Aktuell


EU-Beratung zu Emissionshandel

Pfusch am Bau

EU-Kommission stellt Spielregeln für Emissionshandel ab 2021 vor

WWF Pressemitteilung, 15.7.15

Die Reform des Emissionshandels geht in die nächste Runde. Nachdem das EU-Parlament kürzlich der Einführung der Marktstabilitätsreserve ab 2019 zugestimmt hat, stellte die EU-Kommission heute weitere Reformvorschläge für die vierte Handelsperiode ab 2021 vor. Diese setzen die Beschlüsse aus dem Klima- und Energiepaket 2030 um, das im Oktober verabschiedet wurde.

„Wir müssen jetzt ausbaden, was die EU letzten Herbst verbockt hat. Die schwachen Klimaschutzziele für 2030 setzen sich als schwache Ziele im Emissionshandel um und bremsen den Klimaschutz weiter aus. Auf diesem porösen Fundament wird es kaum gelingen ein starkes Haus zu bauen, das gegen den Klimawandel wirkungsvoll schützt“, sagt Juliette de Grandpré, Referentin EU Klima- und Energiepolitik.

Darüber hinaus sind die vorgenommenen Veränderungen am Emissionshandelssystem aber insgesamt zu schwach, um Anreize für anspruchsvollen Klimaschutz zu setzen. Ein „weiter wie bisher“ ist vorprogrammiert. Die Anhebung der jährlichen Minderungsverpflichtung von 1,74% auf 2,2% ist nicht ausreichend, das System funktionstüchtig zu machen. Die überschüssigen Zertifikate verlassen zu langsam den Markt.

Auch die Industrie konnte Impulse für mehr Klimaschutz weiter abwehren, so der WWF. Nach wie vor sollen an fast alle Wirtschaftssektoren Freifahrscheine verteilt werden, allenfalls homöopathische Korrekturen habe die Kommission vorgenommen. „Das gewählte Benchmark-Prinzip ist gut, die Ausgestaltung ist aber miserabel. Viel zu viele Unternehmen konnten sich ungerechtfertigt in die Gruppe der im internationalen Wettbewerb stehenden Firmen lobbyieren, damit sie weiter kostenlose Zertifikate erhalten“, sagt de Grandpré.

„Ohne weitergehende tiefgreifende Änderungen, wird das EU-Emissionshandelssystem dauerhaft zur Wirkungslosigkeit verdammt“, sagt Regine Günther, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik des WWF. Damit könnte Deutschland nur durch zusätzliche nationale Maßnahmen seine eigenen Klimaschutzziele von 40% Emissionsminderung bis 2020 und 55% Emissionsminderung bis 2030 erreichen. Da sei die deutsche Politik weiter gefragt.

Der überbordende Zertifikateüberschuss im EU-Emissionshandel ist aufgrund falscher Rahmensetzung in der zweiten Phase (2008-2012) entstanden und hat das Emissionshandelssystem seitdem schachmatt gesetzt.


NABU: Emissionshandel braucht eine echte Reform

Tschimpke: Erreichen der europäischen Klimaschutzziele rückt in immer weitere Ferne

NABU Pressemitteilung, 15.7.15

Berlin – Angesichts der heutigen Beratungen der EU-Kommission zum Emissionshandel fordert der NABU weitreichendere Reformen beim Handel mit den Verschmutzungsrechten. „Der europäische Emissionshandel umfasst fast die Hälfte der europaweiten CO2-Emissionen. Deshalb hätte die EU-Kommission dieses Instrument endlich stärken müssen. Stattdessen wird es auch künftig reichlich überflüssige Verschmutzungs-Zertifikate geben, die den Preis kaputt machen“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Ursprünglich wurde mit einem Zertifikate-Preis von rund 30 Euro je Tonne CO2 geplant und auf dieser Basis Klimaschutzeffekte berechnet. Seit Jahren jedoch dümpelt der tatsächliche Preis bei etwa sieben Euro und bietet damit keinen verlässlichen Anreiz für Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutz. „Ein angemessener CO2-Preis ist dringend nötig, denn der Emissionshandel ist das zentrale Element zum Erreichen der europäischen Klimaschutzziele“, so Tschimpke weiter. Außerdem trage ein höherer CO2-Preis zur Planungssicherheit bei Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutz bei.

In dem heute von der EU-Kommission vorgelegten Reformvorschlag sollen ab dem Jahr 2020 zwar künftig jedes Jahr weniger Zertifikate ausgegeben werden als bisher, doch wird diese Reduktion durch die in den Markt zurückfließenden Zertifikate aus der jüngst beschlossenen Marktstabilitätsreserve wettgemacht. „Wenn die EU beim Klimagipfel in Paris glaubwürdig für den Klimaschutz eintreten will, müssen möglichst schnell etwa zwei Milliarden Zertifikate aus dem Markt gezogen werden und zwar dauerhaft“, forderte der NABU-Präsident.

Der Emissionshandel hat seit seiner Einführung zu etlichen Mitnahmeeffekten in der Energiewirtschaft und Industrie geführt und kaum Einsparungen im CO2-Ausstoß nach sich gezogen. „Wenn der Emissionshandel nicht noch eine Reform erfährt, die wirklich diesen Namen verdient, sind die Klimaschutzziele der EU schwer erreichbar. Zumindest solange der Emissionshandel das zentrale Instrument im EU-weiten Klimaschutz ist. Deshalb wird es Zeit, dass endlich zusätzliche Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen auf den Tisch kommen“, so NABU-Klimaschutzexperte Sebastian Scholz.


Hendricks: Kommissionsvorschlag ist gute Basis für weitere Reform des Emissionshandels

BMUB Pressemitteilung, 15.7.15

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks begrüßt den Vorschlag der EU-Kommission für eine Strukturreform des europäischen Emissionshandels: "Der Vorschlag ist eine gute Basis für die Verhandlungen. Wir gehen damit einen weiteren wichtigen Schritt hin zur Wiederbelebung des Emissionshandels und zu verlässlichen Rahmenbedingungen für langfristigen Klimaschutz."

Die Kommission setzt mit ihrem Vorschlag die Klimaziele um, die die Staats- und Regierungschefs der EU im Oktober 2014 beschlossen hatten. Bis 2030 will die EU ihren Treibhausgasausstoß um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 senken. Einen wichtigen Beitrag dazu soll der Emissionshandel leisten, dem unter anderem die Energieerzeuger und große Industrieunternehmen unterliegen. Um das 40-Prozent-Ziel zu erreichen, soll ab 2020 bis 2030 die Gesamtmenge der CO2-Zertifikate pro Jahr um 2,2 Prozent sinken. Bislang sind es 1,74 Prozent.

Die nun anstehende Überarbeitung des Emissionshandels für die vierte Handelsperiode bis 2030 ist der zweite Reformschritt. In einem ersten Schritt hatten sich Mitgliedstaaten und Parlament auf die Einführung einer Marktstabilitätsreserve geeinigt. Damit sollen die derzeit vorhandenen großen Überschüsse im Markt nach und nach abgebaut werden. Ziel ist, dass der Emissionshandel wieder wirksame und verlässliche Preissignale für mehr Klimaschutz setzen kann.

Hendricks: "Wir brauchen jetzt zügige Verhandlungen. Denn die Unternehmen brauchen frühzeitig Planungssicherheit, damit sie die richtigen Investitionsentscheidungen treffen können und wir unsere Klimaziele effizient erreichen. Die Details werden wir noch intensiv analysieren und weiter diskutieren."

Der Vorschlag enthält auch Regelungen für Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen ("Carbon Leakage"). Diese sollen die Zertifikate weiter kostenlos erhalten, damit die Produktion nicht aufgrund des Emissionshandels aus Europa verdrängt wird. Damit zeigt der Vorschlag ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ambitioniertem Klimaschutz auf der einen Seite und Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie auf der anderen Seite.




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