Aktuell


Weltbank-Klimabericht

Vier-Grad-Dossier für die Weltbank: Risiken einer Zukunft ohne Klimaschutz

Pressemitteilung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), 19.11.2012

Die Treibhausgas-Emissionen der Menschheit brechen jedes Jahr neue Rekorde. Daher befinden wir uns auf einem Kurs, der schon bis zum Ende des Jahrhunderts zu einer Erderwärmung von vier Grad Celsius führen dürfte. Und somit in eine Welt mit Risiken außerhalb der Erfahrung unserer Zivilisation. Dazu zählen Hitzewellen, besonders in den Tropen, ein Hunderte Millionen Menschen betreffender Anstieg des Meeresspiegels, und Missernten, welche die globale Ernährungssicherheit gefährden – das zeigt ein für die Weltbank erstellter Report des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und von Climate Analytics aus Berlin. Betroffen seien vor allem die Armen dieser Welt, für die Entwicklung ohne Klimaschutz nach Lage der Fakten kaum möglich sei.

„Die planetarische Maschinerie neigt zu Bocksprüngen, also unverhältnismäßigen Reaktionen auf Störungen, wie sie der menschengemachte Treibhauseffekt mit sich bringt”, betont Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des PIK. „Wenn wir uns weit über die Zwei-Grad-Linie hinauswagen, also in Richtung vier Grad, laufen wir Gefahr, Kipp-Punkte im Erdsystem zu überschreiten.“ Dies könnte bei den weltweit vom Kollaps bedrohten Korallenriffen der Fall sein, oder beim kilometerdicken Eisschild Grönlands. Dessen Schmelze würde Jahrtausende dauern, könnte aber schon bald unwiderruflich beginnen. „Der einzige Weg, dies zu vermeiden, ist ein Bruch mit den vom Zeitalter fossiler Brennstoffe geprägten Mustern von Produktion und Konsum“, so Schellnhuber.

Folgen der globalen Erwärmung: Hitzewellen, Anstieg des Meeresspiegels, Missernten

Bereits heute sind Folgen des Klimawandels beobachtbar. So hat die Hitzewelle in Russland 2010 vorläufigen Schätzungen zufolge Tausende von Opfern gefordert, die Ernten um ein Viertel verringert, und 15 Milliarden US-Dollar wirtschaftlichen Schaden hinterlassen. Solche Extreme würden bei 4 Grad Celsius globaler Erwärmung in Teilen der Welt „die neue Normalität“, heißt es in dem Report. In den Tropen könnten Ende des Jahrhunderts die kühlsten Monate deutlich wärmer sein als die heißesten Monate der Gegenwart.

Der Meeresspiegel kann bei 4 Grad globaler Erwärmung in diesem Jahrhundert 50 bis 100 Zentimeter steigen, und danach noch deutlich höher. Dabei ist dieser Anstieg regional unterschiedlich stark, dies hängt von Meeresströmungen und anderen Faktoren ab. Am höchsten wird das Meer den Projektionen zufolge an den Küsten von Ländern wie den Philippinen, Mexiko, Indien steigen.

Auch innerhalb von wirtschaftlichen Sektoren kann es zu Kippeffekten mit plötzlich rasant ansteigenden Schäden kommen, etwa in der Landwirtschaft. So wurde bereits beobachtet, dass wichtige Getreidesorten ab bestimmten Temperaturen überaus empfindlich reagieren, was zu großflächigen Ernteausfällen führen kann. Veränderungen im Wasserkreislauf können hierbei erschwerend hinzukommen, etwa wenn Dürren vorherrschen oder landwirtschaftliche Flächen überflutet werden.

Weltbank-Präsident: "Eine vier Grad wärmere Welt kann und muss vermieden werden"

„Der Report arbeitet den gegenwärtigen Stand der Forschung auf und liefert neue Analysen zu Hitzewellen und zum regionalen Meeresanstieg. Natürlich bleiben hierbei Unsicherheiten“, erklärt William Hare, Mitbegründer von Climate Analytics in Berlin und zugleich Gastwissenschaftler am PIK. „Wir greifen das auf, indem wir Risiko definieren als ‚Schadenspotenzial multipliziert mit der Eintritts-Wahrscheinlichkeit’. Auch ein relativ unwahrscheinliches Ereignis kann ein großes Risiko darstellen, wenn seine möglichen Auswirkungen groß genug sind.“

Der erst in diesem Jahr von US-Präsident Barack Obama als neuer Weltbank-Chef vorgeschlagene Jim Yong Kim, seit Juli im Amt, hatte sich kürzlich von Schellnhuber persönlich in Washington D.C. den Bericht vorstellen lassen. „Eine vier Grad wärmere Welt kann und muss vermieden werden – wir müssen die Erwärmung unter zwei Grad halten“, sagte Kim nun in einer Erklärung. „Untätigkeit gegenüber dem Klimawandel droht, die Welt, die unsere Kinder von uns erben, zu einer ganz anderen zu machen als jene, in der wir heute leben. Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen für die Entwicklung, und wir müssen die moralische Verantwortung dafür übernehmen, im Namen kommender Generationen zu handeln, besonders für die Ärmsten.“

Weblink zur Executive Summary: http://climatechange.worldbank.org/sites/default/files/Turn_Down_the_Heat_Executive_Summary_English.pdf

Weblink zum Report: http://climatechange.worldbank.org/sites/default/files/Turn_Down_the_heat_Why_a_4_degree_centrigrade_warmer_world_must_be_avoided.pdf


Kommentar zum heute vorgestellten Weltbank-Klima-Report

WWF: Weltbank hat Hebel selbst in der Hand

WWF Pressemitteilung, 19.11.12

Die Weltbank warnt vor den verheerenden Folgen der Erderwärmung. Wenn die Versprechen zum Kampf gegen den Klimawandel nicht eingehalten werden, könnte die Erderwärmung bereits in den 2060er Jahren laut Weltbank-Studie vier Grad Celsius betragen. In der Folge gefährden Hitzewellen, Missernten und Sturmfluten die globale Ernährungssicherheit. Hunderte Millionen von Menschen könnten von einem Anstieg des Meeresspiegels betroffen sein. Die Weltbank rief alle Regierungen dazu auf, alle Subventionen für fossile Brennstoffe in Zukunft für alternative Energien bereit zu stellen, um so zur Senkung der Treibhausgase beizutragen. Eine vier Grad Welt könne und müsse unbedingt vermieden werden.

Der WWF begrüßt, dass die Weltbank mit dieser Publikation klar die Bedrohungen einer durch Menschen verursachten Erderwärmung in der Größenordnung von vier Grad thematisiert. Jedoch habe die Weltbank selbst einen Hebel in der Hand, den sie bisher nicht kraftvoll genug einsetze. Sie müsse die Konsequenzen aus ihrer Studie ziehen und umfassend in die eigene Kapital- und Finanzierungsbereitstellung integrieren. Ziel müsse eine genaue Prüfung der Klimawirksamkeit und -verträglichkeit aller Projekte sein, für die die Weltbank Gelder zur Verfügung stelle. Die bestehenden Standards sind nach Meinung des WWF nicht ansatzweise ausreichend.

„Der Weltbank-Report stellt klar heraus was zu tun ist. Doch nun muss die Weltbank dringend selbst Hand anlegen. Im gesamten Kapitalmarkt spielen Treibhausgasemissionen bei Investitions- und Finanzierungsentscheidungen kaum eine Rolle. Dabei wären solche Kriterien ein entscheidender Hebel, um klimafreundliche Projekte voranzutreiben, “ sagte Matthias Kopp vom WWF Deutschland. Die Naturschutzorganisation sieht eine globale Erwärmung von zwei Grad als maximale Schwelle, um die Folgen des Klimawandels beherrschbar zu halten.


Weltbank veröffentlicht Klimabericht – urgewald fordert Taten statt Worte

urgewald Pressemitteilung, 19.11.12

Der neue Weltbank-Präsident Jim Yong Kim hat gerade einen alarmierenden Klimabericht vorgestellt. Unter dem Titel „Turn down the heat“ wird beschrieben, welch katastrophale Folgen eine Erderwärmung von 4 Grad Celsius haben wird. Kim folgert daraus, dass die Weltbank alles in ihrer Macht stehende tun muss, um die Klimaerwärmung auf 2 Grad Celsius zu begrenzen.

„Wir sind gespannt, ob und wie es Dr. Kim gelingen wird, seine hehren Ziele durchzusetzen“, erklärt Knud Vöcking von der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald. „Berichte wie diesen gibt es schon seit Jahren. Bislang sehen wir jedoch nicht, dass die Weltbank daraus Konsequenzen zieht. Stattdessen machen fossile Energien weiterhin rund 50% ihrer Energiefinanzierung aus.“

Wenn Präsident Kim es mit dem Klimaschutz ernst meint, müsse er umgehend dafür sorgen, dass die Bank ihr Energieportfolio umstellt, fordert Vöcking. Schon 2004 hat der Rohstoffbericht der Weltbank den Ausstieg aus Öl und Kohle gefordert. In der Folge finanzierte die Weltbank jedoch riesige Kohlekraftwerke in Indien und Südafrika und auch Ölfirmen profitieren weiterhin von der Gunst der Bank.

Aktuell will die Weltbank ein Braunkohlekraftwerk im Kosovo finanzieren. Obwohl selbst der ehemalige Weltbank-Berater für Energie, Prof. Dan Kamman, in einem Gutachten festgestellt hat, dass dieses Kraftwerk unnötig ist und es umweltfreundliche Alternativen gibt. „Für uns ist dieses Kraftwerk ein erster Test für die Durchsetzungsfähigkeit von Dr. Kim. Denn wenn er seinen gerade veröffentlichten Klimabericht ernst nimmt, muss er alles daran setzen, dass die Bank dieses Klimakiller-Kraftwerk nicht finanziert. Die Zivilgesellschaft ist dabei auf seiner Seite, aber auch die deutsche Exekutivdirektorin in der Weltbank muss Dr. Kim bei einem klimafreundlichen Kurs unterstützen“, fordert Vöcking.


Dirk Niebel: "Der Weltbank-Bericht ist ein klima­poli­tischer Weckruf"

BMZ Pressemitteilung, 19.11.12

Berlin – Die Weltbank hat ihren Bericht "Turn Down the Heat" zu den Aus­wir­kungen des Klima­wandels vor­ge­stellt. Dazu er­klärt der Bun­des­mi­nis­ter für wirt­schaft­liche Zu­sam­men­ar­beit und Ent­wick­lung, Dirk Niebel: "Der Weltbank-Bericht ist ein klima­poli­tischer Weck­ruf. Er belegt, dass die in­ter­na­ti­o­nale Ge­mein­schaft ihr En­gage­ment im Kampf gegen den Klima­wandel be­schleu­nigen und in­ten­si­vieren muss. Ins­be­son­dere die Ent­wick­lungs­länder und die Ärmsten der Armen wären von einer stär­keren Erd­er­wär­mung mas­siv be­trof­fen. Das Zeit­fenster für den drin­gend nötigen Wan­del hin zu einer koh­len­stoff­armen und klima­resi­lienten Ent­wick­lung schließt sich. Alle Ent­wick­lungs­partner müs­sen sich mehr an­stren­gen. Die aktuellen glo­balen Ver­pflich­tungen nur der Industrie­länder, Treib­haus­gas-Emis­sionen zu ver­mei­den, reichen nicht aus, um den Klima­wandel ein­zu­däm­men. Wir sind weit davon ent­fernt, den glo­balen Tem­pe­ra­tur­anstieg auf das in den Klima­ver­hand­lungen an­er­kannte Ziel von weniger als zwei Grad Celsius bis 2050 zu be­gren­zen."

Der Weltbank-Bericht "Turn Down the Heat" unter­sucht auf Basis aktueller wis­sen­schaft­licher Ana­lysen direkte und in­direkte Aus­wir­kungen im Falle einer Erd­er­wär­mung um vier Grad Cel­sius bis Ende dieses Jahr­hun­derts. Der Bericht rich­tet seinen Blick dabei vor allem auf mög­liche Sze­na­rien für die Ent­wick­lungs­länder und die ärmsten Bevöl­ke­rungs­gruppen. Er stellt darüber hinaus einen Kata­log von Maß­nah­men vor, die nötig sind, um die katastro­phalen Folgen der Erd­er­wär­mung zu lin­dern und er­zielte Ent­wick­lungs­erfolge zu kon­so­li­dieren. Dirk Niebel: "Es freut mich be­son­ders, dass das Potsdam-Institut für Klima­folgen­forschung (PIK) mit seiner um­fas­senden Exper­tise maß­geb­lich an der Erstel­lung des Berichts mit­ge­wirkt hat."

Deutsch­land ist seit Langem einer der größten Geber für den Klima­schutz in Ent­wick­lungs- und Schwellen­ländern und einer der wel­tweit größten Techno­logie­expor­teure im Energie- und Klima­sektor. Allein in den ver­gan­genen sechs Jahren hat die Bun­des­re­gie­rung ihr En­gage­ment in diesem Bereich nahe­zu ver­vier­facht: im Jahr 2011 lagen die In­ves­ti­tio­nen der Bun­des­re­gie­rung für Klima­schutz und An­pas­sung an den Klima­wandel in Ent­wick­lungs­ländern bei ins­ge­samt rund 1,9 Milliarden Euro.

Die Weltbank ist beim Klima­schutz und der An­pas­sung an den Klima­wandel für Deutsch­land ein un­ver­zicht­barer Partner. Deutsch­land be­grüßt aus­drück­lich das An­lie­gen von Weltbank-Präsident Jim Yong Kim, in der Welt­bank als wich­tigster multi­late­raler In­sti­tu­tion der Ent­wick­lungs­finan­zierung den Kampf gegen den Klima­wandel noch stärker in den Mit­tel­punkt zu stellen.


Die Armen der Vier-Grad-Welt

Süddeutsche Zeitung, 19.11.12

http://www.sueddeutsche.de/d5t38w/972940/Die-Armen-der-Vier-Grad-Welt.html


Studie: Energiebedarf der EU lässt sich um zwei Drittel senken

Reiche: Potenzial für Energieeffizienz größer als erwartet

BMU Pressemitteilung, 19.11.12

Mit Energieeffizienz-Maßnahmen kann der Energiebedarf der Europäischen Union bis zum Jahr 2050 um zwei Drittel gesenkt werden. Das ist das Ergebnis einer Studie des Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI (Fraunhofer ISI) im Auftrag des Bundesumweltministeriums, die heute in Berlin vorgestellt wurde. "Die Steigerung der Energieeffizienz bietet enormes Potenzial. Unser Energiebedarf kann hierdurch deutlich gesenkt werden. Gleichzeitig tragen sich rund 90 Prozent aller Einsparmaßnahmen von selbst. Durch Energieeffizienz können die Energiekosten deutlich gesenkt und sogar Einspargewinne erzielt werden," sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Katherina Reiche.

Damit würde Energieeffizienz entscheidend dazu beitragen, die Treibhausgas-Emissionen in der Europäischen Union wie geplant bis zum Jahr 2050 um 80 Prozent zu reduzieren. Würden alle in der Studie beschriebenen Maßnahmen umgesetzt, ließen sich darüber hinaus jährlich steigende Milliardenbeträge einsparen; im Jahr 2050 betrüge die Einsparung bereits rund 500 Milliarden Euro im Jahr, so die Forscher.

Fraunhofer ISI errechnet alleine für die Privathaushalte mögliche Kosteneinsparungen von 125 Milliarden Euro jährlich, vor allem im Gebäude- und Heizungsbereich. In der Industrie können bis zum Jahr 2050 die Energierechnungen um 100 Milliarden Euro jährlich geringer ausfallen, vor allem durch den Einsatz effizienter Querschnittstechnologien wie etwa Technologien zur Dampf- und Heißwasserbereitstellung oder bei effizienten Motoranwendungen. Im Transportsektor können vor allem technologische Verbesserungen im Straßenverkehr zur Halbierung der Energie-Nachfrage führen. Durch geringeren Kraftstoffverbrauch könnten rund 200 Milliarden Euro pro Jahr gespart werden.


Kosmetik für den Emissionshandel

WWF Pressemitteilung, 14.11.12

Die EU-Kommission will heute einen Bericht mit möglichen Szenarien vorstellen, um den Emissionshandel langfristig zu gestalten. Nach Einschätzung der Naturschutzorganisation WWF steht der europäische Handel mit CO2-Zertifikaten am Scheideweg. Bislang ist bekannt, dass die Kommission 900 Mio. Zertifikate aus dem Markt nehmen will. Der WWF begrüßt, dass nun ein erster Schritt zur Sanierung des Emissionshandels angekündigt wurde, doch weitere Maßnahmen seien dringend erforderlich. „Das europäische Emissionshandelssystem ist die tragende Säule der EU-Klimapolitik. Wir können uns ein Scheitern nicht leisten. Die aktuelle Zertifikateschwemme braucht mehr als ein bisschen oberflächliche Kosmetik“, sagt die zuständige WWF-Referentin Juliette de Grandpré. Der Überschuss müsse daher möglichst permanent vom Markt genommen werden und zugleich das EU-Klimaschutzziel bis 2020 auf 30 Prozent erhöht werden.

Der Preis pro Tonne CO2 ist auf einen historischen Tiefstand gefallen. Durch die kriselnde europäische Wirtschaft ab dem Jahr 2009 sind deutlich weniger Verbrauchsrechte in Anspruch genommen worden als prognostiziert. Zudem hat die Nutzung von flexiblen Mechanismen –außerhalb von Europa erbrachte Emissionsreduktion, die angerechnet werden dürfen - weitere Zertifikate auf den Markt geschwemmt. Bleibt alles so wie bisher, droht ein Überschuss dauerhaft das System lahmzulegen: Der WWF berechnet bis zum Jahr 2020 einen Überschuss von 1,4 Mrd. Zertifikaten. Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission nur kurzfristig 900 Mio. Zertifikate aus dem Markt zu nehmen, sei daher deutlich unzureichend. “ Die zeitliche Herausnahme der Zertifikate kann nur ein allererster Schritt sein. Sonst steuern wir auf eine verlorene Dekade zu, ohne Klimaschutzinvestitionen von Seiten der Industrie“, sagte de Grandpré.

Der WWF hatte gezeigt, dass eine Verknappung der Zertifikatemenge keine negativen Folgen für die Industrie erwarten lässt. Das System kehre damit auch zurück zu den eigentlichen Zielen des Emissionshandelssystems und biete somit verlässliche Rahmenbedingungen für die Industrie.

Seit Jahren setzt sich der WWF dafür ein, das EU-Klimaschutzziel auf 30 Prozent zu erhöhen. Dieser Meilenstein soll morgen auch von der EU-Kommission als Option vorgeschlagen werden. Heftiger Widerstand kommt aus Polen. Das aktuell gültige Ziel von 20 Prozent bis 2020 ist jedoch bereits im vergangenen Jahr erreicht worden. Falls die EU ihr bisheriges Klimaziel nicht deutlich erhöht und den EU-weiten Handel mit Emissionsrechten nicht nachbessert, entgehen ihr zudem auch Milliarden aus den Erlösen des Emissionshandels. Deutschland allein drohe ein Einnahmeausfall bis 2020 von bis zu 17 Milliarden EUR. Die Gelder sind aber bereits für Klimaschutzmaßnahmen eingeplant: In Deutschland fließen die Erlöse der ETS-Versteigerungen in den Energie- und Klimafonds, dessen Gelder der Energiewende finanzieren sollen.


EU: Schwacher Einstieg in notwendige Strukturreformen im Klimaschutz

Halbherzig beim Emissionshandel, weniger Mut beim internationalen Flugverkehr

Germanwatch Pressemitteilung, 13.11.12

Bonn/Berlin: Germanwatch kritisiert die Halbherzigkeit des Vorschlags, den die Europäische Kommission gestern zur Teilreparatur des EU-Emissionshandels veröffentlicht hat. Dabei sollen 900 Millionen Emissionserlaubnisse in den Jahren 2013 bis 2015 weniger versteigert und erst später in den Markt gegeben werden.

"Die Kommission reagiert auf die Kritik am viel zu niedrigen CO2-Preis. Nur als Einstieg in eine umfassendere Strukturreform ergibt der wenig ambitionierte, einmalige Eingriff in den Markt einen gewissen Sinn", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer bei Germanwatch. "Es gilt aber jetzt, den jährlichen Reduktionsfaktor so zu verschärfen, dass er uns auf einen Emissionspfad für mindestens minus 30 Prozent Reduktion bis 2020 gemessen an 1990 bringt. Lediglich 900 Millionen Zertifikate vorübergehend aus dem Markt zu nehmen schafft nicht die notwendige Sicherheit für Investoren. Das unambitionierte Vorgehen kommt auch daher, dass die Bundesregierung nicht handlungsfähig war. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler muss jetzt endlich seine Blockade einer deutschen Position beenden. Die Bundesregierung muss sich für die notwendige langfristig wirkende Strukturreform des Emissionshandels stark machen."

Die Kommission geht von einem Überschuss bis 2020 von 2 Milliarden Zertifikaten aus. Am Mittwoch will sie einen Bericht zu Möglichkeiten für die Strukturreform des Emissionshandels annehmen.

Die EU-Kommission hat gestern ebenfalls bekannt gegeben, dass der internationale Flugverkehr bis zur Generalversammlung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation ICAO im Herbst 2013 ausgenommen wird. Das System solle, laut der Kommission, "automatisch" wieder für alle Flüge einzusetzen, wenn bei der ICAO-Generalversammlung keine Lösung auf internationaler Ebene erlangt werde. Für Flüge innerhalb der EU sollen die derzeitigen Regelungen weiterhin gelten.

"Jetzt muss ICAO bis Herbst ein ambitioniertes globales Abkommen zur Reduzierung der CO2-Emissionen des Flugverkehrs liefern", fordert Christoph Bals. "Das Abkommen sollte ein marktbasierter Mechanismus oder eine Abgabe sein. Diese sollte zudem Mittel für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in Ländern, die besonders unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden, generieren. Messlatte ist, dass dieser globale Ansatz nicht weniger ambitioniert ist wie die bisherige europäische Lösung. Falls aber ein solches internationales Abkommen bei ICAO scheitert, kommt die eigentliche Bewährungsprobe für die EU. Tritt dann der jetzt von Klimakommissarin Hedegaard angekündigte Automatismus der EU für eine komplette Einbeziehung der Fluglinien in den EU-Emissionshandel bis Anfang 2014 in Kraft? Wenn nicht, stehen die EU und das Klima als Verlierer da."




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