Aktuell


Indigene Völker und Naturschutz

Weltumwelttag: Die 5 besten Naturschutz-Tricks indigener Völker

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 4.6.15

Anlässlich des Weltumwelttages am Freitag, dem 5. Juni, würdigt Survival International, die globale Bewegung für die Rechte indigener Völker, die faszinierenden Fähigkeiten und das beeindruckende Wissen indigener Völker im Umgang mit ihrer Umwelt.

  • Awá-Indigene in Brasiliens nordöstlichem Amazonas-Regenwald kennen mindestens 275 Nutzpflanzen und 31 Arten von Honigbienen. Jede Honigbiene wird mit einem anderen Tier des Regenwaldes in Verbindung gebracht, zum Beispiel der Landschildkröte oder dem Tapir.
  • Auf dem Speiseplan der Baka-„Pygmäen“ im zentralen Afrika stehen 14 unterschiedliche Sorten wilden Honigs und mehr als 10 Arten der wilden Yamswurzel. Indem sie Teile der Wurzeln unbeschädigt im Boden zurücklassen, fördern die Baka im ganzen Wald die Entstehung kleiner „Yamsgärten“ – eine Delikatesse für Elefanten und Wildschweine.
  • Die Buschleute konsumieren über 150 unterschiedliche Arten von Pflanzen und ihre Ernährung ist sehr vitamin- und nährstoffreich. Dennoch werden die letzten jagenden Buschleute Afrikas misshandelt, gefoltert und inhaftiert, wenn sie für die Versorgung ihrer Familien jagen.
  • Die Baiga in Indien haben ein eigenes Projekt entwickelt, um „den Wald vor der Forstbehörde zu retten“. Sie haben Regeln entwickelt, mit denen ihre Gemeinden und Außenstehende den Wald und seine Artenvielfalt schützen können. Erste Erfolge ihres Projektes sind weniger Wasserknappheit und die Verfügbarkeit von mehr Kräutern und Medizinpflanzen im Wald.
Es gibt noch viele weitere Beispiele dafür, dass indigene Völker die besten Umweltschützer und Wächter der natürlichen Welt sind – Satellitenbilder und wissenschaftliche Studien zeigen beispielsweise, dass indigene Völker entscheidend dafür sind, Entwaldung auf ihren Gebieten zu verhindern. Dennoch werden sie illegal im Namen des „Naturschutzes“ von ihrem angestammten Land vertrieben. Oft wird fälschlicherweise behauptet, ihr Land sei Wildnis, obwohl indigene Völker seit Jahrtausenden davon abhängen und es verwalten.

Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagte heute: „Indigene Völker kümmern sich so gut um ihre Umwelt wie niemand sonst – schließlich hängen sie seit Jahrtausenden von ihr ab und managen sie. Wenn Naturschutz tatsächlich funktionieren soll, müssen Naturschützer indigene Völker fragen, welche Hilfe sie benötigen, um ihre Gebiete zu verteidigen. Sie müssen zuhören und dann bereit sein, indigene Völker nach Kräften zu unterstützen. Ein einschneidendes Umdenken im Umweltschutz ist heute dringend notwendig.


Survival kritisiert Science-Leitartikel: „Gefährlich und irreführend“

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 5.6.15

Survival International, die globale Bewegung für die Rechte indigener Völker, kritisiert einen Leitartikel der neuen Ausgabe der Fachzeitschrift Science als "gefährlich und irreführend". Im Artikel sprechen sich die Autoren dafür aus, Kontakt mit abgeschieden lebenden indigenen Völkern zu deren eigenem Vorteil herzustellen.

Die Autoren, Professor Robert S. Walker und Professor Kim R. Hill, behaupten, dass „eine gut geplante Kontaktaufnahme ziemlich ungefährlich sein kann”. Dennoch verliefen die Kontaktaufnahmen, die sie als Beispiele wählen, um ihre Argumente zu veranschaulichen, katastrophal und endeten für viele Indigene mit dem Tod.

Die Annahme, dass der Kontakt mit diesen indigenen Völkern gut verlaufen wird, solange ausreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, ist auf gefährliche Art und Weise naiv. Brasilien verfügt über mehr Fachwissen in diesem Bereich als jedes andere Land. Dennoch sind zwei erst kürzlich kontaktierte Awá-Frauen lebensgefährlich an Tuberkulose erkrankt, da sie über Monate hinweg keinen Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung hatten, nachdem sie kontaktiert worden waren.

Jakarewyj und ihre Schwester Amakaria waren im Dezember 2014 dazu gezwungen worden, Kontakt mit Außenstehenden aufzunehmen. Da die brasilianischen Behörden daraufhin keine angemessene Gesundheitsversorgung bereitgestellt hatten, sind die Frauen nun lebensgefährlich an Tuberkulose erkrankt. Jakarewyj und ihre Schwester Amakaria waren im Dezember 2014 dazu gezwungen worden, Kontakt mit Außenstehenden aufzunehmen. Da die brasilianischen Behörden daraufhin keine angemessene Gesundheitsversorgung bereitgestellt hatten, sind die Frauen nun lebensgefährlich an Tuberkulose erkrankt.

Walker und Hill kommen außerdem zu dem Schluss, dass isoliert lebende Völker nicht „auf Dauer lebensfähig sind“. Gleichzeitig erkennen die Autoren jedoch an, dass es ungefähr 50 solcher Völker in Südamerika gebe (tatsächlich sind es jedoch mehr). Sie erklären zudem nicht, warum diese Völker nicht „lebensfähig“ seien, obwohl diese gut zu leben scheinen.

Die Aussagen der Anthropologen wären für das wahrscheinlich am isoliertesten lebende Volk der Welt – die Sentinelesen im Indischen Ozean – wahrhaftig eine Neuigkeit. Die Angehörigen dieses Volkes leben seit mindestens 15.000 Jahren auf ihrer Insel und sind offensichtlich „lebensfähig“ und gesund. Von dem, was aus der Ferne zu sehen ist, sind die auf der Insel wohnenden Sentinelesen sehr gesund und es geht ihnen gut. Das ist ein starker Gegensatz zu den Großen Andamanesen auf den benachbarten Inseln, denen die Briten die „Zivilisation“ bringen wollten.

Der Direktor von Survival International, Stephen Corry, sagte heute dazu: „Walker und Hill spielen direkt in die Hände derer, die das Amazonasgebiet für Rohstoffgewinnung und 'Investitionen' zugänglich machen wollen. Ihre Behauptung, dies sei im eigenen Interesse dieser Völker, ist gefährlicher und irreführender Unsinn.“

„Die vielleicht anstößigste Rechtfertigung für die gewaltsame Herstellung von Kontakt mit abgeschieden lebenden Völkern ist ihre Aussage, dass 'sich überlebende indigene Völker schnell vom Rückgang ihrer Bevölkerungsanzahl erholen würden'. Der lockere Ton, mit dem die Autoren den Tod von unzähligen Männern, Frauen und Kindern von der Hand weisen, ist zutiefst beunruhigend.“

„Es gibt keinen Zweifel: Unkontaktierte Völker sind durchaus lebensfähig, solange ihr Land geschützt ist. Zu glauben, wir hätten das Recht, in ihr angestammtes Land einzudringen und Kontakt mit ihnen herzustellen – ob sie diesen wollen oder nicht, und mit all den möglichen Konsequenzen – ist schädlich und arrogant. Die Entscheidung, ob Kontakt aufgenommen werden soll oder nicht, muss bei den betroffenen Menschen selbst liegen und nicht bei Außenstehenden, die glauben zu wissen, was das beste für die Indigenen sei.”

Ein Guajajara-Mann, der dafür kämpft das Gebiet der benachbarten Awá zu schützen, sagte: „Es ist einfach: Die unkontaktierten Awá brauchen ihren Wald. Er ist ihre Heimat, und niemand hat das Recht, sie ihnen wegzunehmen oder sie daraus zu vertreiben. Ohne ihr Land werden unsere unkontaktierten Verwandten nicht überleben.”

Und Wamaxua, ein erst vor kurzem kontaktierter Awá-Mann, sagte zu Survival: „Als ich im Wald lebte, hatte ich ein gutes Leben. Wenn ich heute unkontaktierten Awá im Wald begegne, werde ich sagen: 'Geht nicht weg! Bleibt im Wald … Es gibt draußen nichts für euch.'”


Prominenter Appell: Indigene im Naturschutz respektieren

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 22.5.15

In einem offenen Brief fordern indigene Organisationen, Umweltschützer und prominente Persönlichkeiten wie der US-amerikanische Wissenschaftler Noam Chomsky, einen neuen Ansatz im Naturschutz.

In dem Brief, der im Guardian veröffentlicht wurde, wird erklärt:

„Wir, die Unterzeichnenden, fordern einen neuen Ansatz im Naturschutz, der die Rechte indigener Völker respektiert, für die gesamte Menschheit.“

„Indigene Völker sind generell die besten Naturschützer; sie verwalten ihr Land seit vielen Generationen auf nachhaltige Weise. Die Zwangsvertreibung indigener Völker von ihrem Land schadet gewöhnlich der Umwelt. Solche Vertreibungen stellen Menschenrechtsverletzungen dar und sollten von Naturschützern abgelehnt werden.“

„Der preiswerteste und schnellste Weg, Gebiete mit einer hohen Artenvielfalt zu schützen, besteht darin, die Rechte indigener Völker zu achten. Studien belegen, dass auf indigenem Land die Abholzungs- und Waldbrandrate geringer und die Artenvielfalt größer ist. Die Welt kann sich ein Naturschutzmodell, das die Rechte indigener Völker verletzt, nicht länger leisten. Es schädigt nicht nur die menschliche Vielfalt, sondern auch die Umwelt.“

Unterschrieben von: Lord Avebury, Noam Chomsky, Ben Goldsmith, Zac Goldsmith MP, Tony Juniper, George Monbiot, Jonathon Porritt, Sir Ghillean Prance, Sir Tim Smit, Davi Yanomami, Greenpeace und Survival International sowie den folgenden indigenen Organisationen: ALDAW Network, Palawan (Philippinen), Associação Huni Kui da Terra Indígena Henê Bariá Namakiá – AHHBN (Brasilien), Federação do Povo Huni Kui do Acre (FEPAHC) (Brasilien), La Federación Nativa del Río Madre de Dios y Afluentes – FENAMAD (Peru), First Peoples of the Kalahari (Botswana), Hutukara (Brasilien), La Communauté des Potiers du Rwanda – COPORWA (Ruanda), Noroeste de Rondônia e Sul do Amazonas – OPIARA (Brasilien), Organização dos Povos Indigenas do Acre (Brasilien), Organization of the Agta People of Casiguran – SAKBIBI (Philippinen), Programme d’Intégration et de Développement du peuple Pygmée au Kivu – (PIDP) (Demokratische Republik Kongo), Taluk Soliga Abhivrudhi Sangha (Indien) und Zila Budakattu Girijana Abhivrudhi Sangha (Indien).

Das Schreiben stellt die 5 Grundsätze des Naturschutzes dar, auf der Survivals Kampagne „Eure Wildnis, Unser Zuhause“ beruht. Mit der Kampagne mobilisiert Survival gegen Misshandlungen, die an indigenen Völkern im Namen des „Naturschutzes“ begangen werden.

Baka-„Pygmäen" im Südosten von Kamerun sind Verhaftungen, Schlägen und Folter durch Wildhüter ausgesetzt, die vom WWF finanziert und unterstützt werden. Buschleute in Botswanas Central Kalahari Game Reserve werden fürs Jagen kriminalisiert, mit dem sie lediglich ihre Familie ernähren. Und indigene Völker in Indien werden im Namen des Tigerschutzes illegal von ihrem angestammten Land vertrieben.




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