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Aktuell

Umgang mit Wölfen

Mit wilden Tieren überfordert

WWF-Pressemitteilung, 9.3.15

Der Umgang mit einem wenig Scheu zeigenden und sich auffällig verhaltenden Wolf in Niedersachen kritisiert der WWF das Wildtiermanagement des Bundeslandes als „wenig professionell“. Es könne nicht angehen, dass das für solche Fälle zuständige Landesumweltministerium erst jetzt beginnt nach zuständigen Personen zu suchen die beispielweise durch Vergrämungsaktionen mit Gummigeschossen, dem Wolf wieder eine natürlich Scheu vor dem Menschen beibringen wollen, kritisiert der WWF. Noch kurioser sei, dass hierfür sogar Privatpersonen in Erwägung gezogen werden.

„Die zuständigen Behörden müssen sich ihrer Verantwortung stellen. Wildtiermanagement braucht professionelle, hauptamtliche Kräfte und darf nicht in die Hand von Ehrenamtlern gelegt werden“, kritisiert Dr. Janosch Arnold, Wildbiologe beim WWF Deutschland. „Es ist ein absolut eklatanter Missstand, dass erst jetzt nach Kapazitäten in den niedersächsischen Landkreisen gesucht wird. Es war lange klar, dass die Wölfe zurückkommen und es war ebenso absehbar, dass es zu Konflikten kommen wird. Doch die Politik hat die dafür notwendigen Strukturen nicht geschaffen.“

Nach Einschätzung des WWF ist Deutschland beim Umgang mit wilden Tieren noch Entwicklungsland und hat enormen Nachholbedarf. „Wildtiere werden bürokratisch verwaltet, es fehlt an hauptamtlichen Kräften in der Fläche“, so Arnold. Leider halten auch Managementpläne nicht immer das, was in ihnen verkündet wird, oftmals fehlen die zur Umsetzung erforderlichen Strukturen. Dabei hätten sich in den vergangen Jahren die Rahmenbedingungen noch erheblich verändert. Viele rückkehrende Arten, wie Elch, Wolf oder Biber, finden in Siedlungsräumen und Kulturlandschaften gute Lebensbedingungen. Doch eine Koexistenz sei nur mit professionellen Strukturen möglich.

In Ländern wie der Schweiz(Wildhut), Italien (Sondereinheit der Forstpolizei) oder den USA (fish and wildlife service) habe man speziell ausgebildete und ausgerüstete Kräfte. An diesen Vorbildern müsse sich Deutschland orientieren.


NABU: Gelungenes Comeback - Dem Wolf eine Chance geben

Tschimpke: Kompetenzzentrum Wolf einrichten

NABU Pressemitteilung, 10.3.15

Berlin – Der Wolf ist zurück in Deutschland. Vor 15 Jahren kamen in Sachsen die ersten Wolfswelpen zur Welt, deren Eltern aus Osteuropa eingewandert waren. Aktuell gibt es bundesweit 35 Wolfsfamilien (31 Rudel und vier Paare) in den Ländern Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Über 150 Jahre nach seiner Ausrottung hat der Wolf in Deutschland selbstständig wieder eine Heimat gefunden.

„Wir sprechen beim Wolf über eine gelungene Rückkehr aus eigenem Antrieb. Er ist wieder da und es werden mehr Tiere. Ein Beleg dafür, was Schutzmaßnahmen wie das Jagdverbot und eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz erreichen können. Im Jahr 15 der Rückkehr des Wolfes geht es nun darum, das Zusammenleben von Mensch und Wolf so zu gestalten, dass eine Nachbarschaft auf Dauer möglich wird. Der NABU nimmt die berechtigten Sorgen der Menschen in den Wolfsgebieten seit Langem sehr ernst, indem er sachlich informiert und mit allen Betroffenen Gespräche führt. Für Panikmache und Hysterie gibt es aber keinen Anlass, denn die auftretenden Konflikte sind lösbar. Wir müssen dem Wolf eine Chance geben und gleichzeitig den Umgang mit Wildtieren wieder lernen“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Der Wolf genießt in Deutschland seit der Wiedervereinigung und in Europa seit 1992 den höchsten Schutzstatus.

Der NABU spricht sich für die Einrichtung eines bundesweiten Kompetenzzentrums Wolf aus. „Wir brauchen eine Koordinierungsstelle, in der Erfahrungen und Daten, die bundesweit im Wolfsmanagement gemacht oder erhoben werden, gebündelt, analysiert und zentral zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehören die Bereiche Monitoring, Öffentlichkeitsarbeit, Herdenschutz und Grundlagen- sowie Ursachenforschung für nicht natürliche Todesfälle bei Wölfen“, so Tschimpke weiter. Solch eine Stelle ermögliche den Überblick über die aktuelle Situation sowie den Erfahrungsaustausch zwischen Bundesländern über den Umgang mit dem Wildtier. Vorreiter eines vorbildlichen Wolfsmanagements sei derzeit Sachsen.

Illegale Wolfstötungen stellen nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen für Wölfe dar. Solche Straftaten müssen von spezialisierten Kriminalisten verfolgt werden. Nach dem Vorbild Sachsens und Brandenburgs oder verschiedener europäischer Länder sollte in jedem Bundesland eine Stabsstelle für Artenschutzkriminalität existieren. Auch müssten Schutzmaßnahmen für Nutztiere gefördert werden, damit Konflikte zwischen Wölfen und Nutztierhaltern auf ein Minimum reduziert werden. Unter diesen Voraussetzungen und einhergehend mit einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit, wie sie durch den NABU bundesweit betrieben wird, stehen die Chancen für ein konflitkarmes Miteinander von Mensch und Wolf im Jahr 2030 günstig.

Zu den Berichten über Wolfssichtungen in der Nähe von Wohngebieten erläutert NABU-Wolfsexperte Markus Bathen: „Wölfe brauchen keine Wildnis und leben mit uns in der Kulturlandschaft. Daher ist eine Wolfs-Sichtung in der Nähe von Siedlungen an sich nichts Ungewöhnliches. Insbesondere Jungtiere sind häufig neugieriger und unbedarfter als die erwachsenen Wölfe. Hierbei gilt: Von gesunden Wölfen geht in der Regel keine Gefahr aus. Jedoch kann es durch äußere Einflüsse vorkommen, dass sich das Verhalten eines Wolfes so verändert, dass es notwendig wird, seine Scheu zu reaktivieren.“ Schon seit 2007 liegt ein Leitfaden des Bundesamtes für Naturschutz für den Umgang mit auffälligen Wölfen vor. Bathen: „Entscheidend ist, im Einzelfall die angemessene Maßnahme auszuwählen.“

Mit Blick auf seine vor zehn Jahren gestartete Kampagne „Willkommen Wolf!“ zog der NABU eine positive Bilanz seiner Arbeit: Inzwischen ist ein Netzwerk von über 500 NABU-Wolfsbotschaftern etabliert, die lokal über das Wildtier Wolf informieren. Mehr als 85.000 Wolfsfans erreicht der NABU über soziale Netzwerke, über 2.000 Wolfspaten fördern die Wolfsprojekte des NABU. Die Forschung zu frei lebenden Wölfen hat in den vergangenen 30 Jahren viele neue Erkenntnisse zu Tage gebracht, die der NABU nun weitergibt. So weiß man heute beispielsweise, dass es in europäischen frei lebenden Wolfsrudeln keine Alpha- und Omega-Tiere gibt. Dieses Phänomen tritt nur in Tiergehegen auf, in denen die Wölfe auch nach Erreichen der Geschlechtsreife im Rudel bleiben müssen, statt abzuwandern.

Thomas Steg, Generalbevollmächtigter und Leiter Außen- und Regierungsbeziehungen Volkswagen: „Als Wolfsburger haben wir natürlich ein Herz für Wölfe, aber auch genug Verstand, unser Engagement für den Artenschutz nicht mit purer Wolfsromantik zu verwechseln. Die Rückkehr der Wölfe in unser dicht besiedeltes Land erfordert ein umfassendes Wolfsmanagement, das die berechtigten Schutz- und Sicherheitsbedürfnisse aller – vor allem auch der Nutztierhalter – berücksichtigt.“

Die Volkswagen AG unterstützt das NABU-Projekt „Willkommen Wolf!“ seit 2005. Vom 24. bis 26. September wird in Wolfsburg eine Wolfstagung mit internationalen Experten stattfinden. Die Volkswagen AG ist auch Partner des NABU-Journalisten-Preises „Klartext für Wölfe“. Prämiert werden journalistische Arbeiten, die von Mai 2015 bis April 2016 veröffentlicht werden.

Ab sofort gibt es jeden Mittwoch unter www.NABU.de interessante Fakten und Geschichten rund um den Wolf, am 30. April ruft der NABU mit vielen regionalen Info-Aktionen zum „Tag des Wolfes“ auf.


Wenn der Wolf nach Hessen kommt

Überfahrener Wolf bei Bad Soden-Saalmünster
WWF: Hessen ist nicht vorbereitet


WWF Pressemitteilung, 16.3.15

Bei einem Wildunfall nahe Bad Soden-Saalmünster wurde ein Wolf tödlich verletzt. Der Vorfall macht nach WWF-Einschätzung deutlich, dass die dauerhafte Rückkehr der Tiere nach Hessen unmittelbar bevorsteht. Doch, so die Warnung der Umweltschützer, das Bundesland ist nicht vorbereitet.

„Bereits 2011 gab es einen verletzten Wolf in der Region Gießen und im Reinhardswald lebte lange Zeit ein Einzeltier. Trotzdem hat die hessische Politik die vergangenen Jahre ungenutzt verstreichen lassen. Das Bundesland braucht dringend einen Managementplan nach dem Vorbild von Sachsens und muss entsprechende, professionelle Strukturen in der Fläche aufbauen“, fordert WWF-Experte Janosch Arnold. Die bestehenden Managementpläne in den beiden „Wolfs-Bundesländern“ wurden in gemeinsamen Arbeitsgruppen von Behörden, Wissenschaftlern, Jagdverbänden, Schafszüchtern, Umweltschutzorganisationen sowie Bürgerinitiativen erarbeitet.

Was drohe, wenn sich die Landesregierung nicht ausreichendauf die absehbare Rückkehr der Tiere vorbereit, zeige die Situation im benachbarte Niedersachsen. Zwar gibt es in dem Bundesland einen Wolfs-Managementplan, es wurde jedoch versäumt das Papier mit Leben zu füllen. Die Mängel offenbaren sich laut WWF derzeit im Umgang mit einem wenig Scheu zeigenden und sich auffällig verhaltenden Wolf. „Zwischen Theorie und praktischer Umsetzung bei Wildtierkonflikten klaffen in vielen Bundesländern noch gefährliche Lücken. Doch immerhin gibt es dort schon entsprechende Managementpläne. In dieser Hinsicht ist Hannover sogar noch einen Schritt weiter als Wiesbaden“, fasst Arnold zusammen.

Hintergrund

Seit Ende der neunziger Jahre ist der Wolf wieder in Deutschland heimisch. Doch noch immer haben einzelne Bundesländer nicht die dringenden Managementpläne erarbeitet, um im Konfliktfall, etwa bei Übergriffen auf Schafsherden, vorbereitet zu sein. Auch schwankt die Qualität und die de fakto Umsetzung der existierenden Pläne deutlich.

Bis heute hat es in Deutschland seit der Rückkehr der Wölfe keinen einzigen Übergriff auf Menschen gegeben. Auch die derzeit in Schleswig-Holstein und Niedersachsen auffälligen Exemplare zeigen bisher keine Aggressionen gegenüber Menschen. Allerdings auch wenig Distanz. Was der WWF als potentiell kritisch bewertet und genauer Beobachtung bedarf.

Bei den bis zu 20.000 in Europa lebenden Wölfen gab es in den vergangenen sechzigJahren neun tödliche Angriffe auf Menschen, zumeist von tollwütigen Tieren. In den USA, ein Land mit immerhin etwa 60.000 Wölfen, wurden im selben Zeitraum zwei tödliche Wolfsangriffe gemeldet. Zum Vergleich: Allein in Deutschland sterben jedes Jahr rund 40 Menschen an den Folgen von Bienen- und Wespenstichen.




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