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Aktuell

Bilanz 100 Tage GroKo

100 Tage später noch am Anfang

WWF zieht Bilanz zu den ersten 100 Tagen der Regierung

WWF Pressemitteilung, 20.6.18

100 Tage nach dem Start der neuen Bundesregierung warten drängende Maßnahmen im Klima- und Umweltschutz noch immer auf ihre Umsetzung. „Die neue Regierung macht genau dort weiter, wo die vorherige aufgehört hat: Sie schiebt wichtige Entscheidungen zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen – vom Klimaschutz über eine nachhaltige Landwirtschaft bis hin zum Erhalt der Biologischen Vielfalt - vor sich her“, bilanziert Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. „Die wenigen konkreten Schritte aus den vergangenen 100 Tagen können über eines nicht hinwegtäuschen: Der große Wurf, mit dem sich Deutschland endlich zukunftsfähig macht, ist bislang ausgeblieben.“

„Im Klimaschutz musste die neue Bundesregierung schon gleich zu Beginn ihrer Amtszeit einräumen, dass Deutschland seine Klimaziele 2020 krachend verfehlen will. Bei der Kohlekommission zeigte das Gerangel um deren Besetzung, dass Machtfragen und Besitzstandsdenken im Vordergrund stehen. Die Bundesregierung sendete bisher keine Signale, dass sie zu starken, zukunftsweisenden Entscheidungen in der Lage sein wird – weder zu einem mit den Klimazielen in Einklang stehenden Strukturwandel in den Kohleregionen noch zu einer modernen deutschen Energiepolitik“, so Heinrich. „Die Bundesregierung schiebt derzeit aber nicht nur die eigene Energiewende auf die lange Bank, sondern bremst auch die europäische. Dabei liegen passende Instrumente zur Erreichung nationaler wie europäischer Klimaziele auf dem Tisch, etwa ein europäisch-regionaler CO2-Mindestpreis.“

Zum Schutz der Biologischen Vielfalt begrüßt der WWF, dass er über das Aktionsprogramm gegen das Insektensterben im Koalitionsvertrag klar verankert ist. „Diese Chance muss nun unbedingt in gestaltende Politik münden. Dafür kommt es auf die Zusammenarbeit von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium an“, sagt Heinrich. „Innerhalb der EU muss Deutschland seinen Einfluss geltend machen, damit die europäische Agrarförderung für den Schutz von Natur und Umwelt genutzt wird. Von Ministerin Julia Klöckner kamen bislang aber keine entsprechenden Signale.“


BUND zu 100 Tage GroKo: Nur wenig Lichtblicke

BUND Pressemitteilung, 20.6.18

Berlin: Nach 100-Tagen große Koalition sieht der BUND nur wenige Lichtblicke. "Positiv stellen wir fest, dass die Bundesregierung ein klimapolitisches Versagen künftig durch ein Klimaschutz-Gesetz verhindern will. Allerdings darf es nicht wie in der Vergangenheit bei der Ankündigung bleiben und alle Ministerien müssen an einem Strang ziehen", sagt Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND. Auch geben erste Entscheidungen zur Wasserrahmenrichtlinie und zum Insektenschutz Anlass zur Hoffnung, dass die Bundesregierung beginnt, Umwelt- und Naturschutzziele des Koalitionsvertrages umzusetzen. "Ansonsten bewegt sich zu wenig im Bereich der Umwelt-, Klima- und Verkehrspolitik", so Weiger.

"Die Bundesregierung muss die offenkundigen politischen Baustellen anpacken: Dieselskandal, Klimaziel 2020 und Artensterben verlangen jetzt nach konsequentem Handeln. Nur so ist der Transformationsprozess vor dem unsere Gesellschaft steht zu bewältigen", erklärt der BUND-Vorsitzende. Mit Blick auf die Klimapolitik und den Start der Kohle-Kommission hob Weiger hervor: "Nur der rasche Kohleausstieg bringt die notwendigen Emissionsminderungen, um die Klimaziele bis 2020 und danach zu erfüllen. Deutschland muss seine jahrelangen Versäumnisse jetzt aufholen, nicht zuletzt um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Die Regierung hat sich viel Zeit gelassen, die Kohle- Kommission einzusetzen. Umso wichtiger ist nun, dass wir den Zeitplan einhalten und bis zur nächsten Klimakonferenz in Polen Ergebnisse liefern."

Der BUND sieht in einer Vielzahl von Politikbereichen die Tendenz der Bundesregierung, bestehende Standards aufzuweichen. Sei es das Thema Erneuerbare Energie, die Gebäudesanierung oder das Planungsbeschleunigungsgesetz. Weiger: "Ohne starke Impulse auch für einen klimaneutralen Gebäudebestand rücken die Klimaschutzziele für 2030 in unerreichbare Ferne. Dass die Steueranreize für die energetische Gebäudesanierung nun wieder auf der Abschussliste der Bundesregierung stehen, ist ein fatales Signal. Wenn zudem Wirtschaftsminister Peter Altmaier beim frisch vereinbarten Ausbau der Erneuerbaren bereits jetzt auf die Bremse tritt, ist das ein schlechtes Omen. Es droht das Gegenteil der selbst beschlossenen Ziele und Maßnahmen: eine weitere Verlangsamung statt einer deutlichen Beschleunigung des Ausbaus. Und auch der Entwurf von Bundesminister Andreas Scheuer zur Planungsbeschleunigung legt die Axt an die notwendige Bürgerbeteiligung, die für die Akzeptanz von Bauprojekten vor Ort unverzichtbar ist. Würde das Gesetz so kommen, beschleunigt es keine Planung, sondern schafft nur neue Rechtsunsicherheit."

In den nächsten Wochen und Monaten wird sich der BUND zudem verstärkt für den Schutz unseres Wassers einsetzen und die Arbeit im Rahmen seiner Kampagne "Rette unser Wasser" intensivieren. Hubert Weiger weiter: "Der Beschluss der Umweltministerkonferenz, die Wasserrahmenrichtlinie nicht aufzuweichen war richtig. Jetzt geht es darum, auf allen Ebenen Schritte zur Umsetzung der Richtlinie vorzulegen. Dazu braucht es sowohl die ambitionierte Umsetzung auf Ebene der Bundesländer, als auch ein kohärentes Handeln auf Bundesebene. Die Bundesregierung muss zeitnah einen Wasserpakt unter Federführung des Bundesumweltministeriums beschließen, um die Anstrengungen der Ministerien im Bereich Wasser zu bündeln. Dieser Wasserpakt braucht gemeinsame Zielsetzungen entlang eines konkreten Zeitplans und muss mit ausreichenden Mitteln hinterlegt werden."


NABU zu 100 Tage GroKo: Durchwachsene Öko-Bilanz

Tschimpke: Kabinett Merkel verliert Nachhaltigkeitsziele aus dem Blick

NABU Pressemitteilung, 20.6.18

Berlin – Mit Blick auf die ersten 100 Tage der Großen Koalition zieht der NABU eine durchwachsene Öko-Bilanz. Brennende Themen wie Insektensterben, Klimaschutz, Diesel-Skandal und Plastikflut seien zwar in der öffentlichen Debatte, bei der Lösung dieser Probleme sei das Kabinett Merkel kaum vorangekommen. Deutschland drohen nicht nur Strafen der EU, wenn deren Umweltrecht weiter systematisch gebrochen wird, sei es bei der Belastung des Grundwassers, der Luft in Städten oder dem Erhalt geschützter Arten. Die klaffende Finanzierungslücke von einer Milliarde Euro jährlich im deutschen Naturschutz wird eingeräumt, aber nicht gestopft. Auf globaler Bühne droht ein Glaubwürdigkeitsverlust, denn von den weltweiten Nachhaltigkeitszielen (SDGs) ist Deutschland noch weit entfernt. Bis 2020 verlangen diese eine Trendwende für die Artenvielfalt, bis 2030 eine wirklich nachhaltige Landwirtschaft.

„Konzepte gegen den Artenschwund, eine andere Agrarpolitik und für mehr Klimaschutz liegen auf dem Tisch, jetzt muss die Politik liefern“, sagt NABU-Präsident Olaf Tschimpke. In der EU-Agrarpolitik muss die Bundesregierung in den nächsten Monaten zweckgebundene Fördermittel für den Schutz der biologischen Vielfalt einfordern, sowie starke Standards für gesunde Böden und sauberes Grundwasser. Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner lasse trotz eindeutiger Aussagen im Koalitionsvertrag weiter alle Welt im Unklaren darüber, wie sie auf EU-Ebene verhandeln will. Beim Agrarrat am vergangenen Montag habe sie vor allem betont, was sie alles nicht wolle. Wie die Umweltbilanz der Agrarpolitik konkret verbessert werden soll, zum Beispiel durch rechtsverbindliche Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen der Landwirte, ließ sie offen. Tschimpke: „Die Bundesregierung hat jüngst selbst eingeräumt, dass jährlich eine Milliarde Euro fehlen um die Verpflichtungen Deutschlands unter den EU-Naturschutzrichtlinien zu erfüllen. Klar ist auch, dass diese Geld zum allergrößten Teil aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU kommen muss – doch die zuständige Ministerin unternimmt keinerlei Anstrengungen in diese Richtung, wie ihre 100-Tage-Bilanz verrät.“

Das von der Bundesregierung vorgelegte Eckpunktepapier zum „Aktionsprogramm Insektenschutz“ ist ein Schritt in die richtige Richtung, „Die Systemrelevanz der Insekten für unsere Volkswirtschaft ist erkannt. Es gibt viele gute Ansätze und Handlungsideen. Aber noch ist leider nicht erkennbar, dass eigenes Geld in die Hand genommen werden soll. Das Programm kann nur erfolgreich sein, wenn die Finanzierung sichergestellt ist. Zur Rettung der Banken hat die Bundesregierung Milliarden in die Hand genommen. Mit Ankündigungen wird die Rettung der Insekten nicht erfolgen“, so Tschimpke.

Im Klimaschutz habe sich die Bundesregierung innerhalb der ersten 100 Tage als handlungsunfähig präsentiert. Statt Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um die Lücke zum Erreichen der Klimaziele 2020 zu schließen, überträgt sie diese Arbeit der Kohlekommission. Auf europäischer Ebene sabotiert die Bundesregierung die klimapolitisch notwendige Steigerung der Effizienz- und Erneuerbaren-Energien-Ziele. Ein Gesamtkonzept für die Wärmewende ist ebenfalls nicht in Sicht – nicht mal die nötigen Finanzierungen der Einzelmaßnahmen, wie steuerliche Anreize zur energetischen Modernisierung, sind eingeplant. „Vom früheren Umweltminister ist nichts mehr übrig. Als Energie- und Wirtschaftsminister bremst Peter Altmaier die Energiewende aus, blockiert den CO2-Preis und in Brüssel ehrgeizigere Klimaziele“, so Tschimpke. Wichtiger wäre es, in Deutschland die dreckigsten Kohlekraftwerke schnell abzuschalten.

Völlig unzureichend bewertet der NABU die bisherige Bilanz der Verkehrspolitik. Fast drei Jahre nach Beginn des Dieselskandals werden die Luftschadstoffgrenzwerte immer noch viel zu oft überschritten, das Vertrauen in die Dieseltechnologie ist ins Bodenlose gefallen und zu einer Nachrüstung mit wirksamer Abgastechnologie hat sich die Bundesregierung immer noch nicht durchringen können. „Die Strategie der Bundesregierung, der Autoindustrie nicht zu sehr auf die Finger zu schauen und mit Software-Updates die Luft sauber zu kriegen ist krachend gescheitert“, so Tschimpke. Ob es der Bundesregierung mit einer Senkung der Kohlendioxidemissionen im Verkehrsbereich ernst ist, wird sich am heutigen Mittwoch zeigen, wenn die zuständigen Minister über die CO2-Grenzwertverordnung für Pkw der EU-Kommission verhandeln.

Positiv wertet der NABU, dass Kanzlerin Merkel sich offen für eine Kunststoffsteuer zeigt. Der NABU sieht in einer Materialsteuer einen wichtigen Baustein, um die Meere besser vor der zunehmenden Plastikvermüllung zu schützen. Auch mit Blick auf den von China verhängten Importstopp von Plastikabfall appelliert der NABU an die Große Koalition, darin eine Chance für eine neue Ressourcenpolitik zu sehen. 31 Kilo Plastikmüll pro EU-Bürger pro Jahr sind zu viel. „Auch Deutschland hat sich viel zu lange auf niedrigen Recyclingquoten ausgeruht und auf Verbrennung gesetzt. Die Vermeidung von Einweg-Plastik muss endlich Priorität haben. Eine Materialsteuer, die bei den Plastikproduzenten ansetzt, könnte erheblich zur Kunststoffvermeidung und zu besserem Recycling beitragen“, so Tschimpke.

Beim Umgang mit dem europaweit streng geschützten Wolf fordert der NABU die Bundesregierung auf, die 2015 eingesetzte Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) als beratendes Expertengremium und wesentliches Element für ein hochwertiges, länderübergreifendes Wolfs-Monitoring auch über den Herbst 2018 hinaus zu sichern. Die Bundesregierung hat in den ersten 100 Tage wichtige Zeit verstreichen lassen und bisher keinerlei Signale gesendet, aktiv zu werden.




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