AktuellWaldsterben 2.0
Klimakrise führt zu neuem WaldsterbenFlächendeckender Waldumbau von Nadelforsten hin zu Laubmischwäldern muss endlich vorrangig werdenBUND Pressemitteilung, 24.7.19 Berlin. Angesichts absterbender Waldbestände in ganz Deutschland fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), endlich wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Klimakrise zu stoppen und ein "Waldsterben 2.0" abzuwenden. Dazu gehöre eine umwelt- und sozialverträgliche CO2-Abgabe ebenso wie ein umfassendes sektorspezifisches Maßnahmenpaket, insbesondere der überfällige Einstieg in den Ausstieg aus der Kohle. Der BUND mahnt zudem, Nadelholz-Monokulturen endlich in Laubmischwälder umzubauen und die Wälder schonender zu bewirtschaften, um diese besser gegen den Klimastress zu wappnen. Der BUND stellt hierzu zehn Forderungen an die Entscheiderinnen und Entscheider in Politik, Forstwirtschaft und Jagd. "In Deutschland sind die Wälder am stärksten von der Klimakrise betroffen. In Folge der anhaltenden Trockenheit und Hitze der letzten Jahre spitzt sich die Situation dramatisch zu, es droht ein `Waldsterben 2.0`", warnt Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND. "Die Bäume sind durch den permanenten Eintrag von Luftschadstoffen und durch die Überdüngung aus der Luft geschwächt, der Waldboden ist ausgedorrt. Waldbrände, Stürme und Massenvermehrungen von Borkenkäfer und Nonne lassen in der Folge ganze Waldbestände aus naturfernen Fichten- und Kiefernmonokulturen zusammenbrechen", erläutert Weiger. Doch auch einige Buchenwälder seien durch den Klimastress so geschwächt, dass die Bäume ihr Laub frühzeitig abwerfen oder gar absterben. "Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Wenn wir nicht jetzt die Ursachen für die Klimakrise und das Waldsterben bekämpfen, haben wir irgendwann nur noch Katastrophenholz und verlieren die heutigen Wälder", mahnt Weiger. "Wir brauchen endlich mutige Entscheidungen zum Schutz des Klimas, auch auf globaler Ebene. Wir fordern die Politiker und Politikerinnen auf Landes-, Bundes- und Europaebene auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und umgehend wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen zu beschließen", so Weiger. Die Schäden für Gesellschaft sowie Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer durch die Klimakrise seien heute schon enorm, erklärt Weiger. Die Folgekosten durch ein weiteres Aussitzen der Klimakrise durch die Politik seien deutlich höher als die Kosten für längst überfällige Klimaschutzmaßnahmen. "Denn wenn die Wälder sterben, verlieren wir mit ihnen unser naturnächstes Drittel in Deutschland mit unübersehbaren Folgen, vor allem für die Trinkwasserversorgung für Millionen von Menschen", so Weiger. Weiger weiter: "Um die gestressten Wälder besser gegen die Auswirkungen der Klimakrise zu schützen, müssen wir sie schonender behandeln. Wir müssen unsere Wälder endlich ökologisch verträglich bewirtschaften, sodass mehr Feuchtigkeit im Wald verbleibt und dieser sich selbst stabilisieren kann. Das bedeutet: weniger drastische Eingriffe für die Holzernte, ein Stopp der Entwässerung von Wäldern und die Vermeidung der Verdichtung von Waldböden durch Befahrung." Für diese und andere Punkte sei endlich eine gute forstliche Praxis zu definieren und in allen Waldgesetzen verbindlich zu verankern, fordert Weiger. "Naturferne Fichten- und Kiefernforste müssen dringend in naturnahe Laubmischwälder umgebaut werden", mahnt der BUND. Dafür sei es zwingend notwendig, erhebliche Finanzmittel, auch für mehr Forstpersonal, bereitzustellen. Vorhandene Erfolge wie in den Wäldern um Berlin, dem brandenburgischen Stadtwald Treuenbrietzen oder dem Nürnberger Stadtwald zeigen, dass solche Waldumbaumaßnahmen die Waldbrandgefahr verringern. Überfällig sei es auch, die Vorgaben zum Wildtiermanagement so zu entwickeln und umzusetzen, dass durch entsprechende Bejagung des Schalenwilds eine natürliche Verjüngung von Laubbäumen ohne teure Zäune möglich ist. "Es ist ein Skandal, dass jahrelange Bemühungen von engagierten Försterinnen und Förstern, junge Laubbäume in Nadelholz-Monokulturen hochzubringen, aufgrund von Versäumnissen bei der Jagd immer wieder von Rehen und anderem Schalenwild vernichtet werden", sagt Weiger. Waldbesitzer und Kommunen, die ihre Nadelholz-Monokulturen zu naturnahen Laubmischwäldern umbauen wollen, seien finanziell besser zu unterstützen, fordert der BUND, beispielsweise durch den Waldklimafonds. Weiger begrüßt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel den Waldbauern in besonderer Weise unter die Arme greifen wolle. Für ein Wiederaufforstungsprogramm, wie von der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner gefordert, dürften jedoch keine Steuergelder für ein "Weiter so" in der Forstwirtschaft verschwendet werden. Stattdessen sollte ein Mix aus Laubbäumen gepflanzt werden, Nadelbäume nur noch in Beimischung, auf exotische Baumarten wie Douglasie oder Roteiche müsse aus Naturschutzgründen verzichtet werden, fordert Weiger. Zudem sei die heimische Weißtanne zu fördern. Der BUND fordert auch, dass sich langfristig mindestens zehn Prozent der Wälder dauerhaft als Naturwälder frei von forstlichen Eingriffen entwickeln dürfen. In diesen "Urwäldern von morgen" würden nicht nur seltene Tiere, Pflanzen und Pilze besonders geschützt, sondern die Forschung könne hier wertvolle Erkenntnisse gewinnen, wie sich der Wald in der Klimakrise selbst helfen kann. "Die aktuelle, alarmierende Situation muss für die Bundesregierung Anlass sein, rascher und konsequenter die überfälligen Klimaschutzbeschlüsse herbeizuführen. Spätestens auf der Sitzung des Klimakabinetts im September müssen verbindliche Maßnahmen beschlossen und diese dem Bundestag umgehend zur Befassung vorgelegt werden", so Weiger. Umweltschützer wollen deutschen Wald radikal umgestalten(dpa) - 24. Juli, 2019https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_86153082/-waldsterben-2-0-bund-plant-umbau-von-waeldern-.html „Der Hitzestress trifft ein ohnehin geschwächtes Wald-Ökosystem“Die Umweltschutzorganisation BUND warnt vor einem „Waldsterben 2.0“. Der aktuelle Wassermangel durch die Hitze setze etwa Kiefern besonders zu, weil ihre Wurzeln bereits dramatisch abgenommen hätten, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger im Dlf. Nötig sei ein Waldumbau hin zu mehr Laubbäumen.Hubert Weiger im Gespräch mit Britta Fecke, Deutschlandfunk, 24.7.19 https://www.deutschlandfunk.de/baumsterben-der-hitzestress-trifft-ein-ohnehin.697.de.html?dram:article_id=454681 Trockenheit in den Wäldern: Der Wald wird wenigerDürre ist für die Wälder ein echtes Problem für Waldbesitzer auch ein finanzielles. Fichtenforste sind besonders anfällig und dann frisst sich auch noch das hungrige Rotwild durch den Baumnachwuchs.Deutschlandfunk Nova, 24.7.19 https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/trockenheit-in-den-waeldern-der-wald-wird-weniger Experte fordert: Keine weiteren forstlichen Eingriffe in allen älteren Buchenwäldern!Von Norbert Panek, 24.7.19Bundesweit werden infolge des Klimawandels zunehmend derzeit große Trockenschäden auch in den einheimischen Buchenbeständen beobachtet. Um die natürliche Regerations- und Anpassungsfähigkeit des Wald-Ökosystems zu stärken, sollten als Gegenmaßnahme in allen Altholzbeständen ab Alter 120 Jahre möglichst umgehend keine forstlichen Eingriffe mehr stattfinden, fordert der Korbacher Buchenwald-Experte Norbert Panek. Derartige Eingriffe würden das schützende Kronendach der Altbäume zerstören und zu viel Licht und damit auch Wärme in die Bestände lassen. Dadurch werde die natürliche Pufferwirkung des Ökosystems massiv eingeschränkt. Panek wendet sich zugleich auch dezidiert gegen jüngste Behauptungen der Holzlobby (namentlich der „Arbeitsgemeinschaft Rohholz“), dass der deutsche Wald „überaltert“ und daher besonders anfällig gegen Klimastress sei. Die Hauptursachen für die derzeit durch Hitze und Dürre abgängigen Fichten und Buchen sieht Panek nicht allein im fortschreitenden Klimawandel begründet, sondern in erster Linie in einer jahrzehntelang praktizierten, naturwidrigen Forstbewirtschaftung und damit in der mangelnden Naturnähe der Forstbestände. Diese bestünden hauptsächlich aus jüngeren Bäumen. So seien zum Beispiel mehr als die Hälfte der deutschen Buchenbestände jünger als 100 Jahre. Die Behauptung, der Wald ist „überaltert“, sei absurd. In Deutschland wurden die angestammten Laubwald-Ökosysteme bis noch vor Kurzem über Jahrhunderte bzw. Jahrzehnte hinweg in Fichtenplantagen, in Ostdeutschland hauptsächlich in Kiefernplantagen umgewandelt - in „Spitzenzeiten“ (vor und nach dem Zweiten Weltkrieg) auf fast 70 Prozent der deutschen Waldfläche! Natürlicherweise würde Nadelholz aber nur auf zwei Prozent der Waldfläche vorkommen. Ganze Landschaften wurden ökologisch massiv verändert. Ein ganzer Wirtschaftszweig hat sich zudem vom Nadelholz abhängig gemacht. Die verbliebenen Buchenforsten werden jahrzehntelang im so genannten Schirmschlagverfahren genutzt. Dabei werden auf großer Fläche zeitversetzt nahezu alle alten hiebreifen Bäume im Alter zwischen 120 und 160 Jahren geerntet und zurückbleibt eine flächige Monokultur aus nahezu gleichaltrigen Jungbuchen, die wieder zu einem mehrfach durchforsteten (aufgelichteten), strukur- und totholzarmen Altersklassenbestand heranwachsen. Aus Wäldern wurden somit naturferne, vom Menschen gemachte Forst-Ökosysteme, -nur durch forstliche Eingriffe überlebensfähig und extrem anfällig bei äußeren Störeinflüssen. Die bislang praktizierte Waldbehandlung hat demzufolge zu einer dramatischen Schwächung der Ökosysteme geführt; die Art der plantagen-ähnlichen Forstbewirtschaftung werde aber in der gegenwärtigen Diskussion nicht einmal ansatzwesie in Frage gestellt, moniert Panek. Stattdessen werden Forderungen laut, mehr Geldmittel für die Aufforstung mit angeblich klimaresistenten Baumarten bereitzustellen „ein Irrweg“, meint Panek, „weil Anpflanzungen, noch dazu mit exotischen oder naturraumfremden Arten das ohnehin bereits gestörte Ökosystem noch mehr schwächen und noch unnatürlicher machen werden.“ Was wir jetzt brauchen, ist ein Forstmanagement, das in ökologischen Zusammenhängen denkt und agiert und sich an dem Begriff „Naturnähe“ orientiert. Naturnähe bedeutet: Stärkung der Regenerations- und Anpassungsfähigkeit der Wälder eine wichtige Eigenschaft, um im derzeitigen Klimastress zu bestehen. Panek erinnert daran, dass etwa 70 Prozent der Landfläche Deutschlands von Natur aus eigentlich von Buchen- bzw. Buchenmischwäldern bedeckt wären; sie sind durch menschlichen Raubbau auf acht Prozent ihres ursprünglichen Verbreitungsareals geschrumpft. Viele natürliche Buchenwaldgesellschaften seien durch die intensive forstwirtschaftlliche Nutzung derzeit an den Rand ihrer Existenz gebracht oder zumindest stark gefährdet. Um die noch verbliebene Rest-Substanz dieser Wälder zu sichern, sollten die über 120-jährigen Bestände nicht mehr genutzt werden; das wären rund 520.000 Hektar (etwa ein Drittel der deutschen Buchenbestände) flankiert durch Förderprogramme für Nutzungsentschädigungen hauptsächlich in Privatwäldern. Allein rund 190.000 Hektar im staatlichen Besitz könnten eigentlich sofort aus der Nutzung genommen werden, wenn die Politik aufwachen und begreifen würde, welche ökologischen Katastrophen sich im deutschen Wald anbahnen und dass die momentane Krise in erster Linie eine Krise der konventionellen Forstwirtschaft ist. Buchenwälder wurden im Jahr 2011 in fünf deutschen Schutzgebieten zum Weltnaturerbe der Menschheit erklärt. „Ich sehe im Moment weit und breit keinen einzigen Politiker oder eine Partei, auch keine größere Naturschutzorganisation oder Naturschutzbehörde, die sich lautstark um dieses Welterbe kümmert und vehement für dessen Erhalt wirklich entschlossen einsetzt.“ (Nachfolgend ein krasser Gegenstandpunkt aus der Holzindustrie:) Deutscher Wald zu alt für den KlimawandelDer Wald hat nach Einschätzung der Holzindustrie ein demographisches Problem. Als Beleg dient die Kohlenstoffinventur 2017. Sie würde zeigen, dass der Wald weniger genutzt wurde als für ihn gut wäre.Von Ulrich Graf, Wochenblatt, 24.7.19 https://www.agrarheute.com/wochenblatt/feld-stall/wald/deutscher-wald-alt-fuer-klimawandel-555524 » zurück |
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