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Aktuell

Waldzerstörung in Brasilien

Brasilien: Abholzung des Amazonas-Regenwaldes schlimmer als befürchtet

Von Lara Röscheisen, amerika21, 15.6.20

https://amerika21.de/2020/06/240744/abholzung-amazonas-regenwald


Die Welt schaut weg – und Brasilien holzt ab

Von Tobias Käufer, Ramona Samuel, WELT, 9.6.20

https://www.welt.de/politik/ausland/article209076003/Regenwald-Die-Welt-schaut-weg-und-Brasilien-holzt-ab.html


Doppel-Krise durch Covid-19 und Feuer

Zwei Monate vor der Waldbrandsaison zeigen Satelliten bereits Großfeuer im Amazonasbecken. Gleichzeitig steigen die Infektionszahlen. Das Zusammentreffen könne dramatische Konsequenzen haben, warnen Fachleute.

Von Lars Fischer, Spektrum, 10.6.20

https://www.spektrum.de/news/doppel-krise-durch-covid-19-und-feuer/1743176


Umwelt-Katastrophe Amazonas - neue Studie liefert erschütternden Vergleich: „Corona darf das nicht überdecken“

VonFabian Müller, Merkur, 4.6.20

https://www.merkur.de/politik/klima-amazonas-regenwald-coronavirus-rodung-brasilien-karl-lauterbach-studie-zr-13787242.html


Schutzgebiete unter Druck

Die Waldzerstörung in Brasilien nimmt unter Bolsonaro immer bedrohlichere Ausmaße an. Eine Greenpeace-Fallstudie zeigt, wie Rinderfarmen illegal gerodete Schutzgebiete nutzen.

Von Agneta Melzer, Greenpeace-Online, 4.6.20

Der Hyazinth-Ara ist die längenmäßig größte Papageienart der Welt. Einen Meter lang werden die beeindruckenden Tiere, und bis zu 90 Jahre alt. Ihr leuchtendes Blau erfreut auch Menschen, die mit Ornithologie wenig anfangen können – wie gefährdet sie sind, ist leider weniger erfreulich. Und ihr Bestand nimmt weiter ab. Aktuell gibt es in Südamerika noch drei größere Vorkommen. Eines davon liegt im Serra Ricardo Franco State Park im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso.

Ein State Park ist ein staatlich anerkanntes Schutzgebiet. Eigentlich. Doch unter Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro sind solche Aussagen nicht mehr viel wert. Bolsonaros Regierung baut Schutz- und Kontrollinstitutionen ab und reduziert deren Einsätze im Regenwald mit drastischen Folgen. Die Waldzerstörung hat in den vergangenen Monaten überall erheblich zugenommen, auch in Schutzgebieten um 55 Prozent und in indigenen Gebieten sogar um 62 Prozent.

Fleischhunger gleich Flächenhunger

Der Serra Ricardo Franco State Park existiert seit 1997 und ist Heimat seltener und einziger Arten, darunter neben dem Hyazinth-Ara etwa auch der Riesenotter. Doch der Schutzstatus des Parks wird kaum verteidigt. Greenpeace hat recherchiert, dass Landwirtinnen und Landwirte für 71 Prozent der Fläche Besitzansprüche geltend machen. 25 Prozent des Schutzgebietes sind bereits gerodet, 33 Prozent davon seit Einrichtung des Parks. Statt Aras und Riesenottern wohnen auf diesen teils illegal abgeholzten Flächen nun: Rinder.

Einige der Rinderfarmen hat Greenpeace genauer untersucht und nachgewiesen, dass sie tausende Rinder über einen Zwischenhändler an Schlachthäuser der Fleischkonzerne JBS, Marfrig und Minerva verkaufen. Diese Konzerne exportieren auch in die EU: Im April 2018 bis August 2019 gingen knapp 13 Prozent ihrer Fleischexporte nach Europa, darunter Deutschland. Firmen, die Rindfleisch der drei Konzerne importieren, können derzeit nicht ausschließen, dass das Fleisch im Zusammenhang mit der Waldzerstörung in Schutzgebieten wie dem Serra Ricardo Franco State Park stehen. Denn die Lieferketten sind sehr intransparent (für transparente Lieferketten hier unterschreiben).

Endlich handeln beim Handel

Die aktuelle Greenpeace-Studie steht beispielhaft für zahlreiche Fälle im gesamten Amazonasgebiet. “Im ganzen Land fällt auf, wie sehr Bolsonaro den Regenwaldschutz zugunsten der Waldzerstörer mit Füßen tritt”, sagt Greenpeace Amazonas-Campaignerin Gesche Jürgens. “Sein Umweltminister befürwortet sogar die Umweltzerstörung – vollkommen absurd, aber wahr. Der Wald ist so stark unter Druck wie selten zuvor.” Und in solchen Zeiten will die EU ein Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Mercosur-Verbund schließen, zu dem derzeit neben Brasilien Argentinien, Paraguay und Uruguay gehören. Dieses Abkommen soll unter anderem Zölle auf Rindfleischimporte nach Europa senken, ebenso Zölle auf Pestizidexporte nach Südamerika.

Dadurch würde die Waldvernichtung weiter befeuert und Bolsonaro generell in seinem Tun bestärkt, denn er würde feststellen, dass er mit seiner “Profit geht vor” Politik bei der EU durchkommt. Mehrere Länder, darunter Österreich, Frankreich und die Niederlande, pochen daher immerhin auf Nachbesserungen zugunsten der Umwelt. Doch ausgerechnet Deutschland bleibt Treiber dieses zweifelhaften Abkommens. “Deutschland muss aufhören, ein Abkommen zu unterstützen, das Umweltzerstörung befeuert, und sich endlich glaubhaft für eine nachhaltige Landwirtschaft und Waldschutz in Brasilien einsetzen”, so Jürgens.


Rettet den Regenwald im ARD-Live-Interview

Brasiliens Regenwald schrumpft immer schneller

"Rettet den Regenwald" e.V. , 5.6.20

https://www.regenwald.org/news/9739/rettet-den-regenwald-im-ard-live-interview-brasiliens-regenwald-schrumpft-immer-schneller


Umweltzerstörungsminister

Brasilien: Umweltminister Ricardo Salles will Corona-Pandemie für Lockerung des Waldschutzes ausnutzen

WWF Pressemitteilung, 25.5.20

Berlin: Der brasilianische Umweltminister Ricardo Salles will die derzeitige Fokussierung der Medien auf die Corona-Pandemie dafür nutzen, um den Schutz des Amazonas aufzuweichen. Das geht aus einem Video einer Kabinettssitzung vom 22. April der brasilianischen Bundesregierung hervor, das am vergangenen Freitag veröffentlicht wurde. Die Regierung solle das aktuelle Zeitfenster dafür nutzen, entsprechende Gesetzesänderungen durchzusetzen, ohne einen gesellschaftlichen Aufschrei zu erzeugen, so Salles. Unter anderem sagte der Umweltminister an die Regierungsmitglieder gerichtet: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, da die Presse sich ausschließlich mit COVID beschäftigt, uns das Amazonas-Thema vorzunehmen. Wir haben jetzt die Chance (…), alle die Reformen zur Deregulierung und Vereinfachung durchzuführen.“

Roberto Maldonado, Brasilien-Referent beim WWF Deutschland, kommentiert:

„Die Aufnahme ist gleichermaßen schockierend und beweist letztlich, was wir längst wussten: Ricardo Salles ist nur auf dem Papier ein Umweltminister, im Geiste ist er ein Umweltzerstörungsminister. Er liegt damit ganz auf Linie von Präsident Jair Bolsonaro, dessen Amazonas-Agenda sich ausschließlich an den kurzfristigen Interessen von Agrarindustrie, Bergbauindustrie und Großgrundbesitzern orientiert – zum langfristigen Schaden aller Brasilianerinnen und Brasilianer und der Menschen weltweit. Die Entwicklung ist umso tragischer, als dass Brasilien keinen einzigen Baum zu fällen bräuchte, um die Wachstumsziele im Agrarsektor zu erreichen.“

Nicht zufällig sei 2019 das Jahr mit der höchsten Abholzung im Amazonasgebiet seit zehn Jahren gewesen und aktuelle Daten zeigten, dass 2020 noch schlimmer werden könne. Erst letzte Woche veröffentlichte der WWF eine Analyse, aus der hervorgeht, dass die Entwaldung in Brasilien während des ersten „Corona-Monats“ März um über 50 Prozent in die Höhe geschnellt ist im Vergleich zu den Vorjahren. Fast 100.000 Hektar Tropenwald gingen im größten südamerikanischen Land allein in dem einen Monat verloren.

Gemeinsam mit anderen Nichtregierungsorganisationen in Brasilien fordert der WWF den Rücktritt von Salles. Daneben weisen die Umweltschützer aber auch auf die Verantwortung anderer Staaten und ausländische Unternehmen hin. Deutsche und europäische Unternehmen müssten dringend ihre Lieferketten überprüfen und endlich entwaldungsfrei gestalten. Das gelte insbesondere für Firmen, die Soja oder andere Agrarrohstoffe aus Brasilien beziehen bzw. in ihren Lieferketten haben. Von der deutschen Bundesregierung erwartet der WWF, sich in den Verhandlungen um das Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten für bessere soziale und ökologische Standards einzusetzen. Es dürften keine Waren importiert werden, für die der Regenwald abgeholzt wurde.


Yanomami starten globale Kampagne: Goldgräber und Corona gefährden das gesamte Volk

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 2.6.20

Das indigene Volk der Yanomami hat eine weltweite Kampagne gestartet, um 20.000 Goldgräber inmitten der Coronavirus-Pandemie von ihrem Gebiet auszuweisen. Drei Angehörige der Yanomami sind bereits an Covid-19 gestorben und Dutzende weitere sind infiziert. Es wird befürchtet, dass die Krankheit Tausende von Yanomami töten und mehrere Ye’kwana-Gemeinschaften treffen könnte, die ebenfalls in dem Gebiet leben.

Neue Untersuchungen, die im Rahmen der Kampagne veröffentlicht wurden, zeigen, dass Tausende Yanomami, die in der Nähe der illegalen Abbaugebiete im indigenen Territorium der Yanomami leben, infiziert werden könnten und dass das Gebiet im gesamten brasilianischen Amazonasgebiet am stärksten durch das Virus bedroht ist.

Dario Yanomami von der Yanomami-Vereinigung Hutukara sagte: “Wir beobachten die sich in unserem Gebiet ausbreitende Covid-19-Krankheit und sind sehr betroffen über die ersten Todesfälle unter den Yanomami. Unsere Schamanen arbeiten ununterbrochen an der Bekämpfung dieser Xawara [Epidemie]. Wir werden kämpfen und Widerstand leisten. Dazu brauchen wir die Unterstützung des brasilianischen Volkes und der ganzen Welt.”

Die #MinersOutCovidOut-Kampagne wurde von mehreren Yanomami- und Ye’kwana-Vereinigungen und vielen unterstützenden Organisationen weltweit ins Leben gerufen (Liste unten).

Die Yanomami wollen erreichen, dass 100.000 Menschen eine Petition unterzeichnen, in der die Regierung von Präsident Bolsonaro aufgefordert wird, die Goldgräber aus ihrem Gebiet auszuweisen – dem größten indigenen Territorium Brasiliens. Das Gebiet ist seit den 1980er Jahren Ziel des illegalen Goldabbaus. Von den Bergarbeitern in den 1980er Jahren eingeführte Malaria-Epidemien töteten ein Fünftel der indigenen Yanomami in Brasilien und viele weitere in Venezuela. Die Bergleute operierten in der Nähe einer von mehreren unkontaktierten Yanomami-Gemeinden, die als Moxihatatea bekannt sind.

Unkontaktierte Völker sind besonders gefährdet, durch Krankheiten ausgelöscht zu werden, gegen die sie keine Immunität haben. Davi Kopenawa, ein Sprecher der Yanomami, der als “Dalai Lama des Regenwaldes” bekannt ist, warnte kürzlich in einer UN-Ansprache , dass die unkontaktierten Yanomami bald vernichtet werden könnten, wenn nichts unternommen wird, um das Gebiet zu schützen.

Die Goldgräber scheinen sich durch das vom Coronavirus verursachte Chaos und durch Präsident Bolsonaro ermutigt zu fühlen: Im März wurde mehr Land der Yanomami von Goldgräbern zerstört als noch im Februar.

Präsident Bolsonaro hat aktiv Landinvasionen in indigene Gebiete gefördert und ein Gesetz eingebracht, das den Abverkauf ihres Landes für Abholzung, Bergbau, Viehzucht und Landwirtschaft ermöglichen würde.

Fiona Watson, Leiterin der Forschungsabteilung von Survival, erklärte heute: "Das Überleben der Yanomami als indigenes Volk hängt davon ab, dass die Bergarbeiter ausgewiesen werden. Zurzeit werden ihre Flüsse mit giftigem Quecksilber verseucht, ihr Wald zerstört, ihre Kinder sterben an Malaria und immer mehr Bergleute dringen unter dem Schutz der Coronavirus-Pandemie ein. Eine humanitäre Katastrophe breitet sich aus.“

“Die Yanomami haben es mit 20.000 Goldgräbern und einem Präsidenten zu tun, der entschlossen ist, den indigenen Völkern des Landes den Garaus zu machen.“

“Wenn die Regierung jetzt nicht handelt, könnten wir wieder Zeugen einen schrecklichen Szenarios ähnlich des Goldrauschs der 1980er Jahre werden, als ein Fünftel der Yanomami-Bevölkerung aufgrund der Untätigkeit der Regierung an Krankheiten starb.“




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