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Klimakanzlerin a.D.

Klimakanzlerin a.D.

Bundeskanzlerin beugt sich beim Klimaschutz dem Druck der Industrie

WWF Pressemitteilung, 6.5.13

Als „schallende Ohrfeige für den europäischen Klimaschutz“ kritisiert Regine Günther, Leiterin Klima- und Energiepolitik beim WWF Deutschland, die von Bundeskanzlerin Merkel heute geäußerte Sicht auf eine Reform des EU-Emissionshandels. In ihrer Eröffnungsrede des vierten Petersberger Klimadialogs in Bonn erklärte die Kanzlerin, dass die Reform des wichtigsten EU-Klimaschutzinstrumentes im Kontext der deutschen Neugestaltung des Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) geschehen müsse. Darüber hinaus könne gegen den geballten Widerstand der deutschen Wirtschaft nicht gehandelt werden. Auch müssten die ausstehenden Entscheidungen der EU-Kommission hinsichtlich der Gültigkeit von zahlreichen deutschen Ausnahmeregelungen für energieintensive Betriebe abgewartet werden.

„Der Emissionshandel braucht schnelle Lösungen. Die überfälligen Reformen mit den sehr langwierigen Veränderungen am nationalen Erneuerbaren Energien Gesetz zu verbinden, gleicht einem Todesstoß für das europäische Vorzeigeinstrument. Damit verabschiedet sich Kanzlerin Merkel endgültig von einer Führungsrolle im EU-Klimaschutz“, sagte Günther. Folge jedes EU Land dieser in Bonn präsentierten Logik, sei Europäischer Klimaschutz per se nicht machbar. Die Umgestaltung des EEG werde nach der Wahl noch sehr viele Monate dauern.

Die Klimakonferenz 2015 in Paris, wo ein international gültiges Schutzabkommen fertiggestellt werden soll, könne nur zu einem Erfolg werden, wenn auch die EU eine führende Rolle spielt. Mit Merkels Entscheidung das europäische Vorzeigeinstrument Emissionshandel in absehbarer Zeit nicht zu reformieren, hat sie die EU auf internationalem Parkett dramatisch geschwächt. So steht auch die Aussicht auf Erfolg in Paris unter einem schlechten Stern, so Günther.

„Bundeskanzlerin Merkel ist den Sirenengesängen der Deutschen Industrie erlegen. Nicht die schwache EU-Wirtschaftslage ist hauptsächlich für die Krise des Emissionshandels verantwortlich, sondern die überdimensionierte Anzahl von Zertifikaten aus dem Ausland“, sagte Günther. Nur durch Druck der Wirtschaft sei die Zulassung dieser 1,5 Milliarden zusätzlichen Zertifikate erlaubt worden, die heute den Kern des Problems bildeten. Diese gelte es nun aus dem Emissionshandel wieder zu entfernen.


Kanzlerin drosselt Tempo beim Klimaschutz

Von Margret Hucko, Greenpeace-Online, 6.5.13

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spielt bei der Lösung von Klimaproblemen auf Zeit, statt zu handeln. Beim Petersberger Dialog, einer Klimakonferenz mit 35 Staaten in Berlin, kündigte sie am Montag an, in absehbarer Zeit keine besseren Rahmenbedingungen für den CO2-Emissionshandel in Europa schaffen zu wollen.

Der Handel mit CO2-Zertifikaten gilt als wichtigstes Klimaschutzinstrument der EU. Derzeit ist er aber so gut wie zusammengebrochen und damit nahezu wirkungslos. Merkel machte deutlich, dass sie eine Reform des europäischen Systems nicht vor einer Neuordnung der deutschen Ökostromförderung für sinnvoll halte. Dies ist vor der Bundestagswahl im September nicht zu erwarten.

Merkels Äußerungen zum CO2-Emissionshandel stehen in eklatantem Widerspruch zum Fazit ihrer Eröffnungsrede, in der sie die Weltgemeinschaft aufforderte, bis 2015 einen für alle Staaten verbindlichen Vertrag zur Minderung von Treibhausgasen abzuschließen. "Warten ist keine Option", hatte die Kanzlerin erklärt.

"Noch nie war die Lücke zwischen dem, was die Kanzlerin sagt und was sie tut, in der Klimapolitik größer als heute", sagt der Klima- und Waldexperte Martin Kaiser von Greenpeace.

Merkel erteilte auch einer Erhöhung der EU-Klimaschutzziele in ihrer Rede eine Absage. Die EU hat bereits heute ihre Klimaschutzvereinbarungen für 2020 erfüllt. Damit hätte sie genügend Spielraum, sich für weniger Emissionen bis 2020 einzusetzen. Die Kanzlerin kündigte jedoch an, noch eine ganze Dekade warten zu wollen. Neue Schutzziele sollen erst für 2030 von der EU in Angriff genommen werden.

Die Verschärfung der EU-Ziele von 20 auf 30 Prozent ist dabei weder neu noch ambitioniert. Bereits in den vergangenen Jahren, spätestens auf dem UN-Klimagipfel im vergangenen Dezember in Doha, hätte eine Entscheidung für eine CO2-Minderung um 30 Prozent fallen sollen. Hintertrieben wurde die EU-Entscheidung damals nicht nur durch eine schwache deutsche Positionierung, sondern auch durch die destruktive Haltung Polens. Wegen seiner vielen Kohlekraftwerke ist das Land gegen eine verschärfte CO2-Politik.

Aber auch Deutschland machte 2012 einen Rückschritt beim Klimaschutz: Tatsächlich sind die Emissionen des Treibhausgases CO2 um zwei Prozent gestiegen. Und das trotz größerer Mengen Strom aus Sonne und Wind. Haupttreiber für die schlechte Bilanz ist nach wie vor Kohlestrom, mit dem Deutschland einen Großteil des eigenen Energiebedarfs deckt.

Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid kritisiert die Rede Merkels als "wenig kämpferisch". Sie offenbare das Versagen der deutschen Klimapolitik. "Deutschland hat seine Vorreiterrolle beim Klimaschutz aufgegeben", so Smid. "Die Kanzlerin muss dafür sorgen, dass CO2 einen angemessen Preis bekommt, strenge CO2-Grenzwerte für Autos erlassen werden und ein Ausstieg aus der Kohleverstromung aktiv vorangetrieben wird. Bei all dem hat die Klimapolitik von Angela Merkel auf ganzer Linie versagt", sagt Smid.


Klimaschutz: Warten ist keine Option

Bundespresseamt Pressemitteilung, 6.5.13

Die Anstrengungen beim Klimaschutz zu verstärken - dazu rief Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem vierten Petersberger Klimadialog die Gäste aus über 35 Ländern auf. Bis 2015 soll über ein neues internationales Abkommen verhandelt werden.

"Wenn wir nichts tun, wird der Weg noch komplizierter. Nichts tun bedeutet auch, dass alles viel teurer wird." Mit diesen Worten forderte die Bundeskanzlerin die Weltgemeinschaft auf, mehr für den Klimaschutz zu tun.

Die Bundeskanzlerin und Bundesumweltminister Peter Altmaier trafen sich mit Ministerinnen und Ministern aus allen Weltregionen, um die nächste UN-Klimakonferenz vorzubereiten. Die Konferenz wird Ende 2013 in Warschau stattfinden. Ihr Ziel ist es, ein neues internationales Abkommen zu entwickeln. Dieses soll bis 2015 erarbeitet werden und bis 2020 in Kraft treten, denn dann laufen die Vereinbarungen zum Kyoto-Protokoll aus.

Gemeinsame Anstrengungen sind notwendig

Es wurde schon viel erreicht, doch "der Pfad zu einer wirklichen Bekämpfung des Klimawandels stellt sich als ein sehr komplizierter Weg heraus", so Merkel. Sie unterstrich, dass es viele Einzelinitiativen gibt: So entstand in Saudi-Arabien ein großes Solarprojekt und in Brasilien wurde die Rodung des Regenwaldes eingedämmt. Notwendig sei aber, den Druck für mehr Klimaschutz auf alle Staaten zu erhöhen.

Ein neues Klimaabkommen muss an der gemeinsamen Basis anknüpfen: Auf der UN-Konferenz 2009 in Kopenhagen haben sich alle Staaten dazu verpflichtet, das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten. Doch die damals vereinbarten freiwilligen Verpflichtungen, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, reichen dafür nicht aus. Selbst wenn alle Industriestaaten ab sofort kein Kohlendioxid mehr ausstießen, wäre das Ziel nicht zu schaffen, erläuterte die Bundeskanzlerin. Der einzige Weg sei ein neues, für alle Staaten verbindliches Abkommen.

Europa will Vorreiter beim Klimaschutz bleiben

Europa bleibt Vertragspartner im Kyoto-Protokoll und hält an seinen Verpflichtungen fest. Doch Europa allein wird den Klimawandel nicht aufhalten. Die Situation ist nicht einfach: Europa befindet sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Aus 27 nationalen Märkten müsse ein EU-Binnenmarkt werden, so Merkel.

Aufgrund der Krise ging das europäische Wirtschaftswachstum zurück. Damit stiegen die Treibhausgasemissionen nicht wie erwartet an. Das sei zwar gut für das Klima, so die Bundeskanzlerin, aber nicht für den Zertifikatehandel. Wenn ein Instrument, dass vor allem auf Wachstumszahlen basiert, wegen einer wirtschaftlichen Stagnation nicht mehr greife, dann dürfe die Frage, ob man es revidieren sollte, kein Tabu sein.

Die Bundeskanzlerin betonte, dass es zunächst wichtig sei, die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu reformieren. Nur so könne die Planungssicherheit für die Wirtschaft und deren Investitionen gewährleistet werden.

Das sei auch in engem Zusammenhang mit den Änderungen im europäischen Emissionshandel zu sehen. "Wenn die Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes gelingt, dann können wir uns dem Emissionshandel in Europa nochmal zu wenden", sagte Merkel. Dieser sei ein zentrales Klimaschutzinstrument und müsse angepasst werden.


Petersberger Klimadialog: Merkel beschwört Chance auf Weltklimavertrag

SPIEGEL-Online, 6.5.13

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/petersberger-klimadialog-merkel-und-altmaier-wollen-uno-vertrag-a-898259.html


Nach konstruktiven Bonner Klimaverhandlungen: Klimaschutz nicht dem Koalitionsfrieden opfern

Germanwatch: Bundeskanzlerin muss beim Petersberger Klimadialog Farbe bekennen

Germanwatch Pressemitteilung, 3.5.13

Bonn. Heute Nachmittag sind einwöchige Beratungen im UN-Klimaprozess in Bonn zu Ende gegangen. Es war die erste fokussierte Verhandlungsrunde nach dem UN-Klimagipfel von Doha. Schwerpunktthemen waren der Austausch über mögliche Elemente des bis 2015 auszuverhandelnden Klima-Abkommens und über Möglichkeiten, kurzfristig den Klimaschutz zu erhöhen.

Sven Harmeling, Teamleiter Internationale Klimapolitik bei Germanwatch: "Die Beratungen hier in Bonn haben gezeigt: Kaum ein Land stellt infrage, dass die Weltgemeinschaft ihre Klimaschutzambition massiv erhöhen muss. In den letzten Jahren sind viele Klimaschutzgesetze verabschiedet worden, gerade auch in Entwicklungsländern. Die Schlüsselfrage ist jetzt, wie all diese Maßnahmen nun massiv ausgeweitet werden können. Der Handlungsdruck wächst und die Zeit, um einen gefährlichen Klimawandel noch abzuwenden, läuft davon."

Mit Blick auf den am Sonntag in Berlin beginnenden 4. Petersberger Klimadialog, ein informelles Ministertreffen, das Deutschland in diesem Jahr von Deutschland gemeinsam mit Polen ausrichtet, ergänzt Harmeling: "Die Minister aus 35 Ländern müssen an den Bonner Verhandlungen anknüpfen und nun auf politischer Ebene konkrete Verpflichtungen für die kommenden Jahre vorbereiten. Schlüsselthemen sind höhere Klimaschutzziele der Industrieländer für die Zeit vor 2020, zusätzliche Klimaschutzzusagen der Schwellenländer, klare Finanzzusagen der Industrieländer für die nächsten Jahre und innovative Finanzmechanismen. Auch die Diskussionen über die gerechte Ausgestaltung des Abkommens sollten vertieft werden. Der Klimagipfel Ende November in Warschau kann so zu einem wichtigen Zwischenschritt bis 2015 werden."

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Montag den Klimadialog eröffnen. Sven Harmeling dazu: "Bei den Klimaverhandlungen fragten viele, ob die als Klimakanzlerin bekannt gewordene Angela Merkel eine Kehrtwende vollzieht. Weltweit wird diskutiert, dass die Bundesregierung und insbesondere Minister Rösler durch die Blockade für das derzeitige Scheitern des EU-Emissionshandels mitverantwortlich sind. Doch wie will die Bundeskanzlerin die deutsche Klimaambition und die Energiewende anpreisen, wenn gleichzeitig deren Erfolg durch diese Blockade massiv infrage gestellt ist? Wie will sie für Vertrauen der Entwicklungsländer in die EU werben, wenn ihre Regierung zugleich ambitionierten Klimaschutz in der EU blockiert? Die Kanzlerin muss Farbe bekennen. Sie darf den Klimaschutz nicht dem Koalitionsfrieden opfern."

Eine konstruktive und fokussierte Atmosphäre prägte die Beratungen in Bonn. Viele Länder brachten erste Ideen zu Einzelaspekten des neuen Klima-Abkommens ein. Sehr konstruktiv war der Vorschlag der kleinen Inselstaaten, die Verhandlungen für kurzfristige Beschlüsse zu mehr Klimaschutz für den Rest des Jahres auf konkrete Maßnahmen und Politiken in den Bereichen Erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu fokussieren. Beim Klimagipfel Ende des Jahres in Warschau soll es dann entsprechende Umsetzungsbeschlüsse geben.

Schon Anfang Juni treffen sich die Länder wiederum in Bonn für die turnusmäßigen Zwischenverhandlungen in Vorbereitung auf den Klimagipfel Ende November.




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