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Bilanz Guarani

Brasilien: Ein Jahrzehnt gebrochener Versprechen für die Guarani

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 28.12.17

Vor zehn Jahren unterzeichnete die brasilianische Regierung eine Grundsatzvereinbarung mit den Guarani, die sie dazu verpflichtete, das gesamte angestammte Land des indigenen Volkes zu erfassen.

Das Hauptziel des von der Staatsanwaltschaft erarbeiteten Abkommens bestand darin, die Anerkennung der Landrechte der Guarani im südlichen Bundesstaat Mato Grosso do Sul zu beschleunigen.

Doch ein Jahrzehnt später wurden die meisten Vermessungsarbeiten noch nicht durchgeführt. Das Versagen der Behörden, die Landrechte der Guarani umzusetzen, hat somit weiterhin schreckliche Auswirkungen auf die Gesundheit und die Lebensumstände des indigenen Volkes.

Ohne unmittelbare Hoffnung darauf, ihr Land zurückzuerlangen und ihre Existenzgrundlage wieder aufzubauen, bleiben Tausende Guarani in überfüllten Reservaten gefangen. Die Staatsanwaltschaft hat erklärt, dass es dort zu wenig Land gibt, und dass „soziales, wirtschaftliches und kulturelles Leben unmöglich ist.“

Andere Guarani-Gemeinden leben neben stark befahrenen Schnellstraßen oder auf Bruchstücken ihres angestammten Landes, umgeben von riesigen Zuckerrohr- und Sojaplantagen. Sie können nicht pflanzen, fischen oder jagen und haben keinen Zugang zu sauberem Wasser.

Gesundheitspersonal berichtet, dass diese Gemeinschaften unter schweren Nebenwirkungen von Pestiziden leiden, die von der Agrarindustrie auf den Feldern verwendet werden. Einige Gemeinden sagen, ihr Wasser und ihre Häuser werden von den Viehzüchtern absichtlich besprüht.

Eine kürzlich durchgeführte Studie kommt zu dem Schluss, dass 3% der indigenen Bevölkerung in dem Bundesstaat durch Pestizide vergiftet werden könnten, von denen einige in der EU verboten sind.

Mangelernährung vor allem bei Babys und Kleinkindern ist häufig. Gilmar Guarani sagte: „Kinder weinen und können diese Situation nicht mehr ertragen. Sie leiden wirklich und sind sehr schwach. Sie essen praktisch Erde. Es ist hoffnungslos.“

Der Bundesstaat Mato Grosso do Sul hat die zweitgrößte indigene Bevölkerung in Brasilien, mit 70.000 Indigenen, die zu sieben Völkern gehören. Ein großer Teil ihres angestammten Landes wurde ihnen von Viehzüchtern und der Agrarindustrie gestohlen. Sie leben auf nur 0,2% der Fläche des Bundesstaates.

John Nara Gomes sagt: „Heute ist das Leben einer Kuh mehr wert als das eines indigenen Kindes … Die Kühe sind gut ernährt und die Kinder hungern. Früher konnten wir jagen. Wir fischten und sammelten Früchte. Heute werden wir von Söldnern erschossen."

Die Verzweiflung der Guarani über den Verlust ihres Landes und ihr autarkes Leben spiegelt sich in extrem hohen Suizidraten wider. Zwischen 2000-2015 gab es 752 Selbstmorde. Zahlen, die seit 1996 erhoben werden, zeigen eine Suizidrate, die 21 Mal höher liegt als im nationalen Durchschnitt. Wahrscheinlich ist die Dunkelziffer noch höher, da viele Selbstmorde nicht gemeldet werden.

Die Guarani sind zudem häufiger Gewalt ausgesetzt und werden immer wieder von Söldnern angegriffen, die die Farmer auf sie ansetzen, sobald sie versuchen, Teile ihres angestammten Landes wieder zu besetzen. Jüngste Daten zeigen, dass 60% aller Morde an Indigenen in Brasilien im Bundesstaat Mato Grosso do Sul stattfanden.

Ermutigt durch eine Regierung und einen Kongress, der vom mächtigen Agrobusiness-Sektor beherrscht wird, sind die Grundbesitzer in Mato Grosso do Sul nicht dazu bereit, Land abzugeben. Viele haben sich als Verzögerungstaktik an die Gerichte gewandt, um die Erfassung der Guarani-Territorien anzufechten. Eines der Kerngebiete der Guarani wurde bereits 57 angefochten.

Trotz dieses düsteren Szenarios wollen viele Guarani weiterkämpfen: „Brasilien war immer unser Land. Die Hoffnung, die mich nährt, ist, dass unser Land anerkannt wird, denn ohne es können wir uns nicht um die Natur kümmern oder uns selbst ernähren. Wir werden dafür kämpfen und sterben", sagt Geniana Barbosa, eine junge Guarani-Frau.




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