Aktuell


Waldbrände in Australien

Die Klimakrise ist für Mega-Feuer in Australien verantwortlich

Von Nehle Hoffer, WWF, 14. Januar, 2020

Menschen versammeln sich am Strand und suchen Schutz vor Feuer. Völlig entkräftete Koalas klammern sich an Wasserflaschen. Verkohlte Tierkadaver in einer verbrannten Landschaft. Diese Bilder aus Australien sind in den letzten Tagen und Wochen um die Welt gegangen. Und fast genauso schnell haben sich zweifelhafte Theorien und Falschmeldungen verbreitet. Besonders häufig taucht in den deutschen sozialen Medien eine Meldung auf, die vor allem Klimaschutz-Gegner:innen in die Hände spielt: Hundertfache Brandstiftungen und nicht die Klimakrise seien für die Megafeuer verantwortlich. Und damit angeblich nicht, wie Klimaforscher:innen wissen, die Erderhitzung.

Was steckt hinter der Brandstiftung-These?

Die Information mit den hundertfachen angeblichen Brandstiftungen stammt aus einem Bericht der Polizeibehörde im australischen Bundesstaat New South Wales, ein Bundesstaat der besonders massiv von den Bränden betroffen ist. Doch der Bericht wird fehlerhaft zitiert. Die Behörde ist insgesamt seit Anfang November gegen 183 Personen vorgegangen. Aber nur in 24 Fällen hat es sich um absichtliche Brandstiftung gehandelt, etwa so viele Brandstiftungen wie im Vorjahr. Bei den restlichen Fällen haben Menschen trotz Verbot Feuer gemacht oder zum Beispiel Zigaretten weggeworfen. Das Ausmaß der Brände lässt sich also nicht mit Brandstiftungen erklären!

Tatsächlich sind Buschbrände in Australien im Sommer ein normales Ereignis. Die Natur hat sich darauf eingestellt. Eukalyptusbäume treiben nach Waldbränden neu aus, manche Pflanzen blühen erst nach einem Feuer. Die Brände werden von Blitzeinschlägen, umgestürzten Strommasten, weggeworfenen Zigarettenkippen oder eben Brandstiftung ausgelöst. Aber das, was wir jetzt erleben, ist nicht normal.

Mega-Feuer: Durch die Klimakrise möglich

Mindestens 27 Menschen, fast 2000 Häuser, 10 Millionen Hektar Land und mehr als 1 Milliarde Tiere sind den Feuern bereits zum Opfer gefallen. Was auch immer die Brände ausgelöst hat, erst durch das von der Klimakrise begünstigte Extremwetter konnten sie zu dem gewaltigem Ausmaß heranwachsen. In New South Wales und Gesamtaustralien war 2019 das mit Abstand wärmste und trockenste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Der Kieler Klimaforscher Mojb Latif erklärte die Wirkung der Erderhitzung auf Australien im Deutschlandfunk “Ende letzten Jahres – ich glaube, es war der 17. Dezember –, das war der wärmste Dezembertag, den man jemals in Australien gemessen hatte, mit einer Temperatur von 49,9 Grad. Das sind schon unmenschliche Verhältnisse. Hinzu kommt diese extreme Dürre, die schon monatelang anhält, und sowohl diese extremen Temperaturen als auch die Dürre, die kann man einfach mit natürlichen Einflüssen nicht mehr erklären.”

Hitze und Dürre befeuern die Brände in Australien

Durch die Hitze verdunstet besonders viel Wasser aus Böden, können Niederschläge den Verlust nicht ausgleichen, trocknet die Oberfläche aus, Brände breiten sich leichter aus. Hohe Temperaturen sorgen zudem dafür, dass Pflanzen schneller austrocknen und leichter Feuer fangen.

Diese Entwicklung in Australien kommt nicht überraschend. Dass die Erderhitzung die Gefahr von Waldbränden verstärkt, ist unter Klimawissenschaftler:innen unumstritten. Nachlesen kann man das zum Beispiel im aktuellen Bericht des Weltklimarats IPCC zu den Landgebieten. Schon unterhalb von einem Grad Erhitzung dehnt sich demnach “mit hoher Konfidenz” die Waldbrandsaison aus — genau das, was wir in Australien gerade beobachten können.

Time to Act!

Weltweit hat sich die Erde bereits um etwa ein Grad erhitzt. Uns bleiben nur noch wenige Jahre, um Klimaschutz-Maßnahmen zu ergreifen, mit der wir die Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen können. Um dies zu schaffen, muss die Weltgemeinschaft ambitionierten Klimaschutz umsetzen. Ein wichtiger Schritt dafür steht dieses Jahr an: die Erhöhungen der sogenannten Klimaziele im Rahmen des Pariser Klimaabkommens an. Deutschland und die EU müssen mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Ambitionen verstärken. Und sie müssen Länder wie Australien, die beim Klimaschutz bremsen, dazu bringen, ebenfalls aktiv zu werden!


1,25 Milliarden tote Tiere in Australien

1,25 Milliarden tote Tiere in Australien
Berechnungen des WWF zeigen das verheerende Ausmaß der Zerstörung durch die Buschbrände


WWF Pressemitteilung, 7.1.20

Australien kämpft seit Monaten mit den verheerenden Busch-bränden – und diese Brände sind noch lange nicht vorbei. Mittlerweile ist eine Fläche von 8,4 Millionen Hektar in ganz Australien verbrannt, das entspricht der Fläche von Österreich. Der WWF Australien schätzt, dass etwa 1,25 Milliarden Tiere direkt oder indirekt durch die Brände getötet wurden. Diese Zahlen sind mithilfe einer Methodik berechnet, die die Auswirkungen der Rodung von Landflächen auf die australische Tierwelt schätzt. Diese Hochrechnung basiert auf eine Studie von Professor Chris Dickman von der Universität Sydney. Bis zum Abklingen der Brände wird das volle Ausmaß der Schäden unbekannt bleiben.

Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland, sagt: „Der WWF ist entsetzt über das Ausmaß der Zerstörung. In Australien ist mehr Land verbrannt als bei den brasilianischen Bränden im Amazonasgebiet und in Kalifornien zusammen. Die Klimakrise verursacht keine Buschfeuer, aber sie macht sie viel verheerender. Die Katastrophe in Australien verdeutlicht, dass Klimakrise und Artensterben zusammen gedacht werden müssen. Ohne eine intakte Natur sind ambitionierte Klimaziele nicht zu erreichen. Wenn die Er-derhitzung nicht begrenzt wird, werden mehr Tierarten ihren Lebensraum verlieren.“

Der Verlust für australische Tierwelt durch die aktuellen Buschbrände umfasst zur Zeit Tausende von Koalas, zusammen mit anderen Arten wie Kängurus, Wallabys, Kaninchen-kängurus und Vögeln wie Kakadu und Honigfresser. Die australische Umweltministerin Sussan Ley schätzt, dass bis zu 30% der Koalas bei den Bränden an der mittleren Nordküste von New South Wales ums Leben gekommen sind. Viele Wälder werden Jahrzehnte brauchen, um sich zu erholen. Koalas könnten in der freien Natur in Ostaustralien in 30 Jahren ausgestorben sein, vor allem aufgrund der anhaltenden übermäßigen Abholzung von Bäumen für die landwirtschaftliche und städtische Entwicklung sowie der Klimaerhitzung. Die Brände wüten in diesem Gebiet durch den Lebensraum der Koalas. Dies kann das Aussterben beschleunigen.


Buschbrände mit enormen Dimensionen

Nach einer kurzen Zeit zum Durchschnaufen mit etwas niedrigeren Temperaturen und Regenfällen könnte sich in Australien die Lage mit der nächsten Gluthitze wieder zuspitzen. Der Regierungschef von Victoria, Daniel Andrews, warnte, sein Bundesstaat stehe erst am Anfang eines sehr schwierigen Sommers. Doch schon jetzt sind die Dimensionen der Buschbrände enorm.

ORF, 9. Januar, 2020

https://orf.at/stories/3150315/


Noch nie war es in Australien heißer

In Australien war es im vergangenen Jahr so warm wie nie zuvor, heißt es im neuesten Klimabericht des Landes. Die Lage in den Waldbrandgebieten verschärft sich wieder.

ZEIT-Online, 9. Januar, 2020

https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2020-01/australien-waldbraende-feuer-hitze-rekord-duerre-2019


Forscher weisen "Brandwetter" in Australien nach

Das Risiko großer Waldbrände steigt weltweit. Sowohl Dauer als auch Schwere von Extremwettern nehmen zu. Das ist das Ergebnis einer Übersichtsstudie, die auch neue Erkenntnisse zu den Bränden in Australien liefert.

SPIEGEL-Online, 14. Januar, 2020

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/australien-was-der-klimawandel-mit-den-braenden-zu-tun-hat-a-03acb3d9-5a54-4791-b54a-281dce931592


Klimawandel vor der Tür

„Wir müssen hier einfach nur vor die Tür gehen, um den Klimawandel zu spüren.“ Im Interview spricht Dr. Sven Teske von der Universität in Sydney über die verheerenden Brände.

Von Anja Franzenburg, Greenpeace-Online, 9.1.20

https://www.greenpeace.de/themen/klimawandel/klimawandel-vor-der-tuer


„Die Regierung begeht ein historisches Verbrechen“

Richard Flanagan im Gespräch mit Vladimir Balzer

Deutschlandfunk Kultur, 8. Januar, 2020

https://www.deutschlandfunkkultur.de/richard-flanagan-ueber-australien-die-regierung-begeht-ein.1013.de.html?dram:article_id=467447


Australiens Premier Morrison: „Wollen Emissionen senken“

Das Land kämpft seit Wochen mit Waldbränden. Premier Morrison hält zwar an seiner konservativen Energiepolitik fest – erkennt aber die Risiken des Klimawandels.

Handelsblatt, 12. Januar, 2020

https://www.handelsblatt.com/politik/international/klimapolitik-australiens-premier-morrison-wollen-emissionen-senken/25423910.html?ticket=ST-2145506-3HBJRa0KmLXKfFbtaS6z-ap4


Sechs mal größer als die Brände im Amazonas

Interview mit einem australischem Aktivisten

sozialismus.info, 7. Januar, 2020

https://www.sozialismus.info/2020/01/sechs-mal-groesser-als-die-braende-im-amazonas/




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