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Kahlschlag in Russland

Kahlschlag in der Taiga

Deutsche Firmen beziehen Holz und Papierwaren aus den letzten Urwäldern Europas – und tragen so zum Klimawandel und der Ausrottung zahlreicher Arten bei.

Greenpeace-Online, 6.3.17

Tausendmal schneller als in den vergangenen 65 Millionen Jahren geht weltweit das Artensterben voran – vorangetrieben durch den Menschen, vor allem durch die Zerstörung und Umwandlung natürlicher Lebensräume. Sinnbildlich dafür stehen Kahlschläge in Gebieten wie dem Dvinsky-Urwald südöstlich von Archangelsk in Russland, einem der letzten Urwälder Europas. Ein neuer Greenpeace-Report zeigt, welche Firmen von der Zerstörung profitieren; darunter sind auch viele deutsche Namen.

Durch die industrielle Rodung mit schweren Maschinen, sogenannten Harvestern, wird im Dvinsky-Urwald ein natürlicher Lebensraum brutal zerstört. Verschiedenste Arten haben sich über lange Zeit hier eingerichtet, unter anderem Braunbären, Uhus und Vielfraße. Zurück bleiben zerfurchte, aufgerissene Waldböden. Die Tiere, die fliehen konnten, werden weiter in noch intakte, aber ebenfalls bedrohte Gebiete gedrängt. Alle, die nicht schnell genug waren, werden von den Maschinen überrollt, verletzt oder getötet.

Moratorium missachtet

Seit 2001 fordert Greenpeace den Schutz des Dvinsky-Urwaldgebietes in der Arkhangelsk-Region. Der Prozess, bei dem die lokale Regierung, Firmen und Nichtregierungsorganisationen einen Schutzgebietsvorschlag ausgearbeitet haben, wurde vor mehr als zehn Jahren durch eine Greenpeace-Kampagne in Gang gesetzt.

Das vorgeschlagene Gebiet in den Dvinsky-Urwäldern, in dem Rodungen nicht länger erlaubt sein sollten, wurde von den regionalen Firmen allerdings großflächig missachtet. Stattdessen schlugen sie eine Schneise, die das 489.000 Hektar große zusammenhängende Gebiet nahezu zweiteilt.

Artenvielfalt braucht Raum

Eigentlich will die Staatengemeinschaft solchen Auswüchsen einen Riegel vorschieben: 2010 verständigten sich die Länder der Welt unter der UN-Konvention zum Erhalt der biologischen Vielfalt (CBD) auf die sogenannten Aichi-Biodiversitätsziele. Darin verpflichten sich mehr als 190 Länder, den Artenschwund bis 2020 durch mehrere Maßnahmen zu bekämpfen. So sollen zum Beispiel 17 Prozent der Fläche jedes Landes für die Artenvielfalt unter Schutz gestellt werden. Zudem planen die Länder, den nationalen Urwaldverlust jeweils um die Hälfte zu reduzieren. Doch Russland hat bisher nur 3,2 Prozent seiner Landesfläche zum Umwelt- und Artenschutz ausgewiesen. Und der Schutz weiterer Urwälder gestaltet sich schwierig.

„Russland, Kanada und die skandinavischen Länder können mit größeren Schutzgebieten in ihren riesigen borealen Waldflächen dem Artensterben entgegenwirken“, sagt Jannes Stoppel, Greenpeace-Experte für Wälder und Klimaschutz. „Gleichzeitig helfen sie so die Permafrostböden, in denen riesige Mengen Kohlenstoff lagern, zum Schutz des Klimas zu erhalten.“ Es ist Zeit zu handeln, denn zwischen 2000 und 2013 wurden in den borealen Wäldern jedes Jahr durchschnittlich etwa 2,5 Millionen Hektar Waldwildnis zerstört – eine Fläche größer als Mecklenburg-Vorpommern.

Wirtschaftliche Macht nutzen

Die Firmen, denen die Ausbeutung des Dvinsky-Urwalds anscheinend gleichgültig ist, liefern Holz und ihre Papierprodukte auch nach Deutschland; der aktuelle Greenpeace-Report deckt die Handels- und Besitzbeziehungen hinter der Urwaldzerstörung auf. Zudem zeigt er: Mehrere russische Unternehmen wollen ihre Operationen in der Region ausweiten, obwohl seit 2000 schon 300.000 Hektar des Urwaldes gerodet wurden.

„Die deutschen Firmen Jacob Jürgensen, die Bremer Holzwerke, der Holzhändler Cordes, der Saunabauer Karibu Holztechnik und die Verlagsgruppe Random House bezogen nach unseren Recherchen Holz- und Papierprodukte von den Firmen aus der Arkhangelsk-Region, die im Dvinsky-Urwald weiter Kahlschlag betreiben wollen“, sagt Stoppel.

Greenpeace appelliert an diese Firmen, ihre russischen Lieferanten in die Pflicht zu nehmen: Sie müssen das bisherige Moratoriumsgebiet zum Schutz des Dvinsky-Urwalds unterstützen, Transparenz über ihre Einschlagspläne garantieren, und sie dürfen intakte Urwaldgebiete nicht weiter zerstören. Wenn die Lieferanten aus der Arkhangelsk-Region nicht mitziehen, sollten die deutschen Abnehmer ihren wirtschaftlichen Einfluss geltend machen: Indem sie sich andere Partner suchen, die ihre Verantwortung ernst nehmen. Denn das stößt vielleicht auch bei den russischen Unternehmen endlich ein Umdenken an.




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