Aktuell


Brasiliens Indigene besetzen Parlament

Brasilanische Indigene besetzen Kongress aus Protest für ihr Land

Brasilianische Indianer protestieren gegen Verfassungsänderungen im Kongress

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 19.4.13

Zum brasilianischen Tag des Indianers drangen diese Woche Hunderte brasilianische Indigene verschiedener indigener Völker in den Kongress des Landes ein und besetzten einen Teil des Gebäudes, um gegen die Versuche zu protestieren, das Gesetz, das ihre Landrechte betrifft, zu verändern.

Die Indigenen sind besorgt und aufgebracht über eine vorgeschlagene Verfassungsänderung, welche ihren Einfluss auf ihre Territorien schwächen würde. Sie befürchten, dass „PEC 215“, welches dem Kongress Macht im Prozess der Demarkierung indigener Gebiete geben würde, weitere Verzögerungen und Hindernisse in der Anerkennung und Bewahrung ihres angestammten Landes mit sich bringen würde. Die Indigenen erklärten, dass sie nicht aufhören werden zu protestieren, bis die geplante Änderung vom Tisch ist.

Neben Direktive 303 ist Änderung 215 ein Resultat des Drängens von Brasiliens mächtiger Landbesitzerlobby, welche viele Politiker beinhaltet, die selbst Viehfarmen auf indigenem Land besitzen. Die neuen Bestimmungen könnten für Tausende indigene Gemeinden eine Katastrophe bedeuten, die darauf warten, dass die Regierung ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommt, ihr Land offiziell zu erfassen.

Während Brasiliens Zuckerrohrindustrie, welche von Plantagen auf indigenem Land profitiert, boomt, leiden die Guarani-Indianer im Bundesstaat Mato Grosso do Sul an Unterernährung, Gewalt, Mord und ein der höchsten Suizidraten weltweit. Guarani-Sprecher Tonico Benites erklärt: „Guarani-Selbstmord findet statt und steigt als Resultat der Verzögerungen in der Erkennung und Abgrenzung unser angestammten Landes.“

Anderswo im Land kämpfen indigene Völker für den Schutz ihres Landes angesichts des Vordringens von Holzarbeitern, Viehzüchtern, Bergarbeitern und Siedlern. Die Awá im Nordosten des Amazonasgebietes sind jetzt das bedrohteste Volk der Welt. Die unkontaktierten Awá werden nicht überleben, es sei denn, es wird jetzt etwas unternommen, um ihren Regenwald zu schützen.

Gestern organisierte die Yanomami-Organisation Hutukara eine Demonstration mit circa vierhundert Yanomami in Ajarani, im östlichen Teil ihres Territoriums. Dieses Gebiet ist seit Jahrzehnten von Viehzüchtern besetzt. Trotz einer gerichtlichen Anordnung das Land zu verlassen, weigerten sie sich jedoch zu gehen.

Hutukaras Vizepräsident Maurício Ye’kuana sagte: „Die Anwesenheit der Viehzüchter in der Region verursachte großes Leiden für die indigene Bevölkerung und die Umwelt, wie beispielsweise Abholzung und das Anzünden des Waldes. Wir wollen, dass dies ein Ende hat.“

Währenddessen protestieren die Munduruku-Indigenen seit Monaten gegen den Antrag eine Reihe von Staudämmen entlang dem Tapajós, einem großen Nebenfluss des Amazonas, zu bauen.

Vergangenen Monat starteten Militär und Polizei die Operation Tapajós als Versuch, die Proteste des indigenen Volkes gegen die Ankunft von technischen Teams, die das Gebiet des ersten Dammes, São Luis do Tapajós, untersuchen wollen, zu unterbinden.

Am 16. April entschied ein Bundesrichter, dass diese Operation eingestellt werden soll, und dass die Munduruku und andere betroffene Gemeinden vor weiteren technische Untersuchungen befragt werden müssen. Der Richter entschied auch, dass eine Umweltfolgenabschätzung über die kumulativen Folgen aller für den Tapajós, geplanten Dämme durchgeführt werden soll.


Lunacek/Glass/Palmquist: „Amazonien nicht als Supermarkt für multinationale Konzerninteressen missbrauchen“

Beim Belo Monte-Megakraftwerk wird internationales Recht mit Füßen getreten – Kritik an Andritz-Beteiligung

Die Grünen/EFA Fraktion im Europaparlament Pressemitteilung, 26.4.13

„Das größte Hindernis für einen einheitlichen Kampf gegen das Belo Monte-Megastaudammprojekt ist die Hü-Hott-Politik der Europäischen Union“, kritisiert Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin und außenpolitische Sprecherin der Grünen/EFA Fraktion im Europaparlament, bei der heutigen Pressekonferenz zum Megakraftwerk Belo Monte, in der sie gemeinsam mit zwei Expertinnen aus Brasilien über die aktuellen Entwicklungen vor Ort und in der EU berichtet hat.

Lunacek: „Das Europaparlament hat in einem Bericht über Kraftwerksbauten explizit die negativen Auswirkungen des Belo Monte-Projekts für Menschen und Umwelt thematisiert. Daneben finanziert die EU Entwicklungsprojekte zum Schutz der indigenen Bevölkerung und gegen Urwaldrodungen in der Region. Gleichzeitig wird aber die Verantwortung für Belo Monte allein der brasilianischen Regierung übertragen. Mit dieser Außenpolitik, die die EU-Entwicklungspolitik konterkariert, macht sich die EU nicht nur unglaubwürdig, sondern trägt dazu bei, dass Amazonien als Supermarkt für nationale wie internationale Konzerninteressen missbraucht wird.“

Diese Bonanza-Goldgräberstimmung, die den Amazonas zu einem Supermarkt für multinationale Konzerne degradiert, betonte auch Verena Glass, Aktivistin des Movimento Xingu Vivo para Sempre, in ihrer Stellungnahme. Das Belo Monte-Projekt führt nicht nur zu Ab- und Umsiedelung von bis zu 40.000 Menschen, sondern auch die Biodiversität, angefangen vom Fischreichtum, wird dadurch schwer geschädigt.“ Die Gewinner dieses Ausverkaufs sieht Glass im Ausland und in der Industrie: „Die Vielfalt und der Reichtum unserer Natur wird geopfert zum Nutzen und Profit französischer, holländischer, norwegischer aber auch österreichischer Firmen. Und die aus diesem Kraftwerk gewonnene Energie kommt nicht der Bevölkerung, sondern energieintensiven Industrien zugute. Die Bergbauindustrie steht ebenfalls in den Startlöchern. Da in den trockengelegten Gebieten das kanadische Bergbauunternehmen Belo Sun die größte Goldmine Brasiliens anlegen will.“

Ins gleiche Horn stößt Helena Palmquist, Pressesprecherin des Ministério Público Federal do Pará, die so wie Glass auf Einladung der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar und der Grünen Fraktion im Europaparlament zu dieser Pressekonferenz sowie Informationsverantsaltungen nach Österreich gekommen ist.

Palmquist rechnete vor, dass es seit dem Jahr 2001 bereits 17 Klagen gegen das Projekt eingebracht wurden – ein 18. Klage ist in Vorbereitung. Immer wieder gab es kurzfristige, vom Gericht erzwungene Baustopps. Diese änderten aber nichts am generellen Baufortschritt. Palmquist: “Die strengen Umweltschutzgesetze existieren nur in der Theorie. Dass die indigene Bevölkerung nicht in die Verhandlungen eingebunden wird, ist eindeutiger Bruch der brasilianischen Verfassung sowie internationalen Rechts.” Von Bischof Erwin Kräutler hat Palmquist heute in einem Mail erfahren, dass er in dieser Frage um eine Audienz beim Obersten Gerichtshof angefragt hat, um die Rechte der Indigenen dort mit Nachdruck vorzubringen. Daneben beobachtet Palmquist mit Sorge “die fortschreitende Militarisierung des Projekts”. Palmquist: “Der Kampf gegen Belo Monte ist für uns auch deswegen so wichtig, weil Belo Monte ein Symbol ist. Wenn wir hier verlieren, hat das sehr negative Auswirkungen auf die viele anderen geplanten oder bereits im Bau befindlichen Staudammprojekte.“

Scharf kritisiert wird von Lunacek in diesem Zusammenhang die Beteiligung der österreichischen Firma Andritz AG am energiewirtschaftlich unnötigen und für Umwelt wie Menschen in der Region katastrophalen Belo Monte-Gigantomanie. Lunacek: „Andritz ist bei fast allen umstrittenen Staudammprojekten mit dabei – beim Belo Monte Projekt, beim Ilisu Staudamm in der Türkei und beim Xayaburi Damm in Laos. Dass Andritz dabei noch geringere Maßstäbe als andere Firmen anlegt, zeigt das Beispiel Ilisu: Hier empfahlen die Regierungen von Österreich, Deutschland und der Schweiz 2009 allen Firmen, sich wegen der zu erwartenden Folgen aus dem Projekt zurückzuziehen. Dieser Aufforderung kamen alle nach, außer Andritz. Unsere Einladung an die Andritz AG sich einer Diskussionsveranstaltung zu stellen, wurde ebenfalls abgelehnt. Ein Armutszeugnis, das zeigt wie Corporate Social Responsibility wieder einmal nur als schöne Fassade missbraucht wird.“


Zuspitzung bei "Belo Monte": "Das ist fast wie ein Genozid"

(KAP) - 26. April, 2013

http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/54357.html


"Brasilien wirft die Demokratie auf den Müll"

Der Bau des Belo-Monte-Staudamms bringe Armut, sexuelle Gewalt und Zustände wie in der Militärdiktatur, berichten zwei Aktivistinnen

Von Julia Schilly, Der Standard, 26.4.13

http://derstandard.at/1363709286896/Brasilien-wirft-die-Demokratie-auf-den-Muell


Wiederentdeckt: 'Verschollener' Bericht zu Genozid an Brasiliens Indigenen

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 25.4.13

Ein schockierender Bericht, der ausführlich erschreckende Gewalttaten an Brasiliens indigener Bevölkerung zwischen den 1940er und 60er Jahren beschreibt, ist wieder aufgetaucht – 45 Jahre nachdem er unter mysteriösen Umständen bei einem Brand „zerstört“ wurde.

Der Figueiredo-Bericht wurde 1967 vom brasilianischen Innenminister in Auftrag gegeben und erregte weltweit Entsetzen. Er enthüllte Verbrechen an der indigenen Bevölkerung Brasiliens durch mächtige Landbesitzer und den staatlichen Indianerschutzdienst (SPI). Der Bericht gab zwei Jahre später auch den Ausschlag zur Gründung der Menschenrechtsorganisation Survival International.

Der Bericht, der rund 7.000 Seiten umfasst, wurde vom Staatsanwalt Jader de Figueiredo Correia zusammengestellt. Er dokumentierte darin Massenmord, Folter, Versklavung, bakterielle Kriegsführung, sexuellen Missbrauch, Landraub und Vernachlässigung indigener Völker in Brasilien. Manche Völker wurden komplett ausradiert und viele weitere wurden stark dezimiert.

Der Bericht wurde kürzlich in Brasiliens Museum des Indianers wiederentdeckt und wird jetzt von Brasiliens Nationaler Wahrheitskommission geprüft, die Menschenrechtsverletzungen zwischen 1947 und 1988 untersucht.

Eines der vielen grauenhaften Beispiele aus dem Bericht ist das „Blutbad des 11. Breitengrades“, bei dem aus einem kleinen Flugzeug Sprengstoff auf das Dorf der „Cinta Larga“ Indianer geworfen wurde. Dreißig Indigene wurden getötet – lediglich zwei überlebten, um die Geschichte zu erzählen.

Weitere Beispiele enthalten das Vergiften von Hunderten Indianern mit Arsen versetztem Zucker und extreme Foltermethoden wie das langsame Zertrümmern der Fußgelenke des Opfers mit einem Instrument bekannt als „Stamm“.

Die Befunde von Figueiredo führten zu einem internationalen Aufschrei. In einem auf dem Bericht basierendem Artikel des Autors Norman Lewis, der 1969 in der britischen Sunday Times veröffentlicht wurde, hieß es: „Von Feuer und Schwert zu Arsen und Munition – die Zivilisation hat sechs Millionen Indianer in das Verderben geschickt.“ Der Artikel bewegte auch eine Gruppe besorgter Bürger zur Gründung von Survival International.

In Folge des Berichtes begann in Brasilien eine gerichtliche Untersuchung der Vorfälle, bei der 134 Funktionäre für mehr als 1.000 Verbrechen angeklagt wurden. 38 von ihnen wurden entlassen, Haftstrafen musste keiner für die Verbrechen verbüßen.

Der Indianerschutzdienst SPI wurde anschließend aufgelöst und von FUNAI ersetzt, Brasiliens Behörde für indigene Angelegenheiten. Auch wenn seither große Flächen indigener Territorien demarkiert und geschützt wurden, kämpfen Brasiliens indigene Völker weiterhin gegen das Eindringen und die Zerstörung ihres Landes durch illegale Holzarbeiter, Viehzüchter und Siedler. Ihnen droht zudem der Verlust ihres Landes durch das offensive Wachstumsprogramm der Regierung, bei dem dutzende Großstaudämme und Bergbauprojekte auf ihrem Land entstehen.

Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagte heute, “Der Figueiredo-Bericht ist eine grausame Lektüre – und in einem Aspekt hat sich wenig verändert: Wenn es um das Töten von Indigenen geht, regiert die Straflosigkeit. Bewaffnete Männer töten regelmäßig Angehörige indigener Völker in dem Wissen, dass das Risiko gering ist dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Keiner der Attentäter, die für das Erschießen von Guarani- und Makuxi- Anführern verantwortlich sind, wurde für diese Verbrechen eingesperrt. Es ist schwer nicht anzunehmen, dass Rassismus und Geldgier der Ursprung dafür sind, dass Brasilien daran scheitert das Leben seiner indigenen Bürger zu verteidigen.“


Weltweite Proteste fordern Schutz für Perus unkontaktierte Völker

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 23.4.13

Unterstützer von Survival International hielten heute weltweit Proteste vor peruanischen Botschaften und Konsulaten in London, San Francisco, Berlin, Madrid und Paris ab. Sie forderten ein Ende der Tod bringenden Ausweitung des Camisea-Gasprojektes im Regenwald des peruanischen Amazonasgebietes. Camisea bedroht das Leben unkontaktierter Indigener.

Als Ölarbeiter verkleidete Aktivisten, die Atemmasken und Helme trugen, wiesen mit Plakaten auf die tödlichen Auswirkungen des Camisea-Projektes auf Perus unkontaktierte indigene Völker hin. Die Demonstranten überreichten den peruanischen Botschaften und Konsulaten symbolisch Ölkanister, die mit den Namen von über 120.000 Menschen gefüllt waren, die Perus Präsident aufgefordert hatten, unkontaktierte Indigene vor Eindringlingen auf ihr Land zu schützen, seien es einzelne Personen oder Unternehmen.

Perus Regierung steht unmittelbar davor, eine gewaltige Ausweitung des umstrittenen Camisea-Gasprojektes zu genehmigen. Die Folge wäre ein weiteres Vordringen in das Schutzgebiet Nahua-Nanti, das die Heimat mehrerer unkontaktierter und isoliert lebender Indigener ist.

Camisea befindet sich bereits im Herzen des Schutzgebietes Nahua-Nanti, das auch eine Pufferzone zum Manú-Nationalpark bildet. Nach Ansicht der UNESCO handelt es sich bei diesem um denjenigen „Ort auf der Erde, der die größte Biodiversität aufweist“. Camisea ist das größte Gasprojekt in Peru. Betreiber sind die Unternehmen Pluspetrol (Argentinien), Hunt Oil (USA) und Repsol (Spanien).

Die Vereinten Nationen riefen Peru kürzlich zur „sofortigen Suspendierung“ der Ausweitung des Camisea-Projektes auf. Es bestehe ein Risiko für das Leben der in der Nähe beheimateten unkontaktierten Indigenen, hieß es.

Unkontaktierte Indigene sind extrem anfällig für Krankheiten, die von Außenstehenden eingeschleppt werden. Die anfängliche Erkundung des Camisea-Gasblockes in den 1980er Jahren führte zum Tod der Hälfte der Nahua-Indigenen.

Stephen Corry, Direktor von Survival International, erklärte heute: „Die Vereinten Nationen wollen, dass die Ausweitung des Camisea-Projektes eingestellt wird. Und weltweit sind Tausende von Menschen gegen diese Ausweitung, die nach internationalem Recht auch verboten ist. Warum also droht dieses Tod bringende Projekt überhaupt noch? Perus Regierung setzt nicht nur ihren Ruf aufs Spiel, sie bricht auch internationales Recht .




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