AktuellÖkologischer Hochwasserschutz
Künftige Hochwasserschäden verringern: BUND fordertMaßnahmenpaket für ökologischen HochwasserschutzBUND Pressemitteilung, 14.6.13 Berlin: Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), begrüßte die Ankündigung der bayerischen Staatsregierung, ihren Mitteleinsatz für die Renaturierung von Auwäldern zu verdoppeln. Andere Bundesländer und die Bundesregierung müssten dem jetzt folgen, forderte Weiger. "Wenn die Pegelstände des Hochwassers gesunken sind, ist es an der Zeit, verstärkt ökologische Hochwasserschutzmaßnahmen umzusetzen", sagte der BUND-Vorsitzende. In Einzelfällen könne technischer Hochwasserschutz mit Rückhaltebecken oder Schutzwänden in Ortschaften zwar sinnvoll sein. Für einen effektiven und langfristig wirksamen Schutz müsse der Schwerpunkt jedoch auf ökologische Maßnahmen zur Vermeidung von extremen Hochwassern gelegt werden. Zu den erfolgreichen Projekten ökologischen Hochwasserschutzes gehöre beispielsweise das Rückdeichungsprojekt an der Elbe bei Lenzen im Land Brandenburg. "Rückdeichungen bringen mehr als Deicherhöhungen. Die Flutung neuer Auen senkt den Pegel. Viele Hochwasserschäden lassen sich so verhindern", sagte der BUND-Vorsitzende. "Bundeskanzlerin Merkel soll sich lieber vor rückverlegten Deichen und vor renaturierten Auen ablichten lassen statt vor Spundwänden", sagte Weiger. "Deichtourismus jeglicher Art lenkt den Fokus ausschließlich auf den technischen Hochwasserschutz. Es gibt inzwischen jedoch zahlreiche Beispiele für gelungene ökologische Hochwasserschutzmaßnahmen. Ohne Deichrückverlegungen und die Renaturierung alter Flussarme wäre das Hochwasser in diesem Jahr weit schlimmer ausgefallen", so Weiger. Der BUND-Vorsitzende forderte von Bund und Ländern, das bereits im Jahr 2004 von der Bundesregierung aufgestellte "Fünf-Punkte-Hochwasserschutzprogramm" endlich umzusetzen. Es sei höchste Zeit, neue Projekte für zusätzliche Überschwemmungsflächen an der Elbe, für die Vitalisierung von Auen und für die Rückverlegung von Deichen in Angriff zu nehmen. "Überflutungsflächen müssen konsequent als solche ausgewiesen werden und dürfen nicht Wohn- oder Wirtschaftszwecken dienen. Damit der Wasserrückhalt der Böden verbessert wird, muss die Landwirtschaft auf Monokulturen verzichten. Außerdem müssen Feuchtgebiete und Moore am gesamten Lauf der Flüsse renaturiert und so viele Fließgewässer wie möglich entgradigt werden", sagte Weiger. Fluss-Korsett aufsprengenElbe: 10.000 Hektar Überflutungsfläche genügen nichtWWF: Landwirtschaft in der Verantwortung WWF Pressemitteilung, 13.6.13 Am Donnerstag trifft Bundeskanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidenten der vom Hochwasser betroffenen Bundesländer zusammen. Angesichts des „Flut-Gipfels“ fordert die Naturschutzorganisation WWF von der Politik eine bessere Zusammenarbeit beim Hochwasserschutz. Nur gemeinsam könne das Korsett, in das die deutschen Flüsse gezwängt seien, aufgesprengt werden. Wasserwirtschaft, Raumordnung und Landwirtschaft müssten sich enger und länderübergreifend abstimmen. Vor allem den Agrarsektor sieht der WWF in der Verantwortung. Landwirtschaftliche Nutzflächen seien die einzige, realistische Option zur Rückgewinnung verloren gegangener Überflutungsflächen und müssten konsequent für den Hochwasserschutz herangezogen werden. Durch das schnelle und massive Ableiten von Regenwasser von den Äckern in die Gewässer werde die Problematik zudem weiter verschärft. Die Politik dürfe die Auseinandersetzung mit der Landwirtschaft zum Wohle der von dem Hochwasser betroffenen Menschen nicht scheuen. Bereits jetzt sei klar, so der WWF, dass die 2003 empfohlenen, rund 10.000 Hektar Überflutungsflächen an der Elbe, von denen bisher wenige tausend umgesetzt werden, bei weitem nicht genügen. Georg Rast, WWF-Referent für Wasserbau und Hydrologie: „Es wird in Deutschland immer Siedlungen, Gewerbe und Infrastruktur in Hochwassergefährdeten Gebieten geben. Wir können schließlich nicht ganze Städte wie Passau oder Dessau umsiedeln. Die weitere Entwicklung in diesen Regionen muss sich jedoch zukünftig an dem bestehenden Risiko ausrichten und angepasst werden. Es darf in solchen Arealen keine Massentierhaltung, potentiell gefährliche Chemiebetriebe oder sensible Infrastrukturen geben. Die Raumordnung muss zügig die benötigten Flächen für den Hochwasserschutz sicherstellen. Es braucht in Abstimmung aller betroffenen Bundesländer überarbeitete Landesentwicklungskonzepte. Dabei darf keine falsche Rücksicht auf kommunale Begehrlichkeiten genommen werden. Noch immer sind in Deutschland nicht alle Überschwemmungsgebiete auch als solche ausgewiesen. Der seit 2003 vorliegende „Aktionsplan Hochwasserschutz Elbe“ benennt zudem zahlreiche Rückhalteflächen, die jetzt schnellstmöglich umgesetzt werden müssen. Diese von der Agrar-Industrie intensiv genutzten Areale gilt es, gemeinsam mit den betroffenen Landwirten in eine nachhaltige Nutzung zu überführen. In den neuen Überflutungsräumen könnten etwa Grünland und Wald in Form von Biomasse zur Energiegewinnung genutzt werden. Hinzu kommen bisher unbeachtete Ökosystemleistungen wie CO2-Speicherung, Wasserreinigung und Naherholung. Außerdem müssen weitere Deichrückverlegungen, die ein Absenken des Hochwasserspiegels bewirken, zügig bestimmt, geplant und umgesetzt werden. Aus eigener Erfahrung weiß der WWF, mit welchen Anfeindungen und Vorwürfen bei derartigen Großprojekten gerechnet werden muss. Das ist ein Grund mehr, warum Hochwasserschutzprojekte ein integriertes Vorgehen und Dialog benötigen. Die Bundespolitik muss stärker dafür sorgen, dass diese Vorhaben Minister- und Länderübergreifend angegangen werden.“ "Hochwasserschutz nur miteinander, nicht gegeneinander"Ministerin Aigner wendet sich gegen Schuldzuweisungen an LandwirtschaftBMELV Pressemitteilung, 11.6.13 Vor dem Hintergrund der Diskussion um Hochwasserschutz in Deutschland hat sich Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner vor die Landwirtschaft gestellt, betroffenen Betrieben weitere Hilfen zugesagt und gleichzeitig vor einseitigen Schuldzuweisungen gewarnt: "Wir erleben gegenwärtig eine Naturkatastrophe, deren Ausmaße noch immer nicht absehbar sind. Insgesamt gehen die Schäden in die Milliarden. Auch die Landwirtschaft ist schwer getroffen: Hunderte Höfe stehen unter Wasser, Felder sind verwüstet, Anlagen zerstört, vielerorts wurde die gesamte Ernte vernichtet. Bund und Länder werden die betroffenen Landwirte in dieser schwierigen Situation nicht im Stich lassen", bekräftigte Aigner am Dienstag in Berlin. Die Ministerin hatte vergangene Woche in Sachsen und Bayern betroffene Betriebe besucht, um sich vor Ort einen Überblick über die Schäden zu verschaffen. Vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatte um einen besseren Hochwasserschutz in Deutschland stellte sich Aigner vor die Landwirtschaft: "Ich warne vor falschen Schuldzuweisungen. Es kann nicht sein, dass einzelne Interessenvertreter jetzt ausgerechnet die vom Hochwasser schwer getroffene Landwirtschaft zum Sündenbock machen. Die übergroße Mehrheit unserer Landwirte in Deutschland wurde und wird ihrer Verantwortung für Naturschutz und Hochwasserschutz gerecht. Alle wissen: Hochwasserschutz geht nur miteinander, nicht gegeneinander. Wirksamer Hochwasserschutz ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die im Konsens gelöst werden muss. Wie auch viele andere Grundeigentümer haben Landwirte in der Vergangenheit vielerorts unter Beweis gestellt, dass es die Bereitschaft gibt, eigene Interessen den Interessen des Gemeinwohls unterzuordnen. Schließlich haben die Landwirte selbst großes Interesse an wirksamen Schutzmaßnahmen, denn es sind ihre Felder, ihre Höfe und ihr Vieh, die im Falle eines Hochwassers ebenso von den Fluten bedroht sind wie andere Betriebe oder Wohnhäuser", erklärte Aigner. Die Ministerin kritisierte, die Debatte um eine mögliche Ausweitung von Enteignungen gehe am Ziel vorbei: "Wir haben in Deutschland eine klare Rechtslage, es bedarf aus meiner Sicht hier keiner Änderung. Enteignungen von Grundeigentümern bei Bauprojekten - egal ob Radweg, Autobahn oder Damm, egal ob ein Landwirt betroffen ist oder ein anderer Eigentümer - können immer nur das allerletzte Mittel sein. Dabei muss es auch in Zukunft bleiben." » zurück |
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