AktuellEinschlagstopp für Buchenwälder
Umweltverbände fordern Einschlagstopp für alte BuchenwälderForstwirtschaft zerstört Deutschlands WaldnaturerbeGemeinsame Presseerklärung von BUND, NABU, Forum Umwelt und Entwicklung, Greenpeace, 19.1.12 Berlin - Zum Start der "Grünen Woche" fordern BUND, NABU, Forum Umwelt und Entwicklung und Greenpeace einen sofortigen Einschlagstopp für alte Laubwälder in öffentlichem Besitz. Zehn Prozent des öffentlichen Waldes sollen auf zusammenhängenden Flächen aus der forstlichen Nutzung genommen und rechtlich verbindlich als "Urwälder von morgen" ausgewiesen werden. Nur so kann die von der Bundesregierung im Jahr 2007 beschlossene "Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt" umgesetzt werden. Weniger als ein Prozent Wald steht in Deutschland derzeit unter verbindlichem Schutz vor der Säge. Zum Vergleich: In Brasilien sind 30 Prozent des Amazonas-Urwaldes gesetzlich geschützt. "In Deutschland beobachten wir, dass in den letzten zehn Jahren zunehmend wertvolle Altbestände eingeschlagen werden, obwohl ihr ökologischer Wert längst bekannt ist. Die Sonntagsreden der Landesforstminister zur Verantwortung der Forstwirtschaft für die Gesellschaft sind wenig glaubwürdig, wenn sie diese ,Urwälder von morgen' je nach Haushaltslage den kurzfristigen Profitinteressen der staatlichen Forstbetriebe opfern. Wir befürchten, dass sich die Situation in Zukunft noch verschärft, wenn nicht schleunigst dagegen gesteuert wird", kritisiert NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Bei der Umsetzung der vor fünf Jahren beschlossenen "Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt" versuchen einige Bundesländer zu tricksen: Anstatt zusammenhängende Buchenwälder rechtlich verbindlich zu schützen, summieren die Länder kleinste Flächen auf. So umgehen sie die zusätzliche Ausweisung von Schutzgebieten. Dabei ist gerade der Schutz zusammenhängender Waldgebiete wichtig für die Biodiversität. Alte Buchenwälder sind wichtiger Beitrag zum Klimaschutz "Alte Buchenwälder sind unsere Amazonas-Regenwälder. Bisher hat die Bundesregierung jedoch nichts getan, um das schleichende Verschwinden dieser ökologisch wertvollen Waldgebiete zu verhindern", sagt Brigitte Behrens, Geschäftsführerin von Greenpeace. "Gerade die selten gewordenen Laubwälder sind für den Schutz des Naturerbes und für das Klima von entscheidender Bedeutung." Mit der Anerkennung alter Buchenwälder als Weltnaturerbe zeigt die UNESCO, wie wertvoll und schützenswert sie sind - allerdings auf viel zu kleiner Fläche. "Wir fordern Bundesumweltminister Norbert Röttgen, Bundesforstministerin Ilse Aigner und die Ministerpräsidenten der Länder auf, die teilweise mehr als 140 Jahre alten Buchen- und Laubwaldgebiete so lange vor Sägen und Erntemaschinen zu schützen, bis zehn Prozent des öffentlichen Waldes rechtlich verbindlich aus der forstlichen Nutzung herausgenommen worden sind", sagt der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. "Die Bundesregierung muss Wälder, die sich für die Ausweisung als Schutzgebiete besonders gut eignen, ebenso erfassen wie die bereits geschützten Waldgebiete", so Weiger. Alte Laubwälder beheimaten zahlreiche Tier- und Pflanzenarten und sind wichtig für die Speicherung von Kohlenstoff. Dies gilt besonders für geschützte und forstwirtschaftlich ungenutzte Buchenwälder. "Wir brauchen diese Wälder zum Erhalt der biologischen Vielfalt, zur dynamischen Anpassung an den Klimawandel, zum Beobachten und Lernen sowie zur Erholung und zum Wiederentdecken von Wildnis. Diese Gebiete sind viel wertvoller als kurzfristige Einnahmen aus dem Holz- und Brennholzverkauf", sagt Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung. Grüne Woche: NABU fordert mehr Engagement der Landwirte für Mensch und NaturÖkologische Vorrangflächen besser nutzen für gesunde Lebensmittel und ArtenvielfaltNABU Pressemitteilung, 19.1.12 Berlin Zum Start der „Internationalen Grünen Woche“ fordert der NABU mehr Engagement der Landwirte. „Obwohl sie ihr Einkommen zum großen Teil aus europäischen Agrarsubventionen beziehen, werden viele Landwirte ihrer Verantwortung für den Erhalt von artenreichen Landschaften, gesunden Böden und sauberen Gewässer nicht gerecht“, kritisiert NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Wir brauchen mehr Landwirte in Deutschland, die bereit sind, sich aktiv für die Natur und unsere Landschaften einzusetzen.“ Tatsächlich werden die deutschen Landschaften immer gleichförmiger und gesichtsloser, die Böden und Gewässer sind mit Düngemitteln und Pestizidrückständen hoch belastet und ehemals häufige Tiere und Pflanzen der Agrarlandschaft sind inzwischen stark gefährdet, kritisiert der NABU. „Um dieser fatalen Entwicklung entgegenzusteuern fordern wir die Einrichtung von ökologischen Vorrangflächen auf 10 Prozent der landwirtschaftlichen Acker- und Dauerkulturflächen“, erklärt Miller. Zugleich kritisiert der NABU die destruktive Haltung von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zu den Reformvorschlägen der EU-Kommission, die für das sogenannte 'Greening' der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) immerhin mindestens 7 Prozent ökologische Vorrangflächen fordert. „Diese Maßnahme würde sichtbare Effekte bringen und ist EU-weit anwendbar. So ist es völlig unverständlich, warum ausgerechnet Deutschland diese Reform torpediert“, kritisiert Miller. „Die Behauptung der Agrarwirtschaft, das führe zu einer 'willkürlichen Flächenverknappung' und verkenne die 'Herausforderungen der Welternährung', ist schlicht falsch. Vielmehr leisten die Vorrangflächen einen zentralen Beitrag für die nachhaltige Sicherung der Produktionsgrundlagen durch den Schutz von Wasser, Boden und Klima und damit auch für das künftige Einkommen der Landwirtschaft “, erklärt Miller. So beweisen Studien beispielsweise die immense Bedeutung von ökologischen Strukturen für die Bestäubung von landwirtschaftlichen Kulturen, ergänzt NABU-Agrarexperte Matthias Strobl. „Mit den Vorrangflächen kann eine ökologische Infrastruktur in der Agrarlandschaft aufgebaut werden.“ Nur durch den Erhalt artenreicher Flächen könnten die Ökosysteme wichtige 'Dienstleistungen' erbringen etwa für die Blütenbestäubung, oder auch für den Schutz von Gewässern durch Saum- und Pufferstreifen und die Bestandssicherung für rapide abnehmende Arten der Feldflur. Deshalb solle die EU-Kommission den Mindestumfang der ökologisch wertvollen Vorrangflächen dringend von 7 auf 10 Prozent erhöhen, fordert der NABU. Um optimale Effekte für Natur und Umwelt zu erzielen, sollten die Vorrangflächen vor allem entlang von Gewässer-, Hecken- und Waldrändern sowie auf sensiblen Standorten angelegt werden. Das Angebot einer Naturschutzberatung für einzelne Betriebe könne die Umsetzung von Vorrangflächen konfliktfreier gestalten. Um die Landwirte zu motivieren sollten zusätzlich Agrarumweltprogramme für Managementmaßnahmen angeboten werden, etwa auch als Erfolgsprämie, regt NABU-Experte Strobl an. Bauernhöfe statt Agrarindustrie. Agrar-Bündnis macht notwendigen Wandel deutlichBUND Pressemitteilung, 19.1.12Berlin: Zum Auftakt der Internationalen Grünen Woche in Berlin hat ein Bündnis von 24 Verbänden aus Landwirtschaft, Umweltschutz, Tierschutz und Entwicklungsarbeit den "Kritischen Agrarbericht 2012" vorgestellt. Kernpunkt der Publikation: Die industrielle Tierhaltung ist keine Perspektive für Mensch und Tier. Heidrun Betz vom Deutschen Tierschutzbund und Vorstandsmitglied des AgrarBündnisses machte die Probleme der industrialisierten Tierhaltung deutlich: 97% aller Puten und bis zu 96% aller Masthühner werden mit Antibiotika behandelt. Bei einer Stichprobe des BUND wurden auf jeder zweiten Geflügel-Probe antibiotikaresistente Keime gefunden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat festgestellt, dass die Verwendung von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung die Verbreitung resistenter Keime fördert. Tierschutz und Verbraucherschutz hängen eng zusammen. Rund 88% aller Puten leben in Betrieben mit mehr als 10.000 Tieren. 72% der Masthühner werden in Betrieben mit 50.000 und mehr Tieren, die übrigen in Beständen ab 10.000 Tieren gehalten. Unter diesen Bedingungen ist es undenkbar, einzelne Tiere gezielt gegen Krankheiten zu behandeln. Hochleistungszucht und nicht artgerechte Haltungsbedingungen machen die Tiere jedoch anfällig und führen zu Verletzungen, Krankheiten und Stress. Mastgeflügel in hohen Besatzdichten auf engstem Raum zu halten, ist ohne hohen und prophylaktischen Medikamenteneinsatz nicht möglich. Die vielfach als besonders hygienisch gelobte Intensivtierhaltung ist nicht zukunftsfähig. Appelle an die Verbraucher, sich die Hände zu waschen, reichen nicht aus. Erforderlich ist ein grundlegender Systemwechsel zu kleineren Beständen, geringerer Besatzdichte und einer tiergerechten Ausgestaltung der Haltungssysteme. Wenn die Politik den Mut nicht aufbringt, die Weichen umzustellen, riskiert sie weiteres Tierleid und gleichzeitig erhebliche Gesundheitsgefahren für die Menschen. Zur anstehenden Reform der EU-Agrarpolitik kündigte Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), an: "Der gesellschaftliche Druck für eine echte ökologische und soziale Reform der EU-Agrarpolitik wächst weiter und wir tun alles, damit das so ist. Der breiten Gesellschaft ist längst klar, dass die agrarpolitischen Rahmenbedingungen geändert werden müssen. Bei der EU-Kommission haben wir erreicht, dass sie in ihren Vorschlägen zur Reform einige erste von uns geforderte Weichenstellungen aufgegriffen hat. Aber damit Bundesregierung und auch die Abgeordneten des Europäischen Parlaments diese Vorschläge weiter verbessern, statt sie zu verwässern, muss der öffentliche Druck steigen. Nur das hilft, damit die Politik sich von den doch sehr eigensüchtigen Interessen der Industrie abnabelt." Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND sieht die Politik auch in globaler Verantwortung: "Wir haben kommenden Generationen gegenüber die Pflicht, Landwirtschaft so zu gestalten, dass unsere lebensnotwendigen Ökosysteme, die Fruchtbarkeit unserer Böden und unsere Wälder intakt bleiben. Hier und überall in der Welt. Solange aber die Agrarindustrie das Sagen hat, solange wird es Maiswüsten, Soja-Monokulturen und Palmölplantagen geben, auch wenn damit der Lebensmittelanbau in Hungerländern verdrängt wird. Solange die industrielle Losung herrscht 'Mehr Dünger, Pestizide und Gentechnik für mehr Ertrag je Hektar' solange bleibt die Landwirtschaft einerseits abhängig vom Erdöl und andererseits ausgerichtet auf die Zahlungskräftigen, die sich Fleisch und Agrosprit leisten können. Und damit leistet sie keinen Beitrag für die Bekämpfung des Hungers." Weiger ging auch auf den Beitrag der Landwirtschaft für die Energiepolitik ein: "Wir werden es nicht zulassen, dass die voranschreitende Energiewende gegen die überfällige Agrarwende ausgespielt wird. Klar ist, dass die Fleischproduktion in Deutschland sinken muss zugunsten einer Qualitätserzeugung zu auskömmlichen Preisen für die Bauern. Es gilt die Flächenkonkurrenz zwischen Teller, Trog und Tank zurückzufahren. Wir brauchen dezentrale Bioenergiestrukturen, basierend auf bäuerlichen Betrieben mit Flächenbindung, statt auf Megabiogasanlagen in Konzernhand. Die Brüsseler Agrarreform muss neue, verbindliche Umweltregeln bringen, damit dem Verlust von Wiesen und Weiden durch Maiswüsten und Monokulturen generell ein Riegel vorgeschoben wird." Der kritische Agrarbericht dokumentiert die aktuelle Debatte zur Landwirtschaft und zeigt Alternativen auf. Gleichzeitig hat er in jedem Jahr einen besonderen Schwerpunkt. Das diesjährige Thema "Zusammen arbeiten" macht deutlich, dass beim Streben nach Nachhaltigkeit Ökonomie und Ökologie großen Raum einnehmen, soziale Fragen aber bisher viel zu wenig Beachtung finden. Nicht nur Markt und Gesetze regeln das Miteinander. Der Kritische Agrarbericht zeigt daher auf, dass es Kooperationsformen innerhalb der Landwirtschaft und zwischen Landwirtschaft und Verarbeitung, Handel, Banken, Naturschutz, Verbrauchern und anderen Gruppen gibt, die wegweisend sind. Das AgrarBündnis selbst ist ein Beispiel für erfolgreiche Zusammenarbeit. Mit der Ausgabe 2012 feiert "Der Kritische Agrarbericht" sein 20. Jubiläum. Geschäftsführer Frieder Thomas freute sich jedoch viel mehr über etwas anderes: "Dass wir kontinuierlich Informationen für eine kritische Agrardebatte liefern, ist gut. Erfreulich ist es aber auch, dass wir es geschafft haben, im letzten Jahr mehr als 20.000 Menschen zur Grünen Woche auf die Straße zu holen. Das zeigt, dass breite Schichten der Gesellschaft hinter uns stehen. Und wenn sich nichts ändert, werden wir auch in Zukunft nicht nur informieren, sondern auch demonstrieren." Damit wies er auf die große Demonstration hin, die unter dem Motto "Wir haben es statt Bauernhöfe statt Agrarindustrie" am 21. Januar in Berlin stattfindet. » zurück |
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