AktuellUmweltverbände zur Grundsteuer
Neue Grundsteuer muss bodenbezogen berechnet werdenBUND Pressemitteilung, 10.4.18Berlin: Der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, begrüßt das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bemessung der Grundsteuer und erneuert die Forderung des BUND, die Grundsteuer zu einer bodenbezogenen Steuer weiter zu entwickeln. "Die Reform der Grundsteuer ist längst überfällig. Der Gesetzgeber muss den jetzt erteilten Handlungsauftrag im Sinne der Nachhaltigkeit nutzen", erklärt der BUND-Vorsitzende. Die Steuer müsse den Umgang mit der begrenzten Ressource Boden in Richtung nachhaltiger Nutzung lenken. Bodenspekulationen und flächenfressende Bebauung dürften nicht noch steuerlich begünstigt werden. Die bisherige Besteuerung von Grundbesitz sei zudem intransparent und mit einem immensen Verwaltungsaufwand verbunden. "Die Neuregelung muss einfacher zu administrieren und leichter nachvollziehbar sein", so Weiger. Viele Kommunen kämpfen mit Leerständen und fehlender Innenentwicklung. Gesucht werden Wege, die Baubedarf und städtisches Grün in Einklang bringen. "Durch eine bodenbezogene Grundsteuer kann der Flächenverbrauch gestoppt und die Siedlungsentwicklung nach innen perspektivisch wieder attraktiver werden. Neubaugebiete auf der Grünen Wiese, die Naturräume weiter einschränken, müssen der Vergangenheit angehören. Geeignete Freiflächen, Industriebrachen und Gebäude müssen nachhaltig für neuen Wohnraum genutzt werden", sagt Hubert Weiger. Für lebenswerte Städte gilt es zudem städtische Grünflächen zu erhalten und zu vernetzen. Der Umweltverband weißt im Zusammenhang mit einer Neuregelung auf die Berücksichtigung der aus Klimaschutzgründen dringend notwendigen Sanierung im Gebäudebestand hin. Eine am Immobilienwert ausgerichtete Grundsteuer würde die für den Klimaschutz notwendigen Investitionen in die thermische Sanierung des Gebäudebestands erschweren. Hubert Weiger betont: "Zukünftig dürfen klimaschützende Investitionen nicht mehr zu höheren Belastungen der Eigentümer und Mieter führen." Mit Blick auf die Grundsteuer als wichtigste Einnahmequelle für Städte und Gemeinden, hob der BUND-Vorsitzende hervor, dass eine neue Bunderegierung die verlangte Reform nicht auf die lange Bank schieben dürfe. "Der Gesetzgeber muss die Reform zügig auf den Weg bringen. Die vom Verfassungsgericht gesetzte Frist darf nicht bis auf den letzten Tag ausschöpfen werden." Grundsteuer verfassungswidrig - Weg frei für reine BodensteuerFünf vor zwölf bei der Grundsteuerreform: Rasch umsetzbarer Vorschlag für eine Bodenwertsteuer muss jetzt auf die TagesordnungNABU Pressemitteilung, 10.4.18 Karlsruhe Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 10. April die Grundsteuer in ihrer heutigen Form erwartungsgemäß für verfassungswidrig erklärt. Die stark veraltete Einheitsbewertung verstößt gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz. Dem Gesetzgeber räumt das Gericht eine Frist bis zum 31. Dezember 2019 ein, um eine verfassungsgemäße Neuregelung zu erlassen. Jetzt muss eine schnelle, unkomplizierte Lösung her, so die Einschätzung der Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, denn ohne eine verfassungsgemäße Grundsteuer kommen auf die Kommunen nach Ablauf der Frist Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe zu. Das Bundesverfassungsgericht stellte hierzu fest, dass der Gesetzgeber über einen weiten Spielraum zur Bestimmung des Steuergegenstandes verfügt. Dieser Urteilsspruch erlaubt die Umsetzung einer einfachen und innerhalb der gesetzten Frist durchführbaren Variante, nämlich der Besteuerung des Bodenwertes. Dieser von Zivilgesellschaft und Fachwelt angeregte Reformvorschlag wurde von Bund und Ländern bei ihren bisherigen Reformüberlegungen beharrlich ignoriert. Dabei könnte er problemlos innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist verwirklicht werden. Hierbei würde die unverhältnismäßig aufwendige und zeitraubende Gebäudebewertung obsolet. Die Bemessungsgrundlage wären einzig die Bodenrichtwerte, die größtenteils bereits flächendeckend vorliegen. Einigte man sich endlich auf dieses Modell, wäre die neue Grundsteuer ein echter Beitrag zum Bürokratieabbau. Derzeit führen Investitionen in Grundstücke und Gebäude automatisch zu einer höheren Besteuerung. Die Grundsteuer in Form der Gebäudesteuer bestraft also Investitionen, belohnt Spekulation und führt somit durch Angebotsverknappung und Investitionszurückhaltung zu ansteigenden Bodenpreisen und Wohnungsmieten. Bei einer Bodensteuer, die nicht das Gebäude berücksichtigt, würden hingegen Baulücken oder Brachflächen deutlich höher besteuert werden als zuvor. „Eine Bodensteuer hätte starke positive Effekte auf den Boden- und Wohnungsmarkt. Sie verhält sich gänzlich neutral gegenüber Investitionen, würde Spekulationen verteuern und schafft somit einen Anreiz zu bauen. Damit würde eine Bodensteuer die Planungsziele der Städte und Gemeinden stärken, anstatt sie zu konterkarieren“, so Dr. Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln. „Die Bodensteuer hat zwei wichtige Auswirkungen. Mehrfamilienhäuser werden entlastet und unbebaute bzw. ungenutzte Grundstücke werden deutlich höher belastet. Das ist ein Beitrag zur Mobilisierung dieser Flächen für den Wohnungsneubau“, so Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbunds. „Neue Berechnungen zeigen, dass selbst in hochpreisigen Verdichtungsräumen wie Berlin die Bodensteuer nicht für Gentrifizierungsprozesse verantwortlich gemacht werden kann, wie Kritiker behaupten“, so Dr. Dirk Löhr, Professor für Steuerlehre und Ökologische Ökonomik an der Hochschule Trier. „Mehrbelastungen können v.a. in den größten Städten auch bei Mehrfamilienhäusern in einigen sehr teuren Lagen entstehen. Soweit politisch gewünscht, ließen sich diese aber auf verschiedenen Stufen der Steuerberechnung mildern oder beseitigen.“ Die angesichts der hohen Wohnungsnachfrage so wichtigen Potenziale in den Innenstädten würden mit einer Bodensteuer aktiviert bzw. besser genutzt. „Indem innerörtliche Brachen und Baulücken besser genutzt werden, ist weniger Neubau auf der grünen Wiese erforderlich. Durch eine Bodensteuer würden zudem alle Eigentümer einen gerechten Anteil der Bodenwertschöpfung zurück an die öffentliche Hand geben“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Mehr und mehr Stimmen sprechen sich für die Reform zu einer Bodensteuer aus, darunter das Deutsche Institut für Urbanistik und der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung (Roadmap Bodenpolitik), das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW-Kurzbericht 58.2016) sowie das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung (IMK-Report 129/2017). Auch eine in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung vorgelegte Studie zur Entwicklung der Wohnbautätigkeit empfiehlt eine Bodensteuer. Der Bundesrat hat zwar 2016 eine Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht. Das damals vorgeschlagene Kostenwertmodell war jedoch für eine zügige und sichere Reform denkbar ungeeignet, sah es doch eine aufwendige Neubewertung sämtlicher Grundstücke und Gebäude in Deutschland vor. Nach eigenen Aussagen der Finanzministerkonferenz wären dafür bis zu zehn Jahre benötigt worden. Zudem wäre das Kostenwertmodell laut einem Gutachten des Instituts für Steuerrecht an der Universität Köln ebenfalls nicht verfassungskonform. Die Richter in Karlsruhe befassten sich mit Verfassungsbeschwerden gegen die Einheitswert- und Grundsteuermessbescheide (1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12). Die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer fußt bislang auf völlig überalterten Einheitswerten aus dem Jahr 1964 für die alten Bundesländer bzw. 1935 für die neuen Bundesländer. Die Erträge aus der Grundsteuer verbleiben zu 100 Prozent bei den Städten und Gemeinden und machen rund 15 Prozent der kommunalen Einnahmen aus. Die Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“ ist ein 2012 gegründeter bundesweiter, überparteilicher Aufruf zur Reform der Grundsteuer in eine Bodenwertsteuer. Zu den Unterstützern zählen bislang über 50 Bürgermeister, zahlreiche Verbände und Organisationen, darunter der NABU, das Institut der deutschen Wirtschaft und der Deutsche Mieterbund sowie über 900 Privatpersonen. » zurück |
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