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Rentiere in Not

Rentier auf dünnem Eis

Wilderei und Klimawandel bedrohen wilde Rentiere
Reißende Fluten statt sicheres Eis: Dramatische Bilder von Flussüberquerung


WWF Pressemitteilung, 19.12.18

Klimawandel und Wilderei setzen den letzten wildlebenden Rentierpopulationen massiv zu. Das geht aus dem aktuellen Rentier-Report "Keine Rentiere - Keine Weihnacht" der Naturschutzorganisation WWF hervor. Noch im Jahr 2000 bestand etwa die russische Taimyr-Riesenherde aus geschätzt 1.000.000 Tieren. Laut WWF ist die Sterblichkeit in dieser Population allerdings inzwischen doppelt so hoch wie die offizielle Statistik angibt. Inzwischen sei sie auf nur noch geschätzt 380.000 Exemplare geschrumpft. Weltweit sind die Bestände in den vergangenen 25 Jahren um 40% auf etwa 2.890.000 Tiere eingebrochen.

Schätzungen gehen allein für die Taimyr-Population von 80.000 bis 100.000 gewilderten Rentieren aus. "Es gibt wahre Rentier-Massaker. Die Geweihe werden zu Pulver verarbeitet und vor allem in China als Heilmittel verkauft. Zungen sind als Delikatesse gefragt", berichtet Eva Klebelsberg, Referentin für die Russische Arktis beim WWF Deutschland. Erschwerend kommt die Klimakrise hinzu. In der Vergangenheit konnten die Herden auf ihren Wanderungen im arktischen Frühjahr meist problemlos die zugefrorenen Flüsse überqueren. Derzeit beobachten WWF-Ranger jedoch immer häufiger ein früher seltenes Phänomen: Zur Zeit der Kalbung sind die Flüsse immer häufiger schon getaut und die neugeborenen Jungtiere müssen mehrere Kilometer Eiswasser durchschwimmen. Dabei sterben viele Kälber. Zudem lauern ausgerechnet bei den Flussüberquerungen Wilderer in Booten. Sie erschießen die Rentiere oder schneiden ihnen bei lebendigem Leib mit Motorsägen die Geweihe ab. "Nach einer Wilderer-Attacke verenden viele Tiere an ihren Verletzungen. Zudem wurde berichtet, dass noch trächtige Rentierkühe in Folge von Stress nach den Flussüberquerungen Fehlgeburten erleiden", so Klebelsberg.

Auch andere klimatische Veränderungen, wie etwa mildere Arktis-Winter, sind eine Herausforderung. Ereignisse, bei denen Regen auf die Schneedecke fällt und dann wieder gefriert nehmen zu. Es entsteht eine Eiskruste, die die Rentiere bei ihrer Nahrungssuche gar nicht oder nur unter hohem Energieaufwand durchbrechen können. Manche verletzen sich bei diesem Versuch an der scharfkantigen Eiskruste. All dies beeinträchtigt die Überlebenschancen und es kann zu Massensterben kommen.

"Jagd auf die Rentiere gibt es schon lange, ohne dass die Population an sich gefährdet war. Doch seit einigen Jahren bemerken wir einen massiven Anstieg der Wilderei. In Kombination mit den extremen Umweltveränderungen durch die Klimakrise kann so eine Population sehr schnell verschwinden", warnt WWF-Frau Klebelsberg. "Umso größer und stabiler die Rentierpopulation ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Art an die massiven Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Heimat anpassen kann und überlebt." Neben einem ambitionierten Klimaschutz, der die globale Temperaturerhöhung auf maximal 1,5 Grad beschränkt braucht es auch vor Ort mehr Naturschutzmaßnahmen: "Der Klimawandel ist eine extreme Herausforderung für die arktischen Arten. Einige davon werden wir wohl verlieren. Wenn aber durch Wilderei und Zerstörung des Lebensraumes zusätzliche Bedrohungen entstehen und keine Rückzugsgebiete vorhanden sind, ist die gesamte arktische Artenvielfalt in Gefahr." Es braucht laut WWF mehr und besser vernetzte Schutzgebiete als Rückzugsorte. Im Fall der Taimyr-Rentiere ist ein an Populationsentwicklungen und Habitat angepasstes Management nötig, Wilderei muss effektiv bekämpft und die riesigen Wanderrouten gesichert und langfristig erhalten werden.




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