015 auf 10 Mrd. Dollar (7,7 Mrd. Euro) verdoppelt (vgl. zu Referenzniveau: Durchschnitt 2006-2010). Die Entwicklungsländer verpflichten sich für eine bessere Mittelverwendung zu sorgen und auch eigene Finanzierungsanstrengungen zu unternehmen. Bis zuletzt schien sich vor allem Brasilien einer Selbstverpflichtung für die Entwicklungsländer für mehr Naturschutzausgaben zu verweigern. Deshalb waren die Industriestaaten wohl auch nicht bereit, weitergehende Steigerungszusagen für die Zeit nach 2015 zu machen.

Der NABU begrüßt den nach sehr schwierigen Verhandlungen erzielten Kompromiss. „Dies wird den in Nagoya vereinbarten Naturschutzzielen die nötige Anschubfinanzierung geben“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke vor Ort in Hyderabad. "Wir sind froh, dass sich die Europäer und andere Industriestaaten doch noch bewegt haben. Die konstruktive Einstellung der Afrikaner, die von Anbeginn auch zu eigenen Verpflichtungen bereit waren, hat sich im wesentlichen ausgezahlt.“


Nach Hyderabad wird das Artensterben nicht enden

Der UN-Gipfel bringt nur kleine Fortschritte, der große Wurf scheitert an den Finanzen

NABU Pressemitteilung, 19.10.12

19. Oktober 2012 - Die Naturschutzkonferenz im indischen Hyderabad hat aus Sicht des NABU trotz denkbar schlechter Voraussetzungen kleine Erfolge für den weltweiten Schutz der biologischen Vielfalt gebracht. Der große Wurf, um dem Artensterben rasch etwas entgegenzusetzen, bleibt jedoch aus.

Auf Messers Schneide stand die Konferenz noch kurz vor Ende wegen der Finanzierungsfrage. Nach Auffassung des NABU müssen die weltweiten Naturschutz-Hilfen an die Entwicklungsländer von vier Milliarden Euro (Referenzperiode 2006 bis 2010) auf im Schnitt elf Milliarden Euro erhöht werden – ebenso müssen die Eigenleistungen der Entwicklungsländer steigen. Die afrikanischen Staaten hatten letzteres bereits zu Anfang der Konferenz zugesagt.

Die Industriestaaten sollten bis 2015 zumindest auf acht Milliarden Euro weltweite Hilfen für den Biodiversitätsschutz kommen, um auf einem guten Weg zu bleiben. Zusätzlich zu bereits eingeplanten Mitteln wären hierfür nur etwa 300 bis 400 Millionen Euro von der EU nötig, um dieses wichtige Zeichen bis 2015 zu setzen. „Dies wäre wirklich nur ein kleiner Schritt angesichts dessen was die Europäer für andere Dinge ausgeben – aber ein großer für den weltweiten Naturschutz“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Unter dem Eindruck der Finanzkrise wollten sich die EU sowie andere Industriestaaten auch in den letzten Stunden bisher aber kaum auf die Entwicklungsländer zubewegen. Dies kritisiert der NABU scharf.

Unabhängig von der Finanzfrage bewertet es der NABU als wichtigen Erfolg, dass für die vor zwei Jahren im japanischen Nagoya vereinbarten 2020-Ziele zur Rettung der biologischen Vielfalt eine Reihe von Indikatoren verabschiedet wurden. So müssen die Staaten regelmäßig melden, wie viele Schutzgebiete sie ausgewiesen haben oder wie weit sie beim Abbau umweltschädlicher Subventionen sind. Der Dachverband des NABU, BirdLife International, wird jedes Jahr die Rote Liste der bedrohten Vogelarten aktualisieren und viele weitere Daten zum Zustand der Artenvielfalt liefern. Damit können künftig die Fortschritte, oder Rückschritte, der einzelnen Länder im Naturschutz gemessen werden.

Außerdem bekennen sich die über 190 teilnehmenden Staaten zu weiteren Schritten beim Schutz der Tiefsee: Um zehn Prozent der Meere unter Schutz zu stellen, werden nun auch die wertvollsten Gebiete außerhalb der nationalen Grenzen identifiziert. Gerade diese sind bisher völlig schutzlos. Allerdings werde es noch – je nach Region – fünf bis zehn Jahre dauern, bis das Schutzgebietsnetz auf der Hohen See wirklich umgesetzt wird.

Brasilien scheiterte mit dem Versuch, die Belange der biologischen Vielfalt aus der Klimapolitik herauszuhalten: Auch künftig müssen Naturschutzaspekte zumindest gehört werden, wenn es um Biokraftstoffe oder die Aufforstung von Wäldern als Treibhausgasspeicher geht. Der NABU lobte die Rolle der Bundesregierung und der Europäischen Union besonders beim Meeres- und beim Waldschutz.

Die nächste UN-Naturschutzkonferenz findet 2014 voraussichtlich in Südkorea statt.


(Bemerkung Waldportal: Dem deutschen Umweltminister war diese Konferenz weder Teilnahme noch gar eine Pressemitteilung wert)




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