Aktuell


Greenpeace Aktion zu Amazonas-Staudammrojekt

Neuer Bericht: Greenpeace warnt Siemens vor Beteiligung an Staudammprojekt

Greenpeace-Aktivisten protestieren vor Siemens-Zentrale in München und im Amazonas-Urwald

Greenpeace Pressemitteilung, 15.6.16

Mit einem Protest vor der Siemens-Zentrale in München fordern 20 Aktivisten den Konzern auf, sich nicht an weiteren Staudämmen im Herzen des brasilianischen Amazonas-Regenwaldes zu beteiligen.

Von einem 6,3 Meter langen Stammstück eines Paranussbaumes aus dem brasilianischen Urwald beabsichtigen sie eine Baumscheibe mit der Forderung "Save the heart of the Amazon" ("Schützt das Herz des Amazonas-Urwalds") dem Unternehmenschef Joe Kaeser zu übergeben. Siemens war zuletzt sowohl direkt als auch über das Joint Venture Voith Hydro an dem umstrittenen Belo-Monte-Staudamm Projekt beteiligt. "Siemens kann sich nicht glaubwürdig grüne Ziele setzen und sich dann an solch zerstörerischen Projekten im Urwald beteiligen", sagt Sandra Hieke, Waldexpertin von Greenpeace. "Der Großkonzern muss seine Verantwortung wahrnehmen und sich deutlich vom geplanten Bau distanzieren."

Der 7,6 Kilometer lange São-Luiz-do-Tapajós-Staudamm würde die Heimat der über 12,000 indigenen Munduruku und den Lebensraum Hunderter Tierarten bedrohen. Daher markieren die Munduruku zusammen mit Greenpeace-Aktivisten aus 13 Ländern ab heute im brasilianischen Regenwald das Gebiet der Gemeinde Sawré Muybu, um es symbolisch vor dem Bau des Staudamms zu schützen. Das Projekt wird mehrere Wochen dauern. "Wir unterstützen die Munduruku bei der Anerkennung ihres traditionellen Landes. Ihre Rechte müssen gewahrt werden", fordert Greenpeace-Waldexperte Jannes Stoppel vor Ort bei den Munduruku in Sawré Muybu. "Diese Urwaldregion darf nicht zerstört werden! Sie ist die Heimat und Lebensgrundlage der Munduruku und reguliert auch unser Klima."

Obwohl Siemens für grüne Lösungen wirbt, war die Firma an dem Belo-Monte-Staudamm in Brasilien beteiligt. Dieser brachte Gewalt und Umweltzerstörung in die Region und führte zur Umsiedelung von mehr als 20.000 Menschen. Der heute von Greenpeace Deutschland veröffentlichte Bericht "Siemens: Grüne Innovation oder Amazonas-Zerstörung?" legt die Geschäftsbeziehungen von Siemens zu bisherigen Projekten in Brasilien offen.

Tapajós-Staudamm - der erste von über 40 in der Region

Die Munduruku kämpfen bereits seit Jahrzenten für die offizielle Anerkennung ihres Landes Sawré Muybu. Der im April veröffentlichte Bericht der brasilianischen Behörde für Indigenenrechte (FUNAI) ist der erste Schritt in diese Richtung. Die Fragen rund um die Landrechte der Indigenen haben das Genehmigungsverfahren des Damms zeitweise aufgehalten, den Prozess zur Anerkennung jedoch noch nicht weiter vorangebracht.

Sollte der Bau des Damms genehmigt werden, wäre es der erste von über vierzig Staudämmen, die insgesamt im Tapajós-Becken geplant sind. Der Tapajós ist einer der letzten frei fließenden Flüsse im Amazonas-Gebiet. Der Stausee des größten geplanten Damms wird auf 729 Quadratkilometer geschätzt, eine Fläche ungefähr doppelt so groß wie München. Teile des Munduruku-Landes würden dabei überflutet und 2,600 Quadratkilometer Wald als direkte und indirekte Folge des Baus von Straßen und weiterer Infrastruktur-Projekte zerstört.


Greenpeace-Aktivisten versammeln sich im Amazonas zum Einsatz gegen Staudammprojekt

Umweltschutzorganisation fordert gemeinsam mit Indigenen Planungsstopp und Distanzierung durch Konzerne

Greenpeace Österreich Pressemitteilung, 15.6.16

Sawré Muybu / Wien - Greenpeace-AktivistInnen aus aller Welt sind gestern und heute in Sawré Muybu im brasilianischen Amazonas-Regenwald angekommen, wo sie für die nächsten vier Wochen eine Greenpeace-Station einrichten. Die AktivistInnen, darunter auch zwei Österreicherinnen und ein Österreicher, wollen auf die Bedrohung der einzigartigen Region durch einen geplanten Megastaudamm aufmerksam machen. Konzerne wie die Siemens AG oder die Andritz AG könnten sich an dem Staudammprojekt am Tapajós-Fluss beteiligen. Greenpeace ist der Einladung der indigenen Gemeinschaft der Munduruku gefolgt, deren Heimat und Lebensgrundlage durch den São Luiz do Tapajós-Staudamm bedroht ist. Mit den Munduruku gemeinsam werden die AktivstInnen der Umweltschutzorganisation in den nächsten Wochen eine Reihe an Aktivitäten durchführen. Auch in Wien wurde mit einer Aktion am Stephansplatz ein Zeichen der Solidarität gesetzt.

„Greenpeace ist nun direkt vor Ort, um sich Seite an Seite mit den Munduruku für den Schutz von deren Heimat und damit für einen Planungsstopp einzusetzen“, erklärt Lukas Meus, Amazonas-Sprecher bei Greenpeace in Österreich, der selbst in den kommenden Wochen nach Sawré Muybu reisen wird. Die AktivistInnen von Greenpeace starteten ihren mehrwöchigen Aufenthalt mit einer symbolischen Demarkierung des Munduruku-Landes Sawré Muybu. Geleitet wird diese Abgrenzung des indigenen Gebietes von Vertretern der Munduruku. Über die nächsten Wochen werden 50 Grenzschilder errichtet, um dem jahrhundertealten Anspruch der Indigenen auf ihr Land Ausdruck zu verleihen. Eine offizielle Anerkennung würde den Bau des Megastaudamms erheblich erschweren. Die Nationale Stiftung der Indigenen FUNAI hat zwar bereits vor einigen Monaten die Anerkennung des Gebiets verkündet, nun liegt der Ball aber beim brasilianischen Justizministerium, von dem es noch die rechtliche Absegnung braucht.

Nicht nur inmitten des brasilianischen Regenwaldes, auch in Österreich setzten Greenpeace-AktvistInnen ein Zeichen, um ihre Solidarität mit den Munduruku zu zeigen. Am Wiener Stephansplatz machten sie gestern Abend mit einem Schauspiel aus Trommeln und Farbe lautstark auf die Bedrohung des Amazonas durch den Megastaudamm aufmerksam. „Neben der Heimat der Munduruku bedroht der São Luiz do Tapajós auch ein Paradies der Artenvielfalt“, so Meus. Die Region beheimatet rund 600 Vogel-, 100 Säugetier- und 1.400 verschiedene Pflanzenarten. Etwa 2.600 Quadratkilometer Wald würden durch den Staudamm und die für ihn notwendige Infrastruktur wie Straßenbau gerodet werden. Ein Stausee fast doppelt so groß wie Wien entstünde mitten im Amazonas-Regenwald. „Der São Luiz do Tapajós ist nur der erste von insgesamt fünf Staudämmen, die am Tapajós-Fluss – einem der letzten bislang fast unberührten Seitenflüsse des Amazonas – geplant sind“, warnt Meus.

Auch Konzerne aus Deutschland und Österreich, wie die Siemens AG oder die Andritz AG, könnten sich am Bau beteiligen. Die beiden Firmen gehören zu den wenigen Unternehmen weltweit, die Projekte in dieser Größenordnung mit Turbinen und Generatoren beliefern können. „Sowohl Siemens als auch Andritz müssen Menschenrechte und Umweltschutz ernst nehmen und sich schon jetzt in der Planungsphase vom dem Staudammprojekt distanzieren“, fordert Meus abschließend.


Der letzte Schamane eines winzigen Amazonas-Volkes gestorben

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 6.6.16

Konibu, Anführer und letzter Schamane der Akuntsu, ist im Alter von rund 80 Jahren gestorben. Er hinterlässt die letzten vier Akuntsu, die ebenfalls den katastrophalen ersten Kontakt seines Volkes mit Außenstehenden überlebten. Darunter seine Witwe Aramira und sein Tochter Inuteia. Konibu starb am 26. Mai friedlich in seiner Hängematte. Er hatte bereits seit einigen Jahren Herzprobleme.

Konibu überlebte mehrere Versuche, ihn und die anderen Akuntsu auszurotten. Dennoch strahlte er ein unglaubliches Charisma und Entschlossenheit aus, die Inspiration für alle waren, die ihn trafen.

Vielleicht waren es seine Stärke und sein Mut, die nach dem verheerenden ersten Kontakt seines Volkes mit Außenstehenden 1995 den nur sieben Überlebenden Akuntsu die Kraft gaben, weiterzuleben.

Seine Rolle als letzter Schamane war auch wichtig für die Gruppe, für die er regelmäßig Heilungsrituale durchführte, Schnupftabak verabreichte und die Flöte spielte.

Altair Algayer, der für die brasilianische Indianerschutzbehörde FUNAI einen Wachposten für die Akuntsu leitet, sagte über Konibu: „Ein extrovertierter Mensch – immer gut drauf und ein Lächeln im Gesicht, trotz der grausamen Verbrechen, die er erlitten hat.“

Er sang gern Lieder und lud Besucher dazu ein, sein Essen und die Chicha – ein mild gegorenes Getränk – zu teilen. Aber Altair erinnert sich auch: „Er hatte viele Erinnerungen; an die meisten wollte er lieber nicht mehr denken.“

Diese Erinnerungen waren ohne Frage schrecklich. In den 1970er Jahren erlebte seine Heimat im Amazonasgebiet eine katastrophale Invasion. Ganze indigene Gemeinden wurden durch die Gewalt und eingeschleppte Krankheiten ausgelöscht. Riesige Landstriche wurden von Viehzüchtern gestohlen, unter Duldung staatlicher Behörden.

In den 1980er Jahren drangen Gerüchte von Massakern durch bewaffnet Rancher an die Öffentlichkeit. 1985 fand der FUNAI-Mitarbeiter Marcelo dos Santos die Überreste planierter Häuser und zerbrochene Pfeile in der Region. Daraufhin wurde ein kleines Stück Land, Omere, unter Schutz gestellt.

Doch trotz der Belege für ein Massaker an unkontaktierten Indigenen, die zu den verletzlichsten Gesellschaften unseres Planeten zählen, wurde der Erlass zu ihrem Schutz durch den damaligen Präsidenten Romero Juca wieder aufgehoben. Junco trat vergangenen Monat im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen vom Posten eines Übergangssenators zurück.

Die übrigen Akuntsu und die benachbarten Kanoê überleben heute in relativem Frieden in einem Gebiet, das durch FUNAI-Mitarbeiter überwacht wird.

Mit dem Tod von Konibu wird der Völkermord an den Akuntsu bald abgeschlossen sein. Und wir werden wieder einen wichtigen Teil der menschlichen Vielfalt verloren haben.




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