AktuellEU-Klimabeschlüsse
Taschenspielertricks statt KlimapolitikKonkrete EU-Klimapolitik ignoriert Beschlüsse des Pariser KlimagipfelsWWF zu Effort-Sharing: „Plan von Schlupflöchern durchsiebt.“ WWF Pressemitteilung, 20.7.16 Die Beschlüsse des Pariser Klimagipfels spiegeln sich nicht in der konkreten EU-Klimapolitik wider, kritisiert die Naturschutzorganisation WWF. Hintergrund ist die Veröffentlichung der sogenannten Effort Sharing-Regelung durch die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel. Der Vorschlag soll regeln, wie die Mitgliedsstaaten ihre Treibhausgasemissionen der Sektoren Verkehr, Landwirtschaft oder Gebäude um rund ein Drittel bis 2030 reduzieren können. Diese werden nicht im Emissionshandel berücksichtigt und umfassen insgesamt rund 60 Prozent der europäischen Emissionen. „Das Ziel ist nicht nur zu schwach, der neue Plan wurde zudem durch zahlreiche Schlupflöcher durchsiebt“, so Juliette de Grandpré, WWF-Referentin für EU Klima- und Energiepolitik. „Die Zeit der Schönfärbereien und Taschenspielertricks ist vorbei. Wenn Europa die Klimaerwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzen will, dann müssen bis 2030 mindestens 45 Prozent der Emissionen im Verkehr, der Landwirtschaft und der Gebäude reduziert werden. Außerdem müssen die Schlupflöcher in der Regelung gestopft werden.“ Dazu zählt laut WWF die Anrechnung ökologisch fragwürdiger Zertifikate aus dem Waldbereich, mit denen die Minderungsverpflichtungen in den einzelnen Sektoren verwässert werden können. Auch ermögliche es der aktuelle Kommissionsvorschlag den Staaten, ab 2021 mit künstlich hochgerechneten Emissionsniveaus zu starten. Die ohnehin nicht ausreichenden Minderungsanstrengungen würden so noch niedriger ausfallen. Entscheidend für die Glaubwürdigkeit der EU wäre außerdem eine robuste Überprüfungsklausel zur Ambitionssteigerung. Diese fehle jedoch in dem am Mittwoch vorgelegten Papier. Da die Effort Sharing-Regelung noch von EU-Parlament und Ministerrat verhandelt wird, fordert de Grandpré die Bundesregierung auf, sich für eine ambitioniertere Gestaltung des Systems einzusetzen, um das ohnehin unzureichende EU-Ziel nicht auch noch zu gefährden. „Nachdem eine sinnvolle Reform des Emissionshandels, vor allem durch eine permanente Löschung überschüssiger Zertifikate, gescheitert ist, muss die EU nun wenigstens das Effort-Sharing fit machen. Sonst verpasst Europa den Zug der globalen Transformation“, warnt de Grandpré. Das wäre nach WWF-Einschätzung nicht nur unter Klimagesichtspunkten mit gravierenden Konsequenzen verbunden, sondern gefährde auch die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit des europäischen Wirtschaftsstandorts. EU-Klimaziele unterlaufen Klimaschutzabkommen von ParisBUND Pressemitteilung, 20.7.16Brüssel/Berlin: Für Hubert Weiger, den Vorsitzenden des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), genügt das heute von der EU-Kommission vorgestellte Konzept zur Lastenteilung beim Klimaschutz nicht dem im Dezember 2015 geschlossenen Paris-Vertrag. "Das EU-Klimaziel von 40 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 1990 basiert auf einer akzeptierten Erderwärmung von über zwei Grad Celsius. Das Pariser Klimaschutzabkommen hat eine maximal akzeptable Erderwärmung von unter zwei und wenn möglich unter 1,5 Grad vereinbart. Die EU muss endlich ihr schwaches Klimaziel nachbessern und die dann notwendigen nationalen Klimaziele auf die Mitgliedstaaten aufteilen. Bleibt die Kommission bei ihren jetzigen Plänen, dann unterläuft sie das Paris-Abkommen zum globalen Klimaschutz", sagte Weiger. Der BUND-Vorsitzende warnte vor einem Wettbewerb zwischen den EU-Mitgliedstaaten um möglichst geringe Klimaschutz-Beiträge: "Die Klimaerwärmung ist ein globales Phänomen mit weltweit schlimmen Folgen. Die Staatengemeinschaft hat sich in Paris ein Instrument gegeben, das den Klimaschutz stärkt. Die Chancen von mehr Klimaschutz werden inzwischen auch von den meisten Unternehmen gesehen. Aber die EU-Staaten verzetteln sich in einem Wettbewerb um möglichst wenig Klimaschutz. Einige wollen ihre CO2-Minderungen reduzieren, indem sie sich die Kohlenstoffspeicherung in Wäldern auf ihre Treibhausgasverringerung im Agrarsektor anrechnen lassen. Um die Folgekosten klimabedingter Extremwetter, Hochwasser und Ernteschäden zu minimieren, muss Europa in den kommenden Monaten beim Klimaschutz vorangehen statt zu bremsen." Hendricks begrüßt EU-Vorschlag zur Aufteilung des EU-KlimazielsBMUB Pressemitteilung, 20.7.16Bundesumweltministerin Barbara Hendricks begrüßt den Vorschlag der EU-Kommission zur Aufteilung des gemeinsamen europäischen Klimaziels für 2030 auf die Mitgliedstaaten: "Das ist eine gute Grundlage für die anstehenden Verhandlungen." Die EU hatte sich mit dem Pariser Klimaschutzabkommen dazu bekannt, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Der Vorschlag der Kommission dient nun der Umsetzung dieses Ziels in EU-Recht. Hendricks: "Europa macht ernst beim Klimaschutz. Nicht nur Deutschland, auch alle anderen EU-Staaten werden bis 2030 ihre Treibhausgasemissionen deutlich senken. Zum ersten Mal werden auch die osteuropäischen Staaten ihre Emissionen verbindlich reduzieren. Manche sprechen dabei von Lastenteilung. Aber ich finde, der Begriff Chancenteilung trifft es besser. Denn Klimaschutz ist eine große Chance für die Modernisierung unserer europäischen Volkswirtschaften. Wir sind bereit, mit unserem bestehenden nationalen Ziel noch über die Vorgaben hinaus zu gehen. Aber das muss dem Klima zugutekommen und darf nicht dazu führen, dass andere europäische Staaten weniger tun." Konkret schlägt die Kommission für jeden EU-Mitgliedstaat ein Klimaziel für die Bereiche vor, die nicht am Emissionshandel teilnehmen, also Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfall. Für Deutschland ist demnach eine verbindliche Treibhausgasminderung von 38 Prozent bis 2030 gegenüber 2005 vorgesehen. Dieser Wert lässt sich nicht direkt vergleichen mit dem nationalen Klimaziel von mindestens 55 Prozent Reduktion bis 2030, bezogen auf das Basisjahr 1990 und auf alle Sektoren (inklusive Emissionshandelsbereiche). Allerdings ist klar, dass das bestehende nationale deutsche Klimaziel im Vergleich zum Vorschlag der EU-Kommission noch etwas ambitionierter ist. Industrie und Energieerzeugung sind vom heutigen EU-Vorschlag nicht betroffen, da sie unter den europaweiten Emissionshandel fallen, der ebenfalls reformiert werden soll. Der Vorschlag der Kommission basiert auf den Klimazielen der EU für 2030, die im Oktober 2014 vom Europäischen Rat beschlossen wurden. Damals wurde auch bereits die grobe Formel für die Aufteilung der Ziele beschlossen, wonach Staaten mit höherem Pro-Kopf-Einkommen mehr tun müssen als ärmere Mitgliedsstaaten. Ein zweiter Legislativvorschlag der EU-Kommission bezieht sich auf Wälder und Böden. Erstmals soll auch deren Klimawirkung durch eine europäische Klimaverordnung geregelt werden (der sog. LULUCF-Sektor, für engl. "land-use, land-use change and forestry"). Die Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass die Klimaschutzwirkung verbessert wird, zum Beispiel durch Wälder, die CO2 aufnehmen und binden. In begrenztem Umfang können Emissionsgutschriften aus diesem Sektor aber nach dem Vorschlag der Kommission auch genutzt werden, um die Klimaschutzziele in den anderen Sektoren zu erreichen. Hendricks: "Es ist wichtig, dass wir auf dieser Basis zügig zu Beschlüssen kommen, die den Klimaschutz in der EU voranbringen. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass wir Ausnahmeregelungen wie die Anrechnung von Wald-Gutschriften zurückhaltend handhaben." Der Legislativvorschlag der Kommission wird ab Herbst im EU-Ministerrat und im Europäischen Parlament verhandelt. » zurück |
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