Aktuell


Forderungen zum Klimagipfel

Deutscher Bundestag: Vertreter aus den Entwicklungsländern erwarten Handeln in der Klimapolitik

Tagung des Umweltausschusses vor dem Klimagipfel in Doha

Gemeinsame Pressemitteilung von Germanwatch und Brot für die Welt, 7.11.12

Berlin: Bei der heutigen Sitzung des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages waren Experten von Regierungen und Zivilgesellschaft aus den besonders vom Klimawandel betroffenen Entwicklungsländern zu Gast. Sie waren eingeladen, um ihre Erwartungen an den Klimagipfel in Doha vorzutragen. Die Vertreter legten Eckpunkte für ein erfolgreiches Ergebnis am Ende des Gipfels im Dezember vor. Sie machten dabei deutlich, dass Deutschland dafür eine wichtige Rolle spielt. Germanwatch und Brot für die Welt haben die Teilnahme der Südvertreter ermöglicht.

Pa Ousman Jarju aus Gambia, der die Gruppe der besonders verletzlichen Länder bei den Klimaverhandlungen vertritt, sagt: "Der Klimawandel bedroht die Zukunft der Menschen in den besonders verletzlichen Ländern. Die Klimawissenschaft macht deutlich, dass wir die Klimaschutzmaßnahmen deutlich erhöhen müssen. Darum brauchen wir nach wie vor ein multilaterales Abkommen und eine zweite, ratifizierbare Verpflichtungsperiode im Rahmen des Kyoto-Protokolls. Wir begrüßen das deutsche Engagement, die anderen EU-Mitglieder von einem Reduktionsziel von 30 Prozent bis 2020 zu überzeugen. Leider konnte sich die EU darauf noch nicht einigen, obwohl bereits jetzt eine Reduktion der Emissionen von 18 der bisher vereinbarten 20 Prozent erreicht wurde. Als potentielle Partner der EU in den Klimaverhandlungen können wir die geringe Ambition der EU nicht akzeptieren, während uns der Klimawandel immer stärker trifft."

Wael Hmaidan, der Direktor des zivilgesellschaftlichen Netzwerkes Climate Action Network International (CAN I), erklärt: "Katar als Gastgeber der COP ist in höchstem Maße anfällig für die Folgen des Klimawandels. Es liegt relativ tief und ist besonders an der Küste entwickelt. Der Wüstenstaat ist vollkommen abhängig von Lebensmittelimporten. Das Land nimmt die Herausforderung durch den Klimawandel langsam wahr, muss aber erst zeigen, dass es sich wirklich engagieren will. Dies wäre möglich durch ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen, die sie auf dem Klimagipfel bekannt geben. Solch ein Versprechen würde das internationale Vertrauen in die Präsidentschaft des Gipfels stärken und zu einem positiven Ergebnis führen."

Hafjul Islam Khan, Rechtsanwalt in Umweltfragen aus Bangladesch und Experte in der "Loss and Damage in Vulnerable Countries Initiative" berichtete über klimawandelbedingte Schäden: "In Bangladesch kommt es immer wieder zu Schäden und Verluste durch Tropenstürme, Sturmfluten, Dürren und zu gesundheitlichen Schäden. Der Wirbelsturm im November 2007 hat über 3500 Menschen getötet. 2009 hat ein Wirbelsturm dazu geführt, dass 200.000 Menschen obdachlos wurden. Der Klimagipfel gibt der internationalen Gemeinschaft die Chance um im Kampf gegen diese Bedrohungen einen Schritt vorwärts zu gehen. Neben der Erhöhung der Klimaschutzambition sollte in Doha die Einrichtung eines internationalen Mechanismus zum Umgang mit den Schäden und Verlusten durch den Klimawandel beschlossen werden." Zusätzlich sollten Länder wie Deutschland und Bangladesch ihre Zusammenarbeit verstärken, unter anderem durch zusätzliche finanzielle und technische Unterstützung. Die Industrieländer, wie zum Beispiel Deutschland, müssen in Doha konkrete Zusagen für eine finanzielle Unterstützung der besonders verletzlichen Länder in den nächsten Jahren machen.

Die Experten bedankten sich für die Möglichkeit, im deutschen Parlament ihre Erwartungen auszudrücken und waren sich einig darüber, dass Deutschland seine Rolle in den internationalen Verhandlungen noch weiter stärken sollte.


Australien geht in die Verlängerung

Kyoto-Protokoll: Neuseelands Ausstieg überschattet die Zusage Australiens

WWF Pressemitteilung, 9.11.12

Der WWF begrüßt die heutige Ankündigung der Australischen Regierung, der zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls beizutreten. Bislang haben nur europäische Staaten ihre Unterstützung zugesagt. Das Kyoto-Protokoll in seiner bisherigen Form läuft Ende dieses Jahres aus. „Wir brauchen dringend starke Fürsprecher für den internationalen Klimaschutz. Einen Monat vor dem Start des Klimagipfels in Doha setzt Australien ein deutliches Zeichen.“, sagte Barbara Lueg, Klima-Referentin des WWF Deutschland. Es sei ein wichtiges politisches Signal, um das Vertrauen der Entwicklungsländer in den Nutzen internationaler Klimaschutzverhandlungen zu stärken.

Die neuseeländische Regierung hingegen hatte wenige Stunden später für tiefe Enttäuschung gesorgt. Sie kündigte an, das Protokoll nicht erneut zu unterzeichnen. „Das ist ein weiterer Tiefschlag für Neuseelands Klimaschützer. Nachdem die Regierung sich bereits gegen die Teilnahme am Emissionshandel entschieden hat, kommt nun auch das Nein zum Kyoto-Protokoll,“ sagte Lueg. Nun sei es wichtig, dass zumindest Australien seine Emissionen im eigenen Land deutlich reduziere und nicht in Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländer ausweiche. Die im Kyoto-Protokoll festgehaltenen Emissionsziele dürften nur das Mindestmaß an Ehrgeiz darstellen. Das Land müsse bis 2020 seine Emissionen um mindestens 25% unter das Niveau von 1990 reduzieren.

Das Kyoto-Protokoll ist das erste internationale Klimaschutzabkommen, dass verpflichtende Emissionsreduktionsziele setzt. Die erste Verpflichtungsperiode endet am 31. Dezember, die zweite soll bei der kommenden Klimakonferenz in Doha, Katar unterzeichnet werden und am 1. Januar 2013 beginnen. Bislang haben sich vor allem europäische Staaten für die Fortführung engagiert. Neben der Europäischen Union wollen die Schweiz, Lichtenstein, Monaco, Island, Norwegen, Kroatien, Kasachstan, die Ukraine und Weißrussland die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls unterzeichnen. Ziel der internationalen Klimaschutzbemühungen ist es, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Das Protokoll ist eine Weiterentwicklung der 1992 beschlossenen Klimarahmenkonvention.


„Es ist Zeit zu handeln, Mr President!“

WWF-Online, November, 2012

Genau vier Jahre ist es her, da kämpfte Barack Obama um Stimmen für das US-Präsidentenamt. Er wollte nicht nur in das Weiße Haus einziehen, sondern er wollte Amerika schlicht grundlegend verändern – seine ganze Kampagne stand unter dem Motto „Change“. Auch umwelt- und energiepolitisch versprach er, seine Nation umzukrempeln: Er redete von Erneuerbaren Energien, von CO2-Reduktion, von Hybridautos und von Biosprit – Themen, die in den USA nicht gerade Stimmen versprechen. Dennoch gewann Obama bekanntermaßen die Wahl.

Am 6. November 2012 wurde Obama nun für eine zweite Amtsperiode wiedergewählt. Aber was ist eigentlich aus seinen ehrgeizigen Zielen geworden? Und was erwartet der WWF von seiner künftigen Amtszeit?

„Amerikas Blockadepolitik muss aufhören“

„Von Obama erwarte ich ganz einfach mehr Handeln. Es ist an der Zeit, dass sich die USA endlich beim Kampf gegen den Klimawandel international beteiligen“, fordert Barbara Lueg vom WWF. „Die Vereinigten Staaten müssen ihrer Verantwortung gerecht werden. Sie sind weltweit der zweitgrößte Treibhausgasemittent. Obama muss dafür sorgen, dass die USA endlich ihre Blockadepolitik bei den internationalen Klimaverhandlungen aufheben“, sagt die Referentin für internationale Klimapolitik. Nicht nur absolut, auch pro Kopf ist der Kohlendioxidausstoß der USA hoch. Pro Kopf emittieren die Amerikaner jährlich etwa 17 Tonnen Kohlenstoffdioxid, in Deutschland liegt der CO2-Ausstoß pro Kopf bei ca. neun Tonnen und in Indien unter zwei Tonnen.

Energiepolitik: Von allem etwas

Ausgerechnet eine Naturkatastrophe schaffte es in der letzten Woche vor den Abstimmungen das Thema Klimawandel wieder etwas in den Vordergrund zu rücken. Nachdem Hurrikan Sandy große Verwüstungen an der amerikanischen Ostküste hinterließ, sprach sich der ehemalige Republikaner und inzwischen parteilose Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, für Obama aus, weil es an der Zeit sei, endlich den Klimawandel effektiv zu bekämpfen.

Im Wahlkampf hatte Obama dieses Thema zwar noch vermieden, bei seiner Siegesrede in Chicago jedoch, versprach er, dass er sich künftig wieder stärker Amerikas Führungsrolle im Kampf gegen den „Climate Change“ widmen wolle. Der WWF erwartet gespannt, welche Agenda Obama aufstellen wird, um diese Führungsrolle auch wirklich wahrzunehmen.

Im Wahlkampf drehte sich bei energiepolitischen Themen alles um die Energieunabhängigkeit der Vereinigten Staaten. Beide Kandidaten sprachen dabei gerne von „all-of-the-above“; jegliche verfügbare Energieträger würden dabei eine Rolle spielen, also „etwas von allem“.

Energieunabhängigkeit war großes Wahlkampfthema

Mitt Romney, der republikanische Herausforderer, zeigte sich nicht unbedingt als ein Freund von Wind- und Solarenergie: „Man kann mit einer Windmühle auf dem Dach kein Auto antreiben“, witzelte er ausgerechnet auf einer Wahlkampfveranstaltung im Swing-State Ohio, einem der führenden Standorte für Amerikas Maschinenbau.

Auch unter Präsident Obama steigerten die USA seit 2008 die Fördermengen von Öl und Gas erheblich. Neue Techniken ermöglichen auch die Rohölförderung in der Tiefsee – der eindeutig falsche Weg, sagt Barbara Lueg. „Die Katastrophe der Deep Water Horizon hat doch auf schmerzhafte Weise gezeigt, dass dies nicht der richtige Weg sein kann.“ Auch bei der Gasförderung erleben die Vereinigten Staaten derzeit einen regelrechten Boom und auch hier spielen neue Techniken, wie das umstrittene Fracking, eine große Rolle. Lueg: „Sinnvoll wäre es – sowohl für den Klimaschutz, als auch für die Energieunabhängigkeit – verstärkt in die erneuerbaren Energien zu investieren.“

Was hat Obama erreicht? Was fordert der WWF?

Im Jahr 2008 als frisch gekürter Präsident forderte er vom Kongress ein Klimaschutzgesetz, das die verbindliche Obergrenzen für den CO2-Ausstoß festlegt. Dieses Gesetz gibt es bis heute nicht. Ein entsprechender Vorschlag, der auch die Einführung eines nationalen Emissionshandels und den Ausbau der Erneuerbaren Energien beinhaltete, scheiterte im Juli 2010 im Senat.

„Im Jahr 2009 erhielt Obama den Friedensnobelpreis. Begründet wurde dieser Preis auch damit, dass unter ihm die USA eine konstruktive Rolle in der internationalen Klimapolitik eingenommen hätten. Tatsächlich jedoch haben die USA keine Fortschritte gemacht“, kritisiert Barbara Lueg. Sie fordert, dass die USA endliche ihre Verantwortung in Sachen Klimaschutz – sowohl zu Hause als auch auf internationaler Ebene – ernst nehmen. Die USA solle endlich ein konstruktiver Verhandlungspartner bei den internationalen Verhandlungen sein. "Das bedeutet zum einen, dass sie national vorangehen, aber auch dass sie klare und ambitionierte Reduktionszusagen für ein neues internationales Abkommen machen. Das Kyoto-Protokoll hat die USA ja nie ratifiziert", sagt Barbara Lueg. Derzeit wird ein neues internationales Abkommen aller Staaten bis 2015 verhandelt, das ab 2020 in Kraft treten soll. „Solange die USA aber keinen nennenswerten Fortschritt machen, ist es wichtig, dass Europa und der Rest der Welt nicht wartet, sondern bei der kommenden Klimakonferenz ab Ende November 2012 in Doha, Katar voranschreiten.“




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