Aktuell


Naturzerstörung in Südostasien

Die Armut nach dem Kahlschlag

WWF-Studie zeigt die sozialen Folgen der illegalen Waldvernichtung in Indonesien

WWF Pressemitteilung, 28.10.10

Berlin - Dreißig Jahre massiver Holzeinschlag haben ihren Tribut gefordert: Nur noch die Hälfte der einst fast vollständig bewaldeten Insel Borneo ist von Wald bedeckt. Die Konsequenzen sind tiefgreifend, nicht nur für die Natur, die zwischen 1985 und 2005 den jährlichen Verlust von durchschnittlich 850.000 Hektar Wald verkraften musste. „Erstmals haben wir jetzt die sozialen Folgen untersucht, indem wir zahlreiche Betroffene vor Ort befragt haben“, sagt WWF-Waldexpertin Nina Griesshammer. Die neue WWF-Studie „Stimmen aus Borneo“ zeige, dass vom illegalen Holzeinschlag niemand außer den Auftraggebern profitiere. „Viele der illegalen Holzfäller haben gehofft, mit dem verdienten Geld ihren Familien eine bessere Zukunft bieten zu können. Heute stehen sie vor dem Nichts: Ohne Wald kein Einkommen und keine Perspektiven.“

Laut WWF-Studie besserte der illegale Holzeinschlag kurzfristig zwar das Einkommen der Familien auf, schuf jedoch viele soziale Probleme. „Die Menschen wandten sich von der Landwirtschaft ab. Sie arbeiteten nicht mehr in der Kautschukernte. Es ging ihnen nur noch darum, Spaß zu haben. Sie schafften sich Motorräder, Autos und elektronische Geräte an. Wahrnehmung und Denkmuster veränderten sich“, erzählt Adi Suryadi, Dozent in Untan. „Die Menschen entwickelten eine andere Einstellung zu den Wäldern.“ Es kam zum Konflikt zwischen traditionellen Werten und Konsumdenken.

Die Betroffenen vor Ort zahlen die Zeche des illegalen Holzeinschlags gleich mehrmals: in Form der zerstörten Natur, durch soziale Konflikte und den Wegfall ihres Einkommens. Die Kioskbesitzerin Pujiwati aus Lanjak, Mutter von fünf Kindern, berichtet: „In der Zeit der illegalen Holzgeschäfte verdiente ich leicht zwei Millionen Rupiah (162 Euro) am Tag. Heute komme ich gerade noch auf 500.000 Rupiah (40 Euro).“ Ihre Kundschaft bestand aus den Fahrern von Holztransportern und deren Begleitern, die tagsüber und abends an ihrem Kiosk Halt machten. Der Kiosk war dank des stetigen Stroms von Lkw, die Richtung Malaysia fuhren, gut besucht. „Viele waren damals auf Unterhaltung, Glücksspiel, Alkohol und Prostituierte aus“, erinnert sich Pujiwati. Ihr Mann, Angestellter der Bezirksverwaltung, verspielte sein gesamtes Geld. Pujiwati sagt: „Wer es nicht geschafft hat, Geld auf die hohe Kante zu legen, steht heute vor dem Nichts.“

Das Holz aus Borneo gelangte auch nach Europa. Laut WWF-Untersuchungen stammen zwischen 16 und 19 Prozent der weltweiten Holzimporte in die EU aus illegalen Quellen. Und die Waldvernichtung auf Borneo hält an: Prognosen gehen davon aus, dass die Tieflandregenwälder auf Borneo, die zu den weltweit artenreichsten Lebensräumen gehören, bis zum Jahr 2018 völlig verschwunden sein werden.

„Der illegale Holzeinschlag brachte den Menschen in der Region langfristig keine Vorteile. Die Holzarbeiter aus den Gemeinden waren in einer kurzlebigen Branche tätig; alles, was jetzt übrig bleibt, sind Armut und eine zerstörte Umwelt. Alternative Verdienstmöglichkeiten gibt es nicht. Alles nur, weil von Anfang an verpasst wurde, die Nutzung der Wälder auf nachhaltige Beine zu stellen, und langfristig den FSC-Standard für gute Waldwirtschaft umzusetzen“, so WWF-Expertin Griesshammer. Der WWF hat deshalb eine Reihe von Programmen zur Sicherung des Lebensunterhalts gestartet. Kurzfristige Programme sehen den Anbau von Reis vor, mittelfristige den Anbau von Kautschuk, langfristige die Nutzung von Waldprodukten, die kein Holz sind, beispielsweise Früchte. Kritische Waldgebiete wurden aufgeforstet. Bislang profitieren von dem Programm bereits 249 Familien, die allesamt dem illegalen Kahlschlag entsagt haben.


22.000 tote Schuppentiere in 14 Monaten

WWF: Schutzlose Schuppentiere sind leichte Beute.
Organisierte Schmugglerringe setzen Bestände zunehmend unter Druck


WWF Pressemitteilung, 28.10.10

Frankfurt - Nach einem aktuellen Bericht der Umweltschutzorganisationen WWF und TRAFFIC wurden innerhalb von nur 14 Monaten in Sabah, dem malaysischen Teil der Insel Borneo, rund 22.000 Schuppentiere gewildert, um den Nachschub für ein einziges Schmuggler-Syndikat zu befriedigen. „Die enormen Ausmaße der Wilderei sind schockierend. Die Summe der gewilderten Schuppentiere in Asien binnen eines Jahres dürfte in die hunderttausende gehen“, sagt Stefan Ziegler, Referent Artenschutz beim WWF Deutschland. Aus den Bestandteilen des Schuppentiers (auch Pangolin genannt) werden dubiose Allheilmittel hergestellt. Eine größer werdende, wohlhabende Mittelschicht in China und Südostasien befeuert mit steigender Nachfrage den Markt. „Die Reproduktionsrate der Schuppentiere ist zu langsam, als dass die Population der maßlosen Gier durch kriminelle Syndikate auf Dauer standhalten könnte“, warnt Ziegler.

Um ein möglichst exaktes Bild über das Ausmaß der Wilderei zu erhalten, sichteten der WWF und TRAFFIC beschlagnahmte Unterlagen eines Schmugglerrings aus der Stadt Kota Kinabulu im Norden Borneos und befragte Wilderer und Jäger. Über 25 Euro zahlen Mittelsmänner den Wilderern pro Kilo Lebendgewicht für ein Pangolin. Bei durchschnittlich fünf Kilogramm Körpergewicht ist dies ein lukrativer Fang. Für die begehrten Schuppen gehen bis zu 40 Euro pro Kilogramm über den Ladentisch. Eine steigende Nachfrage trifft auf eine sinkende Population an Tieren. „Wenn die Preise nach oben gehen und mit der Wilderei mehr Geld verdient werden kann, nimmt der Jagddruck auf die Tiere zu“, sagt WWF-Experte Ziegler. „Die wehrlosen, vielfach sogar zutraulichen Tiere sind für Menschen eine leichte Beute.“

Zwar ist die Jagd auf Schuppentiere in Sabah nicht prinzipiell verboten und unterliegt einem Genehmigungsverfahren. Eine solche Genehmigung wurde von den Behörden in den letzten Jahren allerdings nicht erteilt. Der internationale kommerzielle Handel mit asiatischen Pangolinarten ist durch das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen (CITES) komplett untersagt. Doch Wilderer und Schmuggler nutzen mangelhafte Kontrollen durch die Behörden für ihre kriminellen Machenschaften. Der WWF fordert entschlossenere und vor allem grenzüberschreitende Maßnahmen im Kampf gegen den illegalen Artenhandel und ein effektiveres Schutzmanagement der Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum.







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