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Tigerschutz in Russland

Tiger: Rettung auf Russisch

Von Markus Radday, WWF-Online, 4.6.19

Diese Geschichte beginnt mit einer Tigerin und den Hunden. Anfang 2018 hatte es sich eine Tigerin angewöhnt, Hunde aus dem Dorf Aleksei-Nikolskoje in der Primorje Provinz zu erbeuten. Ihr Verhalten war völlig untypisch für Amur-Tiger. Sie hatte weder Angst vor Fahrzeugen, noch vor Taschenlampen, noch vor den Schreien der Leute. Am 2. Februar 2018 gelang es, die junge Tigerin zu fangen und ins Rehazentrum zu bringen. Es war ihre Rettung vor der Kugel. Ansonsten hätte sie wohl erschossen werden müssen. Ihre beiden Jungen wurden wenig später gefangen – und bei ihrer Mutter untergebracht.

Die aufwändige Rettungsaktion wurde von den Spezialisten der Primorsky Wildlife Management Abteilung, dem WWF Russland und dem Rehabilitationszentrum „Tigr“ mit Unterstützung der lokalen Dorfbewohner durchgeführt. Die Retter nannten die beiden kleinen Tiger Pavlik and Elena.

Tiger am Amur: Problem Mensch-Tier Konflikte

Die Heimat dieser Tiger ist die Amur-Region. Auf mehr als der fünffachen Fläche Deutschlands treffen hier im fernen Osten Russlands Tiere und Pflanzen der subarktischen Taiga auf solche der temperierten Klimazone. Hier stehen riesige Laubmischwälder mit bis zu 400 verschiedenen Baumarten – und einer spektakulären Tierwelt, für die Tiger und Amur-Leoparden exemplarisch stehen. Wir arbeiten daran, den Großteil der Amur-Wälder mit ihrer Artenvielfalt dauerhaft zu sichern. Und die bedrohten Populationen des Amur-Tigers und des Amur-Leoparden wieder wachsen zu lassen.

Es ist ein entscheidender Teil unserer Tiger-Arbeit, die potenziellen Konflikte zwischen Menschen und Tieren zu entschärfen. Überall auf der Welt, auch hier am Amur. Wenn die Menschen die Tiger vor allem als Gefahr, sogar als ihre Feinde ansehen, wird es mittel- und langfristig keine Zukunft für die Tiger geben. Deswegen versuchen wir Tiger, die sich wiederholt nahe bei Menschen zeigen, einzufangen und sie dann weit, weit entfernt von jeder Siedlung wieder freizulassen.

Pavlik und Elena mussten zunächst in einen physiologisch normalen Zustand aufgepäppelt werden, da sie sehr erschöpft waren. Dann folgte die lange und harte Arbeit im Rehabilitationszentrum. Sie bekamen primäre Jagdfähigkeiten und angemessene Reaktion auf verschiedene Störungen beigebracht – ohne sie zu sehr an Menschen zu gewöhnen. Es wäre für alle Beteiligten das Beste, wenn sie nie wieder in der Nähe eines Menschen gesehen würden.

Die Tiger Mutter kann nicht ausgewildert werden

Die Welpen haben den größten Teil der Rehabilitationsphase selbstständig absolviert. Denn die Tigerfamilie kann nicht zusammen bleiben. Mit großem Bedauern haben die Kollegen im Rehabilitationszentrum die Mutter als ungeeignet für die Wiederauswilderung angesehen. Sie jagte nach Einschätzung der Experten einfach zu schlecht. Die Gefahr war zu hoch, dass sie entweder verhungern oder wieder die Nähe von Menschen suchen würde. Die Tigerin wurde in den Zoo nach Krasnojarsk gebracht.

Bereit für ein unabhängiges Leben

Mitte Mai, nach über einem Jahr im Tigerzentrum, begann für die kleinen, inzwischen großen Tiger Pavlik und Elena ihre Reise in die Amurskaja-Provinz, um in die Wildnis entlassen zu werden. Wo genau, das bleibt geheim. Immer noch werden Tiger gewildert und gehandelt. Auch am Amur.

Meine Kollegen und ich wünschen uns sehr, dass die beiden niemals mehr Menschen in die „Pfoten“ kommen. Lasst sie viele fette Wildschweine und Hirsche ausbeuten. Lasst sie nie einem Wilderer begegnen. Oder einem wildgewordenen Jäger, der bereit ist, alles, was sich im Wald bewegt, zu erschießen.




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