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Aktuell

Russische Waldbrände und Radioaktivität

Atomanlage Majak durch Feuer bedroht

Von Beate Steffens, Greenpeace-Online, 10.8.10

Seit fast 10 Tagen wüten Feuer in Russlands Wäldern. Durch die ungewöhnliche Hitzewelle sind viele Brände außer Kontrolle geraten. Nun nähern sie sich russischen Atomanlagen und könnten schwere Folgen haben. Besonders gefährdet ist derzeit die Wiederaufarbeitungsanlage Majak. 1957 war Majak Schauplatz der größten Atomkatastrophe vor Tschernobyl (1986). Am 9. August verhängten die Behörden in der Nähe der Anlage den Notstand, weil sich die Flammen der Anlage nähern.

Majak ist einer der größten Atomkomplexe der Welt und liegt in den Bergen des Ural an der Grenze von Russland zu Kasachstan. Der Atomkomplex ist keine einzelne Anlage, sondern eine regelrechte Atom-Kleinstadt. Seit den Vierzigerjahren war sie das Zentrum der sowjetischen Plutoniumproduktion. Hauptaufgabe war, aus abgebrannten Brennstäben Plutonium zu gewinnen und für die Verwendung in Atombomben weiterzuverarbeiten.

Am 29. September 1957 führte ein defektes Kühlsystem in Majak zum damals größten Unfall in einer Atomanlage. Radioaktive Partikel wurden durch eine Explosion großflächig freigesetzt und in die Atmosphäre geschleudert. Zahlreiche weitere Unfälle verstrahlten bis heute über 272.000 Menschen.

Die Menschen vor Ort leiden noch immer an chronischen Krankheiten wie Bluthochdruck, Herzproblemen, Arthritis und Asthma. Jeder zweite Erwachsene ist unfruchtbar, jedes dritte Neugeborene kommt mit Missbildungen zur Welt, jedes zehnte Kind wird zu früh geboren. Die Zahl der Krebserkrankungen ist drastisch erhöht.

"Bis heute liegt viel radioaktives Material in der Umgebung der Atomanlage", sagt Christoph von Lieven, Atomexperte bei Greenpeace. "Damals hat man viel von dem kontaminierten Material einfach in einem See in der Nähe versenkt. Die Region gilt heute als eines der verstrahltesten Gebiete der Welt."

Bisher sind radioaktive Partikel und Kleinstmaterialien im Boden, im Torf, in den Pflanzen gebunden. Sollte das Material freigesetzt werden, könnte es beim Löschen ins Grundwasser gespült oder bei Bränden mit dem Rauch hochgetrieben werden. So kann es woanders zu einem erneuten radioaktiven Fall-out kommen.

In Moskau haben Greenpeace-Experten Daten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA sowie Satellitenaufnahmen der Brände ausgewertet. Dabei kam zu Tage, dass die Behörden nicht alle Brände in den betroffenen Gebieten gemeldet haben. Auf Satellitenfotos entdeckten sie 20 Brände in radioaktiv verseuchten Gebieten. Allein drei Feuer sind in dem besonders stark betroffenen Gebiet Brjansk an der Grenze zu Weißrussland und der Ukraine zu finden. Die Region um Brjansk war nach der Atomkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl 1986 verstrahlt worden.

Wladimir Tschuprow, Atomexperte bei Greenpeace Russland warnt davor, die radioaktive Gefahr herunterzuspielen: "Die erhöhte radioaktive Strahlung wird zwar nicht zu einer neuen Belastung wie bei Tschernobyl führen, trotzdem sollten kleinere radioaktive Mengen nicht unterschätzt werden. Bislang ist noch nicht untersucht worden, wie gefährlich das Zusammenspiel von giftigem Smog von den Wald- und Torfbränden und radioaktiver Strahlung ist."


Mittwoch 11.08.2010, 11:45

Waldbrände erreichen Tschernobyl-Gebiete

(AFP)(...)

http://www.focus.de/panorama/vermischtes/russland-waldbraende-erreichen-tschernobyl-gebiete_aid_540194.html


„Wir haben gewarnt“

Rheinischer Merkur, 11.8.10

Der Feuerökologe Johann Georg Goldammer über die Folgen der Wald- und Moorbrände in Russland sowie die Fehler der Politik.(...)

http://www.merkur.de/2010_32__Wir_haben_gewarn.44018.0.html?&no_cache=1


10. August, 2010

Putin will Forstwirtschaftsbehörde unmittelbar dem Kabinett unterstellen

RJASAN, (RIA Novosti). Nach wochenlangen Bemühungen um das Löschen der landesweit lodernden Wald- und Torfbrände will Regierungschef Wladimir Putin die Forstwirtschaftsbehörde unmittelbar dem Kabinett unterstellen.

Er werde einen entsprechenden Vorschlag Präsident Dmitri Medwedew unterbreiten, sagte Putin am Dienstag in einer Beratung in der Stadt Rjasan. Zuvor hatten mehrere Experten das vom damaligen Präsident Putin initiierte neue russische Forstgesetz kritisiert, nach dem die staatliche Aufsicht über die Wälder abgeschafft und an Pächter bzw. Ortsbehörden übertragen wurde.

In Russland toben jetzt 557 Wald- und Torfbrände auf einem Territorium von rund 174 000 Hektar.


10. August, 2010

Wälder und Torfmoore in Russland stehen noch immer in Flammen

MOSKAU, (RIA Novosti). Wie RIA Novosti am Dienstag vom russischen Zivilschutzministerium erfuhr, sind 247 neue Brandherde entstanden. Inzwischen seien 239 Brandherde gelöscht worden, 557 Feuer lodern auf 174 000 Hektar Fläche.

Nach den Angaben sind seit Beginn der Brandsaison insgesamt mehr als 26 200 natürliche Brände auf einer Gesamtfläche von 766 000 Hektar, darunter 1080 Torfbrände, ausgebrochen. Zur Bekämpfung der Waldbrände sind mindestens 165 000 Menschen sowie 26 000 Einheiten Technik, darunter 42 Luftfahrzeuge, im Einsatz.

Andere Länder schicken Feuerwehrleute und Spezialtechnik für die Feuerbekämpfung nach Russland. So sind bei den Löscharbeiten 394 ausländische Fachleute sowie 52 Einheiten Technik, darunter fünf Flugzeuge und fünf Hubschrauber, im Einsatz.

Dem Chef des Nationalen Krisenzentrums des russischen Zivilschutzministeriums, Wladimir Stepanow, zufolge haben sich die gesamte Brandfläche und die Zahl der Feuer durch die Löscharbeiten inzwischen verringert.

Neben den Gebieten Belgorod, Kursk, Lipezk und Uljanowsk sowie der Republik Tatarstan, wo vor mehreren Tagen die Brandsituation völlig stabilisiert worden war, zählen seit Montag auch die Gebiete Jaroslawl und Twer, die Republik Udmurtien und das Gebiet Pensa (Wolgaraum) dazu. Laut Stepanow seien am Montag die Kräfte und Mittel der Feuerwehren zugunsten der Regionen mit besonders schweren Bränden umverteilt worden.

Das Krisenzentrum hält die Situation in den Gebieten Rjasan und Nischni Nowgorod sowie im Moskauer Umland weiterhin unter besonderer Kontrolle. Allerdings hat sich die Fläche der Torfbrände bei Moskau seit Montag um 30 Hektar verringert.


11. August, 2010

Brandsituation bei Moskau schwierig: Bewässerung der Torfmoore beginnt

MOSKAU (RIA Novosti).Dem Gouverneur des Moskauer Gebietes Boris Gromow zufolge bleibt die Lage wegen der Wald- und Torfbrände in der Region gespannt, steht aber unter Kontrolle. „Die Fläche der vom Feuer erfassten Wälder und Torfmoore hat sich seit Dienstag verringert, aber die Intensität und die Zahl der Brände ist noch immer groß“, heißt es in einer Mitteilung über die Sitzung des regionalen Krisenstabes, die am Mittwoch unter Leitung des Gebietsgouverneurs stattgefunden hat.

Nach den Angaben hat sich die Situation im Süden des Moskauer Umlandes, wo am Dienstag elf Brandherde eingedämmt werden konnten, verbessert. Intensive Löscharbeiten werden im Norden sowie in dem am stärksten betroffenen östlichen Teil des Gebietes geführt. Laut der Mitteilung hat der Gouverneur angeordnet, unverzüglich mit der Bewässerung der Torfmoore zu beginnen.

Die russische Regierung hatte am Dienstag die Bereitstellung von 300 Millionen Rubel (rund 7,5 Millionen Euro) für die Bewässerung der Torfböden und die Beseitigung besonders gefährlicher Brandherde angekündigt.

Die natürlichen Brände bei Moskau sind durch die seit Mitte Juni anhaltende ungewöhnliche Hitze und Trockenheit in der Region verursacht worden. Nach dem Stand vom 10. August tobten 15 Torf- und 22 Waldbrände auf einer Gesamtfläche von 182 Hektar.


10. August, 2010

Beschleunigen Waldbrände in Russland die globale Klimaerwärmung?

MOSKAU, (RIA Novosti). Verheerende Waldbrände in Russland und der damit verbundene CO2-Ausstoß können den Klimawandel beschleunigen. Das geht aus der Pressemitteilung der Organisation WWF hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Ökologen zufolge führen die Waldbrände und die Klimaerwärmung in einen Teufelkreis, wo die beiden Komponenten einander immer weiter verstärken. «Die Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre führt zum Ungleichgewicht im Klimasystem, darunter zur Steigerung der Zahl der Hitzewellen und deren Verlängerung, die ihrerseits die Zahl der Waldbrände erhöhen», hieß es.

Abgebrannte Wälder produzieren Ökologen zufolge noch 30 Jahre lang mehr Kohlendioxid, als sie konsumieren können. Junge Bäume könnten den ausgestoßenen Kohlendioxid binden. Oft ist aber eine schnelle Wiederherstellung des Waldes ohne menschliche Hilfe kaum möglich. «Momentan ist es wichtig, den Schaden in den wertvollsten Wälder im europäischen Teil Russlands einzuschätzen und einen Plan zu deren Wiederaufforstung zu erarbeiten», sagte Nikolaj Schmatkow, Leiter der WWF-Waldprojekte in Russland. Die katastrophalen Waldbrände sind ihm zufolge nicht von Dürre allein verursacht. Schuldig sei die voreilige und schlecht durchdachte asministrative Reform der Forstwirtschaft.


11. August, 2010

Ausländische Rettungskräfte helfen Russland bei Brandbekämpfung

MOSKAU, (RIA Novosti). Ausländische Rettungsmannschaften beteiligen sich an der Bekämpfung der in den Zentralgebieten Russlands tobenden Torf- und Waldbrände, schreibt die Zeitung "Rossijskaja Gaseta" am Mittwoch.

Wie das russische Zivilschutzministerium mitteilte, entstand die Idee der internationalen Unterstützung bei der Feuerbekämpfung nach den schrecklichen Waldbränden in Griechenland und Portugal. Russland habe diese Initiative unterstützt und eine der führenden Rolle bei Hilfsaktionen gespielt, betonte er. Damals sei beschlossen worden, die Löschflugzeuge verschiedener Länder im so genannten „Europäischen Geschwader“ zu vereinigen.

Laut der Vereinbarung schalten sich internationale Kräfte in die Brandbekämpfung ein. Russland beteilige sich mit seinen besten Löschflugzeugen Il-76 und Be-200 sowie mit dem Großhubschraubern Mi-26, so Braschnikow.

Die Flugzeuge und Hubschrauber bleiben in ihren „Heimatflughäfen“ stationiert und fliegen zu den Brandherden. Die betroffenen Länder entschädigen den Einsatz, indem Brennstoff, Starts und Landungen sowie die Unterbringung von Piloten bezahlt werden.

Dem „Europäischen Geschwader“ gehören bis zu 30 Flugzeuge an, fuhr der Experte der Katastrophenbehörde fort. Das sei üblicherweise ausreichend, um die eigenen Bemühungen bei der Brandbekämpfung zu unterstützen. An einer Übung, die in Italien im Jahr 2008 stattfand, hatten zwölf Maschinen teilgenommen, diese Gruppierung habe sich als durchaus effizient erwiesen, unterstrich Braschnikow.

Das Zivilschutzministerium sei seit zwei Jahren durch eine Vereinbarung mit der EU verbunden, wonach russische Kräfte an internationalen humanitären Einsätzen teilnehmen, sagte er.

Zugleich teilte Braschnikow mit, dass an der Löschung der Waldbrände in Russland derzeit neun Flugzeuge aus verschiedenen europäischen Ländern, darunter aus der Ukraine, Weißrussland, Kasachstan, Aserbaidschan, Italien und Frankreich, beteiligt sind. In der nächsten Zeit sollen sich daran fünf weitere Maschinen anschließen.




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