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Aktuell

NABU zum Artensterben

NABU: Zerstörung von Mooren, Wäldern und Auen kostet Millionen

Tschimpke: Intakte Ökosysteme sind weit unterschätzter Wirtschaftsfaktor

NABU Pressemitteilung, 11.3.10

Frankfurt am Main - Angesichts des fortschreitenden Artensterbens hat der NABU an Bund und Länder appelliert, den wirtschaftlichen Wert intakter Ökosysteme stärker in den Blickwinkel zu rücken. „Der Schutz der Natur darf nicht länger als lästiger Kostenfaktor betrachtet werden. Intakte Lebensräume sind Gratis-Dienstleister für gesunde Luft, sauberes Wasser und Böden. Anstatt sie zu erhalten, werden sie zerstört. Die entstehenden Folgeschäden müssen dann aber alle bezahlen. Das ist absurd“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke anlässlich der NABU-Konferenz „Biologische Vielfalt 2010: Fast Weg? Neue Wege aus alter Krise“ in Frankfurt am Main. Rund 200 Vertreter aus Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, darunter Bundesumweltminister Norbert Röttgen, befassten sich bei der NABU-Konferenz mit Lösungen und Konzepten zum nationalen und internationalen Artenschutz.

NABU-Präsident Tschimpke verwies auf die Bedeutung intakter Moore, Wälder und Auen für den Naturschutz. „Ihre Zerstörung verursacht nicht nur Millionenkosten, sondern erschwert gleichzeitig das Erreichen der Klimaziele“, so Tschimpke. Neben Wäldern seien vor allem Moore ein wichtiger Faktor für den Klimaschutz. Mehr als 30 Prozent schädlicher Klimagase in der Landwirtschaft entstünden allein durch die Entwässerung von Moorböden.

Ferner forderte der NABU einen Biodiverstitäts-Check bei Gesetzesvorhaben, um die Folgen für die biologische Vielfalt transparent zu machen und mögliche Schäden zu verhindern. Das Spar-Potenzial hierbei sei enorm, wie das Bundesamt für Naturschutz errechnet habe. So wurden beispielsweise allein durch 350 Quadratkilometer wiedergewonnene natürliche Überflutungsfläche an der Elbe jährlich 37 Millionen Euro Kosten für Klärleistung eingespart. Insgesamt könnte an der Elbe durch eine konsequente Deichrückverlegung sogar bis zu eine Milliarde Euro im Hochwasserschutz gespart werden.

Der NABU appellierte an Bundesumweltminister Norbert Röttgen, die Biodiversitätsstrategie nun mit dem geplanten „Bundesprogramm Biologische Vielfalt“ zügig voranzubringen und sich bei seinen Kabinettskollegen für einen ressortübergreifenden Naturschutz stark zu machen. Nach NABU-Schätzung werden rund 300 Millionen Euro pro Jahr dafür benötigt. Die Mittel müssten aus Umschichtungen im Agrar- und Verkehrsetat, dem Abbau schädlicher Subventionen sowie bis zu zehn Prozent aus Erlösen der Versteigerung von Verschmutzungsrechten kommen. Ferner müsse die Bundesregierung die Wiedervernetzung natürlicher Lebensräume in die Bundesverkehrswegeplanung einbeziehen und Auen als „Autobahnen der biologischen Vielfalt“ sichern und revitalisieren.

„Der Verlust der biologischen Vielfalt zählt neben dem Klimawandel zu den dringlichsten globalen Politikfeldern und damit zu den zentralen Herausforderungen unserer Zeit“, sagte der Bundesumweltminister in seiner Ansprache. Röttgen: „Mit dem Bundesprogramm Biologische Vielfalt sollen Schutz und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt verbunden sowie innovative Ideen und Konzepte entwickelt und erprobt werden.“ Als Beispiele nannte er die Sicherung von Ökosystemdienstleistungen, Synergieeffekte zwischen biologischer Vielfalt und Klimaschutz und die Bewahrung von Arten, Lebensräumen und Landschaften, für die Deutschland international eine besondere Verantwortung trägt.

„Einen Schwerpunkt werden wir in den nächsten vier Jahren bei der Vernetzung ökologisch besonders wertvoller Gebiete in einem Verbundsystem setzen. Es wird ein Bundesprogramm Wiedervernetzung als Grundlage für den Bau von Querungshilfen im Bundesverkehrswegenetz in den wichtigsten Lebensraumkorridoren ausgearbeitet“, so Röttgen. Auch die Durchgängigkeit der Flüsse für wandernde Fische sollte wiederhergestellt, natürliche Auen sollten reaktiviert und Flusstäler, wo immer möglich, renaturiert werden.

In Deutschland ist die Bilanz beim Schutz von Arten- und Lebensräumen weiterhin ernüchternd: 72,5 Prozent der Lebensräume in Deutschland sind gefährdet und damit viele Tiere, Pflanzen und Pilze, die in ihnen leben. 40 Prozent unserer Tierarten stehen auf der Roten Liste, drei Prozent sind bereits ausgestorben. Jede zweite einheimische Vogelart gilt als gefährdet, und 30 Prozent unserer Farn- und Blütenpflanzen sind gefährdet oder bereits ausgestorben.

Vor diesem Hintergrund forderte NABU-Artenschutzreferent Magnus Wessel „eine starke Allianz für den Naturschutz“. Nur wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bereit seien, sich dem Naturschutz als Gemeinschaftsaufgabe zu widmen, werde es im Jahr 2010, dem UN-Jahr der Biologischen Vielfalt, einen Schritt vorangehen im Kampf gegen das Artensterben.


Basar der bedrohten Arten

Vom Eisbär bis zum Schwarzaugenfrosch: Tierhandel bedroht die Artenvielfalt

Pro Wildlife e.V. Pressemitteilung, 11.3.10

München/Doha, 11. März 2010. Jagd, Elfenbeinschmuggel, Fischerei und Heimtierhandel bestimmen die Themen der vom 13. bis 25. März im Emirat Katar stattfindenden Konferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (englisch CITES). Die Artenschutzorganisation Pro Wildlife stellt fünf Vertreter der bedrohten Artenvielfalt vor, über deren Schutz dort diskutiert wird. „Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen regelt den Handel mit bedrohten Arten – und greift damit in ein Milliardengeschäft ein. Entsprechend ist ein heftiges Tauziehen der 175 Mitgliedsstaaten um Schutz und Nutzung profitträchtiger Arten zu erwarten“, sagt Daniela Freyer, die für Pro Wildlife an der Konferenz teilnimmt.

Ein Eisbär-Abschuss für 40 000 Euro

Bis zu 40.000 Euro zahlen Hobbyjäger aus Deutschland und anderen EU-Ländern für den Abschuss eines Eisbären. Neben der Trophäenjagd boomt auch der Handel mit Eisbärfellen und -Schädeln. „Allein in Kanada wurden innerhalb von fünf Jahren über 3.300 Eisbären legal abgeschossen“, berichtet Daniela Freyer. Experten gehen davon aus, dass der Eisbär in 100 Jahren aussterben könnte. „Der Klimawandel lässt den Lebensraum der Eisbären, das arktische Eis buchstäblich wegschmelzen. Die Jagd für den kommerziellen Handel bedroht die Bestände zusätzlich. Der von den USA beantragte internationale Handelsstopp würde jedes Jahr Hunderten Eisbären das Leben retten“ so die Pro Wildlife-Sprecherin.

Afrikanischer Elefant: Ein Kilo „Weißes Gold“ bringt in Asien 1.400 Euro

Mit Elfenbein lassen sich enorme Gewinnspannen erzielen: Während ein Kilo Rohelfenbein in Afrika etwa 104 Euro einbringt, erzielt es in Asien bereits 1.400 Euro, verarbeitet ist es noch deutlich mehr wert. „Entsprechend boomen Wilderei und Elfenbeinschmuggel. Wir gehen derzeit von mehr als 30.000 gewilderten Elefanten jährlich aus“, berichtet Freyer. Seit 1997 wurde das vor 20 Jahren erlassene Elfenbeinhandelsverbot immer weiter durchlöchert, jetzt wollen Tansania und Sambia ebenfalls in den Elfenbeinhandel einsteigen. „Dabei sind beide Länder Zentren von Wilderei und Schmuggel. Der Elfenbeinhandel muss ein für allemal geächtet werden, damit die Massaker an Elefanten ein Ende haben“, so Freyer.

Roter Thun: Bis zu 130.000 Euro das Stück

Spitzenpreise von 130.000 Euro kann ein einziger Roter Thun auf Tokios Fischauktionen erzielen – so geschehen im Januar 2010 für ein 232 Kilogramm schweres Exemplar. „Diese Rekordpreise treiben die maßlose Überfischung des Roten Thun voran. Die ohnehin zu hohen Fangquoten werden regelmäßig ignoriert. Jetzt kann nur noch ein Handelsverbot den Kollaps verhindern “, so die Pro Wildlife Sprecherin. Die EU – und hier vor allem Frankreich – ist der wichtigste Exporteur, Japan der weltgrößte Importeur.

Regenwaldjuwelen: lebende Wohnzimmerdekoration für 180 Euro

Sechs Anträge, über die die CITES-Konferenz zu entscheiden hat, betreffen Arten, die für den internationalen Heimtiermarkt gefangen werden. Hierzu gehören Reptilien, aber auch fünf farbenfrohe Laubfroscharten aus Mittelamerika. „Der Schwarzaugenfrosch ist der seltenste von ihnen – er ist akut vom Aussterben bedroht. Nur durch CITES-Handelsbeschränkungen für diese Art und seine zum Verwechseln ähnliche Verwandten lässt sich der Tierhandel künftig effektiv kontrollieren“, so Freyer.

Schillerlocke vom Dornhai: 40 Euro pro Kilo

Hammerhaie sind vor allem bedroht, weil aus ihren Flossen in der asiatischen Küche Suppe hergestellt wird. Dornhaie dagegen werden hierzulande als „Schillerlocke“ oder „Königsaal“ verzehrt und in England für „fish and chips“ verwendet. „Künftig sollen für acht Haiarten weltweite Handelsbeschränkungen gelten, wenn Zweidrittel der WA-Vertragsstaaten zustimmen“, erläutert Freyer.

Pro Wildlife appelliert an die CITES-Mitgliedsstaaten, sich im aktuellen „Jahr der Biologischen Vielfalt“ für einen konsequenten Schutz bedrohter Arten einzusetzen, die durch den kommerziellen Handel bedroht sind.


15. CITES-Konferenz: NABU verfolgt Verhandlungen in Katar

NABU Pressemitteilung, 11.3.10

Doha/Berlin - Vom 13. bis 25. März ist es wieder soweit: Mehr als 2.000 Delegierte aus 175 Ländern werden auf der 15. CITES-Konferenz (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) im Emirat Katar am Persischen Golf für zwei Wochen zusammenkommen, um über das Schicksal vieler Tierarten zu entscheiden. Ziel der CITES-Konferenz ist es, Tiere und Pflanzen vor den Gefährdungen durch den internationalen Handel zu schützen. Eigentlich ein Handelsabkommen, ist CITES zugleich eines der wirkungsvollsten Instrumente des Artenschutzes. Es regelt mittlerweile die Ein- und Ausfuhr von rund 6.000 bedrohten Tier- und 30.000 Pflanzenarten.

Auch in diesem Jahr werden auf der Konferenz wieder viele brisante Themen zum Kräftemessen zwischen Naturnutzern und Naturschützern führen. So stehen dem von Palau und Schweden im Namen der EU eingebrachten Antrag auf Unterschutzstellung von zwei Haiarten und dem Atlantischen Blauflossen-Thunfisch knallharte Fischereiinteressen gegenüber. Der NABU ist davon überzeugt, dass es sich gerade beim Thun um eine „Entweder-Oder-Entscheidung“ handelt: Entweder wird dieser wertvolle Fisch jetzt unter Schutz gestellt, oder wir liefern ihn dem Aussterben aus. Deshalb fordert der NABU die EU auf, sich geschlossen und kompromisslos hinter den Schutzantrag Monacos zu stellen. Als einer der stärksten Stimmblöcke auf der CITES-Konferenz kann und muss die EU ein starkes Gegengewicht zu Japan bilden. 80 Prozent des Atlantischen Blauflossen-Thunfisches enden im Land der aufgehenden Sonne als Sushi oder Sashimi. Bei Auktionen auf dem Tokioter Fischmarkt Tsukiji können einzelne Exemplare Verkaufspreise bis zu 100.000 Euro erzielen.

Zudem haben die USA und Palau die Unterschutzstellung von sechs weiteren Haiarten beantragt. Nie zuvor gab es auf einer CITES-Konferenz so viele Schutzanträge für Haie oder die Forderung nach einem Handelsstopp für eine kommerziell so bedeutende Art wie den Roten Thun. Die Arten haben einen hohen wirtschaftlichen Wert. Millionen dieser Tiere werden jährlich abgefischt, ohne dass ihnen Zeit gelassen wird, sich ausreichend zu reproduzieren.

Der NABU ist während der gesamten Konferenzdauer in Katars Hauptstadt Doha mit zwei Expertinnen für internationalen Artenschutz, Heike Finke und Claudia Praxmayer, vor Ort. Zeitnah geben sie Einschätzungen und Bewertungen der Ereignisse und Anträge ab und stehen für Interviews und Presseanfragen zur Verfügung. In einem Online-Tagebuch berichten sie außerdem beinahe zeitgleich vom jeweiligen Verhandlungsstand.







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