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Aktuell

EU-Klimagesetz

Der Rahmen steht, die Eile fehlt

Vorschlag zum EU-Klimagesetz gibt die Richtung vor, aber es fehlen die kurzfristigen Ziele zur CO2-Minderung

WWF Pressemitteilung, 4.3.20

Ursula von der Leyens erster Schritt zu einem klimaneutralen Europa ist gemacht: Ihren European Green Deal hatte die EU-Kommissionspräsidentin im Dezember als „Man-on-the-Moon-Moment“ für Europa umschrieben und für die ersten 100 Tage ihrer Amtszeit ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz angekündigt. Millionen Menschen hatten im vergangenen Jahr auf den Straßen für mehr Klimaschutz demonstriert – der Auslöser, der von der Leyen von der Bedeutung ihrer Mission überzeugte. Doch bei der Vorstellung des Entwurfs zeigte sich am Mittwoch in Brüssel, dass das Gesetz zur Umsetzung der Klimaschutzkomponente des Green Deals zwar ein großer Meilenstein für ein klimaneutrales Europa ist, bei den Zwischenschritten aber wenig ambitioniert bleibt. Das Klimaschutzgesetz zeigt keinen Weg auf, wie die EU kurz- und mittelfristig Treibhausgasemissionen reduzieren möchte und drängt nicht auf einen zügigen Ausstieg aus den fossilen Energien.

Juliette de Grandpré, Senior Advisor für europäische Klimapolitik beim WWF Deutschland, sagt: „Ursula von der Leyens Vorhaben, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen, bleibt eine bedeutende Vision für Europa. Das Klimaschutzgesetz ist ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, doch in wesentlichen Punkten bleibt der Entwurf noch zu vage. Gerade die nächsten zehn Jahre sind entscheidend, um die Erderhitzung gemäß des Pariser Abkommens noch auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Das Ambitionsniveau des Klimaschutzgesetzes ist aber nicht ausreichend, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erfüllen. Eine Minderung der Treibhausgasemissionen um 65 Prozent ist bis 2030 nötig, hier greift der Entwurf noch zu kurz. Für die Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad muss zudem die Klimaneutralität bereits 2040 in der EU erreicht werden.

Ein schnelleres Tempo ist dieses Jahr entscheidend für ambitionierte Klimaschutzziele weltweit. Die Europäische Union ist gefordert und muss international vorangehen, um noch vor der Weltklimakonferenz Anfang November ihren Klimaschutzbeitrag zu erhöhen. Das Klimaschutzgesetz bleibt eine große Chance für Europa, um diese Vorreiterrolle einzunehmen und auch andere Staaten zu größeren Anstrengungen zu bewegen.“

Aus Sicht des WWF fehlen folgende Punkte im EU-Klimaschutzgesetz:
  • Die EU muss bis 2040 Netto-Null-Emissionen erreichen, um ihren Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise zu leisten.
  • Das Etappenziel für 2030 muss mit 65 Prozent weniger Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 festgeschrieben werden.
  • Im dem Klimaschutzgesetz fehlen verbindliche Folge-Etappenziele für die Jahre nach 2030.
  • Das Klimaschutzgesetz muss alle Politikfelder der EU durchdringen und alle Bereiche erfassen, die nicht mit dem Ziel der Klimaneutralität übereinstimmen.
  • Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen muss in dem Gesetz festgeschrieben werden, genauso wie das Verbot aller Subventionen, Steuervergünstigungen, Werbung und anderer Vorteile für fossile Energien wie Kohle, Öl und Gas.
  • Ein wissenschaftliches Gremium muss mit dem Klimaschutzgesetz eingerichtet werden, welches die Pläne der EU zur Bewältigung der Klimakrise überprüft und sicherstellt, dass die Fortschritte ausreichend sind.
  • Die Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme wie Wälder, Moore und Feuchtgebiete müssen als separates Ziel für die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre (sogenannte Senken) in dem Klimaschutzgesetz festgeschrieben werden.



Greta Thunberg nennt Klimagesetz der EU eine "Kapitulation"

Die EU plant in den nächsten 30 Jahren eine Klimawende, die Unternehmen und Bürgern einiges abverlangt. Die EU-Kommission ist stolz auf ihren ehrgeizigen Plan. Doch es kommt heftiger Gegenwind.

(dpa) - 4. März, 2020

https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/eu/id_87456046/von-der-leyen-stellt-entwurf-vor-greta-thunberg-nennt-klimagesetz-kapitulation-.html


Statt Mondlandung droht Bruchlandung

BUND Pressemitteilung, 3.3.20

Den vorab bekannt gewordenen Entwurf der EU-Kommission für ein europäisches Klimaschutzgesetz kommentiert Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND:

"Der Entwurf für das EU-Klimagesetz ist eine Enttäuschung. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bei der Vorstellung ihres Green Deal die Klimaschutz-Ambitionen der Europäischen Union mit der Mondlandung verglichen. Doch statt des großen Schritts für die Menschheit bleibt es bei zaghaftem Getrippel. Der Entwurf enthält nicht viel mehr als das bekannte Bekenntnis Europas zu Klimaneutralität bis 2050. Die alles entscheidende Frage: Wie sieht das aktuelle Klimaziel der Europäischen Union für die nächsten zehn Jahre aus, vertagen von der Leyen und ihr Klimakommissar Timmermans auf später. Erst nach dem Sommer soll ein Vorschlag für die Erhöhung des EU-Klimaziels auf 50 bis 55 Prozent vorgelegt werden.

Das ist besorgniserregend. Denn die jetzigen Ziele der EU bis 2030 verstoßen gegen das Pariser Klimaabkommen. Wenn alle Länder so niedrige Ziele hätten wie die EU, würde die globale Durchschnittstemperatur bis zum Ende des Jahrhunderts auf bis zu drei Grad ansteigen. Um einen fairen Anteil am globalen Klimaschutz und der Umsetzung des Pariser Abkommens zu leisten, müssten die Emissionen in Europa bis 2030 um mindestens 65 Prozent reduziert werden.

Positiv an dem Klimaschutzgesetz ist: Alle Länder sind angehalten, ihre Ziele nach 2030 alle fünf Jahre zu verschärfen. Um die Klimakrise zu verhindern, muss Europa jedoch vor 2030 viel mehr Klimaschutz machen als bisher geplant. Die Folgen der Klimakrise sind später erheblich teurer.

Vor diesem Hintergrund ist es ein Armutszeugnis, dass die EU Entscheidungen über Nachbesserungen ihres ungenügenden Klimaziels bis 2030 durch langwierige Studien in den Herbst verschiebt. Wenn von der Leyen beim Klimaschutz so weitermacht, dann gibt es eine Bruch- statt einer Mondlandung. Mit dem EU-Klimagesetz jedenfalls setzt sich von der Leyen bis zum 9. März, dem Stichtag ihrer ersten hundert Tage im Amt, kein Denkmal."


NABU: EU-Kommission zückt stumpfes Schwert im Kampf gegen Klimawandel

Krüger: Kommission verkennt die Bedeutung gesunder Wälder, Moore und Meere für den Klimaschutz

NABU Pressemitteilung, 4.3.20

Berlin/Brüssel – Das am heutigen Mittwoch vorgestellte EU-Klimagesetz kommentiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Mit ihrem Klimagesetz zückt die EU-Kommission leider ein stumpfes Schwert. Richtig und wichtig ist, dass die EU bis 2050 klimaneutral werden soll und die Messlatte dazu alle fünf Jahre höher gelegt wird. Doch Papier ist bekanntlich geduldig: Hehre Ziele bringen nichts, wenn die Resultate ausbleiben.

Fatal ist, dass die Kommission bisher komplett verkennt, wie wichtig gesunde Wälder, Moore und Meere für den Klimaschutz sind. Als Treibhaussenken sind sie unsere natürlichen Verbündeten im Kampf gegen die Erderhitzung, sie müssen wiederhergestellt und wirksam geschützt werden. Ohne den Fokus auf diese natürlichen Senken wird uns das Gesetz nicht auf einen 1,5-Grad-Pfad bringen.

Wichtig ist jetzt auch Schnelligkeit: Je eher alle Länder beginnen wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen, desto mehr Spielraum haben wir in den kommenden Jahrzehnten. Doch leider fehlt im Gesetz ein Mechanismus, der die Länder zu Sofort-Maßnahmen zwingt. Entscheidend ist daher auch, dass die Kommission schon im Juni beschließt, bis 2030 bestenfalls 65 Prozent der Treibhausgase im Vergleich zu 1990 einzusparen.“


EU-Klimagesetz: Entwurf ist ein Meilenstein mit Nachbesserungsbedarf

Germanwatch fordert Korrekturen durch Europaparlament und Regierungen der EU-Staaten: Neues Klimaziel für 2030 muss früher vorgelegt werden und EU deutlich mehr internationale Verantwortung für Umsetzung des Paris-Abkommens übernehmen

Germanwatch Pressemitteilung, 4.3.20

Brüssel/Berlin. Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sieht im heute von der Europäischen Kommission vorgestellten Vorschlag für ein EU-Klimagesetz einen Meilenstein in Bezug auf die Verbindlichkeit der EU-Klimapolitik. Zugleich mahnt Germanwatch aber entscheidenden Nachbesserungsbedarf an. Europaparlament und Mitgliedsstaaten seien nun gefordert, auf zentrale Mindestanforderungen zu bestehen, damit das Gesetz zum starken Rückgrat für einen Europäischen Green Deal mit globalem Vorbildcharakter werden kann. Zu diesen Anforderungen gehören eine Vorlage des neuen EU-Klimaziels für 2030 durch die Kommission spätestens im Juni und eine starke Rolle der EU bei Klimapartnerschaften mit anderen großen Emittenten. Germanwatch fordert, ein Klimaziel von 50 bis 65 Prozent durch Machbarkeitsstudien zu prüfen.

„Die Kommission hat ein Gesetz vorgelegt, das ein international wichtiges Signal sendet: Die EU wird ihre Klimaziele für 2030 in diesem Jahr deutlich verbessern und die Verbindlichkeit des Klimaschutzes in der EU auf ein neues Niveau heben“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Allerdings springt die Kommission an wichtigen Stellen im Gesetz zu kurz und gefährdet so die volle Umsetzung der Ziele des Pariser Klimaabkommens. Nachdem die EU-Kommission so viel politisches Kapital in das neue Identifikationsprojekt der EU, den Europäischen Green Deal, gesteckt hat, müssen nun das Parlament und die Mitgliedsstaaten - insbesondere die Bundesregierung - die Bremsen lösen und den diesen Klimagesetz-Vorschlag im Sinne des notwendigen wirkungsvollen Klimaschutzes weiterentwickeln", so Bals weiter.

Germanwatch kritisiert insbesondere, dass die Vorlage des neuen 2030-Klimaziels erst für September geplant ist. Diese Verzögerung steht im Widerspruch zu dem im Dezember angekündigten Anspruch, bei der Umsetzung des Europäischen Green Deal Tempo machen zu wollen und sendet nicht das notwendige Signal für den gesamten UN-Prozess zur Ambitionssteigerung im Vorfeld der Klimakonferenz in Glasgow. Dieses zögerliche Vorgehen verkennt die Dringlichkeit der Klimakrise. „Länder wie China und Indien brauchen eine frühe Zielankündigung der EU, um mit diesem Rückenwind ihre eigene Zielanhebung zu Hause und im Dialog mit der EU ausreichend diskutieren zu können“, sagt Christoph Bals. „Darum sollte der Vorschlag spätestens im Juni erscheinen.“

Germanwatch fordert Kommission und Mitgliedsstaaten auf, das Bekenntnis zur Klimaschutz-Vorreiterrolle der EU jetzt in einen starken Impuls zur Stärkung der EU-Klimadiplomatie und für weitreichende Klimapartnerschaften mit anderen Ländern zu verwandeln. Die EU würde damit einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass das 1,5°-Limit einhaltbar bleibt.

Gut am Entwurfstext ist das Signal an die Weltgemeinschaft, dass die EU die Verpflichtung im Pariser Klimaabkommen ernst nimmt, ihre Klimaziele künftig alle fünf Jahre nachzubessern. Wichtig ist überdies, dass die Kommission nun beginnt, den umfassenden Ansatz des Europäischen Green Deal umzusetzen, so dass sämtliche Regulierungen in Zukunft auf ihre Wirkung hinsichtlich der Erreichung der Klimaziele bewertet werden.


PIK STATEMENT zum Entwurf der EU-Kommission für ein Klima-Gesetz

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Pressemitteilung, 4.3.20

Heute soll die EU-Kommission einen Entwurf für ein Klimagesetz vorlegen, mit Regelungen zur Umsetzung von Teilen ihres Green Deal. Dazu Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Professor für Klima-Ökonomie an der Technischen Universität Berlin, Deutschland:

"Um zur Stabilisierung des Klimas beizutragen, schlägt die Europäische Kommission jetzt ein Klimagesetz vor. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung - für die Sicherung nachhaltigen Wohlstands ist es an der Zeit, nicht mehr herum trippeln, sondern sich in Bewegung zu setzen. Es genügt aber nicht, die richtigen Ziele zu setzen. Wir brauchen klar definierte Wege und kurzfristige Einstiegspunkte, um die Ziele tatsächlich zu erreichen. Aus ökonomischer Sicht ist eine klug gemachte und umfassende CO2-Bepreisung die effizienteste und sozial gerechte Maßnahme für eine sichere Klimazukunft. Die EU sollte das jetzt angehen, wenn sie den Ausstoß von Treibhausgasen substanziell senken möchte. Ein fairer Preis auf CO2-Emissionen könnte helfen, mit Mechanismen wie Kompensationsregeln und Lastenteilung die EU-Mitgliedsstaaten zu einigen und zugleich ihre Verschiedenheit zu berücksichtigen. Das könnte der nächste Schritt sein."



(Kommentar Waldportal: Wird die EU einen Schritt auf die Realität zugehen oder erwartet sie, dass die Naturgesetze endlich dem wirtschaftlichen Druck nachgeben?)




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