Aktuell


Urwälder in Deutschland

Auf dem Weg zum 'Urwald von morgen'

Schwarzelühr-Sutter: Hohe Schrecke ist Modell für natürliche Waldentwicklung und zukunftsweisendes Wirtschaften

BMUB Pressemitteilung, 4.8.15

Die Hohe Schrecke in Nordthüringen ist eines der größten unzerschnittenen Buchenwaldgebiete Mitteleuropas. In dem über 7300 Hektar großen Waldgebiet haben sich vielfältig strukturierte Waldlebensräume mit urwaldähnlichen Buchenbeständen und einem hohen Anteil an Tot- und Altholz erhalten. Ziel eines vom Bundesumweltministerium geförderten Naturschutzgroßprojektes ist es, großflächig ungenutzte Waldbereiche mit naturnah genutztem Wirtschaftswald eng zu verzahnen. Das Bundesumweltministerium stellt für das Vorhaben 9,4 Millionen Euro bereit.

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, zeigte sich von dem naturnahen Zustand der Wälder und der weitgehenden Unberührtheit beeindruckt: "Es ist faszinierend, Wälder erleben zu können, die über Jahrzehnte kaum forstwirtschaftlich genutzt wurden und zum Teil bis zu 220 Jahre alt sind. Wir brauchen mehr Wälder wie die 'Hohe Schrecke', nicht nur als naturnah, genutzten Wirtschaftsstandort, sondern auch als zukunftsweisende Vision für nachfolgende Generationen. In einer bemerkenswerten Kooperation zwischen Waldbesitzern, Kommunen und dem Naturschutz ist es gelungen, auf großen Flächen die Weichen für eine unbeeinflusste Waldentwicklung zu stellen. Eine solch erfolgreiche Zusammenarbeit kann auch als Vorbild für andere Projekte dienen."

In dem vom Bundesumweltministerium geförderten Naturschutzvorhaben soll bis zum Jahr 2023 eine Entwicklung zum "Urwald von morgen" eingeleitet werden. Ziel ist es, eine nachhaltige, naturschutzoptimierte Waldnutzung unter Einbeziehung natürlicher, selbstregulierender Prozesse zu etablieren. Etwa 1.700 Hektar Wald sollen aus der Nutzung genommen werden und sich selbst entwickeln können. Für einen großen Teil privater Waldflächen konnten bereits erste Vereinbarungen zum dauerhaften Nutzungsverzicht geschlossen werden. Weitere 600 Hektar alten Waldes wird der Freistaat Thüringen aus der Nutzung nehmen. Auch die Entwicklung von Eichenbeständen wird gefördert. Nadelholzbestände sollen in stabile, naturnahe Mischwälder umgewandelt, Fließ- und Stillgewässer renaturiert sowie Halbtrockenrasen und Streuobstwiesen optimiert und erhalten werden.

Die Gesamtausgaben des Projektes belaufen sich auf rund 12,5 Millionen Euro. Neben dem Bundesumweltministerium, das 9,4 Millionen Euro bereitstellt, beteiligen sich Thüringen mit 1,9 Millionen Euro und der Projektträger, die Naturstiftung David, mit 1,2 Millionen Euro an der Finanzierung.

Die Bundesmittel werden aus dem Programm "chance.natur - Bundesförderung Naturschutz" bereitgestellt. Das Programm, das seit 1979 besteht, ist einer der größten Naturschutz-Fördertitel in Deutschland mit einem jährlichen Etat von derzeit 14 Millionen Euro. Bislang wurden mehr als 450 Millionen Euro Bundesmittel für die Sicherung und Entwicklung von 77 bundesweit bedeutenden Landschaftsbereichen bereitgestellt. Dadurch konnten auf einer Fläche von mehr als 3.700 Quadratkilometern mit vielfältigen Projekten zum Erhalt der Landschaft- und Artenvielfalt in Deutschland beigetragen werden.


Schutzgebietsaufhebung wäre Rechtsverstoss

BN kritisiert Aufhebungsverfahren für Ebracher Schutzgebiet

BUND Naturschutz in Bayern Pressemitteilung, 3.8.15

Der BUND Naturschutz in Bayern (BN) hat in einer umfangreichen Stellungnahme zum Aufhebungsverfahren des Waldschutzgebietes „Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst“ die geplante Aufhebung scharf kritisiert. „Die beabsichtigte Auflösung ist weder rechtlich noch naturschutzfachlich zu begründen“, so Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN. „Mit einem Gutachten können wir aufzeigen, dass die Abgrenzbarkeit gegeben ist“, so Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter. „Unsere Überprüfung weiterer 30 Schutzgebiete beweist zudem, dass die Abgrenzung im Hohen Buchen Wald in vollem Umfang der geübten Verwaltungspraxis in Bayern und anderen Bundesländern entspricht.“ Ebenso sind eine Schutzwürdigkeit und eine Schutznotwendigkeit gegeben. Bei einer Auflösung des Schutzgebietes droht der Einschlag dicker Altbäume im großen Stil, die noch zu tausenden im Schutzgebiet vorkommen. Die Angaben des Forstbetriebes Ebrach zum Schutzgebiet erweisen sich in etlichen Punkten als falsch und irreführend. „Wir halten dieses Verfahren für rechtswidrig und rein politisch motiviert“, so Peter Rottner, BN-Landesgeschäftsführer und Verwaltungsjurist. „Wir werden deshalb nicht zögern, bei einer Aufhebung der Verordnung, die Gerichte zu bemühen und gemäß der EU-RL 35/2003 und Art. 9 der Aahrus Konvention zu klagen.“

Abgrenzbarkeit ist gegeben und entspricht anderen Landschaftsbestandteilen

Die Regierung von Oberfranken stützt ihre Aufhebung zentral darauf, dass ein geschützter Landschaftsbestandteil (nicht zuletzt auch optisch) herausgehoben abgrenzbar sein muss, was bei dem Hohen Buchener Wald nicht gegeben sei. Durch ein Kurzgutachten von Dr. Georg Sperber, einem der besten Steigerwaldkenner, wird jedoch klar belegt, dass das Gebiet anhand unterschiedlicher Grenzkategorien – auch optisch – vollständig und über weite Strecken sogar mehrfach abgegrenzt ist: durch verschiedene Landnutzungsarten, Waldbesitzarten, Landkreise, Regierungsbezirke und Schutzgebietskategorien. Der BN hat zudem überprüft, inwieweit die optische Abgrenzbarkeit, wie sie die Regierung von Oberfranken fordert, in der bisherigen Verwaltungspraxis umgesetzt wurde. Als Ergebnis dieser Recherchen zeigt sich, dass, wie auch im vorliegenden Fall, viele Landschaftsbestandteile an Landkreisgrenzen enden oder die Grenzen mitten durch Wälder bzw. Äcker verlaufen, ohne dass sich jenseits der Grenze der charakteristische Bewuchs optisch voneinander unterscheidet. Es gibt also viele entsprechende Schutzgebiete, die ähnlich oder sogar weniger optisch abgegrenzt sind wie der Hohe Buchene Wald. Dies belegen 30 untersuchte geschützte Landschaftsbestandteile aus 6 bayerischen Regierungsbezirken und 5 weiteren Bundesländern. „Wir können klar belegen, dass das jetzige Argument der fehlenden Abgrenzbarkeit keinesfalls rechtlich fundiert ist und der vielfach geübten Verwaltungspraxis in Bayern wie in anderen Bundesländern klar widerspricht“, so Mergner. Offenbar stellt es lediglich einen konstruierten Auflösungsgrund dar. Sogar das Bayerische Umweltministerium hat in einer Stellungnahme im Rahmen der Schutzgebietsausweisung die optische Abgrenzbarkeit bestätigt. „Für uns ist klar ersichtlich, dass die fehlende Abgrenzbarkeit rechtlich nicht begründet werden kann, sondern dieses Argument rein politisch motiviert ist“, so Weiger. „Das Vorgehen der Staatsregierung mit der Normenkontrollklage der Bayerischen Staatsforsten und dem von der Regierung von Oberfranken angestrengten Auflösungsverfahren halten wir für einen reinen Formenmissbrauch“, so Rottner.

Schutzwürdigkeit und Schutznotwendig ist gegeben

Viele Gutachten belegen die hohe Schutzwürdigkeit und die nationale sowie internationale naturschutzfachliche Wertigkeit der Staatswälder im oberen Steigerwald. Große Bereiche der Staatswälder im oberen Steigerwald wurden als europäisches FFH- und Vogelschutzgebiet geschützt, mit dem Ziel die Laubwaldtypen sowie eine Vielzahl typischer und bedrohter Tier-, Pilz- und Pflanzenarten zu erhalten. Mit dem geschützten Landschaftsbestandteil Hoher Buchener Wald wurde - als ehemaligem Wald des Zisterzienserklosters Ebrach - ein zentrales Kernstück der Natura 2000-Gebiete geschützt. „Der Wegfall der Unterschutzstellung wäre somit europarechtlich und nach innerstaatlichem Recht rechtswidrig“, so Rottner.

Auch das ambitionierte Nutzungskonzept des Forstbetriebs Ebrach kann wegen der umfangreichen Holznutzungen den zentralen Schutzzweck der Verordnung „natürliche Waldentwicklung“ „ohne forstliche Nutzung“ nicht erfüllen. Dies wird auch dadurch belegt, dass bis kurz vor der Schutzgebietsausweisung in der Schutzgebietskulisse zahlreiche dicke Buchen eingeschlagen wurden. Das Schutzgebiet ist deshalb absolut notwendig – im Jahr des Waldnaturschutzes ist seine Aufrechterhaltung ein wichtiges Signal!


Zahl des Monats: 520.325 Bürger stimmen gegen Aufweichung des EU-Naturschutzes

Rekord bei EU-Bürgerbeteilung

NABU Pressemitteilung, 5.8.15

Berlin/Brüssel – Bei einer von der Europäischen Kommission initiierten Befragung zur Zukunft des Naturschutzes in der EU haben sich über 94 Prozent aller Teilnehmer für die Beibehaltung der EU-Vogelschutz- und der EU-Fauna-Flora-Habitat -Richtlinie ausgesprochen. Mit mehr als einer halben Million Teilnehmer brach diese EU-Konsultation, die von April bis Ende Juli lief, nicht nur alle Rekorde: sie ist ein deutlicher Warnschuss für den Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, der eine "Modernisierung" der Richtlinien vorgeschlagen hat und dafür vom NABU und anderen Umweltverbänden scharf kritisiert wird.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird vorgeworfen, er wolle ein Naturschutzrecht, das sich stärker an Interessen der Wirtschaft orientiert. Die Umweltverbände fordern stattdessen eine konsequentere Durchsetzung der geltenden Naturschutzregeln, zum Beispiel in Schutzgebieten oder bei der Verfolgung von Wilderei, sowie mehr Finanzmittel und Personal für die Naturschutzbehörden.

Sollte Juncker Anfang 2016 dennoch beschließen, das Naturschutzrecht von EU-Regierungen und Europaparlament neu verhandeln zu lassen, sieht der NABU den Naturschutz in großer Gefahr. Zehntausende Schutzgebiete und das Leben von Millionen von Zugvögeln und anderen Tieren stände auf dem Spiel.




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