Aktuell


Kein deutsches Geld für Yasuni-Park (2) mit AKTION

Schwere Vorwürfe gegen Enwicklungshilfeminister

Mit Absage an Klimaschutzprojekt in Ecuador lässt Niebel bedrohte Indianer im Stich

Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. Pressemitteilung, 17.9.10

Schwere Vorwürfe hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gegen den Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, erhoben. "Mit seiner brüsken Ablehnung, zum Erhalt des einzigartigen Yasuni-Nationalparks in Ecuador beizutragen, bringt Niebel die dort zurückgezogen lebenden indianischen Völker in ernste Gefahr", kritisierte die GfbV-Referentin für indigene Völker, Yvonne Bangert am Freitag. Vor allem für die beiden nur noch kleinen Gemeinschaften der Tagaeri und Taromenane könnte der brüske Rückzug des Ministers aus dem Regenwald- und Klimaschutzprojekt der ecuadorianischen Regierung den Untergang bedeuten.

Ecuador hatte 2007 angeboten, die Ölvorkommen im Yasuni-Nationalpark nicht anzutasten und die Wälder im Bereich Ishpingo, Tambococha und Tiputini (ITT) zu erhalten, wenn Industrienationen dafür zahlen. 2008 befürwortete der Deutsche Bundestag mit den Stimmen aller Fraktionen diese Initiative. Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hatte eine Beteiligung Deutschlands in Höhe von 50 Euro jährlich in Aussicht gestellt. Umwelt- und Naturschützer sowie Menschenrechtsorganisationen wie die GfbV hatten diese Entscheidung begrüßt. Jetzt hat Niebel überraschend bekannt gegeben, dass Ecuador von Deutschland nun doch keinen Ausgleichszahlungen für den Regenwaldschutz erhalten soll.


Niebel nimmt Zusage zurück

Entgegen früherer Zusicherung keine Förderung der Yasuní-ITT-Initiative durch die Bundesregierung

Klima-Bündnis Pressemitteilung, 17.9.10

2007 überraschte Ecuador die Welt: Die Regierung bot an, die rund 900 Millionen Tonnen Erdöl im Block Ishpingo-Tambococha-Tiputini unter dem Yasuní-Nationalpark nicht zu fördern, wenn die Hälfte der zu erwartenden Einnahmen durch die internationale Staatengemeinschaft erstattet wird. Bereits 2008 befürwortete der Deutsche Bundestag mit den Stimmen aller Fraktionen die Yasuní-Initiative.

Nach langen Verhandlungen haben die Regierung von Ecuador und das UN- Entwicklungsprogramm (UNDP) erst im August 2010 den Vertrag für die Gründung des Yasuní-ITT-Treuhandfonds unterschrieben. Sechs Wochen später am 14. September gab Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel schließlich bekannt, dass "wir die Einzahlung in den Treuhandfonds für die ITT-Initiative nicht in Betracht ziehen."

"Die Bundesregierung droht, eine für die Weltgemeinschaft einmalige Chance zu verspielen. Die Yasuní-Initiative von Ecuador ist ein Schlüsselprojekt für den Schutz des Weltklimas, für Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe und für den Schutz der Biodiversität. Es bekämpft zwei der zentralen Ursachen für den Klimawandel: Die Verbrennung fossiler Ressourcen und die Zerstörung der Tropenwälder", so Joachim Lorenz, berufsmäßiger Stadtrat der Landeshauptstadt München und Vorsitzender des Klima-Bündnis, der 2009 gemeinsam mit anderen KommunalvertreterInnen auf einer Rundreise des Klima-Bündnis die verheerenden Schäden der Erdölförderung im Regenwald Ecuadors besichtigen konnte.

"Diese Initiative ist ein einmaliges Angebot der Zivilgesellschaft Ecuadors an die Weltgemeinschaft. Die Zivilgesellschaft in Deutschland muss jetzt dafür kämpfen, dass dieser Weg in die Zukunft beschritten wird", fordert Dr. Manuela Rottmann, Umweltdezernentin der Stadt Frankfurt am Main und Vorstandsmitglied des Klima-Bündnis.

Die Mitgliederversammlung des Klima-Bündnis hat im April 2010 in Perugia die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten aufgefordert, "die Yasuní-Initiative finanziell so zu unterstützen, dass sie den europäischen Anteil innerhalb der Industrieländer aufbringen". Denn damit werden der Atmosphäre 410 Milliarden Tonnen CO2 erspart und der Lebensraum mehrerer indigener Völker, u.a. der isoliert lebenden Nomadenvölker Tagaeri und Taroemanane, bleibt intakt. Der Yasuní-Nationalpark ist eine der artenreichsten Regenwaldregionen der Welt und wurde von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt. Er würde durch die Ölförderung unwiederbringlich zerstört mit katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt in der Region.

Die Regierung von Ecuador will mit den Geldern aus dem Yasuní-Fonds gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft eine nachhaltige Entwicklung des Landes unabhängig vom Erdöl finanzieren. In den nächsten eineinhalb Jahren sollen für den Fonds weltweit 100 Millionen Dollar eingeworben und damit die gleichzeitig laufenden Verhandlungen über die Ausbeutung des Ölfelds dauerhaft gestoppt werden.

2009 informierte der ecuadorianische Außenminister Fander Falconí den deutschen Bundestag über den Stand der Initiative und warb um Unterstützung. Alle Parteien im Bundestag haben ihre Unterstützung für die Initiative zugesichert. Der Bundestag hat 2008 einstimmig einen Antrag auf Unterstützung dieser Initiative verabschiedet. Von der Vorgängerregierung war eine Beteiligung Deutschlands in Höhe von jährlich 50 Millionen Euro in Aussicht gestellt worden.

Nun hat Bundesminister Niebel eine Beteiligung an der Finanzierung des Fonds abgelehnt. Rottmann kritisiert diese Absage scharf: "Wenn es bei dieser Entscheidung bleibt, wäre eine einmalige Chance vertan, das Problem des Klimawandels bei der Wurzel zu packen, indem der Kreislauf aus Armut und Ausbeutung fossiler Ressourcen durchbrochen wird. Dass dieses neue Instrument gerade wegen seines Erfolgspotenzials für die internationale Klimapolitik nicht genutzt werden soll, zeigt drastisch, wie blind die Bundesregierung für die drängenden Probleme des Klimawandels und weltweiter Armut ist. Gleichzeitig fließen in Deutschland nach wie vor jedes Jahr klimaschädliche Subventionen in Milliardenhöhe."


Geben Sie Geld für den Regenwald Herr Minister Niebel!

"Rettet den Regenwald" e.V. Pressemitteilung, 17.9.10

Die Regierung Ecuadors unter Präsident Rafael Correa hatte bereits im Jahr 2007 eine von Umweltschützern entwickelte Idee offiziell übernommen und war mit der innovativen ITT-Initiative an die Weltöffentlichkeit getreten. Das kleine südamerikanische Land wolle auf die Förderung eines reichen Erdölvorkommens unter dem nordwestlichen Amazonasgebiet verzichten, wenn sich die internationale Gemeinschaft an den Einnahmeausfällen nach dem Prinzip der Klimagerechtigkeit beteiligt. Demnach tragen Industrieländer Verpflichtungen, da sie den größten Teil der klimaschädlichen Treibhausgase produzieren. Die negativen Folgen für Mensch und Natur treffen jedoch am härtesten die armen Länder des Südens, weshalb der Norden für seine Umweltschulden entsprechend zahlen solle. Allein in Ecuador hat die Erdölförderung im Amazonasregenwald großflächige Rodungen, schwere Ölverseuchungen und das Leben ganzer indigener Völker ausgelöscht.

Die Kompensationszahlungen der Industrieländer sollten laut Abkommen in einen Treuhandfonds fließen, der von den Vereinten Nationen verwaltet wird. Aus den erwirtschafteten Zinsen können dann unter anderem Projekte zum Schutz der Nationalparks, der Tropenwälder sowie zu Maßnahmen der Aufforstung finanziert werden.

Deutschland war Vorreiter für die Unterstützung dieses Projektes. 2008 sagte der gesamte Bundestag Ecuador seine Unterstützung zu. Nun sind die Unterschriften endlich geleistet – und der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Niebel erteilt dem Schutz des Regenwaldes im Yasuni-Nationalpark eine Absage. In einem Brief auf die Anfrage der entwicklungspolitischen Sprecherin der Grünen Ute Koczy hin, sieht Dirk Niebel von Zahlungen in den Treuhandfonds ab. Als ebenso einfache wie fadenscheinige Begründung nennt der FDP-Politiker offene Fragen, die bisher nicht befriedigend beantwortet oder offen geblieben seien.

Statt eben diese Fragen mit der ecuadorianischen Regierung zu klären und die Initiative zum Erfolg zu führen verabschiedet die Entscheidung aufgrund vorgeschobener Argumente die deutsche Regierung aus einem der innovativsten Umweltschutz-Projekte, das je vorgeschlagen wurde. Zusätzlich hat Deutschland mit einem 900 Millionen US-Dollar-Kredit der WestLB für den Bau einer Schwerölpipeline die Ölförderung in Ecuador erst möglich gemacht und könnte mit der Unterstützung der Initiative diesem Fehler seine Schwere nehmen.

Mit der Einrichtung des ITT-Treuhandfonds hat Ecuador eine hohe Hürde genommen. Das Projekt bedeutet Schutz für die Einzigartigkeit des Regenwaldes und eine weitreichende Signalwirkung für die internationale Gemeinschaft. Rettet den Regenwald bittet um Ihre Unterstützung. Fordern Sie mit Ihrer Unterschrift die Bundesregierung dazu auf, an dem zukunftsweisenden Projekt festzuhalten und Ecuador die versprochene Unterstützung für den Schutz des Regenwaldes zukommen zu lassen.

Zur AKTION


Ein Dolchstoß für den Klimaschutz

Südwind e.V. Pressemitteilung, 17.9.10

Siegburg: Die Absage des Bundesentwicklungsministers Dirk Niebel, keine Ausgleichszahlung für unterlassene Ölförderungen im ecuadorianischen Nationalpark Yasuní zu zahlen, ist ein herber Rückschlag für das Klima, für die Artenvielfalt und für die Rechte der indigenen Völker, die in diesem Gebiet leben. Das SÜDWIND-Institut fordert das Entwicklungsministerium auf, die Entscheidung zu überprüfen und die zukunftsweisende Initiative der ecuadorianischen Regierung wie bisher auch mit allen Kräften zu unterstützen.

Die ecuadorianische Regierung hat der internationalen Gemeinschaft einen wegweisenden Vorschlag unterbreitet: Sie will Ölreserven im Boden belassen, die in einem der artenreichsten Gebieten der Erde liegen, in Teilen des Yasuní Nationalparks. Dafür trägt Ecuador selbst die Hälfte der entgangenen Kosten, den Rest soll die internationale Gemeinschaft als Beitrag dafür zahlen, dass 400 Mio. Tonnen weniger CO2 ausgestoßen, sowie der Regenwald und die atemberaubende Artenvielfalt geschützt werden. Das Gebiet ist zudem Lebensraum zweier indigener Völker, die in freiwilliger Isolation leben und deren Existenz von der Förderung des Öls bedroht wäre.

Bislang hat die Bundesrepublik diesen Vorschlag maßgeblich unterstützt und damit einen positiven Beitrag zur Ausarbeitung der Details geleistet. Nach langwierigen Diskussionen konnte so im Juni 2010 endlich ein Abkommen unterzeichnet werden, das diese Details regelt. „Das war der Startschuss für die reichen Länder, ihren Ankündigungen Taten folgen zu lassen und Gelder in den eigens eingerichteten UN-Fonds zu zahlen“, sagt Irene Knoke von SÜDWIND. „Dass der Bundesminister nun einen Rückzug macht, wird in Ecuador zu Recht als Dolchstoß empfunden.“

Das Projekt war nicht nur vom europäischen Parlament, sondern auch vom Bundestag befürwortet worden und Deutschland hatte offen eine finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt. „Die Argumente, die Minister Niebel nun anführt, scheinen eher vorgeschoben zu sein, weil es jetzt, da die erste große Hürde genommen und der Fonds eingerichtet wurde, ernst wird. Es wäre eine Fortschreibung der sehr positiven Rolle gewesen, die Deutschland bis jetzt in dem Prozess gespielt hat, wenn diesen Ankündigungen nun Taten gefolgt wären“, so Knoke weiter.

Stattdessen gehe das Signal in die genau entgegengesetzte Richtung, denn der Minister habe der Initiative gleich ganz seine Absage erteilt. „Der Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Güter und die Wiedergutmachung angerichteter Schäden sind eine Herausforderung, der sich die Verursacher des Klimawandels endlich stellen müssen. Die Unterstützung dieser zukunftsweisenden Idee wäre ein wichtiger Schritt gewesen.“ Vor diesem Hintergrund fordert das SÜDWIND den Bundesminister auf, diese Entscheidung zu überdenken und sich an der Initiative zu beteiligen.


Deutschland: Kein Geld für Yasuní

Von Sarah Messina, Klimaretter, 17.9.10

Mit der Idee wirbelte Ecuador 2007 einigen Staub auf: Rund 900 Millionen Tonnen Erdöl unter dem Yasuní-Nationalpark sollen nicht ausgebeutet, sondern unter der Erde gelassen werden - wenn die Hälfte der zu erwartenden Einnahmen durch die UNO erstattet werden. Jetzt ist der Treuhandfonds bereit: Deutschland, von Anfang an ein Befürworter des Projekts, macht plötzlich einen Rückzieher.(...)

http://klimaretter.info/umwelt/hintergrund/6848-deutschland-kein-geld-fuer-yasuni




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