Aktuell


Kohle statt Klimaschutz

Geschwätz von gestern?

Sigmar Gabriel ist dabei, das von ihm ausgerufene Klimaziel zu beerdigen. Greenpeace-Aktivisten reicht es jetzt: Sie protestierten während einer Gabriel-Rede für den Kohleausstieg.

Von Philipp Brandstädter, Greenpeace-Online, 11.11.14

Stolz ließ sich Sigmar Gabriel für seine Ambitionen und seinen Mut feiern: Um 40 Prozent, verkündete der damalige Umweltminister 2007 zur Klimakonferenz in Bali, werde Deutschland bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen gegenüber 1990 senken. „Wir müssen den Mut aufbringen, dagegen vorzugehen“, sagt er damals mit Blick auf den Klimawandel. Und ergänzt nicht ohne Pathos: „Sonst werden uns unsere Kinder und Enkel verfluchen.“

Heute, sieben Jahre später, ist jedem Beobachter klar: Deutschland kann sein 40-Prozent-Ziel nur einhalten, wenn einige der besonders schmutzigen Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Doch heute ist Gabriel Energie- und Wirtschaftsminister und interessiert sich nicht mehr für sein Geschwätz von gestern. „Wir müssen endlich mal Schluss machen mit den Illusionen. Man kann nicht zeitgleich aus der Atomenergie und der Kohleverstromung aussteigen“, faucht er zuletzt – und bereitet damit den Boden dafür, dass sich der einstige Klimaschutz-Vorreiter Deutschland von seinem 40-Prozent-Ziel verabschiedet.

Greenpeace-Aktivisten haben genug von dieser klimaschädlichen Politik des Wirtschaftsministers. Während Gabriel heute bei einer Konferenz der Energiewirtschaft sprach, erinnerten die Umweltschützer ihn an sein altes Versprechen: „Herr Gabriel: Klimaschutz braucht Kohleausstieg!“ stand auf den Schildern der Demonstranten.

Die Kohle ist das Problem

Ohne zusätzliche Maßnahmen wird Deutschland sein 40-Prozent-Ziel verpassen. 87 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) müssen dafür zusätzlich eingespart werden – ein Großteil davon im Energiesektor. So sieht es das Aktionsprogramm Klimaschutz von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) vor. Das wird nur funktionieren, wenn schrittweise Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Doch Gabriel präsentiert lieber Scheinlösungen wie Effizienzmaßnahmen. Sogar die wirtschaftsfreundliche Deutsche Industrie- und Handelskammer erwartet dabei lediglich Einsparungen von 25 bis 30 Millionen Tonnen CO2 – viel zu wenig, um die Lücke zu schließen.

Auch der europäische Handel mit Verschmutzungsrechten wird Deutschland nicht helfen, bis 2020 die 40 Prozent zu erreichen. Der Preis für eine Tonne CO2 liegt mit etwa 5 Euro heute deutlich unter den ursprünglich erwarteten 30 Euro. Besserung ist in den kommenden Jahren nicht in Sicht. Auch der EU-Klimagipfel im Oktober ging das Problem nicht an. Mindestens bis zum Jahr 2020 wird dieses Instrument keine Lenkungsfunktion entfalten. Helfen können nur deutliche Einschnitte im Kraftwerkspark. „Die Zahlen sind eindeutig: Gabriel muss eine Reihe der besonders klimaschädlichen Braun- und Steinkohlekraftwerke vom Netz nehmen“, fordert Niklas Schinerl, Energieexperte von Greenpeace. „Tut er das nicht, fällt er seiner Parteigenossin Hendricks in den Rücken und opfert das deutsche Klimaziel.“

Klimaschutz ist alternativlos

Am 3. Dezember legt Umweltministerin Hendricks ihr 'Aktionsprogramm Klimaschutz' dem Kabinett vor. Darin müssen auch Einsparungen bei den fossilen Energieträgern wie Kohle enthalten sein. Auch Gabriel muss jetzt seine Position korrigieren, sagt Schinerl: „Der Kohlekurs des Wirtschaftsministers ist eine klimapolitische Amokfahrt. Steuert Gabriel jetzt nicht um, verfehlt Deutschland sein Klimaziel meilenweit.“

Das wäre unverantwortlich. Erst vor kurzem warnte der Weltklimarat vor den Folgen des Klimawandels – fossile Brennstoffe wie Kohle nannten die Experten als Hauptursache. Eine nachhaltige Klimapolitik kann es deshalb nur ohne Kohle geben. Zeit, dass auch der Energieminister das einsieht.


Gabriel auf Kohlekurs

WWF widerspricht Wirtschaftsminister

WWF Pressemitteilung, 11.11.14

Der WWF widerspricht den Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zur Kohleverstromung. Eberhard Brandes, Geschäftsführender Vorstand des WWF Deutschland: „Der Bundeswirtschaftsminister wird immer mehr zum Bremser der Energiewende und des Klimaschutzes. Anstatt kraftvolle Signale für eine Neuausrichtung der bundesdeutschen Energiepolitik zu setzen, geht er schrittweise auf Distanz zu den eigenen Klimaschutzzielen. Es geht nicht um einen Sofortausstieg aus der Kohle, sondern um einen geordneten Übergang und eine schrittweise Umstellung auf weniger klimaschädliche Energieträger. Es ist dabei nur folgerichtig, die schlimmsten Dreckschleudern und damit die Braunkohlekraftwerke zuerst abzuschalten.

Der Verzicht auf die Nutzung der Kohle kann keineswegs allein den Unternehmen überlassen werden, die logischerweise nach betriebswirtschaftlichen Kriterien entscheiden. Die Politik muss die Rahmenbedingungen setzen, damit sich ein Festhalten an umweltschädlichen Kraftwerken mittelfristig auch ökonomisch nicht mehr lohnt. Nachdem der Emissionshandel wegen üppiger Zugeständnisse an die Industrie auf Jahre gelähmt wurde, ist gerade das Wirtschaftsministerium in der Pflicht, neue Lösungsansätze zu entwickeln. Um das deutsche Klimaschutzziel von 40 Prozent bis 2020 zu erreichen, führt an der Minderung der Kohleverstromung kein Weg vorbei".


Mehr Klimaschutz bedeutet weniger Kohlestrom

Merkel muss Stilllegung der ältesten Kohlemeiler per Gesetz unterstützen

BUND Pressemitteilung, 11.11.14

Berlin: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat Kanzlerin Angela Merkel aufgefordert, sich für die Abschaltung der klimaschädlichsten Kohlemeiler in Deutschland einzusetzen.

"Um bis 2020 das nationale Klimaschutzziel von minus 40 Prozent Kohlendioxid tatsächlich zu erreichen, ist eine klare Positionierung der Kanzlerin erforderlich. Mehr Klimaschutz geht nur mit weniger Kohlestrom, das weiß Frau Merkel. Spätestens jetzt muss sie es auch sagen", forderte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

"Die Kanzlerin darf Umweltministerin Hendricks nicht im Regen stehen lassen und wegsehen, wenn Energieminister Gabriel die Klimaschutzziele unseres Landes infrage stellt. In diesen Wochen entscheidet sich, ob Deutschland beim Klimaschutz scheitert oder ob die Merkel-Regierung bei diesem Thema noch handlungsfähig ist. Die Kanzlerin darf kein Aktionsprogramm Klimaschutz akzeptieren, das auf die Reduzierung der Kohleverstromung verzichtet", sagte Weiger.

Ohne Merkels Unterstützung und die anderer Kabinettskollegen könne Hendricks keine entscheidenden Fortschritte beim Klimaschutz erreichen. Ministerin Hendricks benenne im Entwurf ihres geplanten Aktionsprogramms "Klimaschutz 2020" deutlich den Handlungsdruck der Bundesregierung und plane durchaus wirksame Maßnahmen zur CO2-Minderung, so die Ansicht von Weiger.

"Hendricks weiß genau, dass die internationale Glaubwürdigkeit Deutschlands beim Klimaschutz auf der Kippe steht. Sie kann es sich nicht leisten, im Dezember mit leeren Händen zur Weltklimakonferenz nach Peru zu reisen. Wenn Merkel beim Aktionsprogramm Klimaschutz der Bundesumweltministerin jetzt die Unterstützung verweigert, wird die Verantwortung für ein mögliches Scheitern der Klimaverhandlungen auch auf die Kanzlerin zurückfallen", sagte der BUND-Vorsitzende.

Hinter den Kulissen gebe es einen Kampf der Kohle-, Auto- und Agrar-Lobby gegen ein ambitioniertes Klimaschutz-Paket. Die stärksten Gegner wirksamer Klimaschutzmaßnahmen sitzen nach Einschätzung von Weiger in rückwärtsgewandten Industrieverbänden und den Vorständen der Kohleindustrie. Diesen müsse die Bundesregierung jetzt entschlossen entgegen treten.

Ein Drittel der CO2-Emissionen Deutschlands stamme aus der Kohleverstromung. Der dringend erforderliche schrittweise Ausstieg aus der Kohleverstromung sei mit einem Gesetz zum Abschalten der ältesten Braunkohlemeiler besonders wirksam zu bewerkstelligen. Neben der nötigen Minderung der CO2-Emissionen werde ein solches Gesetz außerdem moderne Gaskraftwerke wettbewerbsfähiger machen, die für eine Übergangszeit bei der Energiewende erforderlich seien.

"Allen ist klar: Bleibt die Kohleverstromung in alten und ineffizienten Braunkohlekraftwerken so lukrativ und auf so hohem Niveau wie heute, kann die Bundesregierung ihre Klimaschutzziele abschreiben", sagte Weiger. "Ein Scheitern Deutschlands beim Klimaschutz darf niemand, auch nicht die Bundeskanzlerin, wirklich wollen. Eine erfolgreiche Energiewende und eine wirksame Klimapolitik duldet keinen Aufschub", so der BUND-Vorsitzende.


Kohle aus Kolumbien: Europas Energiehunger

Das Rohstoffgeschäft von Konzernen wie Drummond soll die Umwelt zerstören. Die Kunden: E.ON, RWE und Vattenfall.

http://www.taz.de/Kohle-aus-Kolumbien/!149277/


Der Aralsee ändert unser Wetter

Die Versteppung des einstmals riesigen Binnengewässers wirkt sich bis nach Mitteleuropa aus

Von Ulli Kulke, Hamburger Abendblatt, 11.11.14

http://www.abendblatt.de/vermischtes/article134207992/Der-Aralsee-aendert-unser-Wetter.html


"Zusammen ist es Klimaschutz"

Hendricks startet neue Kampagne des BMUB

BMUB Pressemitteilung, 11.11.14

Wenige Wochen vor dem Klimagipfel der UN in Lima wirbt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks auf ungewöhnliche Weise um öffentliche Aufmerksamkeit für den Klimaschutz. Im Gespräch mit jugendlichen Bloggern startete sie heute in Berlin eine neue Informationskampagne ihres Ministeriums, die sich vornehmlich über das Internet und soziale Medien verbreiten soll. Unter dem Motto "Zusammen ist es Klimaschutz" zielt die Kampagne vor allem auf den Dialog mit jungen, internetaffinen Menschen, um sie für Klimaschutz zu interessieren und zum Mitmachen zu gewinnen.

Barbara Hendricks: "Viele Menschen glauben, sie könnten alleine doch nichts fürs Klima tun. Unsere Kampagne zeigt, dass das nicht stimmt. Viele Einzelne können durchaus etwas für den Klimaschutz bewegen. Die zentrale Botschaft ist: Klimaschutz braucht alle. Jeder kann seinen Beitrag leisten. Schon ganz einfache Dinge können helfen. Getreu der Devise: Zusammen ist es Klimaschutz".

Die zentrale Internetseite www.zusammen-ist-es-klimaschutz.de präsentiert die verschiedenen Kampagnen-Elemente: Zum einen drei kurze Filmspots, die den Klimaschutz auf unterhaltsame Art thematisieren und spielerisch zeigen, wie und warum Klimaschutz im Alltag funktionieren kann. Weitere Videoclips porträtieren jugendliche Blogger, die aus ihrem bewusst umweltfreundlich gestalteten Leben erzählen. Darüber hinaus gibt es auf der Website jede Woche praktische Tipps und Hintergrundinformationen zu einem bestimmten Thema, zum Beispiel zum klimafreundlichen Feiern an den Weihnachtstagen oder über Möglichkeiten, Produkte aus fairer Produktion zu verschenken. Online-Banner und bundesweite digitale Plakate begleiten die Kampagne.

Die Kampagne ist auf vier Wochen Dauer angelegt und Teil der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums. Mit der Durchführung wurden die Agenturen Tinkerbelle (Berlin) und Fairkehr (Bonn) im Rahmen eines bestehenden Vertrags beauftragt. Die Kosten werden auf eine Größenordnung von 1,5 Millionen Euro veranschlagt.




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